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Bürgerversicherung: Solidarprinzip kontra Kopfpauschale
Ursula Engelen-Kefer, stellvertretende Vorsitzende des DGB, Olaf Scholz, Generalsekretär der SPD, und Reinhard Bütikofer von der Parteispitze der Grünen präsentierten einmütig ihre Vorstellungen zur Einführung einer Bürgerversicherung.
Sie bedauerten, dass CSU-Sozialexperte Seehofer nicht mit auf dem Podium sitzen konnte, ging doch die Initiative für die Bürgerversicherung maßgeblich von ihm aus. Ob die Absage dem internen Richtungsstreit in der CDU/CSU geschuldet ist, blieb allerdings offen.
Wichtig sei laut Scholz, dass man mit der Bürgerversicherung einen Weg beschreite, der das Solidarprinzip in der GKV nicht in Frage stelle. Durch Arbeitslosigkeit und Frühverrentung sind die Einnahmen der GKV rückläufig, während die Ausgaben steigen.
Eine weitere Beitragssteigerung, die nicht nur durch Erhöhung der Lohnnebenkosten, sondern auch durch Absenkung der Nettolöhne die Konjunkturentwicklung bremsen würde, soll unbedingt vermieden werden. An der Bürgerversicherung, die von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite zu gleichen Teilen getragen werden soll, wird daher kritisiert, dass sie die Lohnkosten verteuern würde.
Arbeitgeberanteil wird nicht eingefroren
Der Gegenvorschlag von Joschka Fischer, nur bis zu einer bestimmten Obergrenze paritätisch in die Bürgerversicherung einzuzahlen und dann den Arbeitgeberanteil einzufrieren, sei aber laut Bütikofer vorerst vom Tisch. Die Arbeitgeber sollten nicht aus ihrer Verantwortung im Solidarsystem entlassen werden und Beitragserhöhungen nicht ausschließlich zu Lasten der Versicherten gehen.
Durch Einbeziehung anderer Einkunftsarten wie Mieten, Zinsen und Kapitaleinkünften könnten die Einnahmen der GKV erhöht und der Beitragssatz über Jahrzehnte stabil gehalten werden. Außerdem wäre diese Änderung ein Schritt zur Beitragsgerechtigkeit, denn bisher wurden Einkommensempfänger überproportional belastet. Auch Selbstständige und Beamte müssten in die Bürgerversicherung einzahlen.
Die Beitragsbemessungsgrenze solle entgegen früherer Vorschläge vorerst nicht erhöht, die Versicherungspflichtgrenze aber ganz abgeschafft werden. GKV und private Krankenversicherer (PKV) müssten dann um alle Versicherten werben, wobei auch die PKV dem Kontrahierungszwang und dem Risikostrukturausgleich unterworfen würde.
Engelen-Kefer sieht ohne diese Änderungen die Gefahr einer schleichenden Aushöhlung des Solidarprinzips. So wurden mit der Gesundheitsreform 2003 bereits Zahnersatz und Krankengeld aus dem gesetzlichen Leistungskatalog herausgenommen. Die Verlockung, Beitragserhöhungen durch weitere Privatisierung einzelner Leistungen zu umgehen, sei groß.
Konkretere Vorstellungen über die Umsetzung und Finanzierung der Bürgerversicherung ließen sich die Politiker nicht entlocken. Bisher sei nur die Basis gelegt, die Ausgestaltung erfordere noch viele Diskussionen. Der Generalsekretär der SPD sieht in der Reform ein Kernprojekt der nächsten Legislaturperiode und für 2006 einem spannenden Wahlkampf entgegen.
Schwieriger Systemwechsel
Da es sich bei Einführung der Bürgerversicherung um einen Systemwechsel handele, sollte ein überparteilicher Kompromiss angestrebt werden. Dieser sei aber laut Scholz schwer vorstellbar, solange Oppositionspolitiker wie Herzog und Merz "mit der Abrissbirne gegen den Sozialstaat vorgingen".
Der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel bescheinigte er Zynismus, wenn sie die Kopfpauschale mit den Worten rechtfertige, der Hausmeister und der Manager seien vor dem Herrgott gleich. Schließlich wären deren Einkommen keineswegs vergleichbar.
Die Kopfpauschale, wie sie von der Rürüp-Kommission und CDU-Mitglied Roman Herzog vorgeschlagen wurde, wäre nach Ansicht von Scholz der Einstieg in den Ausstieg aus der sozialen Sicherung.
Bei der Kopfpauschale würde jeder in etwa den gleichen Beitrag bezahlen, der allerdings danach variiert, ob die von ihm gewählte Versicherung besser oder schlechter wirtschaftet. Kinder wären kostenfrei mitversichert.
Der Arbeitgeberbeitrag solle auf dem derzeitigen Stand eingefroren und dem Beschäftigten ausgezahlt werden, der ihn versteuert und den gesamten Beitrag an seine Kasse bezahlen müsse. Aufgrund des eingefrorenen Arbeitgeberanteils stehe das Kopfpauschalenmodell für einen Ausstieg aus der Parität. Die Privatkrankenkassen würden dabei weiter bestehen wie bisher.
Bezieher niedriger Einkommen sollen staatliche Zuschüsse erhalten und dieser soziale Ausgleich, vergleichbar mit dem Wohngeld, über Steuern finanziert werden. Angesichts des CDU-Konzepts zur Steuerreform sei aber fraglich, ob diese Steuermittel aufgebracht werden können. Bütikofer befürchtet, dass die Krankenversicherung für bestimmte Bevölkerungsgruppen dann nicht mehr bezahlbar wäre.
Die Bürgerversicherung baue dagegen auf dem bestehenden Sozialsystem auf. Sie ziele darauf ab, die Basis der Versicherten und die Einnahmequellen auszuweiten. Wie bisher in der gesetzlichen Krankenversicherung würden Bezieher hoher Einkommen mehr als Gering- und Durchschnittsverdiener einzahlen und die Parität für die lohnbezogenen Bestandteile der Beiträge bliebe bestehen.
Eines ist beiden Modellen gemein: Es soll auf keinen Fall mehr Geld ins System fließen. Der Effizienzdruck auf Seiten der Leistungserbringer dürfe durch die Bürgerversicherung nicht gesenkt werden, forderte Engelen-Kefer. Ziel des Wettbewerbs müsse in Zukunft ausschließlich die Qualität der Versorgung sein. Z
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