- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 33/2003
- K. S. PauliFranchising...
Management
K. S. PauliFranchising – ein Apotheker stand P
Es war der Apotheker John Pemberton, der anno 1856 in Atlanta ein Getränk mixte, das erfrischend und anregend sein sollte, aber auch gegen Kopfschmerzen und Ermattung hilft. Da Pemberton für seine Mixtur auch Teile der Coca-Pflanze und der Cola-Nuss verarbeitete, nannte er sie "Coca-Cola". Für den Apotheker war das dunkelbraune mit Soda versetzte Getränk in erster Linie eine schmackhafte Medizin. Dass er eine globale Marke schuf und den Grundstein zum erfolgreichsten Franchising-System legte, wusste er damals nicht. Das zunächst nur glasweise in "Drug-Stores" erhältliche Gebräu wurde wenig später in Flaschen abgefüllt. Die Lizenz zum Abfüllen erhielten regional verteilte Limonadenfabrikanten. Das bekannteste Franchising-System der Welt war aus der Taufe gehoben – und ein Apotheker stand Pate.
Mit Coca-Cola traten weltweit viele Franchising-Systeme aus den USA ihren internationalen Siegeszug an: McDonalds, Subway, AVIS, 24 Century, Blockbuster, Hilton, jüngst Mail Boxes etc. (MBE) – die neue Kombination aus Versand, Büroservice und Kommunikations-Knotenpunkt. Rund 5000 Geschäftsideen werden in den USA – dem Mutterland des modernen Franchising – nach diesem partnerschaftlichen Prinzip betrieben. In Japan sind es rund 1000, in Europa gibt es etwa 3000 Systeme. Knapp 1000 Franchise-Firmen sind in Deutschland aktiv. Die Spannbreite der Geschäftsideen von der Stange ist weit gefächert: von der Schülerhilfe bis zum Bauträger, vom Sonnenstudio bis zum Coffee-Shop: Franchising erobert alle Branchen.
Franchise-Systeme im Gesundheitsmarkt
Auch im Gesundheitsmarkt sind die ersten Franchise-Systeme am Markt. Dazu zählen Apollo-Optik, Fielmann, MacDent (Zahnärzte) oder die vielen Fitness-Studios und Wellness-Institute und ganz neu: die Bio-Drogerie "Beauty & Nature". Das Unternehmen eifert Anita Roddick nach, die mit Body Shop einst den Weg wies zu einem neuen, den Gesundheitsaspekt in den Vordergrund rückenden Geschäftstyp. Kurzum, Franchising ist ein branchenübergreifendes Phänomen, das offenbar in allen Wirtschaftsstrukturen seinen Nährboden findet. Getreu der Devise erfolgreicher Franchise-Gründer wie Manfred Maus von OBI (Baumärkte). Er sagt und handelt danach: "Einmal denken, hundertfach multiplizieren."
Erfolgsgeheimnis von Franchising
Das Erfolgsgeheimnis von Franchising besteht in seiner strikten partnerschaftlichen Ausrichtung. Rechtlich selbstständige Unternehmer, oft auch Existenzgründer, begeben sich unter ein schon etabliertes Markendach und erhoffen sich zu Recht einen Turbostart mit der Geschäftseröffnung. Die Deutsche Mittelstandsbank belegt den Optimismus. Von rund 12 000 öffentlich geförderten Franchise-Gründern sind nach zehn Jahren noch 98 Prozent am Markt. Bei der Existenzgründung in eigener Regie scheitert laut OECD jeder zweite Gründer innerhalb von fünf Jahren.
Noch erfolgreicher ist die Wirkung eines Franchising-Systems, wenn sich bereits etablierte Unternehmen zu einem solchen Zusammenschluss verständigen. Denn durch die Synergieeffekte zentral erbrachter Leistungen in Marketing, Controlling und Beschaffung werden die Kosten gesenkt und die Erträge gesteigert. Das amerikanische Motto bringt diesen Effekt auf den Punkt: "Franchising – Partnership for Profit."
Die Arbeitsteilung zwischen dem Franchise-Geber, der zunächst auf eigenes Risiko eine Geschäftsidee bis zur Marktreife austestet und dann multipliziert, und dem Franchise-Nehmer, der vor Ort das exakt in Betriebshandbüchern niedergeschriebene Konzept umsetzt, funktioniert offenbar in allen Branchen und Ländern. So ist OBI in China aktiv und die mittelständische Vom FASS AG exportierte ihre Geschäftsidee – Weine, Öle und Spirituosen lose aus dem Fass zu verkaufen – sogar nach Japan.
Franchise – Spielart klassischer Kooperationen
Dabei ist Franchising lediglich die vertikal organisierte Spielart der klassischen Kooperationen, die vor allem in Handel und Handwerk nicht mehr wegzudenken sind. In der Spitze sind bis zu 90 Prozent der Einzelhändler Mitglied in einer Verbundgruppe. Von der Denkzentrale erhalten sie ähnlich wie beim Franchising alle erdenklichen Hilfestellungen für den erfolgreichen Geschäftsbetrieb. Die Palette der Unterstützungsofferten reicht von Standortanalysen bis zum zentralen Einkauf. Die Experten in den Verbundgruppen leisten die Arbeit der Stabsabteilungen, die das operative Geschäft in den Konzernen mit Rat und Tat fördern. Ohne professionelle Ratschläge in der Sortiments- und Kommunikationspolitik kommt heute wohl kaum noch ein Unternehmer über die Runden. Die Anlehnung an eine starke Gruppe mit der Strahlkraft einer bundesweit bekannten (Dienstleistungs-)Marke erweist sich als zukunftssichernde Option.
Der große Franchise-Boom steht daher nach Einschätzung von Dr. Dieter Fröhlich, Präsident des Deutschen Franchise Verbandes (DFV), erst noch bevor. Er selbst hat mit der Musikschule Fröhlich und Theo Tours (mobile Reisebüros) vorgemacht, wie erfolgreich Franchising sein kann. Der Fantasie für neue Franchising-Systeme sind offenbar keine Grenzen gesetzt. Nur so ist erklärlich, weshalb MacDent innerhalb von vier Jahren zum Marktführer unter den Zahnarztpraxen aufstieg.
Mit der Standardisierung und Zertifizierung nach DIN ISO 9002 der Praxisabläufe wird eine höhere Wertschöpfung ermöglicht, von der die Patienten durch langjährige Garantien zur Zahnbehandlung profitieren. Auf Initiative von Dr. Armin Jäkel und Dr. Reinhard Sattler, beide niedergelassene Privatärzte in Eckernförde, haben sich bereits über 50 Zahnärzte diesem Verbund mit seinem zunehmend bekannter werdenden Qualitätssiegel angeschlossen. Alle 32 MacDent-Praxen erfüllen definierte Standards in Diagnostik und Zahntherapie. Auf Zahnersatz, Kronen und Inlays erhalten die Patienten eine Garantie von sechs Jahren. Keine Frage, dass gegen diese Qualitätsoffensive die Standesvertreter Sturm laufen. Regalwände voller Prozessordner prägen das Bild im Arbeitszimmer von Dr. Jäkel – übrigens auch das von Günther Fielmann, der 1972 in Cuxhaven als Preisbrecher begann und teilweise mit Franchise-Partnern zum Marktführer aufstieg. Allerdings ist in der Augenoptik der Strauß mit den Standesvertretern längst ausgefochten.
Auf kurz oder lang wird sich im gesamten Gesundheitsmarkt das Prinzip Wettbewerb der Anbieter ob Arzt, Augenoptiker oder Apotheker und Eigenverantwortung der Kunden (Patienten) durchsetzen. Ökonomisch gibt es für die Gesundheitspolitiker jeglicher Couleur keine Alternative. Deshalb wird sich nach der Prognose von Reinhard Wingral, Finanzvorstand bei der "MacDent AG", in den nächsten Jahren der deutsche Gesundheitsmarkt für das Franchising weit öffnen.
Unter dem A ist Platz für Marktstrategien
Was sich im Umfeld abspielt, wird wohl kaum spurlos an den Apotheken vorübergehen. Das rotleuchtende A steht allein für die Grundleistung Arzneimittelversorgung. Unter diesem, in den Köpfen der Menschen fest verankerten Symbol ist noch viel Platz für differenzierte Marktstrategien. Die Apotheke im Einheitslook ist längst passé. Im Erscheinungsbild der modernen Apotheke sind erste Zeichen für Veränderung sichtbar. Doch diese dürfen sich nicht in noch so futuristischen Ladenbau-Varianten erschöpfen. Es kommt nicht auf die Verpackung (Corporate Design), sondern auf den Inhalt, besser Wirkstoff (Corporate Identity) an.
Die neu aufgestellte Apotheke ist auf den lokalen Markt und seine aktuelle Wettbewerbssituation hin abgestimmt. Im Tagesgeschäft wird bereits der kleine, oft kaufentscheidende Unterschied kommuniziert. Dabei vollzieht sich ein klarer Trend weg von "Krankheit" hin zu Wellness, Natur, Bio – kurz Gesundheit. Die Apotheke ist längst nicht mehr die austauschbare Rezept-Einlösestelle, sondern ein zielgruppenspezifisch positionierter Problemlöser für eine immer fittere, aber dramatisch vergreisende Bevölkerung.
Genau diese Marktsituation bietet Ansätze für neue Apotheker-Konzepte mit dem Sortimentsschwerpunkt jenseits der rezeptpflichtigen Arzneimittel und dem OTC-Bereich. Da sich aber in einem überbesetzten und damit unter hohem Konkurrenzdruck stehenden Markt der Einzelunternehmer meist aus Zeit- und Kapitalmangel nicht allein den Herausforderungen des Marktes stellen kann, eröffnet dies die Chance für Kooperationen. Ob im lockeren Verbund mit anderen Apothekern, deren Schwergewicht im Einkauf liegt, oder als strikt auf den Kunden ausgerichtetes Franchising-System, wird schon die nahe Zukunft zeigen.
Großhandel arbeitet an Franchise-Plänen
Im Hintergrund arbeiten nach Einschätzung der von der SEMPORA Management Consultants befragten Pharma-Industrie bereits Drogeriemarktketten (100 Prozent) und die international ausgerichteten Pharma-Großhandlungen (97 Prozent) solche Franchise-Pläne aus. Dies geschieht beim Großhandel primär unter dem Kalkül der Verlängerung der eigenen Wertschöpfungskette und konzentriert sich auf die Übernahme von Standorten und ihre Neubesetzung mit einem Franchise-Nehmer. Sobald das Mehrbesitz-Verbot fällt, dürfte diese Franchising-Strategie boomen.
Den besten Startplatz unter den Pharma-Großhandlungen nimmt dabei die Gehe ein. Die Pharma-Großhandlung sammelte bereits Franchise-Erfahrungen im deregulierten Teil des EU-Wirtschaftraumes. Zum Beispiel in Norwegen. Da dort ein Drittel der Apotheker über 60 Jahre alt war, begeisterte das lukrative Kaufangebot von Gehe wie ein Lottogewinn.
Gleichfalls Druck auf den Markt übt Hutchinson China aus. In den Niederlanden erwarb der Drogerie-, Parfümerie- und Apotheken-Multi aus Fernost im letzten August die Kruidvat Beheer BV. Diese Holding steuert in Europa knapp 2800 Verkaufsstellen. In Asien dominiert Hutchinson mit rund 3000 Drogeriemärkten und Apotheken. Kruidvat verfügt mit "Superdrug" in England über Apotheken-Erfahrung – von den 706 Superdrug-Filialen werden 229 mit einer integrierten Apotheke betrieben. Das Sprungbrett für den deutschen Markt ist auch bereits geschaffen: Kruidvat hält 40 Prozent der Drogeriemarkt-Kette Rossmann mit ihren rund 800 Märkten.
Bereitschaft zur Veränderung
Angesichts der sich für die deregulierte Apotheken-Ära präparierenden Wettbewerber wächst in der Apothekerschaft die Veränderungsbereitschaft. Nach einer aktuellen Untersuchung mit Mehrfachnennungen der SEMPORA Management Consultants aus Bad Homburg will fast jeder zweite Apotheker verkaufen – ob an eine Kette (33 Prozent) oder an einen Großhändler (14 Prozent). Nahezu vier von zehn Apothekern überlegen, ob sie sich einem Franchise-System (38 Prozent) anschließen. Und exakt ein Drittel der befragten Apotheker möchte vorzugsweise mit anderen Apothekern gemeinsam eine eigene Kette oder ein Franchise-System bilden. Vielleicht nennen sie diese fiktive Kette dann "Pemberton's Drugstore" – denn mit dem Apotheker aus Atlanta fing die Idee des Franchising ja eigentlich an.
Der Gesundheitsmarkt ist im Umbruch. Die Standorte sind mit Apotheken übersetzt. Hinzu kommt die Veränderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen, die kapitalstarken Ketten-Apotheken Vorschub leistet. Was sollen Ein-Mann-Apotheken in dieser prekären Situation machen? Ist Franchising eine Chance oder führt dieser Weg in die totale Abhängigkeit von anonymen Konzernen? Eine Bestandsaufnahme und Prognose zur Branchenentwicklung.
Stichwort: Franchising
Beim Franchising erhalten Gründer eine im Markt bewährte Geschäftsidee und entwickeln sich durch den Einblick in die Betriebsgeheimnisse des Franchise-Gebers rasch zu Experten im fremden Metier. Die Franchise-Nehmer sind rechtlich selbstständige Unternehmer und handeln auf eigene Rechnung und im eigenen Namen. Unterstützt durch eine Denkzentrale reduziert sich für die Franchise-Partner das unternehmerische Risiko und erhöht sich die Chance am Markt. Franchising ist das Kooperationsmodell in der Wirtschaft mit großer Zukunft.
Franchising gründet sprachlich in zwei Wortstämmen: dem englischen "franchising" und dem französischen "franchise". Beide Begriffe bezeichneten im Mittelalter das zeitlich begrenzte Privileg, Steuern einzuziehen oder Märkte abzuhalten. Die weltlichen oder kirchlichen Hoheitsträger erhielten für die Vergabe ihrer Rechte eine Lizenzgebühr oder Franchise. Das moderne Franchising "erfanden" die Amerikaner mit Marken wie Coca-Cola, Singer, McDonald's oder Avis.
Franchise-Recht: Alles was recht ist – die wichtigsten Klauseln im Vertrag
Der Franchise-Vertrag ist die wichtige Klammer, die den gesamten Franchise-Verbund zusammenhält. Hier wird niedergeschrieben, was jeder leistet und was erwartet wird. Für den Franchise-Vertrag gibt es (noch) kein Gesetz, sondern er ist aus unzähligen Gesetzen – vom Arbeitsgesetz bis zur Zwangsvollstreckung – zusammengesetzt. Der Franchise-Geber hat den Vertrag vorformuliert, daher gilt das Gesetz zur Regelung Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGBG). Weil das AGBG gilt, sind Sie vor Vertragsklauseln geschützt, die "unzumutbar" von den Bestimmungen der allgemeinen Gesetze abweichen. Allerdings haben Sie Ihre Not herauszufinden, welche Abweichungen zumutbar sind und welche nicht. Im Zweifel stellt das der Richter fest.
Als zukünftiger Franchise-Nehmer sind Sie gut beraten, den Vertrag Klausel für Klausel mit Fachleuten und Freunden zu untersuchen. Nur ein verständlicher Vertrag ist ein guter Vertrag! Unverständliche, mehrdeutige Formulierungen können darauf deuten, dass Sie der Vertragspartner übervorteilen will!
Unverständliche Klauseln müssen Sie auf jeden Fall ansprechen. An der Reaktion erkennen Sie, ob der Franchise-Geber vertrauenswürdig ist oder nicht. Ein vertrauenswürdiger Franchise-Geber wird Ihre Frage als konstruktive Anregung verstehen und die Klausel richtig stellen. Er ist selbst daran interessiert, die Rechte und Pflichten der Parteien so genau wie möglich festzulegen.
Geht der Vertragspartner hingegen über Ihre Fragen hinweg und versucht er, Sie von weiteren Fragen abzubringen, müssen Ihre Alarmglocken bimmeln. Also Vorsicht, bei unverständlichen Franchise-Verträgen. Es steht viel Geld auf dem Spiel!
Was Franchise-Geber versprechen und halten müssen Die Präambel in einem Franchise-Vertrag beschreibt die Geschäftsidee und das branchenspezifische Know-how, das der Franchise-Geber zur Verfügung stellt. Enthalten ist außerdem das Leistungsangebot des Franchise-Gebers sowie der Hinweis auf das ausführliches Betriebshandbuch und auf Patente, Muster-, Waren- und Handelszeichen.
Leistungen des Franchise-Gebers Hier verpflichtet sich der Franchise-Geber, die in der Präambel genannten Leistungen zu überlassen. Die Leistungen sind einzeln aufgeführt.
Ihre Pflichten als Franchise-Nehmer In diesem Vertragsteil beschreibt der Franchise-Geber, was er von Ihnen erwartet. Hier legt er die Höhe der Eintrittsgebühr für Vorleistungen fest und die monatliche Franchise-Gebühr. Die Franchise-Gebühr berechnet er als prozentualen Anteil am Nettoumsatz.
Am Schluss regelt der Vertrag die Rückabwicklung nachdem der Vertrag beendet ist. Wer darf was behalten? Was dürfen Sie weiter nutzen? Was geschieht mit Ihren Kundenkontakten usw.?
Quelle: ADVISA Wirtschaftskommunikation Monheim; Stand 2003
Checklisten für Einsteiger
Die fünf K.o.-Kriterien für Franchise-Offerten:
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.