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Gesundheitsreform: CDU verständigt sich auf weiteres Reformprogramm
Am Nachmittag des 17. Juni stellten die CDU-Gesundheitspolitiker Annette Widmann-Mauz und Andreas Storm sowie der gesundheitspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Wolfgang Zöller, ihre Alternative zum GMG vor. Kernbotschaften des Konzepts sind: Der Patient muss wieder im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen, statt Staatsdirigismus muss Freiheit herrschen, und bei der Organisation und Finanzierung der GKV sind neue Wege zu erschließen.
Unter anderem soll der Arbeitgeberbeitrag zur GKV festgeschrieben, Bürokratie abgebaut und die Wahlmöglichkeit zur Kostenerstattung eingeführt werden. Weitere wesentliche Punkte des Konzepts sind die Privatisierung des Zahnersatzes und die Einführung einer generellen zehnprozentigen Selbstbeteiligung.
Für Zöller ist das Unionsmodell gegenüber dem Regierungskonzept sozialer: Während Rot-Grün ganze Blöcke aus der GKV-Erstattung streicht – etwa Krankengeld, Sterbegeld, Sehhilfen und OTC-Präparate – und feste höhere Zuzahlungen plant, spricht sich die Union für eine zehnprozentige Zuzahlung in allen Leistungsbereichen aus. Mindestens fallen stets fünf Euro an – höchstens sollen es zwei Prozent des Bruttojahreseinkommens werden. Ausnahmen gelten für Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen sowie für mitversicherte Kinder.
Union für Änderungen in der Arzneimittelpreisverordnung
Anders als die Regierung will die Union im Apothekenbereich keine einschneidenden Neuerungen. Widmann-Mauz verwehrt sich jedoch gegen den Vorwurf, die Union schone die Leistungserbringer: "Wir gehen nur nicht von einem Prinzip aus wie Rot-Grün, die mit Zwangsrabatten die freiberuflich Tätigen an den Rand ihrer wirtschaftlichen Existenz treiben", CDU-Gesundheitspolitikerin. Statt dessen solle mit mehr Transparenz und Wettbewerb die wirtschaftliche Leistungserbringung belohnt werden. Dass man auch bei Apothekern nicht Halt mache, zeige das Vorhaben, die Arzneimittelpreisverordnung in höherpreisigen Segmenten abzuflachen. Dies sei nötig, um falschen Steuerungsanreizen entgegenzuwirken, so Widmann-Mauz.
CDU unterstützt Konzept der Herzog-Kommission
Neben dem Entschließungsantrag, der auf Reformen in der laufenden Legislaturperiode abzielt, macht sich die Union aber auch Gedanken über mittel- und langfristige Reformen. Daher hatte sie bereits im Februar die Herzog-Kommission ins Leben gerufen. Parallel zur Rürup-Kommission soll diese Reformvorschläge zur Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme in den kommenden Jahrzehnten unterbreiten.
Die Herzog-Kommission, die aufgrund einer Erkrankung ihres Namensgebers und Vorsitzenden, dem ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog, derzeit von CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer geleitet wird, hat am 18. Juni ihr Konzept zur Reform der GKV vorgestellt. Dieses wurde auf einer zweitägigen Klausurtagung des CDU-Bundesvorstands in Bad Saarow zwar nicht beschlossen, aber doch als Diskussionsgrundlage gebilligt.
Kommission: GKV-Beitrag könnte 2010 bei 10,4 Prozent liegen
Dem Herzog-Papier zufolge könnte die GKV bis zum Jahre 2010 um gute 53 Mrd. Euro, bis 2030 gar um fast 73 Mrd. Euro entlastet werden. Daraus könnte ein stabiler Beitragssatz von 10,39 Prozent resultieren. Die Kommission empfiehlt, dass auch künftig alle abhängig Beschäftigten in der GKV versichert bleiben und bis zur Versicherungspflichtgrenze Beiträge zahlen.
Eine Bürgerversicherung, wie sie Seehofer und den Grünen vorschwebt, lehnt sie klar ab. Ebenso die Einbeziehung anderer Einkommensarten als dem Erwerbseinkommen. Während Kinder weiterhin beitragsfrei mitversichert bleiben sollen, soll bei der Beitragshöhe von Ehegatten ein Ehegattensplitting vorgenommen werden. Damit würden hohe Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze wenigstens teilweise der Beitragspflicht unterworfen.
Weiterhin schlägt die Kommission vor, den Arbeitgeberanteil zur GKV auf 6,5 Prozent einzufrieren. Hiervon sollen 5,8 Prozent an den Arbeitnehmer ausgezahlt werden und 0,7 Prozent zur Finanzierung des Krankengeldes durch den Arbeitgeber verwendet werden. Umgekehrt wie die Regierung will die Kommission die Versicherung des Krankengeldes künftig den Arbeitgebern alleine überlassen.
Zahnbehandlung und private Unfälle privat versichern
Hinsichtlich des Leistungsumfangs empfiehlt die Herzog-Kommission, neben Krankengeld und Zahnersatz auch die Zahnbehandlung und private Unfälle in eine private Versicherungspflicht zu überführen. Weiterhin sei das Anlegen einer sog. "Demographie-Reserve" von Nöten: Die demographische Entwicklung und der medizinische Fortschritt werden die Ausgabenentwicklung in Zukunft beschleunigen – dies könne nicht allein durch Rationalisierung, Prävention und Ähnlichem aufgefangen werden. Daher müsse so früh wie möglich ein Kapitalstock aufgebaut werden, dem ab etwa 2030 Mittel zur Finanzierung von GKV-Leistungen entnommen werden können.
Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel sagte zum Abschluss der Sitzung in Bad Saarow, das Konzept der Kommission sei eine "gute Grundlage" für die abschließende Diskussion über die Zukunft der sozialen Sicherungssysteme auf dem Parteitag der Union im Dezember.
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