- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 30/2003
- Tierschutz: Der Streit um...
DAZ wissenswert
Tierschutz: Der Streit um den Walfang
Internationale Schutzregelungen
Über das Wohl und Wehe der Wale wird seit Jahrzehnten gestritten. 1931 hatte der Völkerbund ein erstes Abkommen zum Schutz der Bartenwale beschlossen, da die Einführung der Harpunenkanone seit dem Ende des 19. Jahrhunderts Schlimmes für die Populationen befürchten ließ. Sechs Jahre später war es auf alle Walarten ausdehnt worden und enthielt erste Vorschriften über Minimalgrößen, Schonzeiten und Schonbezirke.
Doch erst mit dem 1946 ausgearbeiteten "Internationalen Übereinkommen zur Regelung des Walfangs" wurden die wichtigsten Lücken geschlossen und die Gründung der Internationalen Walfangkommission (IWC) vereinbart. Das Übereinkommen ist ein Staatsvertrag zur Erhaltung, Vermehrung und Nutzung der Walbestände.
Die IWC, eine Art Jagd- und Nutzungskommission, bestimmt seither, welche Walarten jagdbar sind, regelt Jagd- und Schonzeiten, Minimalgrößen, Fangquoten und die Art der Jagdwaffen und weist Jagdbanngebiete aus. Ihre Beschlüsse müssen wissenschaftlich begründet sein und haben die Interessen der Verbraucher und der Walfangindustrie zu berücksichtigen.
Die IWC definierte die zugelassenen Fangquoten zunächst nur in Blauwal-Einheiten. An Stelle eines Blauwals durften zum Beispiel 2 Finnwale, 2,5 Buckelwale oder 6 Seiwale gefangen werden. Geschützt waren nur Glatt- und Grauwale und Muttertiere mit Kälbern. Erst Mitte der Sechzigerjahre wurden Buckel- und Blauwale vollständig geschützt.
Führende Walfangländer wie Norwegen und Großbritannien gaben den kommerziellen Walfang schließlich auf. Anfang der Siebzigerjahre blieben nur noch die Sowjetunion und Japan übrig sowie Länder wie Portugal, Spanien, Chile oder Peru, die Küstenwalfang betrieben. Allerdings hat Norwegen den begrenzten Fang von Finnwalen wieder aufgenommen.
Wissenschaft zum Essen
Auch an der wissenschaftlichen Erforschung der Wale ist die IWC organisatorisch beteiligt. Jedoch entscheiden die Mitgliedsländer souverän über den Fang von Walen zu wissenschaftlichen Zwecken. So verletzt der umstrittene wissenschaftliche Walfang Japans, der sich vor allem auf Minkwale erstreckt, die Bestimmungen des Übereinkommens nicht, sondern erfüllt im Gegenteil die von der wissenschaftlichen Kommission der IWC aufgestellten Kriterien, denn er vermehrt die Kenntnisse über die Populationsbiologie und -dynamik der Minkwale (auch Zwergwale genannt, weil sie die kleinsten Furchenwale sind; sie werden dennoch 7 bis 10 Meter lang). Allerdings wird derzeit darüber diskutiert, ob diese Aktivitäten mit derselben Intensität weitergeführt werden müssen.
Walfangkommission – zwei Parteien, zwei Meinungen
Auf den Tagungen der IWC werden regelmäßig Beschlüsse (Resolutionen) gefasst. Da in den letzten Jahrzehnten immer mehr Länder der IWC beigetreten sind, die zwar wie Deutschland, Österreich und die Schweiz überhaupt keinen Walfang betreiben, aber für deren Schutz eintreten, versuchen Nutzerländer, hier vor allem Japan, Norwegen und Island, Drittweltländer in die Kommission zu locken, die in ihrem Sinne abstimmen, obwohl sie ebenfalls keinerlei Walfang betreiben. Dazu zählen Länder wie Benin, Gabun, Palau und die Mongolei (s. Kasten).
Dennoch haben sich die Gegner des Walfangs durchgesetzt. 1982 hat die IWC ein Moratorium für den kommerziellen Walfang beschlossen und 1986 in Kraft gesetzt, das für zwölf der 13 Bartenwale und den Pottwal gilt. Während Japan und Peru ihren Vorbehalt gegen das Moratorium zwischenzeitlich zurückgezogen haben, halten Norwegen und Russland ihn weiterhin aufrecht. Sie fühlen sich nicht an das Moratorium gebunden.
Das Wissen über die Wale ist noch sehr begrenzt. Es bestehen nach wie vor große Unsicherheiten vor allem über die Populationsgrößen der einzelnen Arten. Deshalb ist die Zählung der Bestände ein herausragendes Ziel der IWC. Von Flugzeugen und Schiffen aus werden die blasenden Wale gezählt. In den letzten Jahren kam die Satellitenüberwachung hinzu. Immer mehr Wale werden mit Sendern ausgestattet, um ihre Wanderungen zu verfolgen. Dennoch kommen immer noch viele Doppeltzählungen vor. Es ist eben schwierig Geschöpfe zu zählen, die nur hin und wieder an die Oberfläche des Wassers kommen und deren Wanderwege man oft noch nicht kennt (Tab. 1).
Unstrittig sind die geringen Zahlen der Blauwale und Grönlandwale; ihre Bejagung steht deshalb ebensowenig zur Diskussion wie die aller Arten, deren Populationen noch nicht erfasst sind. Eine nachhaltige Nutzung zum Beispiel der Mink- und der Grindwale der südlichen Halbkugel bleibt aber nach wie vor denkbar.
Wer isst Walfleisch?
Japan ist vor allem an der Jagd auf Kleinwale wie Delphine, Tümmler, Grund- und Schnabelwale (Zahnwale) interessiert. Deshalb achten seine Kommissionsvertreter sehr genau darauf, dass die IWC keine verbindlichen Aussagen über deren Jagd trifft. Das Fleisch dieser Tiere wird frisch, gefroren und in Dosen verkauft. Hinzu kommen die Minkwale, die als Beifang in Netzen der Hochseefischer gefangen werden und ertrinken, und das Fleisch aus dem wissenschaftlichen Walfang.
Für die japanische Regierung ist das Recht auf den Verzehr von Walfleisch ein patriotischer Akt und wird zäh verteidigt. Wale werden offiziell als "Ratten der Meere" bezeichnet, die den Fischern ihren Fang streitig machten. Dies drückt eine prinzipielle Haltung aus, denn die Japaner essen immer weniger Walfleisch. Mittlerweile kann der Markt das angebotene Walfleisch gar nicht mehr aufnehmen, da der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch zwischen 1960 und 1986 von 1,5 kg auf 100 Gramm gefallen ist.
Neben den Japanern sind es vor allem kleine Volksstämme, die seit Urzeiten mit und vom Wal leben. Ihnen wird ein Sonderstatus zugesprochen. So dürfen zum Beispiel die Makah-Indianer Alaskas und die Tschuktschen und Inuit in Sibirien zwischen 2003 und 2007 insgesamt 280 Grauwale jagen, aber nicht mehr als 67 im Jahr. Den Grönländern ist es erlaubt, bis 2006 jedes Jahr 19 Finnwale und 187 Minkwale anzulanden. Den Bewohnern der Insel Bequia des karibischen Staates St. Vincent und die Grenadinen werden vier Buckelwale jährlich zugestanden.
Klar ist, dass heute niemand den Wal als Ernährungsgrundlage braucht. Andererseits kann aus rein rationalen Gründen die nachhaltige Jagd auf individuenreiche Arten wie Pottwal und Minkwale nicht verboten werden.
Weitere Gefahren
Wale sind nicht nur durch die Jagd in ihrem Überleben bedroht. Sie ertrinken in den riesigen Netzen der Hochseefischer, leiden unter Lebensraumverlust und chemischer Verschmutzung in den Küstengewässern. Allein der Schiffsverkehr erzeugt eine relativ hohe Mortalität. Im Schlafzustand kollidieren manche Arten immer wieder mit Schiffen. So sind zwischen 1985 und 2000 in den Gewässern der Kanarischen Inseln 16 tödliche Unfälle mit Walen bezeugt.
Ein wichtiges Kriterium scheint auch die akustische Verschmutzung der Meere zu sein. Vor allem die hochenergetischen Unterwassersonare der Militärs zur Detektion von U-Booten können den Walen gefährlich werden. Sie sind so energiereich, dass sie auf einen getroffenen Wal wie eine nahe Explosion wirken können. Die normalen hydroakustischen Echolote und Sonare und das Brummen der Schiffsmotoren sind dagegen harmlos. Den Pingern, das sind an großen Fischernetzen angebrachte Sonare, folgen die Wale sogar, da sie leichte Beute signalisieren.
Insgesamt ist das Wissen über Wale, ihre Wanderzüge ihre Populationsgrößen und ihre Empfindlichkeit gegen Veränderungen noch immer sehr begrenzt. Der Wal ist für viele Menschen ein Symbol für den Umgang mit der Natur. Und Symbole sind selten für eine sachliche Diskussion geeignet.
Mindestens sieben Mitgliedsländer haben kein Stimmrecht, da sie mit den Beitragszahlungen in Rückstand sind.
Viele Arten, unterschiedliche Gefährdung
Es gibt mehr als 80 Walarten in zwei Unterordnungen: Den 13 Bartenwalen (siehe Tab. 1) stehen mehr als siebzig Zahnwale gegenüber, zu denen neben Pottwal und Narwal auch die Delphine und Tümmler zählen. Zu den meistgefährdeten Arten gehören der Nordkaper und der Blauwal (Bartenwale) sowie die Flussdelphine von Ganges, Indus, Jangtse, La Plata und Amazonas.
Vom Chinesischen Flussdelphin, in China Baiji genannt, leben nur noch weniger als 100 Tiere im Jangtse. Auch vom Vaquita, dem Pazifischen Hafenschweinswal im Golf von Kalifornien, soll es nur noch einige hundert Exemplare geben. Glücklicherweise ist aber noch keine Walart vom Menschen ausgerottet worden.
In deutschen Küstengewässern taucht lediglich der Schweinswal regelmäßig auf.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.