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GMG und Apotheken
Hilko MeyerDAZ-Serie: Das GMG – was ändert si
Neuanpassung von Festbeträgen nach SGB V
Die neu eingefügte Anpassungsregelung nach § 35 Abs. 5 Satz 4 SGB V sieht vor, dass der Festbetrag für Arzneimittel in einer Festbetragsgruppe für wirkstoffgleiche Arzneimittel den höchsten Abgabepreis des unteren Drittels des Intervalls zwischen dem niedrigsten Preis und dem höchsten Preis einer Standardpackung nicht übersteigen soll.
Nach Angaben des BKK-Bundesverbandes ist mit einer solchen Absenkung bestehender Festbeträge auf das untere Preisdrittel nicht vor dem 1. April 2003 zu rechnen. Neue Festbeträge für bisher nicht erfasste Wirkstoffe und insbesondere für die durch das GMG neu einbezogenen Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen ohne therapeutische Verbesserung (§ 35 Abs. 1a SGB V neu) setzen zunächst neue Gruppenbildungen durch den Gemeinsamen Bundesausschuss voraus und sind auch wegen der beiden erforderlichen Anhörungsverfahren erst Mitte 2004 zu erwarten.
Geänderte Handelszuschläge erfordern Umrechnung von Festbeträgen
Dagegen beruhen die ab 1. Januar 2004 geltenden neuen Festbeträge für verschreibungspflichtige Arzneimittel nicht auf einer Neuanpassung, sondern auf einer Umrechnung nach Maßgabe der geänderten Handelszuschläge der Arzneimittelpreisverordnung (§ 35 Abs. 8 SGB V neu).
Da die Festbeträge auf Ebene des Apothekenverkaufspreises bestimmt sind, müssen sie dazu auf den Herstellerabgabepreis heruntergerechnet und anschließend mit den neuen Handelszuschlägen versehen werden. Aufgrund des Fixzuschlags der Apotheken wird es im Resultat damit zu Erhöhungen und Absenkungen der Festbeträge kommen.
Produktpreise, die bisher auf oder unter dem Festbetrag lagen, werden dies auch nach der Umrechnung tun, so dass bei gleicher Preisstrategie keine Änderung des Herstellerabgabepreises erforderlich ist. Es bleibt den Herstellern jedoch unbenommen, ihre Preisstrategien und Preise unabhängig davon zu ändern. Soweit sich Festbeträge auf nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel beziehen, bleiben sie über den 31. Dezember 2003 hinaus bis zu einer möglichen Anpassung oder Aufhebung unverändert bestehen. Praktische Relevanz werden diese Festbeträge jedoch nur noch im Ausnahmefall haben, da nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel künftig nur noch in Einzelfällen und unter besonderen Voraussetzungen zu Lasten der GKV abgegeben werden dürfen.
Aut-idem-Regelung in drei Übergangsstadien
Welche Aut-idem-Regelung für die Apotheken ab 1. Januar 2004 gilt, ist aber dennoch nicht ganz einfach festzustellen, weil die Übergangsfrist des Art. 37 Abs. 7 GMG nur für Teile der Aut-idem-Regelung gilt. Um dies näher zu erläutern, sind in der Tabelle "Aut-idem-Regelung gem. § 129 Abs. 1 Nr. 1 SGB V" alle drei Übergangsstadien dargestellt.
Es ergibt sich folgende gestaffelte Übergangsregelung:
Die Vertragspartner unterliegen dabei künftig nicht mehr den gesetzlichen Vorgaben im Hinblick auf die Einbeziehung identischer Wirkstärken und Packungsgrößen sowie austauschbarer Darreichungsformen in den Preisvergleich. Denkbar ist daher eine Verknüpfung dieser Frage mit den Festbeträgen für wirkstoffgleiche Arzneimittel.
Substitutionspflicht auch ohne Neuvereinbarung?
Sollte es bis zum Wegfall der bisherigen Definition nicht zu einer Neuvereinbarung des zum 31. Dezember 2003 gekündigten Rahmenvertrages gekommen sein, so würde sich die Frage stellen, ob der Apotheker dann überhaupt noch zur Substitution verpflichtet wäre. Wie bereits für den Zeitraum vor Bekanntgabe der ersten Preislinien könnte man hier mit dem Generikaverband argumentieren, dass der Apotheker seine konkreten Pflichten kennen muss, bevor er sie erfüllen kann. Wenn er nur "nach Maßgabe des Rahmenvertrages" verpflichtet ist, muss dieser erst einmal vereinbart (oder durch Schiedsspruch erlassen) worden sein.
Dagegen lässt sich jedoch einwenden, dass in den Fällen des § 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V in jedem Falle eine Berechtigung des Apothekers zur Auswahl des abzugebenden Arzneimittels besteht, und es allenfalls offen ist, wie er diese – unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebots und der geltenden Arzneilieferungsverträge – auszuüben hat. Bis zum Wegfall der gesetzlichen Definition dürften daher die Preislinien anwendbar bleiben. Die von den GKV-Spitzenverbänden für den 11. Dezember 2003 angekündigte Bekanntmachung neuer Preislinien werden daher voraussichtlich bis zum 31. März 2003 gültig sein.
Beispiele für mögliche Regelungen bieten bisher vereinbarte Auswahlklauseln
Nach der erstmaligen Festsetzung neuer Festbeträge wird es – bis zur Definition des Begriffs "preisgünstig" im Rahmenvertrag – allenfalls noch darum gehen, ob der Apotheker seine Pflicht bereits dann erfüllt, wenn er nicht das teuerste wirkstoffgleiche Mittel (in der Regel das Erstanmelderpräparat) abgibt, oder ob die Grenze der Preisgünstigkeit niedriger anzusetzen ist.
Beispiele für mögliche Regelungen liefern die bisher vereinbarten Auswahlklauseln. In der Tabelle auf Seite 83 sind die Klauseln aus dem geltenden Rahmenvertrag des DAV mit den GKV-Spitzenverbänden sowie aus dem Arzneilieferungsvertrag des DAV mit den Ersatzkassenverbänden nebeneinander gestellt wiedergegeben. Weitere Regelungen finden sich in den Arzneilieferungsverträgen auf Landesebene.
Substituierbarkeit im Einzelfall vom Apotheker zu prüfen
Ausdrücklich hinzuweisen ist im übrigen auf folgendes: Selbst wenn sich DAV und GKV-Spitzenverbände im Rahmenvertrag darauf einigen, dass das Auswahlfenster unter Bezugnahme auf die Festbeträge definiert wird, ist damit keine Entscheidung über die Frage der Substituierbarkeit im Einzelfall getroffen.
Nicht alle Arzneimittel, die in einer Festbetragsgruppe wirkstoffgleicher Arzneimittel zusammengefasst sind, dürfen untereinander substituiert werden. Es bleibt vielmehr bei der – gegenüber der Festbetragsgruppenbildung engeren – Verpflichtung des Apothekers, dass das abzugebende Arzneimittel "in Wirkstärke und Packungsgröße identisch sowie für den gleichen Indikationsbereich zugelassen" sein und ferner "die gleiche oder eine austauschbare Darreichungsform" besitzen muss (§ 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V). Damit behalten die Hinweise des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Austauschbarkeit von Darreichungsformen unter Berücksichtigung ihrer therapeutischen Vergleichbarkeit (§§ 129 Abs. 1a, 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V) ihre entscheidende Bedeutung für die Abgrenzung des substitutionsfähigen Marktes.
Maßgeblich bleibt damit auch der in einem Vergleich vor dem Hessischen Landessozialgericht von den Krankenkassen akzeptierte Pflichthinweis, dass die von den GKV-Spitzenverbänden veröffentlichte Berechnungsdatei für die Preislinien keine Angaben zu Indikationen enthält, Indikationen nicht berücksichtigt und nicht geeignet ist, Hinweise für die insbesondere von Apothekern zu entscheidende Substituierbarkeit von Arzneimitteln im Sinne des § 129 Absatz 1 Satz 2 SGB V zu geben.
Weiter heißt es dort: "Die Substituierbarkeit von Arzneimitteln ist von den vom Gesetzgeber in Verantwortung genommenen Fachkreisen losgelöst von dieser Berechnungsdatei selbständig entsprechend § 129 Absatz 1 Satz 2 SGB V zu ermitteln" (Az.: L 1 KR 1131 /02). Zu ergänzen ist, dass es sich hierbei vor allem um eine apothekenrechtliche Frage handelt, deren rechtlicher Rahmen durch § 17 Abs. 5 der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) abgesteckt wird, wonach die abgegebenen Arzneimittel den Verschreibungen entsprechen müssen.
Abgesehen von der Ausnahmeregelung für die Dienstbereitschaft gem. § 17 Abs. 5a ApBetrO ist dem Apotheker die Auswahl eines wirkstoffgleichen Arzneimittels daher auch weiterhin nicht erlaubt, wenn der verschreibende Arzt eine Aut-idem-Verordnung ausdrücklich ausschließt.
In einer neuen Serie beleuchtet die DAZ das am 1. Januar 2004 in Kraft tretende GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) und seine Folgen für die Apotheke. Professor Hilko Meyer geht im ersten Teil der neuen Aut-idem-Regelung auf den Grund: Am 1. Januar tritt zunächst eine Übergangsregelung in Kraft. Die wesentlichen Änderungen folgen jedoch erst, wenn die neuen Festbeträge verabschiedet sind.
(Das untere Preisdrittel errechnet sich aus dem Abstand zwischen dem Durchschnitt der drei niedrigsten Preise und dem Durchschnitt der drei höchsten Preise wirkstoffgleicher Arzneimittel. Die obere Preislinie des unteren Preisdrittels wird von den GKV-Spitzenverbänden quartalsweise bekannt gegeben.)
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