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- DAZ 33/2003
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Arzneimittel und Therapie
5-Alpha-Reduktasehemmer: Finasterid senkt Risiko für Prostatakarzinom
Allerdings wurde in der Finasterid-Gruppe ein höherer Anteil aggressiver Tumoren nachgewiesen. Die Deutsche Gesellschaft für Urologie empfiehlt daher, bei der präventiven Gabe von Finasterid sehr sorgfältig die Risiken und Chancen gegeneinander abzuwägen und im Zweifelsfall bis zu einer weiteren Klärung der Datenlage von einem rein präventiven Einsatz von Finasterid abzusehen. Für die Behandlung der gutartigen Prostatavergrößerung gilt dieser Vorbehalt nicht.
Behandlung der benignen Prostatahyperplasie
Finasterid wird seit mehr als 10 Jahren weltweit in der Behandlung der gutartigen Prostatavergrößerung eingesetzt und hat in zahlreichen prospektiven Studien seinen klinischen Nutzen und seine Langzeitsicherheit bewiesen. Hinweise auf ein vermehrtes Auftreten aggressiver Prostatatumoren bei den behandelten Patienten haben sich dort nicht ergeben. Die Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU) sieht momentan keine Datenlage, die eine Umstellung von derzeit mit Finasterid behandelten Patienten notwendig machen würde. Patienten sollten jedoch auf die aktuellen Ergebnisse hingewiesen werden.
Hemmung der 5-Alpha-Reduktase
Finasterid hemmt das in der Prostata vorkommende Enzym 5-Alpha-Reduktase, das die Umwandlung von Testosteron in das potentere Androgen Dihydrotestosteron (DHT) katalysiert. DHT fördert das Wachstum von Prostatazellen. Finasterid ist bislang zur Behandlung der gutartigen Prostatavergrößerung zugelassen. Hier führt es zu einer deutlichen Verkleinerung des Drüsenvolumens um etwa ein Viertel bis ein Drittel des Ausgangsvolumens. In einer geringeren Dosierung (1 mg) wird Finasterid zur Behandlung des vorzeitigen Haarausfalls beim Mann eingesetzt.
Häufigster bösartiger Tumor des Mannes über 50
Der Prostatakrebs ist in den westlichen Industrienationen der häufigste bösartige Tumor des Mannes über 50. In der Bundesrepublik Deutschland erkranken jährlich mehr als 30 000 Männer an dieser Tumorerkrankung, etwa 10 000 versterben an den Folgen eines Prostatakarzinoms.
Der Prostate Cancer Prevention Trial (PCPT) ist eine prospektive Studie. Sie wurde vom amerikanischen National Institute of Health initiiert und von der South-West Oncology Group (SWOG) durchgeführt. Diese international anerkannte amerikanische Organisation führt Studien zur Diagnostik und Therapie von Krebserkrankungen aus. Ziel der Studie war es herauszufinden, ob sich durch Einnahme der Substanz Finasterid das Auftreten eines Prostatakarzinoms vermeiden lässt.
19 000 Männer untersucht
Dazu wurden fast 19 000 freiwillige Männer über 55 Jahre ohne Hinweis auf ein Prostatakarzinom in zwei Gruppen eingeteilt. Nach dem Zufallsprinzip erhielt die eine Hälfte ein Plazebo, während die andere Hälfte der Männer 5 mg Finasterid über einen Zeitraum von sieben Jahren einnahmen. Die Studie war doppelblind angelegt.
Die Männer wurden in regelmäßigen Abständen durch Tastuntersuchung und Bestimmung des prostataspezifischen Antigens (PSA) auf das Vorliegen eines Prostatakarzinoms untersucht. Bei Anstieg des PSA-Wertes über 4 ng/ml, palpatorischem Verdacht auf einen Prostatakrebs oder am Ende der Studie wurden Gewebeproben aus der Prostata entnommen. Alle Männer, bei denen während der Studienlaufzeit kein Prostatakarzinom diagnostiziert worden war, wurden um das Einverständnis zur Durchführung einer Biopsie gebeten.
Ergebnisse der Studie
Bis zum vorzeitigen Abbruch der Studie waren Ergebnisse von knapp 9000 der insgesamt etwa 19 000 Männer verfügbar. Bis dahin fanden sich bei den mit Finasterid behandelten Männern 803 Fälle eines Prostatakarzinoms (18,4%), während in der Kontrollgruppe bei 1147 Männern (24,4%) eine Tumorerkrankung nachgewiesen wurde. Dies entspricht einer hoch signifikanten Senkung des Tumorrisikos um fast 25%. Allerdings ergab sich für die aggressiven Tumoren ein anderes Bild: Diese waren in der Finasterid-Gruppe häufiger vertreten als in der Kontrollgruppe. Bezüglich der Nebenwirkungen waren Veränderungen der Sexualfunktion (Erektion, Ejakulation) häufiger in der Finasterid-Gruppe, während Miktionsstörungen (Harndrang, Pollakisurie, Harnverhalt) und Harnwegsinfektionen in der Kontrollgruppe häufiger auftraten.
Im Rahmen der vorgeschriebenen regelmäßigen Interimanalysen kam das unabhängige Data Safety and Monitoring Board Anfang des Jahres, etwa 15 Monate vor dem geplanten Ende der Studie zu dem Ergebnis, dass das primäre Studienziel (eine 25%-ige Reduktion der Fälle) erreicht war und dass ein Fortsetzen der Studie nicht mehr zu nennenswerten Änderungen der Ergebnisse führen würde. Daraufhin wurde empfohlen, die Studie abzubrechen.
Auffallend ist eine unerwartet hohe Anzahl von bereits während der Studie nachgewiesenen Tumoren, insbesondere der Gruppe von Tumoren mit niedrigem Risko, die schließlich auch zum vorzeitigen Studienende führte. Der Hintergrund für diese Beobachtung bedarf weiterer Analysen.
Mehr aggressive Tumoren
Weiterhin auffallend ist insbesondere die Beobachtung, dass in der Finasterid-Gruppe die aggressiven Tumoren überrepräsentiert waren. Die Bewertung dieser Beobachtung ist aufgrund der derzeitigen Datenlage noch nicht möglich. Jedoch sind nach Aussage der Deutschen Gesellschaft für Urologie mehrere Möglichkeiten denkbar:
- Finasterid bewirkt einen Wachstumsvorteil der aggressiven Tumoren. Dem steht gegenüber, dass sich in anderen prospektiven Studien mit Finasterid bei der gutartigen Prostatavergrößerung kein Hinweis auf das vermehrte Auftreten von (aggressiven) Prostatakarzinomen ergab. Auch die Tatsache, dass schon im ersten Jahr – also bereits sehr kurz nach Behandlungsbeginn – das Verhältnis zwischen den beiden Gruppen zuungunsten der Finasterid-Gruppe verschoben war, spricht eher gegen diese Hypothese. Ein wachstumsförderndes Potenzial von Finasterid vorausgesetzt, hätte dieser Effekt mit den Jahren zunehmen müssen.
- Durch Finasterid wird das Volumen der Prostata um etwa 25% vermindert. Da minimal sechs Gewebeproben entnommen wurden, ist davon auszugehen, dass die relative Dichte der Gewebeproben (Gewebeproben/ml Prostatagewebe) in der Finasterid-Gruppe höher lag als in der Kontrollgruppe. Davon ausgehend, dass die aggressiveren Tumoren generell ein größeres Volumen aufweisen als die weniger aggressiven, könnte man postulieren, dass die Ausschöpfung der Detektion in der Finasterid-Gruppe besser war, als in der Kontrollgruppe. Im Umkehrschluss würde dies bedeuten, dass der präventive Effekt von Finasterid dann noch größer wäre, als bislang angenommen.
- Unter Finasterid verändert sich das Erscheinungsbild von Tumorzellen dahingehend, dass sie histologisch maligner imponieren, als sie tatsächlich sind.
DGU: Rein präventiver Einsatz nicht zu empfehlen
Diesen Hypothesen muss nun im Rahmen der weiteren Aufarbeitung des Materials nachgegangen werden. Bis zu einer weiteren Klärung der Datenlage empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU), bei der präventiven Gabe von Finasterid sehr sorgfältig die Risiken und Chancen gegeneinander abzuwägen und im Zweifelsfall von einem rein präventiven Einsatz von Finasterid abzusehen. Für die Behandlung der gutartigen Prostatavergrößerung gilt dieser Vorbehalt nicht.
Eine neue Studie gibt zum erstenmal einen Hinweis darauf, dass sich das Auftreten bestimmter Formen eines Prostatakarzinoms medikamentös zumindest hinausschieben, möglicherweise aber sogar verhindern lässt. Unter der Einnahme des 5-Alpha-Reduktasehemmers Finasterid sank das Risiko, an einem Prostatakarzinom zu erkranken, um rund 25%. Die Studie war auf zehn Jahre angelegt und hätte noch bis Mai 2004 laufen sollen, wurde aber Anfang März 2003 vorzeitig abgebrochen, da die Ergebnisse bereits eindeutig waren.
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