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Arzneimittel und Therapie
Magnesium: Wadenkrämpfe und ihre Therapie
Warum Wadenkrämpfe einige Personen regelmäßig heimsuchen und andere Leute dagegen nie unter Wadenkrämpfen leiden, ist bislang nicht befriedigend geklärt. Der Wadenkrampf entsteht durch ein plötzliches Zusammenziehen von Muskelgruppen und kann sich sogar bis in die Zehen fortsetzen. Sehr heftige und schmerzhafte Wadenkrämpfe können nach dem Lösen des Krampfes einen Schmerz hinterlassen, der dem Muskelkater gleicht.
Durch Wadenkrämpfe können gefährliche Situationen entstehen, wenn diese beim Schwimmen im kalten Wasser auftreten, in den Bergen bei alpinem Sport oder im Straßenverkehr. Wenn Wadenkrämpfe durch Kälte ausgelöst werden, kann eine verminderte Durchblutung eine entscheidende Rolle spielen. Auch nach intensiver sportlicher Belastung treten Wadenkrämpfe vermehrt auf. Hierbei kann ein Flüssigkeitsmangel die Ursache sein, wobei durch starkes Schwitzen neben der Flüssigkeit auch Elektrolyte verloren gehen.
Es sollte aber auch daran gedacht werden, dass häufige Wadenkrämpfe ein Hinweis auf Erkrankungen der Gefäße und der umliegenden Nerven sein können. So können die scheinbar spontan auftretenden nächtlichen Wadenkrämpfe ein Hinweis auf eine Varikose sein. Außerdem kann eine Stoffwechselerkrankung zu Grunde liegen. Daher sollten Personen, die häufiger unter Wadenkrämpfen leiden, dieses ärztlich abklären lassen.
Letztendlich ist es aber oft unklar, wodurch Wadenkrämpfe ausgelöst werden. Als häufigste Ursache wird angenommen, dass eine Übererregbarkeit der Muskulatur zu Grunde liegt, die durch einen Mangel an Elektrolyten entsteht, wobei der Magnesiummangel im Vordergrund steht. Der Magnesiummangel kann durch eine verminderte Zufuhr von Magnesium im gesamten Körper bestehen. Es kann aber auch lokal, durch eine verminderte Durchblutung, zu einem Mangel an Elektrolyten kommen.
Nicht-medikamentöse Therapie
Als sofortige Maßnahme sollte man versuchen, durch Dehnung der Muskulatur den Krampf zu lösen. Es kann aktiv gedehnt werden, indem der Fuß im Sprunggelenk angehoben wird. Dieses bewirkt eine Aktivierung der antagonistisch wirkenden Muskulatur, wodurch eine reflektorische Hemmung der Wadenmuskelaktivität eintritt.
Eine andere Maßnahme ist die passive Dehnung, bei der es beim Gehen durch die Abrollbewegung im Sprunggelenk ebenfalls zur Dehnung der Muskulatur kommt. Bei Personen, die eine überwiegend sitzende Tätigkeit ausüben, kann sich durch vermehrte sportliche Betätigung die Durchblutung der Muskulatur verbessern. Auch kann es von Vorteil sein die Durchblutung in den Beinen anzuregen, beispielsweise durch wechselwarme Bäder oder Duschen nach dem Vorbild von Sebastian Kneipp.
Durch regelmäßige Aktivitäten zur Verbesserung der Durchblutungssituation lässt sich die Neigung zu Wadenkrämpfen herabsetzen. Andererseits sollten Personen, die nach großer sportlicher Belastung zu Wadenkrämpfen neigen, auf eine ausreichende Zufuhr von Flüssigkeit, am besten in Form von magnesiumhaltigem Mineralwasser (enthält in der Regel mehr Elektrolyte als Leitungswasser) oder verdünnten Fruchtsäften, achten. Dieses betrifft aber auch Jugendliche, Sportler, schwangere Frauen und stillende Mütter sowie ältere Personen.
Die Bedeutung von Magnesium
Zusätzlich zu nicht-medikamentösen Maßnahmen sollte auf eine erhöhte Zufuhr von Magnesium geachtet werden. Magnesium ist ein lebensnotwendiger Elektrolyt, der für zahlreiche Enzymreaktionen benötigt wird und Einfluss auf die Konzentration des Calciumionenspiegels im Blut hat. Dadurch ist Magnesium für die Regulation der Muskelaktivität, vor allem des Herzmuskels, für den Aufbau des Knochens und für das Nervensystem wichtig. Bei einem ausgeprägten Magnesiummangel kann es unter anderem zu Krämpfen, Verwirrtheitszuständen und zu Herzrhythmusstörungen kommen.
Magnesium kann im Blut gemessen werden und sollte dort im Normalbereich zwischen 0,8 und 1,2 mmol/l vorkommen. Da die Messung der Magnesiumkonzentration auf Grund der hohen Kosten des Nachweisverfahrens aber nicht zu den Standarduntersuchungen gehört, werden Mangelzustände selten nachgewiesen.
Wirkungseintritt nach ein bis zwei Tagen
Für die Behandlung von Wadenkrämpfen werden zwischen 200 und 400 mg Magnesium pro Tag über einen Zeitraum von ein bis zwei Wochen empfohlen. Die Wirkung setzt in der Regel nach ein bis zwei Tagen ein. Sportler, Jugendliche, schwangere Frauen und stillende Mütter benötigen deutlich mehr. Diese empfohlene Magnesiummenge wird aber durch die Nahrung häufig nicht erreicht.
Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass Erkrankungen zu einem vermehrten Bedarf an Magnesium führen können. Dieses ist besonders bei Durchfall und Erbrechen zu beachten. Auch die Einnahme von Arzneimitteln, wie beispielsweise Diuretika, kann zu einem vermehrten Magnesiumbedarf führen.
Vorkommen von Magnesium in Lebensmitteln
Auf lange Sicht gesehen ist es wichtig, bei der Ernährung auf Lebensmittel zurückzugreifen, die viel Magnesium enthalten. Magnesium kommt vor allem in Milchprodukten (Käse) sowie verschiedenen Getreide- , Gemüse- und Obstsorten vor. Hervorzuheben ist der hohe Magnesiumgehalt in Haferflocken, Hirse, ungeschältem Reis, Weizenkeimen und in Sojaprodukten. In Karotten, Kartoffeln, Spinat und Rosenkohl ist ebenfalls viel Magnesium enthalten. Bei den Obstsorten sind Bananen, Kirschen und Pflaumen reich an Magnesium. Durch die starke Überdüngung des Bodens mit kaliumhaltigen Düngemitteln ist aber die Konzentration von Magnesium im Getreide, Gemüse und Obst in den letzten Jahren stark gesunken. Daher kann – je nach Anbauart – die Magnesiumkonzentrationen stark schwanken.
Interessanterweise enthalten Kakao und Schokolade ebenfalls viel Magnesium. Für die Flüssigkeitszufuhr sollten magnesiumhaltige Mineralwässer gewählt werden, die vorzugsweise zur Nahrungsaufnahme getrunken werden, da sich dadurch die Aufnahme des Magnesiums aus dem Magen-Darm-Trakt erhöht.
Vor- und Nachteile der Magnesiumpräparate
Für die Zufuhr von Magnesium in Form von Brausetabletten, Granulaten, Dragees oder Kautabletten gibt es in den Apotheken und Drogerien eine große Auswahl, die den Laien häufig überfordert. Hier ist die Beratung des Apothekers gefragt. Wichtig ist es, den Patienten vor allem darüber zu informieren, dass die Magnesiumpräparate nicht in erster Linie an Hand eines günstigen Preises ausgewählt werden sollten.
Es gibt zwei Arten von Magnesiumpräparaten, solche in denen Magnesium als Salz gebunden ist (z. B. Magnesiumsulfat), und solche in denen Magnesium in organischer Form enthalten ist (z. B. Magnesiumhydrogenaspartat). Präparate, die Magnesium in Form eines Salzes enthalten, heben sich in der Regel durch einen geringeren Preis hervor und werden daher von den Kunden oft bevorzugt. Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass organisch gebundenes Magnesium eine bessere Bioverfügbarkeit aufweisen soll, wodurch sich der höhere Preis relativiert.
Für die oft konkurrenzlos billigen Nahrungsergänzungsmittel liegen häufig keine Bioverfügbarkeitsprüfungen vor, daher ist ihr Nutzen häufig zweifelhaft. Viele handelsübliche Präparate sind dazu noch zu niedrig dosiert, so dass bis zu zehn Einzelgaben notwendig sind, um eine Tagesdosis von 300 mg zu erzielen. Bei der Mengenangabe muss auch zwischen der Gewichtsangabe des Gesamtsalzes und dem tatsächlichen Magnesium-Gehalt unterschieden werden. Wichtig für bei Entscheidung für eine Arzneiform ist es, darauf hinzuweisen, dass Brausetabletten oder Granulate durch das Auflösen in Wasser den Vorteil einer zusätzlichen Flüssigkeitszufuhr und eines schnelleren Wirkungseintritts haben.
Durchfall bei Überdosierung
Zu einer umfassenden Beratung gehört auch der Hinweis, dass es bei einer Überdosierung von Magnesium zu einer abführenden Wirkung und zu Muskelschwäche kommen kann. Personen mit Nierenfunktionsstörungen sollten Magnesiumpräparate nur nach ärztlicher Anweisung einnehmen.
Ferner ist der Kunde darüber aufzuklären, dass die Einnahme anderer Arzneimittel zu Wechselwirkungen mit Magnesium führen können. So wird bei einer gleichzeitigen Einnahme Eisen schlechter aufgenommen, daher sollte ein zeitlicher Abstand von mindestens zwei Stunden eingehalten werden. Das gilt auch für die gleichzeitige Einnahme von Magnesium mit den Tetracyclinen, Digoxin und Isoniazid.
Heftige Wadenkrämpfe können sich zu einem lästigen Problem entwickeln, wobei schätzungsweise schon jeder zweite Bundesbürger diese Erfahrung gemacht hat. In der Regel handelt es sich hierbei nicht um ernsthafte Gesundheitsstörungen. Es sollte aber beachtet werden, dass Wadenkrämpfe als Symptom einer Erkrankung auftreten können. Zur Behandlung hat sich – neben nicht-medikamentösen Maßnahmen – die Einnahme von Magnesium bewährt.
Das Chininpräparat Limptar N® ist für die Indikation Prophylaxe und Therapie nächtlicher Wadenkrämpfe zugelassen. Die empfohlene Dosierung von zweimal 200 mg ist deutlich niedriger als die in der Malaria-Therapie eingesetzte. Das Dosierungsschema wäre eine Tablette zum Abendessen zu nehmen und eine zur Nacht, damit über die Nacht wirksame Plasmaspiegel erhalten werden.
Chinin wird der Gruppe der peripher wirkenden Myotonolytika zugeordnet. Es verlängert die Erholungsphase der Muskelzellen und verringert damit die Krampfneigung. Außerdem führt Chinin zu einem Kaliumeinstrom in die Muskelzelle, wodurch deren Polarisationsgrad erhöht und die Erregbarkeit vermindert wird.
Oder sie können eine unerwünschte Arzneimittelwirkung sein: Bekannt ist dies vor allem von Diuretika, Chemotherapeutika, Lithium, Cimetidin und Beta-2-Sympathomimetika. Wenn sich die Wadenkrämpfe trotz nicht-medikamentöser Maßnahmen und der zusätzlichen Einnahme von Magnesium nicht bessern, ist den Patienten unbedingt zu empfehlen, einen Arzt zu konsultieren.
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