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- DAZ 33/2003
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Rechtsprechung aktuell
Keine Abgabe von Diabetes-Teststreifen durch Ärzte
Häufig haben sich Gerichte mit der Frage auseinander zu setzen, in welchen Fallkonstellationen es Ärzten gestattet ist, Heil- und Hilfsmittel an ihre Patienten abzugeben. Ärzte, die mit der Abgabe solcher Mittel ein weiteres Einnahmefeld für sich erschließen und ihrem Patienten einen besonderen Service anbieten könnten, befinden sich im Konflikt zu anderen Lieferanten, insbesondere den Apotheken und Sanitätshäusern. In welchem Umfang Ärzten die Abgabe gestattet ist, ist - wie die hier besprochene Entscheidung verdeutlicht - bis heute richterlich nicht abschließend geklärt.
Hatte das Oberlandesgericht Naumburg noch in seinem Urteil vom 3. Juli 2002 (Az.: 7 U 67/01) keine Einwände dagegen, dass ein Arzt mit diabetologischer Schwerpunktpraxis seine Patienten mit Diabetes-Teststreifen versorgt, wendet sich das am 22. November 2002 ergangene Urteil des Oberlandesgerichts Köln strikt gegen eine solche Abgabe. Das Oberlandesgericht Naumburg begründete seine Beurteilung insbesondere durch die Möglichkeit, eventuell notwendige Einweisungen und Erläuterungen sogleich in der Facharztpraxis durch den Arzt oder sein geschultes Personal erhalten zu können, was umso gewichtiger sei, als die Praxis des Beklagten als diabetologische Schwerpunktpraxis sowohl in Person des Beklagten als auch seiner Mitarbeiter über besonderes Fachwissen verfüge und umgekehrt die dort hilfesuchenden Patienten einen besonders großen Schulungs- und Beratungsbedarf hätten.
Strikte Trennung erforderlich
Auch in dem der Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln zugrunde liegenden Fall ging es darum, dass ein Arzt eine Praxis zur Behandlung von Diabetes-Patienten betreibt und dort u. a. ein Depot von Diabetes-Teststreifen für seine Patienten zu günstigen Konditionen vorrätig hält.
Das Oberlandesgericht Köln sieht in diesem Verhalten einen Verstoß gegen § 3 Abs. 2 der Berufsordnung (hier: für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte vom 14.11.1998). Diese Vorschrift, die auf der traditionellen Trennung der Tätigkeit von Ärzten einerseits und Apothekern bzw. Herstellern von medizinischen Hilfsmitteln oder sonstigen Medizinprodukten andererseits beruht, verbietet die Abgabe von Waren und anderen Gegenständen im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer ärztlichen Tätigkeit. Nur dann, wenn die Abgabe des Produkts wegen ihrer Besonderheit notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie ist, soll sie ausnahmsweise durch die Therapiefreiheit legitimiert und erlaubt sein. Hintergrund dieses strikten Verbots ist die Fernhaltung der ärztlichen Tätigkeit von merkantilen Gesichtspunkten. Auch sollen die Patienten, die in den Arztberuf vertrauen, davor geschützt werden, dass dieses Vertrauen zur Verkaufsförderung solcher Produkte missbraucht wird, die der Patient nicht notwendigerweise für die Therapie benötigt.
Mit diesem Verbot steht – so das Oberlandesgericht – die Abgabe von Diabetesteststreifen aus einem in der Praxis unterhaltenen Depot nicht in Einklang. Allein ein wirtschaftlicher Vorteil für den Patienten reiche noch nicht aus, um die Abgabe des Mittels gerade durch den Arzt zu rechtfertigen. Es genüge auch nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 BO nicht, dass das Produkt für die ärztliche Therapie notwendig sei; vielmehr müsse die Abgabe des Mittels durch den Arzt selbst medizinisch geboten sein. Anderenfalls beträfe § 3 BO unsinnigerweise nur solche Produkte, die für die ärztliche Therapie zwar nicht notwendig sind, aber gleichwohl abgegeben werden. Da die Patienten Diabetes-Teststreifen selbst anwenden und dies nicht unter unmittelbarer Aufsicht des Arztes geschieht, könnten sie diese ebenso in einem Sanitätshaus oder in einer Apotheke besorgen.
Das Oberlandesgericht sieht darüber hinaus auch einen Verstoß gegen § 34 Abs. 5 BO, wonach es Ärzten – korrespondierend mit § 11 Apothekengesetz – untersagt ist, in die Freiheit des Patienten bei der Auswahl einer bestimmten Apotheke einzugreifen. Wenn ihm dies schon untersagt sei, so das erkennende Gericht, so dürfe er erst recht nicht selbst die Waren abgeben, weil er so durch die angebotene Bequemlichkeit einerseits und im Hinblick auf das ihm entgegen gebrachte Vertrauen andererseits sogar in besonders massiver Weise in diese Auswahlfreiheit eingreife.
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