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Gesundheitsreform: FDP verlässt Konsensgespräche
Gerhardt und FDP-Parteichef Guido Westerwelle kündigten an, die FDP werde ihre Vorschläge für eine Reform des Gesundheitswesens nun eigenständig in die parlamentarischen Beratungen einbringen. Nach Jahren ständiger Reparaturbemühungen am bisherigen Gesundheitssystem sei endlich "ein größerer Wurf" nötig – in Form von grundlegenden strukturellen Veränderungen, so die FDP. Gerhardt erklärte, auch den Einfluss über den Bundesrat zu nutzen, um zu spürbaren Reformschritten zu kommen.
Nicht genug Wettbewerb
Der FDP-Fraktionschef warf den Verhandlungsführern von SPD und CDU/CSU vor, von Beginn an nicht dazu bereit gewesen zu sein, "das Fundament dafür zu schaffen, dass in den nächsten Jahren nicht ständig weiterhin kurzfristige Kostendämpfungspolitik betrieben" werden müsse.
Diese Reformschritte sollen nach Ansicht Gerhardts nicht nur die Herstellung des "vollen Wettbewerbs für Ärzte" vorsehen, sondern auch die gesetzlichen und die privaten Krankenversicherungen in einen echten Wettbewerb bringen. Die Liberalen sprechen sich für einen Übergang in ein rein kapitalgedecktes System aus.
Ganze Leistungskomplexe müssten aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen ausgegliedert werden. Unzureichend sei es etwa, wenn der Zahnersatz künftig nur wahlweise in die private Versicherung übertragen werden soll. Gerhardt zufolge bleiben die Hauptziele der FDP die Sicherung der freien Arztwahl, die Therapiefreiheit der Ärzte und die Freiberuflichkeit.
Auch Westerwelle forderte eine Strukturreform im Gesundheitsbereich und "nicht einfach nur ein Reparaturgesetz." Zwar sei es der FDP gelungen, "Schlimmeres zu verhindern" und zugunsten der Patienten einiges durchzusetzen. Doch die Strukturprobleme seien damit nicht gelöst, so Westerwelle. Der FDP-Chef sprach sich in diesem Zusammenhang erneut gegen die Einführung einer Bürgerversicherung aus. Sie sei ein "elegantes Wort für eine Art Zwangs-AOK für alle."
Skepsis bei der Union
Auch die Union ist mit dem bislang bekannten Gesetzentwurf nicht zufrieden. Bereits in der vergangenen Woche kündigte die bayerische Sozialministerin Christa Stewens (CSU) an, die Reform gegebenenfalls im Bundesrat zu blockieren. Gegenüber der Berliner Zeitung (Ausgabe vom 15. August) erklärte sie, das Ministerium habe sich nicht an die Absprachen der Konsensrunde gehalten.
Die Union werde auf Korrekturen beharren: "Wir werden sehr genau darauf achten, dass sich im Gesetz alle vereinbarten Aspekte wiederfinden", so Stewens. Am Ziel einer gemeinsamen Reform will die bayerische Ministerin jedoch grundsätzlich festhalten.
Der CDU-Gesundheitsexperte Andreas Storm erklärte am 18. August, der Erfolg der Konsensrunde stehe "auf des Messers Schneide". Der "Reutlinger General-Anzeiger" zitierte Storm mit den Worten: "Wenn die rot-grüne Koalition sich auf Basis des jetzt vorliegenden Arbeitsentwurfs zur Gesundheitsreform einigt, dann bedeutet das, dass der Konsens beendet ist". Zahlreiche Pläne und Vorschläge aus dem Regierungslager – zum Beispiel zum Thema Zahnersatz – widersprächen klar dem vereinbarten Kompromiss.
Kritik von Schmidt und Scholz
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt kritisierte den Ausstieg der FDP aus den Gesprächen als "völlig unglaubwürdig": "Die Rechnung, sich einerseits als Bewahrer von Klientelinteressen zu profilieren und andererseits die mutigen Streiter für mehr Wettbewerb darstellen zu wollen, kann nicht aufgehen".
Die beiden an den Konsensverhandlungen beteiligten FDP-Vertreter hatten gemeinsam mit der Partei- und Fraktionsspitze dem Konsens zugestimmt. Nicht zuletzt sei es wegen Bedenken der FDP nicht zu noch weitergehenderen Strukturveränderungen auf Seiten der Leistungserbringer gekommen, so die Ministerin.
SPD-Generalsekretär Olaf Scholz warf der FDP vor, sie knicke vor Lobbyisten ein. "Aus purem Opportunismus kündigen Westerwelle und Gerhardt den Kompromiss für eine Gesundheitsreform auf", so Scholz. Die Durchsetzung des Kompromisses liege jetzt in den Händen der Regierung und der Union. Der SPD-Generalsekretär: "Wir werden den Gesundheitskompromiss Punkt für Punkt umsetzen. Wir handeln, die FDP schaut zu."
Am 21. August werden Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt und Unions-Fraktionsvize Horst Seehofer erneut mit den Teilnehmern der Gesundheitskonsens-Verhandlungen zusammentreffen. Dann soll der vom Bundesgesundheitsministerium nach den Konsens-Eckpunkten erarbeitete Gesetzentwurf diskutiert werden. Zuvor machten Unionspolitiker deutlich, dass der Kompromiss wackle. Die Liberalen haben sogar schon ihren Ausstieg aus den weiteren Verhandlungen erklärt: Am 18. August beschlossen der Vorstand der FDP-Bundestagsfraktion und das FDP-Präsidium in Berlin, das bisher vorgelegte Reformpaket als "unzureichend" abzulehnen.
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