Recht

V. SaalfrankWeniger Gewinn – weniger Miete? &n

Sinkende Umsätze und sinkender Rohgewinn versetzen mittlerweile so manchen Apothekenleiter in eine wirtschaftlich angespannte Lage. Immense Opfer mutet bereits das Beitragssatzsicherungsgesetz den Apotheken zu, und weitere Einbußen sind durch Umsetzung des Eckpunktepapiers zur Gesundheitsreform zu erwarten: Verschärfung des Geschäftsklimas durch Versandapotheken, Wegfall der Erstattungsfähigkeit nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel und pauschale Vergütung für Arzneimittel werden sich nachhaltig ungünstig auf den Umsatz der meisten Apotheken auswirken. Nur die Centerapotheken werden möglicherweise vom neuen Vergütungssystem profitieren und ihren Rohgewinn steigern können [1].

Unter solchen Rahmenbedingungen kann so mancher Apothekenbetrieb nur dann überleben, wenn er seine Kostenstruktur kritisch betrachtet und alle Möglichkeiten, Kosten einzusparen, ausschöpft. Eine nicht unerhebliche Kostenposition ist dabei neben dem Personal auch die Miete, welche in etwa die Größenordnung von 3 % des Jahresumsatzes nicht übersteigen sollte.

Da Apothekenraummietverträge in aller Regel befristet für einen längeren Zeitraum abgeschlossen werden, rühren die Vereinbarungen über die Miethöhe meist noch aus der Zeit, als die Umsatz- und Gewinnerwartungen der Apotheken positiver waren und die Vertragsparteien von entsprechenden Umsatzsteigerungen ausgehen konnten.

Diese Erwartung hat sich nun nicht realisiert: Infolge sinkender Umsätze hat sich vielmehr auch der Kostenanteil für die Raummiete spürbar erhöht und liegt nicht selten bereits im Bereich von 6 %. Damit stellt sich die Frage, ob der Apothekenleiter eine rechtliche Handhabe hat, die Miete für die Zukunft den geänderten Rahmenbedingungen anzupassen.

Grundsätzliches zum Mietvertrag

Der Mietvertrag ist verbindlich

Welche Gegenleistung der Apothekenleiter als Mieter für die Überlassung der Apothekenräume an den Vermieter zu erbringen hat, regelt der Mietvertrag. Es ist grundsätzlich im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit in das Belieben der Vertragsparteien gestellt, Leistung und Gegenleistung im Rahmen eines Vertrags frei zu vereinbaren, soweit die Rechtsordnung keine andere Wertung getroffen hat und so die Vertragsfreiheit begrenzt.

Erste Grenze der Vertragsfreiheit: Wucher

Eine Einschränkung der Privatautonomie findet sich z. B. für sittenwidrige, insbesondere wucherische Rechtsgeschäfte. Diese sind gemäß § 138 BGB nichtig. Sittenwidrig kann ein Mietvertrag sein, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein auffälliges Missverhältnis besteht, weil z. B. Regelung zur Miethöhe die ortsübliche Vergleichsmiete um über 100 % übersteigt und der Vermieter etwa die Unerfahrenheit oder eine Zwangslage des Mieters ausgenutzt hat [2].

Allerdings ist für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses entscheidend [3], sodass es die Wirksamkeit des Mietvertrages unberührt lässt, wenn in der Folgezeit die Vergleichsmieten drastisch sinken.

Das Apothekengesetz beschränkt die Vertragsfreiheit

Unwirksam sind auch Mietverträge, die gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen (§ 134 BGB). Ein gesetzliches Verbot ist z. B. § 7 Apothekengesetz [4], welcher die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit des Apothekenleiters zum Gegenstand hat. Schließlich sind gemäß § 12 Apothekengesetz solche Mietverträge nichtig, die u. a. gegen das Verbot der Umsatzmiete, der Apothekenpacht oder des Fremdbesitzes verstoßen.

Änderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen lässt Vertrag unberührt

Ein Mietvertrag, der zum Zeitpunkt seines Abschlusses die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Apothekenleiters wahrte, wird auch nicht dadurch unwirksam, dass später infolge geänderter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen der Apotheker wegen zu hoher Miete sich außerstande sieht, seinen Apothekenbetrieb nach bestem Gewissen zu führen.

Hier ist es nicht der Vertrag, der gegen das gesetzliche Verbot verstößt, sondern es sind die weiteren (gesamt)wirtschaftlichen Umstände, die dem Apotheker die Erfüllung seiner öffentlichen Pflicht erschweren. Der Apotheker befindet sich dann im Konflikt, dass er einerseits den Vertrag erfüllen muss, andererseits jedoch dies nur auf Kosten seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit tun kann, welche die Grenze des nach § 7 ApoG Erlaubten möglicherweise bereits überschritten hat.

Wann ist eine Vertragsanpassung oder Vertragsauflösung möglich?

Die einschlägigen mietrechtlichen Vorschriften sehen für solche Fälle kein ausdrückliches Kündigungsrecht vor. Es kennt nur das außerordentliche Kündigungsrecht des Vermieters für den Fall des Zahlungsrückstandes und der Insolvenz.

Enthält also auch der Mietvertrag Sonderkündigungsrecht aus wirtschaftlichen Gründen, so wäre eine Kündigung grundsätzlich nicht möglich. Derlei Klauseln finden sich indessen im Gegensatz zu den Regelungen in Pachtverträgen nur selten und wenn, dann sind sie häufig so unbestimmt, dass nicht unerhebliche rechtliche Risiken auf den Mieter warten, wenn er sich auf die Klausel stützen will. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Klausel die Voraussetzungen für die Kündigung nicht detailliert nennt, indem sie nur auf nachhaltige wirtschaftliche Störungen des Apothekenbetriebs Bezug nimmt.

Wegfall der Geschäftsgrundlage?

Gleichwohl könnte es dem Apotheker erlaubt sein, Vertragsanpassung oder ggf. auch Vertragsauflösung zu verlangen. Anknüpfungspunkt wäre insoweit § 313 BGB: Danach kann eine Partei Vertragsanpassung verlangen oder gar ein Recht zur Kündigung geltend machen, wenn sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Man spricht hier vom Wegfall bzw. der Änderung der Geschäftsgrundlage.

Die Risikoverteilung im Mietrecht

Für eine Vertragsanpassung wegen Störungen in der Geschäftsgrundlage ist aber nur dann Raum, wenn es um Erwartungen und Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen [5].

So trägt im Verhältnis von Mieter und Vermieter grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache. Dazu gehört bei der gewerblichen Miete vor allem die Chance, mit dem Mietobjekt Gewinne zu erzielen. Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters, das er nicht auf den Vermieter verlagern kann.

Allerdings können die Vertragsparteien diese dem Mietrecht immanente Risikoverteilung vertraglich ändern und vereinbaren, dass der Vermieter das Geschäftsrisiko des Mieters – ganz oder zum Teil – übernimmt. Ob dies der Fall ist, ist durch Auslegung des Mietvertrages zu ermitteln.

Aus den dortigen Regelungen muss sich eindeutig entnehmen lassen, dass der Vermieter ausnahmsweise dazu bereit ist, das Geschäftsrisiko mitzutragen. Nicht ausreichend für die Annahme einer solchen Risikoverlagerung ist es, dass sich die Parteien darauf verständigt haben, nur eine Apotheke in den Räumen zu betreiben, oder wenn der Mietvertrag Sortimentsbeschränkungen, Betriebspflichten und Konkurrenzschutzklauseln vorsieht [5].

Solche Klauseln definieren nach Auffassung des Bundesgerichtshofs lediglich den Standort der Apotheke und lassen für sich noch keine Folgerungen auf eine Risikoübernahme durch den Vermieter zu.

Beispiel Einkaufszentrum: Verteilung des unternehmerischen Risikos

Dies soll nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch für Einkaufszentren gelten, selbst wenn der Center durch die Auswahl der Mieter und der Geschäftszweige das Erscheinungsbild des Centers nachhaltig prägt.

Nach Meinung des Bundesgerichtshofs ließe sich nur dann eine Risikoabwälzung zulasten des Vermieters annehmen, wenn der Mieter durch die gestaltenden Maßnahmen seines Vermieters in seinen unternehmerischen Entscheidungen über das übliche Maß hinaus eingeschränkt und sein Geschäft nach dem äußeren Erscheinungsbild zu einem eingefügten Teil einer Anlage würde [5].

Solche Einschränkungen werden sich indessen in der Regel kaum mit § 7 ApoG vereinbaren lassen. Auch Pflichtmitgliedschaften in Werbegemeinschaften und die Verpflichtung zur Zahlung von Nebenkosten für die Gesamtanlage führen nach Meinung des Bundesgerichtshofs nicht zu einer Verlagerung des unternehmerischen Risikos.

Wohl aber für eine Risikoübernahme spricht, wenn der Vermieter auch dann das Risiko einer Betriebsunterbrechung zu tragen bereit ist, wenn nicht das vermietete Geschäft, sondern nur ein anderer Teil der Anlage, auf der sich die Mieträume befinden, dem Publikumsverkehr nicht mehr zugänglich ist [5]. Entsprechende Regelungen finden sich häufig bei noch zu errichtenden Gewerberäumen innerhalb eines geplanten Centers.

Hat der Center noch nicht vollständig geöffnet, fehlt es an der durch den Center avisierten Attraktivität auch für die teileröffneten Bereiche; dieses Risiko wird in aller Regel vertraglich auf die Vertragspartner durch entsprechende Regelungen über die Miethöhe verteilt.

Entscheidend ist mithin, ob der Vermieter durch die Begründung eines Gesamtkonzeptes, in das die einzelnen Mieter finanziell und mit Betriebspflichten vertraglich eingebunden werden, eine Gesamtverkaufsstrategie entwickelt, mit welcher er über die übliche Verwaltung und Koordinierung eines Einkaufszentrums hinaus ein eigenes unternehmerisches Risiko für alle Einzelgeschäfte übernimmt [5].

Dies kann im Einzelfall auch im Wege einer Garantiezusage bzw. Erklärung – etwa auch für die Sicherstellung der dauerhaften oder langfristigen Vollvermietung (Vollbelegung) eines Einkaufszentrums – vom Vermieter übernommen werden mit der Folge, dass bei Nichteintritt des garantierten Erfolges die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage greifen können [6].

Wirtschaftlicher Fehlschlag trifft den Mieter

Was ist nun aber, wenn sich die Gewinnerwartung wegen verschärfter gesetzlicher Rahmenbedingungen nicht realisieren lässt und es an einer ausdrücklichen Risikoübernahme des Vermieters fehlt? Es gilt, dass der Unternehmer mit seiner Entscheidung zur Anmietung das Risiko eines finanziellen Fehlschlages übernimmt.

Deshalb lässt das Ausbleiben der erhofften gewinnbringenden Geschäfte die Geschäftsgrundlage zwischen den Mietvertragsparteien unberührt, und zwar selbst dann, wenn die ausbleibenden gewinnbringenden Geschäfte auf einer Gesetzesänderung beruhen (z. B. auf dem Beitragssatzsicherungsgesetz), weil diese Gesetzesänderung nicht unmittelbar auf das Leistungsverhältnis zwischen Mieter und Mieter einwirkt.

Denn die Gesetzesänderung übt keinen Einfluss auf die geschuldeten Leistungen aus und berührt lediglich reflexartig auch das Mietverhältnis, indem der Mieter nicht mehr über die finanziellen Mittel verfügt, wie zuvor [7]. Hier hat sich also das vom Mieter übernommene Verlustrisiko realisiert.

Apotheke braucht wirtschaftliche Rahmenbedingungen

Im Fall der Apothekenmiete besteht nun die Besonderheit, dass der Apotheker beim Betrieb seiner Apotheke zwingende Vorschriften des Apothekengesetzes einhalten muss. Insbesondere bei Verletzung des Leitbildes vom selbstständigen Apotheker in seiner Apotheke (§ 7 ApoG) stellt sich die Frage, inwieweit dies auf das Mietverhältnis Einfluss hat.

Die Rechtsprechung verlangt vom Apothekenleiter ein hohes Maß an Eigenverantwortung: Das Leitbild vom selbstständigen Apotheker ist nämlich nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht schon dann erfüllt, wenn der Apothekenleiter alle wesentlichen Entscheidungen trifft und den Betrieb, soweit er nicht unmittelbar tätig wird, laufend überwacht.

Seine berufliche Verantwortlichkeit und Entscheidungsfreiheit darf vielmehr auch nicht mittelbar – durch unangemessene wirtschaftliche Bedingungen – mit der Folge beeinträchtigt werden, dass die Gefahr begründet wird, er werde seine gesetzliche öffentliche Aufgabe, eigenverantwortlich an der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung mitzuwirken, nicht mehr sachgerecht erfüllen (§§ 1, 7, 9 Abs. 2 Satz 2 ApoG) [4]. Wirtschaftliche Nöte können daher den Arzneimittelversorgungsauftrag gefährden.

Der Gesetzgeber kann jedoch nicht einerseits verbieten, dass ein Apotheker sein Geschäft unter den gegebenen wirtschaftlichen Bedingungen wegen zu hoher Mietbelastung weiter betreibt, ihn jedoch andererseits daran hindern, vom Vermieter Mietanpassung an die neuen Umstände zu verlangen, wenn sich die Vertragsparteien darauf verständigt haben, dass die Mieträume nur zum Zwecke des Apothekenbetriebs vermietet werden.

Dies umso mehr, als nahezu alle Mietverträge die (selbstverständliche) Pflicht des Mieters beinhalten, die Apotheke auf Grundlage der geltenden Vorschriften zu betreiben. Dann dürfte im Rahmen des für den Vermieter Zumutbaren vereinbart worden sein, dass der Mieter mit seinen Einnahmen in der Lage sein muss, nach Zahlung der Miete seinen Betrieb ordnungsgemäß zu betreiben [8].

Auf diese Weise wäre auch das gesetzgeberische Anliegen, die Erfüllung des Arzneimittelversorgungsauftrages durch die Apotheke, gewährleistet. Natürlich können dabei nur die Fälle der Existenzgefährdung erfasst sein und der Mieter müsste versuchen, neben dem Kostenfaktor Miete alle weiteren Kostenfaktoren ebenfalls so weit als möglich zu reduzieren.

In diesem, zugegebenermaßen sehr eng gesteckten Rahmen, wäre ein Anspruch des Apothekers, die Anpassung der Miete zu verlangen und notfalls auch zu kündigen, denkbar.

Enttäuschte Umsatzerwartung als Mangel der Mietsache?

Mängel an der Mietsache berechtigen den Mieter zur Mietminderung, unter gewissen Voraussetzungen auch zur Kündigung.

Enttäuschte Umsatzerwartungen sind nun zwar kein Mangel der Mietsache selbst: der Vermieter überlässt dem Mieter ja nur die Räume, damit er dort seinen Geschäftsbetrieb ausüben kann, nicht dagegen einen voll eingerichteten und betriebsbereiten Apothekenbetrieb. Letzteres wäre rechtlich als Apothekenpacht einzustufen, welche gemäß § 9 Apothekengesetz nur in ganz eng gezogenen Ausnahmefällen statthaft ist. Umsatzerwartungen betreffen aber den Betrieb und nicht die Räume.

Wirft ein Geschäft also wegen der allgemeinen angespannten Wirtschaftslage nicht die erhofften Gewinne ab, so vermag dies keinen Mangel der Mietsache begründen zu können.

Mangelnde Attraktivität des Standortes

Wohl aber können sich Umsatzerwartungen deshalb nicht erfüllen, weil

  • die Mietsache z. B. nicht die Attraktivität für den Kunden hat, wie es der Mieter bei Abschluss des Vertrages erwarten konnte;
  • es dem Vermieter in neu errichteten "Ärztehäusern" bzw. "Gesundheitszentren" nicht gelingt, Ärzte in gewünschter Zahl anzusiedeln, sodass auch die dort in der Erwartung vieler benachbarter Ärzte gegründete Apotheke nicht erfolgreich arbeiten kann;
  • das neu gebaute Einkaufszentrum, in welchem sich die Apotheke befindet, nur zum Teil vermietet werden konnte und es daher auf den Kunden nicht die Attraktivität ausstrahlt, die sich der Apotheker bei Abschluss des Mietvertrages erhoffte.

Sind dies Mängel am Mietobjekt, welche den Mieter zur Mietminderung und ggf. auch zur Kündigung des Mietvertrages berechtigen?

Abweichung des tatsächlichen vom vertraglich geschuldeten Zustand der Mietsache

Ein Mangel der Mietsache liegt dann vor, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache von dem vertraglich geschuldeten Zustand nachteilig abweicht [9]. So können auch bestimmte äußere Einflüsse oder Umstände – etwa die Behinderung des beschwerdefreien Zugangs zu einem gemieteten Geschäftslokal – einen Fehler des Mietobjekts darstellen [6].

Umstände, die die Eignung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch jedoch nur mittelbar berühren, können nach der Rechtsprechung, die anderenfalls eine Ausuferung des Fehlerbegriffs befürchtet, keinen Mangel begründen. Es bedarf also stets einer unmittelbaren Einwirkung auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache [6].

Solche, nur mittelbar bedeutsamen Umstände nimmt der Bundesgerichtshof z. B. an, wenn – entgegen der Baubeschreibung – in einem Einkaufszentrum kein überdachter Weg vom Hauptbahnhof zum Zentrum vorzufinden ist und es auch an der vorgesehenen Anzahl von Parkplätzen in Zentrumsnähe fehlt [6].

Denn das gemietete Geschäftslokal, ein Laden für Wäsche und Dessous, sei auch ohne Zuweg grundsätzlich beschwerdefrei und ungehindert zu erreichen, und zwar auch unabhängig davon, ob ein Kunde, je nach Tageszeit, einen Parkplatz in unmittelbarer Nähe des Einkaufszentrums oder an entfernterer Stelle findet. Ausdrücklich hob der Bundesgerichtshof jedoch hervor, dass ein Mangel durchaus vorliegen könne, wenn es sich um ein anderes Geschäft handelte, bei welchem es auf solche Kriterien ankommt.

Die nicht vollständige Vermietung eines Einkaufszentrums beurteilte der Bundesgerichtshof ebenfalls nicht als eine – unmittelbare – Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit der gemieteten Räume zu dem vertraglich vereinbarten Zweck als Geschäftslokal. Hier handle es sich um das allgemeine unternehmerische Verwendungs- und Gewinnerzielungsrisiko, das grundsätzlich beim Mieter und nicht beim Vermieter liege.

Die Möglichkeit, an dem von anderen Geschäften in einem Einkaufszentrum angezogenen Kundenstrom zu partizipieren, habe zwar mittelbar Einfluss auf den Umsatz, wirke sich jedoch nicht unmittelbar auf die Mietsache aus.

Beispiel: Nicht erfüllte Erwartungen im Ärztehaus

Ausgehend von diesen Grundsätzen wäre es für eine Apotheke in einem Ärztehaus (ohne Ärzte) zunächst unerheblich, ob und in welcher Zahl Ärzte welcher Fachrichtung angesiedelt werden konnten. Denn die Apotheke bleibt für Kunden grundsätzlich unabhängig davon nutzbar, ob sich Ärzte in der Nachbarschaft befinden oder nicht.

Andererseits ist die Nachbarschaft von Ärzten für eine Apotheke eine ganz wesentliche Standortfrage. Die Apotheke in einem Ärztehaus lebt nahezu ausschließlich von den Umsätzen der dort angesiedelten Ärzte, während sie in der Regel nur auf wenig Laufkundschaft bauen kann. Bietet der Vermieter daher Räume in einem Ärztehaus zum Betrieb einer Apotheke an, so weichen die äußeren Umstände von den vertraglich fixierten dann ab, wenn sich dort keine Ärzte niederlassen bzw. nur in solch geringer Zahl, dass von einem Ärztehaus nicht gesprochen werden kann.

Unmittelbar wirkt sich dies auf die Apotheke dann aus, wenn die Apothekenräume zum Betrieb "in einem Ärztehaus" vermietet wurden. In diesem Fall hätte der Vermieter auch eine Zusicherung gegenüber dem Apotheker abgegeben in dem Sinn, dass die Apotheke in einem Ärztehaus liege. Erfüllt das Objekt dann die Voraussetzungen für ein Ärztehaus nicht, ist es angemessen, dass der Mieter die vereinbarte Miete angemessen mindern und sogar vom Mietvertrag zurücktreten kann.

Allerdings schuldet der Vermieter nicht etwa die Vollbelegung des Ärztehauses. Er hat nur dafür zu sorgen, dass die Apotheke tatsächlich innerhalb des zugesicherten Standortes (Ärztehaus, Einkaufszentrum, Fußgängerzone etc.) liegt; ob und in welchem Umfang potenzielle Kunden die Fußgängerzone bzw. das Ärztehaus besuchen und/oder durch die Attraktivität des – teil- oder vollbelegten – Einkaufszentrums angezogen werden, beurteilt sich dann anhand von Umständen, die außerhalb des Mietobjekts liegen [10].

Soweit es also um den Standort als solchen geht, besteht für den Apothekenleiter die Möglichkeit, die Miete zu mindern oder ggf. vom Vertrag zurückzutreten, wenn die vertraglich vereinbarten Vorstellungen zum Standort mit den tatsächlichen nicht übereinstimmen.

Fazit

Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Apothekenleiter auch noch nach Abschluss eines Mietvertrages u. U. die vereinbarte Miethöhe reduzieren und ggf. den Mietvertrag kündigen kann. Allerdings wird eine Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage allenfalls in engen Ausnahmefällen statthaft sein, die sich auf eine die allgemeine wirtschaftliche Situation beeinflussende Gesetzesänderung allein nicht stützen können.

Das Hauptfeld der nachträglichen Mietreduzierung bildet daher der Bereich der Mietmängel, welche hier insbesondere bei Abweichungen vom vereinbarten Standort Gewicht bekommen.

Keine Rechte kann der Betreiber einer Apotheke grundsätzlich daraus ableiten, dass der vereinbarte und tatsächlich vorzufindende Standort auf die Kunden nicht die Attraktivität ausübt, die von den Mietvertragsparteien vorausgesetzt wurde. Für diese enttäuschte Erwartung muss der Vermieter nur dann einstehen, wenn er insoweit das Risiko unmissverständlich übernommen hat.

Vorschläge

Vorgehensweise bei bereits abgeschlossenen Mietverträgen

Wie dargelegt, bestehen im Einzelfall Möglichkeiten, einen bestehenden Mietvertrag zu beenden bzw. die vereinbarten Miete anzupassen, wenn der Apothekenleiter sich nicht dazu imstande sieht, den Betrieb wirtschaftlich zu betreiben oder wenn der Standort mängelbehaftet ist.

Greifen diese rechtlichen Hebel nicht, kann der Apothekenleiter nur darauf hoffen, dass der Vermieter zu einvernehmlichen Änderungen des Mietvertrages bereit ist. Hierzu bedarf es einiger Überzeugungsarbeit, insbesondere durch Darstellung der veränderten wirtschaftlichen Lage der Apotheken einerseits und der Vorteile, die eine Apotheke im Haus des Vermieters bietet, andererseits.

Vorgehensweise bei neu abzuschließenden Mietverträgen

Wer heute einen Apothekenraummietvertrag neu abschließt, sollte den herrschenden wirtschaftlichen (und politischen) Verhältnissen möglichst durch entsprechende Klauseln Rechnung tragen. Insoweit ist insbesondere an eine Regelung zur Deckelung der Miete zu denken, welche jedoch wegen des Verbots umsatz- und gewinnabhängiger Mietvereinbarungen (§ 8 S. 2 ApoG) besser mithilfe eines Rechtskundigen erstellt werden sollte.

Auch an die Vereinbarung eines Sonderkündigungsrechts bei Unterschreiten einer festen Gewinngröße ist zu denken. Ferner ist der Vereinbarung kürzerer Mietzeiten mit mehreren Optionen gegenüber einer langen Mietzeit der Vorzug zu geben, weil sie dem Apothekenleiter einen kurzfristigen Raumwechsel (und damit auch eine starke Verhandlungsposition gegenüber dem Vermieter für eventuelle Mietsenkungen) ermöglicht.

Bezüglich des Standortes ist es ratsam, die von den Parteien vorausgesetzten Kriterien möglichst präzise zu beschreiben: Wenn es sich z. B. um ein Gesundheitszentrum handelt, so sollte ggf. auch eine Präzisierung erfolgen, welche Arztrichtungen in diesem Zentrum beheimatet sein sollen.

Es empfiehlt sich auch, festzuhalten, in welchem Umfang sich die Miete ermäßigen soll, wenn eine bestimmte Fachrichtung am Standort sich nicht ansiedelt. An die Einräumung eines Sonderkündigungsrechts bei Fehlen der Hauptverordnungsgeber ist insbesondere dann zu denken, wenn der Standort für nur wenig Laufkundschaft spricht.

Literatur

[1] Herzog, Wirtschaftliche Auswirkungen des GMG, DAZ 2003, S. 3898 ff. [2] Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.01.1995, BGHZ 128, 255 (259); Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.10.1997, ZMR 1998, 137, 141. [3] Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.04.1981, BGHZ 100, 359. [4] Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.09.1979, BGHZ 75, 214. [5] Bundesgerichtshof, Urteil vom 19. Juli 2000, XII ZR 176/98. [6] Bundesgerichtshof, Urteil vom 16. Februar 2000, Az.: XII ZR 279/97. [7] Oberlandesgericht Nürnberg, Urteil vom 17.09.1998, Az.: 8 U 1175/98. [8] In diesem Sinne wohl auch Fromm. Kann der Apotheker bei einem massiven Ertragsrückgang die Miete mindern?, in: beraten & verkaufen, 1996. [9] Bundesgerichtshof, BGHR BGB § 537 Abs. 1. [10] BGHZ 111, 75.

Sinkende Gewinne versetzen mittlerweile so manchen Apotheker in eine wirtschaftlich angespannte Lage. Da kann auch die Miete für die Geschäftsräume, die früher durchaus angemessen erschien, zu einem Problem werden. Aus juristischer Sicht sind jedoch Ertragsrückgänge kein Argument, um eine Anpassung des Mietvertrages zu verlangen. Bei akuten Existenznöten bleibt dem Apotheker also im wesentlichen nur der Versuch, im Einvernehmen mit dem Vermieter eine Vertragsänderung zu erzielen. 

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