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DAZ-Feuilleton
Ausstellung: Flämische Landschaftsmalerei
Entdeckung der Landschaft
Um 1500 entstand mit der Landschaftsdarstellung eine neue Bildgattung. An diesem gesamteuropäischen Phänomen hatten auch die Niederlande, die damals noch nicht politisch in Nord und Süd geteilt waren, ihren Anteil, ohne dabei anfangs besonders hervorzuragen.
Europa wurde damals mehr oder weniger vom Geist der Renaissance beherrscht. Der Mensch empfand und erlebte sich als Individuum, definierte seine Stellung zu anderen Menschen, zur Natur und zu Gott grundlegend neu, steigerte mit seiner Freude an geistigen und sinnlichen Genüssen auch seine Ansprüche ans Leben und gab damit insbesondere Künstlern und Wissenschaftlern neue und umfangreichere Aufgaben.
Beispielsweise erwachte die Lust am Reisen. Auch der mittelalterliche Mensch reiste, ob als Pilger, als Kaufmann oder als Söldner, aber die Reisezeit war immer verlorene Zeit; nun wurde zum ersten Mal der Weg zum Ziel, und Künstler wurden beauftragt, beeindruckende Landschaften im Bild festzuhalten. So wundert es nicht, dass gerade niederländische Maler, die aus ihrer Heimat keine Berge kannten, vom Hochgebirge magisch angezogen wurden und es immer wieder dargestellt haben.
Realismus, Phantastik, Atmosphäre
Die Landschaftsmalerei erforderte eine intensive Beobachtung der Natur; das betraf die einzelnen Landschaftselemente, vom Grashalm am Boden bis zur Wolke am Himmel, ebenso wie deren unverwechselbares Zusammenspiel, das der Künstler in seiner Bildkomposition wiederzugeben hatte.
Hier profilierten sich nun im Laufe des 16. Jahrhunderts besonders die Niederländer – war doch die Landschaft neben dem Stillleben ihr wichtigstes Sujet. Die Ausstellung beschränkt sich hier auf Meister aus Flandern und – entgegen dem Titel – auch aus Brabant, was heute der nordwestlichen Hälfte Belgiens mit kleinen angrenzenden Gebieten Frankreichs entspricht.
Nur aufgrund genauer Beobachtungen konnten Maler wie Pieter Bruegel der Ältere einen bislang unbekannten Realismus entwickeln. Bruegel fand viele Nachahmer, zum Beispiel Lucas van Valckenborch, in dessen "Sommerlandschaft mit Kornschnitt" der Botaniker mit Freude die blauen Kornblumen und den roten Klatschmohn wahrnimmt; dieses Gemälde ist mit fast zwei Metern Breite übrigens eins der größten in der Ausstellung.
Bald begannen die Maler sich auf einzelne Landschaftstypen zu spezialisieren: Gebirge, Wald, ländliche Idylle, auch erfundene, bewusst phantastisch gestaltete Landschaften wie das verlorene Paradies.
An das berühmte "Paradies" von Jan Brueghel dem Jüngeren erinnert Roelant Saverys "Landschaft mit Vögeln". Unter den hier porträtierten Vogelarten befindet sich auch der Dodo (vorn rechts am Ufer des Baches), allerdings ist ungewiss, wie naturgetreu dessen Darstellung ist.
Immerhin wird vermutet, dass der Maler in Amsterdam ein lebendes Exemplar dieser flugunfähigen Spezies beobachten konnte, die kurz zuvor auf Mauritius entdeckt worden und schon bald darauf ausgestorben war. Übrigens konnten Wissenschaftler in Oxford kürzlich an Hand einer DNA-Analyse klären, dass der Dodo zu den Taubenvögeln (Columbiformes) gehörte (www.netzeitung.de/wissenschaft/forschung/180549.html).
Bald nach 1600 passte Peter Paul Rubens die Landschaftsmalerei dem barocken Kunstempfinden an: Das Detail wurde unwichtig gegenüber dem Gesamteindruck, der Stimmung, der Atmosphäre; Rubens verstand es meisterhaft, "mehr" aus der Landschaft zu machen, sie zu überhöhen, um den Betrachter zu beeindrucken.
Insgesamt versammelt diese Ausstellung 127 Gemälde, die ab dem 23. Dezember im Kunsthistorischen Museum Wien zu sehen sein werden. W. Caesar
Geöffnet: Täglich von 10.00 bis 19.00 Uhr, Dienstag und Freitag bis 21.00 Uhr.
Katalog: 420 Seiten, 150 Farbabbildungen. Broschur (nur im Museum): 30,00 Euro. Hardcover (im Buchhandel): 65,00 Euro. ISBN 3-923641-50-8
Vorträge: Jeden Freitag, 18.30 Uhr, z. B. 3. 10.: Lust und Frust – Reisen im Barock 17. 10.: Raubbau? Landschaft und Umwelt in der Zeit von Bruegel und Rubens 31. 10.: Neues aus dem Paradies (betrifft auch den Dodo)
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