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Apothekerverband Schleswig-Holstein: Neues Vertragskonzept für Apotheken und ih
Über 250 Mitglieder und Gäste verfolgten Froeses Ausführungen während der Versammlung, die am 18. Oktober in Kiel stattfand. Mit dem Titel "Hausapotheke Schleswig-Holstein – mehr als ein Vertrag" sollte zweierlei ausgedrückt werden: Einerseits befänden sich über den bestehenden Hausapothekenvertrag mit der IKK des Landes Verträge mit anderen Krankenkassen kurz vor dem Abschluss. Andererseits gehe es nicht nur um Verträge, sondern um ein Gesamtkonzept für die künftige Positionierung der Apotheken und des Verbandes.
Herausforderungen der Zukunft
Dabei gelte es, auf die zu erwartenden Folgen des GMG einzugehen. So müssten Apotheker, die künftig europaweit mit Versandhändlern konkurrieren werden, die Denkweise des Versandhandels verstehen lernen. Versandhändlern ginge es stets darum, qualifizierte Kundendaten zu gewinnen, um den Kunden über vernetztes Marketing jeweils geeignete andere Produkte anbieten zu können. Dafür würden zunächst auch nicht kostendeckende Geschäfte eingegangen.
Dagegen würde sich in den Apotheken künftig durch die Freigabe der OTC-Preise jede Mischkalkulation mit Arzneimitteln erübrigen. Jedes Produkt müsse für sich allein betrachtet rentabel sein. Als Anhaltspunkte für die Preisbildung werde es unverbindliche Preisempfehlungen und die Preise nach alter Arzneimittelpreisverordnung geben, da letztere für die ausnahmsweise Verordnung zu Lasten der GKV gelten. Somit würden gespaltene Preise für die gleichen Produkte drohen.
Die neue Preisbildung für verschreibungspflichtige Arzneimittel sei eine eindeutig politische Reform, die den Apotheken mehr Chancen als Risiken böte. Der Gesetzgeber werde sehr genau beobachten, wie die Apotheker mit ihren neuen Handlungsoptionen, beispielsweise bei Aut-idem-Verordnungen, umgehen. In etwa zwei Jahren stehe die Arzneimittelpreisbildung erneut infrage.
Die verbreitete Angst vor dem Vertragswettbewerb in besonderen Versorgungsformen hält Froese für übertrieben. Die politisch gewollten Offerten einzelner Anbieter würden die Preise verderben. Doch seien die Krankenkassen im Interesse ihrer Mitglieder an flächendeckenden Angeboten interessiert und würden daher letztlich Verträge mit den Verbänden abschließen wollen.
Angesichts der Öffnung zum Mehrbesitz sollten sich die Apotheker besonders bemühen, den Fremdbesitz zu verhindern. Schon die Finanzierung durch marktbeteiligte Dritte könnte die Tür zum Fremdbesitz öffnen. Außerdem werde vielfach über vertikale Integration gesprochen.
Obwohl einzelne Aspekte davon sinnvoll seien, sollten Apotheker bei ihren Entscheidungen die zugrunde liegenden Interessen der Partner und die möglichen langfristigen Folgen für ihre Unabhängigkeit bedenken. Die nötige Unterstützung, die jede unabhängig geführte Apotheke benötige, könne auch der Apothekerverband bieten.
Mit Leistungen überzeugen
Dabei gelte es, Patienten, Kostenträger, Ärzte, Medienöffentlichkeit und politische Entscheidungsträger von den Leistungen der Apotheken zu überzeugen. Für die Patienten sei zielgruppenspezifisches Marketing erforderlich.
Die Kostenträger seien an einem flächendeckenden und nachhaltigen Versorgungsangebot interessiert, wie es der Verband anbieten könne. Inzwischen hätten die Kostenträger auch erkannt, dass eine Steuerung der Versicherten in besonderen Versorgungsformen sehr aufwändig und daher nicht unbedingt anzustreben ist. Froese erneuerte die Forderung, den Verband als einzigen Verhandlungspartner der Kostenträger zu betrachten.
Besonders schwierig dürften die Ärzte zu überzeugen sein. Sie könnten mit den praktischen Vorteilen gewonnen werden, die ein lokales Netzwerk bietet. Angesichts der neuen Arzneimittelpreisverordnung könnten die Apotheker den Ärzten neue Angebote zum wirtschaftlichen Arzneimittelmanagement bieten.
Dies sei auch ein Argument gegenüber politischen Entscheidungsträgern. Die Apotheker müssten hier pharmazeutische und ökonomische Kompetenz zeigen und neue Strukturen unterstützen, wie z. B. die Telematik. Die Ziele gegenüber der Politik sollten sein, die Apothekenpflicht und das Fremdbesitzverbot zu erhalten.
Leistungen und Verpflichtungen
Alle diese Anforderungen wolle der Verband mit seinem neuen modularen Konzept als Weiterentwicklung der Hausapotheke erfüllen. Wer an dem Konzept des Verbandes teilnehmen wolle, müsse dies ausdrücklich erklären und sich zu den jeweiligen Vertragsleistungen verpflichten. Da die Teilnahme freiwillig ist, müsse dies für jeden neuen mit Krankenkassen abgeschlossenen Vertrag, der jeweils andere Bedingungen vorsehen kann, einzeln erfolgen.
Solche freiwilligen Zusatzverträge, die nicht für alle Mitglieder gelten müssen, stellten einen Tabubruch gegenüber der früheren Praxis dar, seien aber in der neuen Situation unverzichtbar. Auch Nicht-Mitglieder könnten gegen zusätzliche Gebühren den Verträgen beitreten.
Für Marketing und Imagepflege sollen jeweils Grundleistungen, die für Verbandsmitglieder kostenlos sind, und kostenpflichtige zusätzliche Wahlleistungen angeboten werden. Grundleistungen sind beispielsweise das neue bundesweit eingesetzte Hausapotheken-Logo, Newsletter, Flyer und andere Medienprodukte. Zusatzleistungen können Plakate, Infostände und Radiospots sein.
Wer an dem Konzept teilnimmt, verpflichtet sich zur Teilnahme an den vertraglich vereinbarten Schulungen, zu themenbezogenen Zertifizierungen in Seminaren und zur Einhaltung der jeweils vertraglich definierten Qualitätsstandards. Alle teilnehmenden Apotheken müssten sich ab dem 1. Januar 2004 an einem recht sicheren Internetportal, das eine Hauszustellung ermöglicht (z. B. aponet.de oder apotheken.de), und an einer Marktpreisermittlung für die angebotenen Serviceleistungen beteiligen.
Mögliche Inhalte
Im Leistungs- und Vertragsmodul werden jeweils kommunizierbare Inhalte definiert, die die Apotheken im Rahmen der Verträge zwingend anbieten müssen oder zusätzlich anbieten können. Die ohnehin angebotenen Grundleistungen wie beispielsweise Hausversorgung, Impfberatung, Reiseimpfberatung oder verschiedene Messungen sollten so zu vertraglich garantierten Selbstverständlichkeiten werden.
Als zusätzliche Leistungen könnten beispielsweise Hausbesuche, Herstellung von Spezialrezepturen oder Seminare angeboten werden. Wenn Leistungen definiert würden, könnten dafür auch Preise festgesetzt werden.
In ähnlicher Weise sollte der Verband auf die künftigen Vertragsanforderungen bei besonderen Versorgungsformen eingehen. In solchen Rahmenverträgen würde dann ein Leistungsspektrum festgelegt, das die teilnehmenden Apotheken verbindlich anbieten müssten. Als neue zusätzliche Leistungen würden sich die Krankenkassen beispielsweise die Raucherentwöhnung, die Ernährungsberatung und verschiedene Präventionsangebote wünschen.
Hinsichtlich der Kommunikation werden sowohl Verband als auch Apotheken gefordert. So gelte es beispielsweise, neue Abrechnungswege und Datenwege für die elektronische Gesundheitskarte zu definieren und rechtssichere Angebote für die Internetpräsenz zu schaffen. Die Apotheken müssten sich ihrerseits verpflichten, per Telefon, Fax und E-Mail erreichbar zu sein.
Alternative zu Kooperationen
Das Angebot sei insgesamt freiwillig, durchsetzungsstark, frei von Fremdinteressen und nicht mit einer Bindung an einen Großhändler verbunden. Es solle die Unabhängigkeit und den nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg der Apotheken sichern. Der Apothekerverband Schleswig-Holstein werde die Mitglieder bald zur Teilnahme an diesem Konzept in Verbindung mit dem Hausapothekenvertrag befragen.
Um weitere Inhalte werde es im Verlauf des ersten Halbjahres 2004 gehen. Die Inhalte müssten zum Teil erst entwickelt werden, doch seien andere Anbieter auch nicht schneller. Die Apotheken seien frei, über das Konzept des Verbandes hinaus zusätzliche Angebote wahrzunehmen, sofern diese den Grundsätzen des Konzeptes nicht zuwiderliefen.
Die Teilnehmer der Mitgliederversammlung signalisierten deutliche Zustimmung zu dem vorgestellten Konzept. Doch blieben Zweifel bestehen, ob die Krankenkassen so sehr an flächendeckenden Leistungen interessiert sind.
Eine Garantie für den Erfolg im Vertragswettbewerb wollte auch Froese nicht abgeben, aber als Vorteil für den Verband dürfte sich der große Anteil relativ gering besiedelter Flächen in Schleswig-Holstein erweisen.
In der Diskussion wurde die Erwartung geäußert, dass sich zusätzliche kostenintensive Kooperationen angesichts der dargestellten Leistungen des Verbandes erübrigen könnten.
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