Fortbildung

U. KubischSexualhormone – Mangel, Substitution

Der zweite pharmazeutische Kongress der Sächsischen Landesapothekerkammer fand am 27. September 2003 in Lichtenwalde bei Chemnitz statt. Er wurde in diesem Jahr erstmals in Zusammenarbeit mit der DPhG-Landesgruppe Sachsen durchgeführt. Im Fokus der Fortbildungsveranstaltung standen die Sexualhormone. Dieses facettenreiche und in verschiedener Hinsicht aktuelle Thema bot Stoff für ein weitgefächertes Programm.

Durch die enge Zusammenarbeit der DPhG-Landesgruppe Sachsen mit der Landesapothekerkammer Sachsen könne die Fortbildung in Sachsen in Zukunft profitieren, sagte Dr. Kempa, Vorstandsmitglied der DPhG-Landesgruppe Sachsen, in seinen Eröffnungsworten.

Für den diesjährigen Fortbildungskongress konnten Referenten aus der klinischen Forschung, aus einem Zentrum der Reproduktionsmedizin, aus der praktischen Frauenheilkunde sowie aus der öffentlichen Apotheke gewonnen werden. Entsprechend vielseitig waren die Vorträge zum Thema Sexualhormone.

Hormone als Jungbrunnen?

Dr. Hannelore Dassow vom Institut für Klinische Pharmakologie der Universität Leipzig befasste sich mit dem Nutzen und den Risiken pharmakologischer Eingriffe in hormonelle Regelkreise. Der Boom der Anti-Aging-Medizin, ausgelöst durch zum Teil unkritische Berichterstattung in den Laien-Medien, mache eine kritische Risiko-Nutzen-Bewertung notwendig.

Nicht nur die zahlenmäßig wachsende ältere Bevölkerung mit starker Kaufkraft, auch immer mehr Jugendliche und junge Erwachsene mit körperdysmorphen Störungen investieren hohe Summen in Mittel, die gegen das Altern und körperliche Mängel wirken sollen.

Die Suche nach ewiger Jugend und Schönheit ist keine neue Erscheinung unserer Zeit. Doch während man in der Renaissance noch vom Bad in einem Jungbrunnen träumte, soll heute der Ersatz körpereigener Hormone den Alterungsprozess aufhalten.

Allerdings ist der kontinuierliche oder auch abrupte Rückgang der Hormonproduktion endokriner Drüsen nur ein Aspekt unter vielen, die für das Altern verantwortlich gemacht werden. Weiterhin sind Apoptosevorgänge, oxidativer Stress durch freie Radikale sowie die Telomeren- und Mitochondrientheorie in der Diskussion.

Der Rückgang der Hormonkonzentrationen ist laut Dassow eher eine Begleiterscheinung als die Hauptursache des Alterns. Keinesfalls sollten gesunde Menschen mit leicht erniedrigten Hormonspiegeln generell substituiert werden.

Dass Eingriffe in hormonelle Regelkreise mit Risiken behaftet sein können, die oft erst nach Jahren oder Jahrzehnten erkennbar werden, zeigten kürzlich die Ergebnisse mehrerer großer Studien zur Hormonersatztherapie (HRT).

Die Referentin stellte noch einmal die Zwischenergebnisse der WHI-Studie (Women's Health Initiative Hormon Replacement Trial) vor, die dazu geführt hat, die HRT nur noch Patientinnen mit hohem Osteoporoserisiko, bestehender Osteoporose oder starken Wechseljahresbeschwerden zu empfehlen.

Testosteronmangel ist selten

Vom vieldiskutierten Klimakterium der Frau wandte sich die Referentin anschließend "dem Klimakterium des Mannes" zu. Obwohl ein solches Klimakterium virile nach ihrer Aussage nicht existiert, stieg der Absatz von Testosteron-Präparaten in den letzten Jahren um ca. 30 Prozent. Dieses Geschäft laufe laut Dassow weitgehend an den Apotheken vorbei über das Internet.

Die kontinuierliche, langsame Abnahme der Testosteronspiegel bei Männern jenseits des 40. Lebensjahres sollte besser als partielles Androgendefizit des alternden Mannes (PADAM) bezeichnet werden. Der Testosteronspiegel sinkt ab dem 25. Lebensjahr sehr langsam um etwa ein Prozent pro Jahr, sodass auch Männer über 80 Jahren noch ausreichend hohe Werte im Serum aufweisen.

Subjektive Beschwerden, wie Leistungsabfall, verminderte Libido und Potenz korrelieren keineswegs immer mit erniedrigten Testosteronspiegeln. Lediglich 20 bis 25 Prozent der Männer zwischen 60 und 80 Jahren weisen einen defizitären Testosteronwert auf, und nur ein Teil davon leidet unter Symptomen des Hormonmangels.

Verursacht wird das partielle Androgendefizit durch die Verschiebung des Androgen-Östrogen-Quotienten. Sowohl Dihydrotestosteron (DHT) als auch Estradiol werden im Hoden enzymatisch aus Testosteron synthetisiert, entweder durch 5-α-Reduktase oder durch Aromatase. Die Bildung von DHT, das mit fünf- bis zehnfach stärkerer Affinität an Androgenrezeptoren bindet als die Vorläufersubstanz Testosteron, geht zurück, während die Synthese des Estradiols ansteigt.

Zusätzlich sinkt durch erhöhte Serumspiegel des Sexualhormon-bindenden Globulins im Alter der Anteil des freien Testosterons im Serum. Auch beim Mann kann es durch die hormonelle Veränderung zu Verstimmungen, Hitzewallungen, abnehmender Knochendichte, Schlafstörungen und vermehrtem Körperfettanteil kommen.

Testosteron-Substitution

Eine Substitution von Testosteron ist erst bei einer Konzentration unter 12 Millimol pro Liter in Kombination mit klinisch relevanten Beschwerden angezeigt. Negativ wirkt sich hierbei die Dämpfung des Effektes durch Rückkopplung im endokrinen Regelkreis aus.

Wegen des erhöhten Risikos für eine maligne Prostatahyperplasie sollte das Prostata-spezifische Antigen (PSA) kontrolliert werden. Bei einem jährlichen Anstieg des PSA-Werts um mehr als 0,75 Nanogramm pro Milliliter muss die Testosteron-Substitution abgebrochen werden.

Es stehen verschiedene Applikationsformen für die Testosteron-Substitution zur Verfügung. Die perorale Einnahme von Methyltestosteron und Testosteronundecanoat wurde mittlerweile durch Transdermale Therapeutische Systeme (TTS) und Gele verdrängt.

Die Pflaster enthalten natives Testosteron und führen nach morgendlicher Applikation zu physiologischen Testosteronspiegeln. Die für die tägliche skrotale Applikation notwendige Rasur schränkt die Compliance für die Testosteronpflaster allerdings ein. Hier sind die neuen Testosteron-Gele vorteilhafter, wobei der hohe Preis den Anwenderkreis beschränken könnte.

DHEA zum Anti-Aging?

Dass ein hoher Preis, fehlende klinische Wirksamkeitsnachweise und ein unbekanntes Gefahrenpotenzial von Anti-Aging-Mitteln nicht zur Vorsicht bei den Konsumenten führt, zeigt sich auch am Beispiel Dehydroepiandrosteron (DHEA). In den Medien wird es als Verjüngungsmittel schlechthin propagiert, und in den Vereinigten Staaten ist es als freiverkäufliches Nahrungsergänzungsmittel zu erhalten.

Aus DHEA, das nur beim Menschen und einigen Primaten nachweisbar ist, können Testosteron und andere Hormone synthetisiert werden. DHEA soll die Bildung von Stresshormonen unterdrücken, Osteoporose verhindern, Potenz und Libido steigern und der Haut ein jugendliches Aussehen zurückgeben.

In einigen plazebokontrollierten Studien zeigte sich nach DHEA-Gabe tatsächlich ein Anstieg der Konzentration männlicher Sexualhormone im Blut. Doch dieser hatte keine Auswirkungen auf die Stimmung, das Wohlbefinden oder die Sexualfunktionen der Versuchspersonen. Auch Leistungsfähigkeit oder der Knochenstoffwechsel ließen sich durch Substitution nicht steigern.

Zahlreiche Untersuchungen zum Einfluss des DHEA auf die Entstehung von Krebs- und Herzerkrankungen sowie auf das Immunsystem geben bisher ein uneinheitliches Bild. Dassow warnte daher vor dem unkritischen Einsatz der Substanz, deren physiologische Funktion bis heute nicht abschließend geklärt und die in Deutschland legal nicht erhältlich ist.

Neues zur hormonalen Kontrazeption

Mit einem kurzen Exkurs in die Medizingeschichte begann Dr. Isabel Hach vom Institut für Klinische Pharmakologie der Medizinischen Fakultät der TU Dresden ihren Vortrag zu Stand und Perspektiven der hormonalen Kontrazeption. So wurden bereits im Alten Ägypten mit Essig getränkte Schwämmchen verwendet, deren spermizide Wirkung aber gering war.

Erst seit Mitte des 20. Jahrhunderts können Frauen auf eine effektive Kontrazeption vertrauen. So haben Östrogen-Gestagen-Kombinationen in Ein- oder Mehrphasenpräparaten einen Pearl-Index unter 0,5, und reine Gestagenpräparate, so genannte Minipillen, erreichen einen Pearl-Index von 3.

Waren die ersten "Pillen", die nach 1961 auf den Markt kamen, noch extrem hoch dosiert, liegt die Konzentration der Östrogene und Gestagene der modernen Präparate im Mikrogrammbereich.

Trotzdem ist auch die hormonale Kontrazeption in jüngster Zeit in die Kritik geraten. Eine 2001 publizierte Metaanalyse belegt, dass die "Pillen" der 3. Generation mit den Gestagenen Desogestrel und Gestoden gegenüber "Pillen" der zweiten Generation mit einem 1,7fach erhöhten Risiko für thromboembolische Ereignisse behaftet sind. Frauen und junge Mädchen, die eine genetische Vorbelastung haben, die übergewichtig sind oder rauchen, sollten die neueren "Pillen" wie Valette® und Belara® deshalb nicht anwenden.

Kritisch bewertete Hach auch die steigenden Verordnungszahlen der Präparate Petibelle® und Yasmin®, die sehr stark beworben werden. Die Langzeiteffekte des Gestagens Drospirenon seien noch nicht absehbar, der propagierte Gewichtsverlust mit wenigen 100 Gramm dagegen zu vernachlässigen.

Besonders wichtig für die Beratung in der Apotheke sind die Wechselwirkungen zwischen Kontrazeptiva und anderen Arzneimitteln, die durch die Inhibition von CYP3A4-Isoenzymen durch Ethinylestradiol und eine erhöhte Plasmaproteinbindung ausgelöst werden.

Andererseits können bestimmte Arzneistoffe als Enzyminduktoren die Wirksamkeit der Kontrazeptiva abschwächen. Sie sind so zahlreich, dass ein Blick in entsprechende Datenbanken zu empfehlen ist. Aufsehen erregte die Entdeckung, dass auch Johanniskraut zu den Enzyminduktoren zählt.

Relativ neu sind die Applikationsformen von Implanon® und NuvaRing®. Während sich bisher nur wenige Frauen für das implantierbare Stäbchen mit dem Wirkstoff Etonogestrel entschieden haben, scheint der selbst einsetzbare Vaginalring mit der Östrogen-Gestagen-Kombination besser angenommen zu werden.

Erfüllter Kinderwunsch

Einen für Pharmazeuten ungewohnten, sehr interessanten Einblick in die praktische Tätigkeit eines Reproduktionsmediziners gab Dr. Dieter Baier vom Zentrum für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie der Universitätsfrauenklinik Leipzig.

Anhand von Dias und kurzen Filmsequenzen zeigte er die Abläufe der Sterilitätsbehandlung bei Frau und Mann sowie Techniken der assistierten und künstlichen Befruchtung. Die Verfahren reichen von der Insemination aufbereiteten Spermas über die In-vitro-Fertilisation (IVF) bis zur Intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI, sprich: ixi).

Von den zehn bis fünfzehn Prozent ungewollt kinderlosen Paaren können zwei Drittel erfolgreich behandelt werden. Die Schwangerschaftsrate liegt bei der künstlichen Befruchtung mit 25 Prozent pro Versuch im gleichen Bereich wie bei der natürlichen Konzeption. Als Hauptgrund für die große Zahl kinderloser Paare nannte Dr. Baier die Verschiebung der reproduktiven Phase in ein höheres Lebensalter.

Zu Beginn der Behandlung steht die umfassende Diagnostik von Frau und Mann. Während die Ursachen weiblicher Sterilität vom polyzystischen Ovarsyndrom, hinter dem laut Baier meist ein metabolisches Syndrom steckt, über angeborene Fehlbildungen bis zur Endometriose reichen, steht beim Mann die Oligo- oder Azoospermie im Vordergrund.

In fast 50 Prozent aller Fälle von unerfülltem Kinderwunsch liegt ein schlechtes Spermiogramm vor. Wünschenswert zur natürlichen Befruchtung einer Eizelle sind über 20 Millionen Spermien ohne Anomalien, von denen mindestens 50 Prozent progressiv beweglich sein sollten. Für die ICSI genügt aber schon ein einziges Spermium im Ejakulat zur Befruchtung.

Wie bei der IVF müssen auch hier die Eierstöcke durch Gabe von GnRH-Analoga oder GnRH-Antagonisten überstimuliert werden, um die Reifung mehrerer Follikel zu erreichen. Diese hormonelle Überstimulation zieht eine gehäufte Zahl von Schwangerschaftskomplikationen nach sich.

Um die Chancen auf eine Einnistung nach der künstlichen Befruchtung zu erhöhen, lassen sich viele Frauen zwei bis drei Embryonen einsetzen, was die Rate von Mehrlingsschwangerschaften in Deutschland stark erhöht hat. Die effektivere und für die Frau schonendere Methode, nur die Embryonen einzusetzen, die sich nach der Befruchtung am besten entwickelt haben, ist in Deutschland durch das Embryonenschutzgesetz bisher verboten.

Das Vorhaben der Bundesregierung, die Patienten zu 50 Prozent an den Kosten der künstlichen Befruchtung zu beteiligen, dürfte manchem Paar den Zugang zu diesen Therapien verbauen. Für einen Zyklus müssen mehrere tausend Euro aufgewendet werden.

Potenzstörungen

Michael Löscher, Siegfried-Apotheke in Dresden, handelte in seinem Vortrag, der in Zusammenarbeit mit Apothekerin Susanne Gampe erstellt wurde, das Thema Potenzstörungen umfassend ab.

Nach WHO-Angaben sind rund 150 Millionen Männer weltweit von Erektionsstörungen betroffen, in Deutschland wird die Zahl auf fünf bis acht Millionen geschätzt. Der Begriff erektile Dysfunktion (ED) ist definiert als die Unfähigkeit, eine für ein befriedigendes Sexualleben ausreichende Erektion zu erreichen und aufrechtzuerhalten. Die komplette Impotenz stellt nur einen kleinen Teil dieser Störungen dar.

Die Massachusetts Male Aging Study (MMAS), die erste große Studie zur Männergesundheit, zeigte, dass über die Hälfte der Männer zwischen 40 und 70 Jahren von dem Problem betroffen waren und dass sich das Risiko in diesem Zeitverlauf verdoppelt.

Zunehmendes Alter stellt demnach den größten Risikofaktor dar (75 Prozent der über 70-Jährigen waren in der MMAS betroffen), aber auch organische Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes, Durchblutungsstörungen, starkes Übergewicht oder psychische Störungen und Stress führen häufig zu Potenzproblemen. Auch Arzneimittel können die sexuelle Funktion beeinträchtigen. Hierzu zählen neben vielen Antihypertensiva auch Psychopharmaka, Lipidsenker und H2-Blocker (Tab. 1).

PDE-5-Hemmer gegen ED

Prof. Hartmut Porst, Urologe in Hamburg, empfiehlt vor der Behandlung der Potenzprobleme einen Herz-Kreislauf-Check, denn im Falle einer unerkannten Herz-Kreislauf-Erkrankung oder eines Diabetes mellitus stellt die ED ein wichtiges Frühwarnsymptom dar. Potenzprobleme treten ca. ein Jahr vor anderen Symptomen auf.

Mechanische Hilfsmittel zur Beseitigung der ED bleiben – ebenso wie das Spritzen durchblutungsfördernder Arzneistoffe direkt in den Penis – auf einen kleinen Anwenderkreis beschränkt.

Erst seit wenigen Jahren steht mit dem Phosphodiesterase(PDE)-5-Hemmer Sildenafil (Viagra®) ein wirksames orales Arzneimittel gegen ED zur Verfügung, und in diesem Jahr kamen zwei weitere Präparate auf den Markt. Sildenafil erhöht die Konzentration des Botenstoffes Stickstoffmonoxid und führt über eine Erschlaffung der glatten Muskulatur zum Bluteinstrom in den Penis. Die erektionsfördernde Wirkung setzt eine sexuelle Stimulation voraus. Seit der Zulassung vor fünf Jahren wurde Viagra® schätzungsweise von über 20 Millionen Männern in 105 Ländern angewendet.

Mittlerweile kennt man zahlreiche weitere PDE-Subtypen, die in verschiedensten Organen wirksam werden. Durch Angriff an der PDE-6 in der Netzhaut kann Sildenafil zu Sehstörungen führen.

Die Nachfolgepräparate Vardenafil (Levitra®) und Tadalafil (Cialis®) wirken selektiver auf die PDE-5. Das Isoenzym PDE-6 am Auge wird nicht beeinflusst, sodass es nicht zu Sehstörungen kommen kann. Ob auch das Herz-Kreislauf-Risiko geringer ist, lässt sich noch nicht beurteilen. Die Nebenwirkungen ähneln sonst denen von Sildenafil. Vardenafil soll nach Herstellerangaben seltener Kopfschmerzen hervorrufen.

Unterschiedlich sind bei den drei PDE-5-Hemmern vor allem die Zeit bis zum Wirkeintritt und die Wirkdauer (Tab. 2). So wirkt Vardenafil etwas schneller und ungefähr genauso lang wie Sildenafil. Tadalafil hat eine extrem lange Wirkdauer bis zu 24 Stunden. Dadurch soll es ein normales Sexualleben ohne den Gedanken an eine Potenzpille ermöglichen.

Das Risiko von Neben- und Wechselwirkungen könnte bei einer solchen Zeitspanne theoretisch auch erhöht sein. Doch in den 60 Studien mit mehr als 4000 Personen hat sich Tadalafil als sicher und wirksam – mit einer Ansprechrate von 81 Prozent – erwiesen. Ob dessen nachgewiesene Hemmwirkung auf die PDE-11, welche sich im Prostata- und Hodengewebe findet, eine klinische Bedeutung hat, ist noch nicht geklärt.

Die Phosphodiesterasen könnten in Zukunft als Targets für neue Therapiekonzepte ergiebig sein. Erste wissenschaftliche Ergebnisse belegen, dass Sildenafil pulmonalen Hochdruck senken kann. Kurz vor der Zulassung stehen laut Löscher zwei Arzneistoffe aus der neuen Substanzklasse der PDE-4-Hemmer: Roflumilast und Cilomilast hemmen Entzündungsprozesse in den Atemwegen und sollen gegen Asthma und COPD eingesetzt werden.

Hormonsubstitution im Klimakterium

Zwei Drittel aller Frauen haben nur mäßige Wechseljahresbeschwerden oder fühlen sich kaum beeinträchtigt, aber jede dritte Frau erlebt die hormonelle Umstellung zwischen dem 45. und 65. Lebensjahr mit starken vasomotorischen, organischen oder psychischen Beschwerden.

Bei vielen dieser Patientinnen sind die Hitzewallungen, Schlafstörungen, Depressionen oder anderen Symptome so stark, dass eine Hormonersatztherapie (HRT) angezeigt ist, betonte Prof. Dr. Henry Alexander von der Universitätsfrauenklinik Leipzig.

Nach den aktuellen Leitlinien sollte die Östrogengabe einschleichend beginnen und nicht über zwei Milligramm pro Tag liegen; bei nicht-hysterektomierten Frauen sollte sie immer mit einer Gestagengabe kombiniert werden.

Frauenärzte in Deutschland haben die Auswahl zwischen 40 bis 50 verschiedenen Präparaten unterschiedlicher Applikationsart. Frauen mit Leber- oder Gallenwegserkrankungen sollten immer mit Transdermalen Therapeutischen Systemen behandelt werden.

Nach Veröffentlichung der Ergebnisse von HERS II ("Heart and Estrogen/Progestin Replacement Study", 1998) und nach Abbruch eines Teilarmes der WHI-Studie (s. o.) sind viele Patientinnen und Ärzte verunsichert. Alexander wertete die Ergebnisse der großangelegten Studien als widersprüchlich und kritisierte einige Aspekte in der Durchführung der WHI-Studie.

So waren das Durchschnittsalter der Studienteilnehmerinnen mit 63 Jahren sowie der durchschnittliche Body Mass Index von 28,5 sehr hoch. Starke Hitzewallungen waren ein Ausschlusskriterium, da der schnelle und starke Hormoneffekt auf dieses Hauptsymptom zur Entblindung der Studie geführt hätte.

Gerade klimakterische Beschwerden beeinträchtigen die Lebensqualität erheblich und sollten bei sorgfältiger Risiko-Nutzen-Abwägung auch in Zukunft durch ein HRT behandelt werden können. Arzt und Patientin müssen gemeinsam eine individuelle Entscheidung für oder gegen die HRT treffen. Kontraindikationen sind verstärkte Migräne bei Hormoneinnahme, anhaltende Übelkeit, Ikterus, Gallenerkrankungen, tiefe Venenthrombose, unklare uterine Blutungen, Herzinfarkt oder Allergie auf einen Inhaltsstoff.

Selektive Östrogenrezeptor-Modulatoren

Unstrittig ist der positive Effekt der Hormonsubstitution auf Knochendichte und Frakturhäufigkeit. Der Wirkstoff Tibolon (Liviella®), ein Steroid mit östrogenen, gestagenen und schwach androgenen Eigenschaften, senkte in Studien die Zahl von Wirbelkörper- und Oberschenkelhalsfrakturen signifikant. Tibolon lindert auch klimakterische Beschwerden.

Eine Alternative zur HRT könnten laut Alexander Selektive Östrogenrezeptor-Modulatoren (SERM) bieten. Diese wirken an den Östrogenrezeptor-Subtypen • oder ≠, die organspezifisch verteilt sind, unterschiedlich. Während sie beispielsweise im Knochen oder ZNS östrogene Wirkungen entfalten, fungieren sie in Gebärmutter- und Brustgewebe als Östrogen-Antagonisten, sodass sie dort nicht potenziell kanzerogen, sondern vielmehr kanzeroprotektiv wirken.

Das einzige bisher verfügbare synthetische SERM Raloxifen (Evista®) beeinflusst den Knochenstoffwechsel positiv, sodass sich die Zahl der Wirbelkörperfrakturen um 30 bis 50 Prozent senken lässt. Nachteilig sind das erhöhte Thromboembolierisiko und die verstärkten Hitzewallungen, die vor allem in den ersten sechs Behandlungsmonaten auftreten. Evista® eignet sich daher eher für Frauen in der Postmenopause.

Phytoöstrogene der Traubensilberkerze ...

Prof. Dr. Hubertus Jarry von der Universitätsfrauenklinik Göttingen stellte abschließend neueste Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der Phytoöstrogene vor.

Phytoöstrogene sind polyphenolische Pflanzeninhaltsstoffe unterschiedlicher Struktur, die den Steroiden insofern ähneln, als sie zwei OH-Gruppen in einem Abstand von ca. 1,2 nm aufweisen. Sie werden durch die Nahrung zugeführt und zirkulieren frei im Blut; abhängig von der Ernährung zum Teil in höheren Konzentrationen als die körpereigenen Östrogene. Während die meisten Phytoöstrogene ihre Wirkung unspezifisch an allen Östrogenrezeptoren entfalten, wirken die Inhaltsstoffe der Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa) selektiv, weshalb sie als Phyto-SERM bezeichnet werden.

Das Forschungsteam der Abteilung Endokrinologie der Universitätsfrauenklinik Göttingen untersuchte einen wässrig-ethanolischen Spezialextrakt aus Cimicifuga (BNO 1055) tierexperimentell an der ovarektomierten Ratte, einem exzellenten Tiermodell für die Messung der östrogenen Wirkung einer Substanz.

Den Ratten wurde über 12 Wochen entweder nichts oder Estradiol oder BNO 1055 injiziert. Ohne Medikation verloren sie über 50 Prozent ihrer Knochenmasse. (Die Knochendichte wurde in der proximalen Tibiametaphyse mit einem Kleintier-Computertomographen gemessen.)

Durch Estradiolgabe ließ sich dieser Effekt nahezu vollständig verhindern. Auch unter BNO 1055 wurde die Abnahme der Knochendichte signifikant gehemmt. Im Gegensatz zum Estradiol beeinflusste BNO 1055 das Uterus-Gewicht der Versuchstiere nicht, was für ein Fehlen der unerwünschten Hormonwirkung auf die Gebärmutterschleimhaut spricht.

Eine weitere wünschenswerte östrogene Wirkung des Cimicifuga-Extraktes ist die Verringerung der Hitzewallungen, die durch Angriff am Hypothalamus über eine Senkung der LH-Sekretion hervorgerufen werden: Unter der Gabe von BNO 1055 sank im selben Tiermodell die Häufigkeit der Hitzewallungen, die als Temperaturerhöhung der Haut um 1 °C definiert war, nach vier Wochen um die Hälfte.

Zurzeit laufen tierexperimentelle Untersuchungen zum Einfluss des Cimicifuga-Extraktes auf die Dranginkontinenz. Von dieser, durch starken Harndrang und krampfartige Schmerzen gekennzeichnete Form der Blasenschwäche sind Frauen in und nach den Wechseljahren besonders betroffen. Die lokale Östrogenbehandlung und die HRT lindern die Beschwerden nachhaltig. Vielleicht kann in Zukunft auch Cimicifuga-Extrakt für diese Indikation eingesetzt werden.

... und von Leguminosen

Weniger Belege gibt es laut Jarry für die behaupteten positiven Wirkungen der Phytoöstrogene Genistein und Daidzein aus Soja und Rotklee. In der Werbung für entsprechende Produkte und in einigen Publikationen wird ihnen mit Hinweis auf die niedrigeren Brustkrebsraten bei ostasiatischen Frauen sogar eine tumorprotektive Wirkung zugeschrieben. Die Hersteller verschweigen hierbei, dass dieser Effekt nur zu beobachten ist, wenn die Einnahme schon vor der Pubertät begonnen hat und danach kontinuierlich fortgesetzt wird.

Es ist nicht völlig auszuschließen, dass die Supplementierung von Genistein und Daidzein bei erwachsenen Frauen auch mit nachteiligen Östrogen-Effekten verbunden ist. Bei Ratten mit induzierten Mikrokarzinomen der Mammae stimulierte Sojafütterung das Karzinom-Wachstum.

In klinischen Studien zeigte sich unter Soja eine erhöhte Dichte des Brustgewebes und eine Vermehrung der Progesteronrezeptoren, beides eindeutig östrogene Wirkungen an der Brustdrüse. Bei den ca. zehn Prozent Frauen, die ständig ein Sekret in den Mamillen bilden, steigt dessen Menge unter Soja-Supplementierung vorübergehend an.

In der bisher längsten Studie am Menschen ließen diese Östrogenwirkungen allerdings mit der Zeit nach, und eine Erhöhung der Brustkrebsrate unter Sojaeinnahme wurde nicht festgestellt.

Phytos: empfehlenswert

Auf die Frage aus dem Auditorium, wie in der täglichen Apothekenpraxis mit diesen Erkenntnissen umzugehen sei, verwies der Referent auf den mit 50 Prozent enorm hohen Plazeboeffekt bei Medikamenten gegen Wechseljahresbeschwerden. Da die Phytopharmaka generell besser verträglich seien, sollte zu einem Therapieversuch geraten werden. Bei Schlafstörungen, Hitzewallungen, depressiven Verstimmungen und erhöhtem Osteoporoserisiko kann Cimicifuga-Extrakt empfohlen werden, dessen Wirksamkeit im Sinne eines SERM nach den Kriterien der Evidenz-basierten Medizin belegt ist.

Sexualhormone standen im Mittelpunkt des zweiten pharmazeutischen Kongresses der Sächsischen Landesapothekerkammer, der am 27. September bei Chemnitz stattfand. Sexualhormone und ihre synthetischen Derivate haben vielfältige medizinische Indikationen, wie hormonale Kontrazeption, Behebung sexueller Störungen, Behandlung von Wechseljahresbeschwerden und Vorbeugung von Alterserscheinungen. Gerade der Effekt des "Anti-Aging" ist jedoch sehr umstritten, und die entsprechenden Präparate sind größtenteils nicht zugelassen und deshalb illegal auf dem Markt. Bei den "Minipillen" zur Kontrazeption und bei der Hormonersatztherapie in der Menopause ist eine besonders sorgfältige Diagnosestellung erforderlich.

In der bisher längsten Studie am Menschen wurde eine Erhöhung der Brustkrebsrate unter Sojaeinnahme nicht festgestellt.

Lediglich 20 bis 25 Prozent der Männer zwischen 60 und 80 Jahren weisen einen defizitären Testosteronwert auf, und nur ein Teil davon leidet unter Symptomen des Hormonmangels.

Frauen und junge Mädchen, die eine genetische Vorbelastung haben, die übergewichtig sind oder rauchen, sollten die neueren "Pillen" nicht anwenden.

Die effektivere und für die Frau schonendere Methode, nur die Embryonen einzusetzen, die sich nach der Befruchtung am besten entwickelt haben, ist in Deutschland bisher verboten.

Klimakterische Beschwerden beeinträchtigten die Lebensqualität erheblich und sollten bei sorgfältiger Risiko-Nutzen-Abwägung auch in Zukunft durch ein HRT behandelt werden können.

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