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Außenansicht: Arzneimittel sind nicht mehr bezahlbar – wann endlich kommt
Was den Gesundheitsbereich mit seinen explodierenden Ausgaben anbelangt, ist diese Kritik sicherlich berechtigt. Hier helfen keine Trippelschritte, hier müssen große Schritte getan werden. Denn die Ausgaben steigen ständig und das Finanzloch wird immer größer. Was uns von den Experten nicht nur dieser Regierung immer wieder gesagt wurde, müssen wir endlich als Faktum zur Kenntnis nehmen: Schuld an der Misere sind die Arzneimittel. Deshalb sollte jetzt der ultimative Schritt getan werden. Und dieser kann nur darin bestehen, sämtliche Impfstoffe und Arzneimittel vom Markt zu nehmen. Warum sich noch länger mit Negativ- und Positivlisten und wer weiß wie vielen anderen Hürden herumschlagen, um hier und dort ein paar Milliarden einzusparen, wenn man mit einem solchen Schritt das Problem an der Wurzel packen und ein für alle Mal lösen kann?
Die gegenwärtige Situation ist relativ einfach dargestellt. Im Jahr 2001 betrugen die Leistungsausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung insgesamt 138 Mrd. Euro. Davon entfielen auf patentierte und patentfreie Arzneimittel satte 23,46 Mrd. Euro (= 17% der GKV-Ausgaben). Sicher wird niemand bestreiten wollen, dass es für die Einsparung einer solchen Summe durchaus lohnt, Opfer zu bringen. Vor allem wenn man berücksichtigt, dass es sich hierbei zunächst nur um die direkten Einsparungen handelt, die so genannten Folgeeinsparungen kommen noch hinzu. Und diese sind beachtlich.
Wie hinlänglich bekannt, ist es der cleveren Pharmaindustrie über die Jahre gelungen, mit ihren Produkten in alle Bereiche der Medizin zu penetrieren. Es gibt buchstäblich keine medizinische Einrichtung mehr, in der Arzneimittel nicht gebraucht würden. Keine Praxis mehr, in der ein Arzt den Patienten nicht ein Mittel zur Abwehr, Linderung oder Heilung in die Hand drückte. Kein Krankenhaus, in dem ohne Arzneimittel noch etwas ginge: Nicht nur die konservativen Fächer, auch die anästhesiologischen, chirurgischen und geburtshilflichen Stationen, die Nothilfen und Intensivstationen, Röntgen- Infektions- und Nuklearmedizinischen- Abteilungen, um nur einige zu nennen, kommen ohne Medikamente nicht mehr aus.
Und damit sind wir bei den Folgeeinsparungen. Da wir mit der Abschaffung der Arzneimittel auch keine Ärzte und Krankenhäuser mehr brauchen, können durch deren Wegfall noch einmal 22 Mrd. Euro (= 17% der GKV-Ausgaben) sowie 45 Mrd. Euro (= 35% der GKV-Ausgaben) eingespart werden. Die kleineren, marginalen Folgeeinsparungen seien hier nicht weiter erörtert, mit Ausnahme der Zahnärzte, deren Einsparung mit 12 Mrd. Euro (= 9% der GKV-Ausgaben) zu Buche schlägt.
Was können wir daraus erkennen? Dass nur die mutigen großen Schritte unter dem Strich wirklich etwas bringen. Denn es wäre schon was, wenn allein durch Verzicht auf Arzneimittel die Leistungsausgaben der GKV von derzeit 138 Mrd. Euro auf müde 37 Mrd. Euro gesenkt werden könnten. Kritiker einer solch durchgreifenden Reform werden natürlich sofort die Vernichtung von Unternehmen, Arbeitsplätzen und Berufsgruppen in die Diskussion bringen, jedoch sollte man sich angesichts der enormen Einsparungen hierbei nicht allzu lange aufhalten.
Die Darstellung dieses Szenarios wäre allerdings ohne die Erwähnung des folgenden Aspekts nicht vollständig: Arzneimittel sind ja, was von ihren Herstellern gerne heruntergespielt wird, durchaus gefährlich und verursachen auch immer wieder Tote. Dass dieses Todesrisiko durchaus nicht klein ist, lässt sich schon daraus erkennen, dass bei genereller Rücknahme der Arzneimittel und dem dadurch bedingten Wegfall von Arzneimitteltoten die allgemeine Lebenserwartung anstiege, etwa um 37 Minuten. Dieser erfreuliche Aspekt wird natürlich gleich wieder die Rentenexperten auf den Plan rufen, für die steigende Lebenserwartung eine Horrorvision ist.
Doch dem kleinen Gewinn steht auch ein hoher Verlust an Lebenserwartung gegenüber, denn die Menschen sterben wieder an Infektionskrankheiten, dem rheumatischen Fieber und an den Folgen der Zivilisationskrankheiten, und dieser Verlust beträgt etwa 15 Jahre. Unsere Alterspyramide wird also wieder etwas schlanker werden.
Da wir in der Diskussion um die Arzneimittel ja längst nicht mehr von ihrem Nutzen sprechen, sondern nur noch von den mit ihnen verbundenen Risiken und Kosten, sollten die politisch Verantwortlichen endlich den Mut haben, diesen großen terminalen Reformschritt zu tun.
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