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Biowaffen: Gefürchtete Grippeviren

Im Zusammenhang mit Biowaffen denkt man eigentlich mehr an Pocken oder Anthrax als an Grippe. Wie amerikanische Wissenschaftler vor kurzem im "Journal of the Royal Society of Medicine" schrieben, könnten sich Influenzaviren Ų in den falschen Händen Ų jedoch als weit gefährlicher herausstellen als Pocken und Anthrax und sich durchaus als Biowaffen eignen.

Insbesondere die erst kürzlich erforschte Genomsequenz des Grippevirus von 1918 schürt die Befürchtungen der Wissenschaftler. "Die Sequenz des gefährlichen Virus, das 1918 weltweit zwischen 20 und 40 Millionen Menschen das Leben gekostet hat, ist mittlerweile komplett entschlüsselt. Wenn sie in falsche Hände gerät, könnten neue virulente Stämme gezüchtet werden.

Eine Verteilung der Viren über Aerosole wäre kein Problem. Dadurch könnten viele Menschen rasch infiziert werden, was die Methode zu einer attraktiven biologischen Waffe machen würde", meint Mohammed Madjid vom Texas Health Science Center. Da Influenzaviren so häufig auftreten, sei es für Terroristen einfach, sie zu bekommen.

"Das wirft eine Reihe von Problemen auf", so der Wissenschaftler. "Zum einen wäre es schwierig, Cluster von Fällen zu identifizieren, zum zweiten wäre bei Ausbruch einer echten Epidemie die Inkubationszeit für die Schaffung einer Immunisierung zu kurz." Eine völlige Ausrottung der Viren sei ebenfalls schwierig, da Vögel, Ratten und Schweine das Virus in sich tragen können.

Madjid rät der Weltgesundheitsorganisation und den amerikanischen Centers for Disease Control daher, sich mit Influenza-Experten über eine mögliche Kooperation zu beraten. Darüber hinaus müsse die Kontrolle von Labors verstärkt werden.

Bei einigen Kollegen stößt Majids Meinung allerdings auf Kritik: "Die medizinisch-technischen Leistungen von einzelnen Personen reichen nicht aus, einen gefährlichen Influenza-Stamm wie den von 1918 als Biowaffe aufzubereiten", so John Oxford, Virologe an der Queen Mary School of Medicine. ral

Quelle: Journal of the Royal Society of Medicine 2003, Vol. 96, S. 345 – 346

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