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Management
R. HerzogAgieren in der Krise (Teil 4: Künftige Pre
Marktdaten und Prognosen
Bisher ruhte die Rendite des Apothekenbetriebes in erster Linie auf folgenden drei Säulen: Den Großhandelsrabatten, den Erträgen aus dem (noch preisgebundenen) OTC-Verkauf, sowie den Privatverordnungen.
Momentan nimmt der OTC-Bereich gut 12% des Apothekenumsatzes im Durchschnitt ein (= ca. 150 000 bis 200 000 Euro p. a. für eine typische Apotheke), mit starken Abweichungen je nach Apothekenlage. Die erwirtschaftete Spanne liegt mehrheitlich in einem Bereich von 40% bis 45% netto.
Grund sind die relativ hohen Aufschläge von etwa 50% bis 60% nach bisheriger AMPreisV für diese meist niedrigpreisigen Artikel (Durchschnitts-Packungswert: ca. 6,50 bis 7,00 Euro zu Verkaufspreisen netto) sowie die zusätzlich meist recht generösen Rabatte der Industrie.
Eine 1,4 Mio. Euro-Durchschnittsapotheke mit 12% OTC-Anteil und 42,5% Spanne bei diesen Verkäufen erzielt daraus rund 71 000 Euro Rohgewinn - das ist ein Großteil des Einkommens vor Steuern!
Nebenbei: Die Großhandelsrabatte bewegen sich heute noch in ähnlicher Höhe - nehmen wir einmal 900 000 Euro Warenbezug bei 7,5% effektivem Gesamtrabatt: Das macht auch 67 500 Euro ... Das Unternehmen Apotheke erwirtschaftet also seinen Gewinn heute mehrheitlich mit Privatverkäufen und durch Rabatte.
Dazu tragen die Privatverordnungen ebenfalls einen guten Teil bei. 5% bis 10% des Umsatzes beträgt die Spannbreite für die meisten Apotheken; zwar sind hier häufig hochpreisige Produkte zu finden mit geringeren Aufschlägen; da diese aber nicht durch kräftige Kassenrabatte gerupft werden, geht die Rendite in diesem Segment - mit Spannen um die 30% - heute noch in Ordnung.
Der gesamte GKV-Bereich ist hingegen bereits heute nur noch gut kostendeckend, erst recht, wenn man die Großhandelsrabatte herausrechnet. Das Freiwahlsortiment trägt in aller Regel ebenfalls nicht viel zur Rendite bei - dazu ist es erstens in den meisten Fällen zu klein (Center- und Lauflagen-Apotheken einmal ausgenommen), und zweitens sind die Margen hier heute schon nicht allzu üppig (von exklusiver Kosmetik oder einigen Markenprodukten abgesehen).
Soweit die grobe Bestandsaufnahme. Und wie sehen die Zukunftsprognosen für 2004 aus (Abb. 1 und 2)?
- Die Großhandelsrabatte im verschreibungspflichtigen Rx-Bereich (= taxpflichtig und damit preisgebunden für Apotheke und Großhandel) werden massiv schrumpfen, auf eine Restgröße von geschätzt 1% bis maximal 3%,
- durch das Kombimodell werden die Spannen im GKV-Segment für die meisten Apotheken in etwa gleich und damit gut kostendeckend, aber nicht mehr, bleiben,
- hingegen werden die Rx-Privatverordnungen deutlich unrentabler: Zum einen machen die zwei Euro brutto vor Mehrwertsteuer Mehrzuschlag gegenüber den GKV-Verordnungen den jetzigen Vorteil, dass keine Kassenabschläge gewährt werden müssen, nicht wett. Zum anderen fallen auch hier die Rabatte (taxpflichtig für den Großhandel!) demnächst weitaus geringer aus. Dennoch: Ein Beitrag zum Unternehmerlohn wird in den meisten Fällen noch erwirtschaftet werden, auch wenn dieser dann schmaler ausfallen wird.
Damit fokussiert sich alles auf den OTC-Verkauf als verbleibenden Renditebringer.
Dieser Bereich wird zudem erheblich wachsen. 10% des Apothekenumsatzes entsprechend rund 3 Mrd. Euro p. a. bundesweit stehen mit dem weitgehenden Wegfall der Erstattungsfähigkeit nicht-verschreibungspflichtiger Arzneimittel zur Neuordnung an.
Ein Teil wird seitens der Ärzte in den erstattungsfähigen Rx-Bereich lanciert werden, ein Teil wird durch Privatkäufe oder "Grüne Rezepte" der Ärzte kompensiert werden, ein kleineres Segment erstattungsfähig bleiben (Indikationenkatalog bis April 2004, Verordnungen für Kinder), und ein schwer bezifferbarer Anteil dürfte schlichtweg unter den Tisch fallen.
Alles in allem rechnen wir mit einem bundesdurchschnittlichen Umsatzanteil von 15% bis 20%, der dem OTC-Segment zukünftig zukommen dürfte - mit den entsprechenden Abweichungen je nach Apothekenlage. In Einzelfällen sind daher auch 40% oder mehr denkbar - hier wird die Kalkulationsfrage zur Überlebensfrage schlechthin, denn Lauflagen-Apotheken mit derartig hohen Baranteilen sind meistens mit sehr hohen Fixkosten (Miete, Personal wegen der langen Öffnungszeiten) belastet.
Bereits eine kleinere 1,0 Mio. Euro-Apotheke wird zwischen 150 000 bis 200 000 Euro OTC-Nettoumsatz erwirtschaften. Jeder Prozentpunkt Spannenverlust trifft sie bereits mit 1500 bis 2000 Euro Rohgewinneinbuße! "Nur" 10% durchschnittliche Preissenkung bedeuten aus heutiger Sicht schnell 7000 bis 9000 Euro Rückgang - beim Rohgewinn wohlgemerkt! Bei größeren Apotheken sind die Werte entsprechend hochzurechnen - eine 2,0 Mio. Euro-Apotheke kann diese groben Anhaltswerte also glatt verdoppeln.
Bedenken Sie auch, dass die frühere Strategie, durch Lockangebote teure Rezepte in die Apotheke zu ziehen, so nicht mehr aufgeht. Durch das Kombimodell lohnen sich teure Präparate bei weitem nicht mehr so wie früher. Die Mischkalkulation ist also in dieser Form nicht mehr haltbar. Schon deshalb muss der Barverkauf eine tragende Säule werden, möglicherweise sogar den Rezeptumsatz subventionieren.
Vernünftige Preispolitik: Eine Überlebensfrage!
Diese Zahlen und Fakten sollten Grund genug sein, das Thema Preispolitik ganz oben auf die Agenda zu setzen und mit den Renditen und Aufschlägen so vorsichtig umzugehen wie mit einem rohen Ei. Oder um es drastisch zu formulieren: Falls Sie sich ohne Not Ihr rentabelstes Sortiment ruinieren, schießen Sie sich selbst und kein anderer die Apotheke vollends sturmreif für Ketten + Co.!
Wer meint, á la Lebensmitteldiscounter, Computerkette, Saturn- oder Media-Markt agieren zu können, hat keine Ahnung, was Preiskriege wirklich bedeuten. Hier werden Sonderaktionen gefahren, um überhaupt eine Auslastung sicherzustellen und häufig, um schlichtweg Verluste (!) zu begrenzen - besser etwas in der Kasse als gar nichts.
Würden nicht hunderte oder tausende von Filialen - unter denen sich immer auch "cash cows" an besten Standorten befinden - für den Ausgleich sorgen, sähe es noch finsterer aus als sowieso schon in der Einzelhandelslandschaft.
Überlegen Sie einmal, wie lange Sie mit 2% Umsatzrendite (ein nicht selten nur mit Mühe erreichter Wert z. B. im Lebensmittelbereich, diese 2% wären bei der Unternehmensform der Apotheke wohlgemerkt Ihr gesamter Unternehmerlohn!) durchhalten können, wie lange Sie gar einen echten Verlust durchstehen würden?
Im Einzelhandelsbereich ist das jedoch tägliche Realität! Vergleichen Sie also nicht Goldfische mit Haien, auch wenn manche selbsternannte Branchenexperten und sonstige Worthülsendreher Ihnen "professionelles Marketing" eintrichtern möchten - nicht ohne eigene Hintergedanken.
Deckungsbeitragsrechnung
Der Preis eines Produktes sollte sowohl Ihre Kosten decken als auch einen angemessenen Unternehmerlohn sowie eine Verzinsung des eingesetzten, unternehmerischen Kapitals ermöglichen. Bisher gelang das über eine Mischkalkulation - denken Sie nur an zahlreiche Hilfs- und Verbandmittel, die subventioniert werden mussten und müssen.
Um vernünftig kalkulieren zu können, sollten Sie Ihre wichtigsten Betriebsdaten parat haben:
- Ihren Gesamtkostensatz (ergibt sich aus der BWA bzw. der jährlichen Gewinn- und Verlustrechnung),
- die Unterteilung Ihrer Kosten in unabänderliche Fixkosten (i. e. S. Raumkosten, verschiedene Sachkosten, feste Beiträge, Marketing-Grundbudget, Beraterkosten usw.), "sprungfixe" Kosten (in erster Linie Personal) sowie umsatzvariable Kosten (z. B. Rezeptabrechnungskosten, Kammerbeiträge, Umsatzpacht, umsatzabhängige Aktionskosten u. a.),
- Ihre bisher realisierte Betriebshandelsspanne netto (= Rohgewinnsatz),
- idealerweise haben Sie auch eine Vorstellung davon, was Sie das Handling und die Abgabe einer einzelnen Packung in etwa kosten, insbesondere was den Personalaufwand angeht (vgl. dazu die vorangegangenen Folgen dieser Serie).
Damit gewappnet, können Sie in die so genannte Deckungsbeitragsrechnung einsteigen (siehe Kasten sowie Abb. 3), die in der Industrie eine große Rolle spielt. Sie zeigt Ihnen, welche Preise mindestens zur Deckung der von Ihnen vorgegebenen Kosten verlangt werden müssen, und welcher Beitrag (eben der Deckungsbeitrag) darüber hinaus bleiben kann, um zum Beispiel zu Ihrem Unternehmerlohn beizutragen.
Doch aufgepasst: Diese Deckungsbeitragsrechnung ist im Grunde bereits ultima ratio - werden doch damit die Grenzen abgesteckt, die Sie keineswegs nach unten verlassen dürfen, um nicht draufzuzahlen. Das vorrangige Ziel sollte hingegen der Renditeansatz sein, wie er weiter unten beschrieben wird.
Ein Streitpunkt ist stets, welche Kosten eingerechnet werden sollen und welche nicht. In Industrieunternehmen wird nicht selten mit vier, fünf oder mehr verschiedenen Deckungsbeiträgen gearbeitet, je nach einbezogenen Kosten.
Ein positiver Deckungsbeitrag bedeutet, dass das jeweilige Produkt nicht nur die spezifischen Aufwendungen dafür (z. B. Gestehungskosten) verdient, sondern darüber hinaus eben dieser Beitrag bleibt, der entweder dem Gewinn zugute kommt oder aber die auf dieser Betrachtungsstufe noch nicht einbezogenen Kosten tragen hilft.
Abseits aller kaufmännischen Diskussionen ("Miete zahle ich ja immer, Heizung auch") kann ich nur den Rat geben, eine Vollkostenrechnung aufzumachen, das heisst, die Gesamtkosten einschließlich Abschreibungen zugrunde zu legen. Das sind häufig Sätze um 20% vom Nettoumsatz. Alles andere bedeutet letztlich ein sich "in die Tasche lügen" auf die eine oder andere Weise. An irgendeiner Stelle fallen die Kosten eben an und müssen beglichen werden, wenn auch nicht immer sofort.
Wenn Sie nun noch einen Unternehmerlohn kalkulatorisch Ihren Kosten zuschlagen und dann mit einer erforderlichen Spanne von z. B. 30% rechnen - selbst dermaßen kalkulierte Preise ernähren nur ihren Mann leidlich. Sie sind hingegen nicht geeignet, die Butter aufs Brot zu bekommen.
Ihre Rendite zu heben und insbesondere einen Ausgleich für die renditeschwachen Segmente zu schaffen, die Sie zwangsläufig mit sich herumtragen - denken Sie wieder an die Teststäbchen oder an das hochpreisige Segment, welches Ihren Kostensatz kalkulatorisch nicht mehr abdeckt.
Renditeorientierte Preisfindung
Bei diesem Ansatz geht es darum, Ihren Rohgewinnsatz zu heben, also eine überdurchschnittliche Rentabilität sicherzustellen. Andererseits sorgt die begrenzte Zahlungsbereitschaft der Kunden dafür, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Dies soll weiter unten noch näher bei den strategischen Betrachtungen erörtert werden.
Für die Praxis benötigen Sie einen einfachen und praktikablen Ansatz, Preise zu machen. Da vielfach Mitarbeiter damit betraut sind, und das Rechnen mit Spannen und Renditen nicht jedermanns Sache ist, hier einige, leicht umsetzbare Vorschläge:
Grundkalkulation:
End-Verkaufspreis brutto = Netto-Einkaufspreis mal zwei
D. h., ein Artikel zum effektiven Einkaufspreis (unter Einrechnung der erhaltenen Rabatte) von 5 Euro ergibt einen Endpreis einschließlich Mehrwertsteuer von EK mal zwei gleich 10 Euro. Optisch angepasst mögen daraus 9,98 Euro oder 9,95 Euro werden.
Diese einfache Formel sichert eine Spanne von etwa 42%, das entspricht ziemlich genau den heute auch realisierten Werten. Der Vorteil ist, dass die Mehrwertsteuer gleich mit einbezogen ist. Gute Warenwirtschaftssysteme geben den effektiven Einkaufspreis (siehe weiter unten) mit aus.
Die prozentuale Aufschlagsrechnung hat jedoch einen unbestreitbaren Haken: Sie belohnt teure Ausgangspreise und bestraft niedrige, unabhängig vom Aufwand. Für den naturgemäß eher niedrigpreisigen OTC-Bereich gilt dies verstärkt, vor allem, wenn Sie sich noch den Mund fusselig reden müssen, um den Kunden von den Vorteilen eines 3,95 Euro-Präparates zu überzeugen.
Selbst wenn Sie hier mit EK mal zwei gerechnet haben - absolut wird Ihr Aufwand nicht gedeckt. Er kann bei solch preiswerten Mitteln auch nie gedeckt werden - eine gewisse Mischkalkulation bleibt immer - aber Sie können diese Diskrepanzen etwas abmildern.
Das umstrittene Kombimodell im Rx-Bereich hat unter diesem Aspekt einen eindeutigen Vorteil: Es ist recht übersichtlich, da in erster Linie die Packungszahlen relevant sind (was aber längerfristig speziell im Verordnungsmarkt wegen der packungsbezogenen Anpassungsklauseln der Pferdefuß werden kann ...).
Der Ansatz eines Fixzuschlages ist zudem prinzipiell näher an der betrieblichen Realität - der Aufwand, analog den "Arbeitswerten" z. B. von Autowerkstätten, ist in erster Linie eine Zeitkomponente und damit vom Packungswert ziemlich unabhängig, von den Lager- und Kapitalkosten einmal abgesehen. Zwar abgeschwächt, können (und sollten) Sie daher Elemente des Kombimodells übernehmen.
So ist z. B. im Rahmen einer lokalen Kooperation schon vorgeschlagen worden, pauschal erst einmal um einen Euro je Arzneimittelpackung (Freiwahl bleibt natürlich außen vor) im Preis heraufzugehen. Seien wir großzügig, und rechnen diesen Euro brutto einschließlich Mehrwertsteuer mit ein (d. h., effektiver Rohgewinn netto = 0,86 Euro), so sieht unsere Formel jetzt so aus:
Erweiterte Grundkalkulation:
End-Verkaufspreis brutto = Netto-Einkaufspreis mal zwei + 1 Euro
Wer will, kann auch andere, leicht merkbare Beträge statt einem Euro einsetzen. Die Preise sollten wieder geglättet und optisch aufbereitet werden - die im Grunde lächerliche, gleichwohl bewährte ",99"-Masche. Eine überlegenswerte Alternative: Glatte Beträge wie 5,00 Euro - wirkt abgerundet, schlicht, sachlich - und spart Zeit beim Herausgeben des Wechselgeldes!
Sozial ist das obige Berechnungsmodell durchaus zu rechtfertigen - ein Euro mehr macht niemanden arm, und warum soll eigentlich ein Kopfschmerzmittel, durchaus ein potentes Arzneimittel und heute z. T. für weniger als zwei Euro zu haben, eigentlich auch zukünftig weniger kosten als eine gute Tafel Schokolade?
Der Reiz dabei: Nehmen wir an, Sie setzen etwa 25 000 Packungen im OTC-Segment ab (das ist heute ein durchschnittlicher Wert, der sich durch die Verordnungsausschlüsse erhöhen dürfte), dann sind das schon einmal 25 000 Euro brutto zusätzlich, ohne dass der einzelne Kunde über Gebühr belastet wäre.
Natürlich hat unsere obige Grundkalkulation Grenzen: Während der eine Euro Fixkomponente immer unterzubringen ist, wird die Kalkulation "EK mal zwei" umso schwieriger, je teurer die Präparate werden.
Bei den sich schon heute in einem hochkompetitiven Umfeld befindlichen Testgeräten (Blutdruck, Blutzucker etc.) oder bekannten Konsumprodukten versagt diese Preisfindung in der Regel auch - die Vergleichsmöglichkeiten für den Kunden sind zu offensichtlich.
Wer aber nur einmalig ein teureres Mittel im akuten Krankheitsfall erwirbt, ist dabei sicher anders zu beurteilen, als der treue Stammkunde. Doch auch Schuhverkäufer, Ersatzteilhandel (Autoersatzteile!) oder Optiker (Brillengestelle!) lassen sich selbst über Aufschläge von 200% oder mehr keine grauen Haare wachsen ...
Sie sehen aber schon: Eine dumpfe Einheitskalkulation wird schätzungsweise nicht das Optimum erlösen. Mehr dazu bei den Strategien weiter unten.
Der "richtige" Einkaufspreis
Für Diskussionen sorgt stets die Frage, welcher Einkaufspreis denn nun als Kalkulationsbasis genommen werden soll. Es kann natürlich einen großen Unterschied machen, ob Sie den Listen-EK ("Lauer-Preis") zugrunde legen oder aber den tatsächlichen Einkaufspreis, also nach Abzug aller Rabatte und Skonti sowie unter Einrechnung der Naturalrabatte.
Sie errechnen diesen effektiven Einkaufspreis je Packung, indem Sie einfach den Zahlbetrag durch die tatsächliche Liefermenge (inklusive Naturalrabattware) dividieren. Wenn Sie das über Ihr Warenwirtschaftssystem verrichten lassen, achten Sie darauf, dass die Lieferkonditionen exakt eingepflegt werden.
Prinzipiell sollte dieser Effektiv-EK als Grundlage dienen, das ist die sauberste Lösung. Freilich haben Naturalrabatte einen großen Haken: Sie wirken erst dann vollständig, wenn Sie die Ware bis zur letzten Packung abverkaufen. Schon das Sitzenbleiben auf nur 10% oder 15% der Schachteln verhagelt die schönen Konditionen gewaltig.
Eine Retourenregelung ohne Abzug vermeidet wenigstens manifeste Verluste und führt lediglich zu entgangenem Gewinn wegen des "Nicht-Verkaufs".
Nebenbei: Dass die Naturalrabatte bei der Industrie so beliebt sind, liegt einfach daran, dass die tatsächlichen Herstellkosten oft deutlich weniger als ein Drittel des Fabrikabgabepreises ausmachen, in Extremfällen gar nur um die 10%. Das macht es den Firmen viel leichter, sich von einigen Packungen zu trennen, als auf Geld bei den alternativen Barrabatten zu verzichten.
Bei nicht gesichertem Absatz und keiner "Rückfahrkarte" für den Restbestand sollten Sie tatsächlich überlegen, vom Listen-EK auszugehen, damit haben Sie einen gewissen Renditepuffer. Besser ist es natürlich, in diesen Fällen gleich die Bestellmenge auf "risikolose" Mengen zu reduzieren, selbst wenn dadurch etwas Rabatt verlorengeht, bzw. via Großhandel ab Bestellmenge 1 zu ordern.
Wirkung von Preisanpassungen
Gerne unterschätzt werden die Konsequenzen von Preisanpassungen (insbesondere Preissenkungen) auf den erforderlichen Umsatz, wenn gleichzeitig der Rohertrag gehalten werden soll. Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie kaufen ein Produkt für effektiv 10,00 Euro pro Stück ein. Der Verkaufspreis betrage 19,98 Euro (geteilt durch den Mehrwertsteuerfaktor 1,16 = 17,22 netto).
Der Rohgewinn beträgt folglich 7,22 Euro. Wie sieht die Situation aus, wenn Sie den Preis um etwa 10% auf z. B. 17,98 Euro (= 15,50 netto) senken? Damit geht der Rohgewinn auf 5,50 Euro zurück, bereits eine Minderung um rund 24% (bei nur 10% Preisnachlass).
Um diesen Verlust zu kompensieren, benötigen Sie einen Mehrumsatz im Verhältnis der Roherträge alt zu neu, sprich von 7,22 / 5,50 = etwa Faktor 1,31 entsprechend 31%. Immerhin - knapp ein Drittel Mehrumsatz will erst einmal realisiert sein. Streng genommen ist dies noch nicht einmal ausreichend, denn Sie haben ja auch zusätzliche Handling- und Verkaufskosten sowie ggf. eine zusätzliche Kapitalbindung für diese Mehrpackungen.
Senken Sie den Preis gar auf 15,98 Euro (13,78 netto), erfordert dies Zusatzumsätze von 91%, also beinahe das Doppelte, um den Rohgewinn zu halten. Das ist, zumal bei Arzneimitteln, die nicht auf Vorrat gekauft werden, in den meisten Fällen völlig illusorisch!
Wir sind hier übrigens von einer recht renditestarken Preisbasis ausgegangen (Spanne initial etwa 42%), was die Lage noch etwas abmildert. Spielen Sie diese Rechnungen mit einem renditeschwachen Produkt durch, führen bereits geringfügige Preissenkungen zu vollkommen unrealistischen Umsatzsprüngen, wenn der Ertrag gleich bleiben soll (siehe Tabelle 1 und 2). Andernfalls büßen Sie schlichtweg Geld ein!
Strategische Betrachtungen
Kalkulieren lässt sich viel; doch müssen Sie die Ware auch absetzen. Glücklicherweise ist die Preiselastizität (der Zusammenhang zwischen Absatzmenge und Preis) bei selbstgekauften Pharmaprodukten sicher eine andere als bei den üblichen Artikeln des täglichen Bedarfs (Abb. 4).
Ein Grund ist die Tatsache, dass die Preistransparenz (noch) nicht sehr hoch ist, und die meisten Kunden keine rechte Vorstellung davon haben, was ihre Medikamente denn kosten. Befragt nach der persönlichen Einschätzung, werden die Preise vielfach sogar überschätzt. Ein weiterer Grund ist der Leidensdruck. Ist dieser erst einmal hoch genug, verblasst der Preis immer mehr.
Die Apothekerschaft tut somit gut daran, das Thema Preis zumindest bei allen hochwertigen Arzneimitteln, soweit möglich, aus der Apotheken-Kunden-Kommunikation herauszuhalten. Wer sich austoben möchte, kann dies nach wie vor im Freiwahlbereich tun - mit Seife, Zahnbürsten, oder Hustenbonbons.
Wirklich überhaupt kein Handlungsbedarf im Hinblick auf Preisaggressivität besteht unzweifelhaft bei der "Schubladenware", also dem recht beträchtlichen OTC-Segment, welches auf definitiven Kundenwunsch oder auf Ihre Empfehlung hin aus dem Generalalphabet geholt wird. Hier können und sollten Sie mit soliden Spannen kalkulieren, allenfalls auf optisch "angenehme" Schwellenpreise gerundet.
Eine strategische Bedeutung ersten Ranges wird dagegen die künftige Sichtwahl einnehmen. Wenn Preisschlachten geschlagen werden sollten, dann werden sie in erster Linie hier ausgetragen (und es werden anschließend nur Verlierer übrigbleiben). Dennoch können Sie es sich gerade in einer Lauf- oder Centerlage andererseits nicht leisten, nur passiv auf Kunden zu warten.
Im ersten Schritt sollten Sie jedoch etwas Geduld aufbringen und erst einmal ertasten, welche Bedeutung der Preis für die Kundschaft überhaupt hat. Werden Sie aktiv darauf angesprochen, werden Sie durch Hinweise auf die billigere Konkurrenz regelrecht erpresst? Wahrscheinlich wird das Thema Preis ein regionales Thema werden: Es wird "heiße" Gebiete geben, in denen Kämpfe angezettelt werden, während anderswo weitgehend Ruhe herrscht.
Wenn eine offensive Preispolitik notwendig werden sollte, dann besteht eine ganz geschickte Strategie darin, durch entsprechend auffällige Auszeichnung und flankierendes Marketing ein Preiswert-Image aufzubauen, ohne wirklich seine Renditen zu opfern (billig und preiswert sind ja unterschiedliche Dinge; recht clever ist zum Beispiel die Strategie der Media-Märkte, die sich ein gutes Preisimage aufgebaut haben, ohne durchgehend billig zu sein).
Sonderaktionen werden sorgfältig kanalisiert und als einmalige Gelegenheiten hervorgehoben, zudem ganz strikt zeitlich und mengenmäßig limitiert (solange der Vorrat reicht ...), um das Markenimage der betroffenen Artikel nicht über Gebühr zu belasten und den Charakter des Besonderen zu unterstreichen.
Dennoch - im harten Konkurrenzumfeld ist selbst das gefährlich und kann unkontrolliert ausarten: Wird nämlich der Kollege gegenüber ebenfalls aktiv und unterbietet Sie, ist eine schwer zu stoppende Abwärtsspirale angestoßen, und die betreffende Marke ist im Nu "verbrannt".
Sollten nun tatsächlich Preisaktionen unvermeidlich werden: Schaffen Sie möglichst wenig Angriffsfläche, indem Sie die Sortimentsbreite der Sichtwahl auf Top-Seller und wenige Indikationsbereiche beschränken. Gehen Sie eher in die Tiefe (wenige Positionen, viel Masse, denn Masse verkauft sich bekanntlich besser).
"Retten" Sie damit etwas unbekanntere Indikationen vor dem Präsentierteller und der Preiserosion. Freilich müssen Sie diesen Wegfall des Präsentationseffektes auffangen, indem Sie die Zusatzverkäufe ("cross selling") aktiv forcieren. In jedem Fall ist dies jedoch ein Szenario, welches tunlichst vermieden werden sollte.
Noch ein Tipp: Es wird immer preissensible Kunden geben. Diesen sollten Sie jedoch versuchen entgegenzukommen, indem Sie günstigere Alternativpräparate empfehlen, die ihrerseits auskömmliche Margen aufweisen. Das ist in jedem Falle taktisch klüger, als etablierte Marken in den Preisstrudel zu ziehen.
Abschließend soll noch vor einer weiteren Fehleinschätzung gewarnt werden: Manche Kollegen meinen, sie könnten die Preise senken, sich damit profilieren und die entgangene Rendite über erhöhte Rabatte, z. B. via Kooperationen von der Industrie abgepresst, ausgleichen.
Das mag auf dem Papier aufgehen. Doch bedenken Sie auch hier: Ist eine Abwärtsspirale erst einmal angestoßen, ist es kaum möglich, sie selbst wieder zu stoppen, das Geschehen verselbstständigt sich. Zudem begeben Sie sich in neue Abhängigkeiten von den Kooperationspartnern (ein Thema für sich ...), sodass Sie sehr schnell Ihre Entscheidungsfreiheiten einbüßen können - Sie erreichen genau das, was Sie eigentlich nicht wollten: Sie werden ein von außen Getriebener, anstatt selbst die Hoheit über Ihren Geschäftsverlauf zu behalten.
Auch wenn dieses Thema komplexer ist und nicht in wenigen Zeilen abgehandelt werden kann - überstürzen Sie nichts, und treffen Sie jetzt keine Entscheidungen, die Sie nicht mehr revidieren können.
Intelligente Kundenbindung
Wir hatten es schon angesprochen: Hohe Renditen lassen sich um so schwieriger vertreten, je hochwertiger die Produkte werden. Während über Preise unterhalb von 10 Euro kaum und unter 20 Euro immer noch eher wenig nachgedacht wird (und hier die Spannen einfach stimmen müssen), wird das schwierig, wenn einmal 25, 30 oder mehr Euro zur Debatte stehen.
Des Weiteren ist sorgfältig zwischen Akutfällen (Einmalkunden) und Stammkunden mit Dauergebrauch zu unterscheiden. Ein gangbarer Weg kann darin bestehen, zwar das Preisniveau prinzipiell hoch zu halten, für gute Kunden jedoch via Kundenkarte spezielle Bonus- und Rabattprogramme (z. B. umsatzabhängig) aufzulegen.
Diese Programme wollen sorgfältig geplant und rechtlich abgeprüft sein. Die Zielrichtung ist jedoch klar: Laufkunden und Akutpatienten mit hohem Leidensdruck zahlen mehr; Stammkunden werden gebunden und für ihre Treue belohnt.
Saisonabhängige Preise?
Erkältungsmittel im Winter zu Premiumpreisen, Antiallergika mit Beginn der Pollensaison zu Höchstpreisen und zu Herbstbeginn im Ausverkauf? Was auf den ersten Blick reizvoll erscheint, zeigt bei näherem Hinsehen viele Fallstricke und eine häßliche Seite.
Schimpfen Sie nicht selbst über die Tankstellen, die wundersamerweise jedes Jahr zur Urlaubszeit aufschlagen? Positiv imagebildend ist das sicher nicht. Gerade die Apotheken müssen aufpassen, nicht als "Geldgeier" und hemmungslose "Abzocker" in der öffentlichen Wahrnehmung dazustehen, zumal sie immer noch im Blickfeld der Politik und einer neidgetriebenen Publikumspresse stehen (siehe z. B. den jüngst erschienenen, groß aufgemachten Artikel in einer bekannten Wochenzeitschrift mit dem gezacktem Logo in sattem Rot - Nomen est Omen ...).
Schnell wird sonst wieder der Ruf laut, regulierend einzugreifen. Eine solche Jojo-Preispolitik bleibt niemandem verborgen; der lockende Ertrag wiegt das nicht auf.
Abgesehen davon, dass das alles viel Arbeit macht, einen hohen Werbeaufwand erfordert (was nützen diese Aktionen, wenn es die Kunden nicht mitbekommen?) und Sie auch schnell auf rechtliche Abwege gelangen können (Stichworte Berufsordnung und Heilmittelwerbegesetz - zwei Punkte, die auch jetzt nach dem Fall der Preisbindung bei allen Marketing- und Preiskampagnen sorgfältig beachtet sein wollen!). Es gibt in der Tat intelligentere Methoden, vernünftige Renditen zu erzielen!
Fazit
Erste Umfragen lassen nichts Gutes erahnen. Eine Mehrheit der Apotheken rechnet mit fallenden OTC-Preisen und denkt selbst über Preissenkungen nach. Damit beantworten sie jedoch Fragen, die momentan noch kein Kunde gestellt hat. Man kann auch aus Angst vor dem Tode aus dem Fenster springen - Sinn macht das sicher nicht!
Genauso wenig macht es Sinn, jetzt Preiskriege anzuzetteln oder sich als besonders marketingaktiv profilieren zu wollen. Ist ein Markt nämlich erst einmal ruiniert und sind die Renditen in den Keller gerauscht, dauert es Jahre und erfordert härteste Arbeit, um diese Talsohle wieder zu verlassen.
Die scheinbaren Umsatzgewinner finden sich nämlich in einem solchen Szenario ganz schnell ebenfalls auf der Verliererseite - Umsatz ist nicht gleich Gewinn, und nennenswerte Entlastungen auf Seiten der Kosten oder behördlichen Anforderungen sind sicher nicht zu erwarten. Deshalb kann nur an die Vernunft und den wirtschaftlichen Sachverstand appelliert werden.
Harter Wettbewerb kann trotzdem stattfinden - über die individuelle Leistung und die Besetzung lukrativer Standorte. Leistungswettbewerb steht einem akademischen Berufsstand sicher weit besser zu Gesicht als einfallsloses Preisdumping - für letzteres braucht man in der Tat keine höheren Weihen.
Freie Preise im OTC-Segment ab Januar 2004 – dies wird eine Herausforderung, die momentan wohl noch eher unterschätzt wird. Es ist ein Sortiment der Apotheke, in dem die Renditen momentan noch stimmen. Es ist zudem ein Bereich, dessen Bedeutung im Zuge der Gesundheitsreform erheblich an Gewicht zunehmen könnte, denn der Großteil der nicht-verschreibungspflichtigen Präparate fällt aus der Erstattungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen heraus und wartet darauf, durch Privatkäufe und -verordnungen substituiert zu werden. Doch wie werden "richtige" Preise gemacht? Welche betriebswirtschaftlichen Grundlagen gilt es zu beachten?
- Spanne S = 0%: Verkauf zu Einstandspreisen (Ramschaktionen, nur in Ausnahmefällen sinnvoll).
- Spanne S = etwa 20% (bzw. individueller Gesamtkostensatz): Deckung der Gesamtkosten ohne jeden Unternehmerlohn; ultima ratio, wenn es der Wettbewerb erzwingt.
- Spanne in etwa gleich Ihrer jetzigen Betriebsspanne (meist etwa 25% bis 30%): Es wird ein prozentualer Deckungsbeitrag erzielt, der Ihren Unternehmerlohn bildet, und zwar in Höhe der eingesetzten Zielspanne abzüglich Ihres Gesamtkostensatzes. Bei 20% Kostensatz und 27,5% Zielspanne wären das also 7,5% Rendite, die Ihnen persönlich vor Steuern bleiben. Diese Kalkulation lässt sich zwar lange durchhalten, freilich hebt sie nicht Ihre Rendite; weitere Eingriffe an anderer Seite lassen diese im Gegenteil weiterhin abschmelzen.
- Spanne etwa 30% bis 40%: Der "Graubereich", in dem sich möglicherweise das Meiste abspielen dürfte, wenn die Preise Stück um Stück ins Rutschen kommen dürften. Dieser Rohgewinnsatz liegt knapp an Ihrer jetzigen OTC-Rendite oder etwas darunter; die Rendite ist zwar prinzipiell noch in Ordnung; ausgehend vom heutigen Niveau ist jedoch eine Erosion zu befürchten, Ihr Einkommen sinkt. Hohe Rabatte (z. B. durch Kooperationen erzielt) lassen Sie mutig werden und die Preise senken - bei vorerst gleicher Rendite. Der Kollege gegenüber zieht nach - und schon kommt eine Abwärtsspirale in Gang ...
- Spanne oberhalb ca. 40% bis über 45% hinaus: Der anzustrebende Wunschbereich. Das ist der obere Rand der heutigen OTC-Renditen, die es zu verteidigen und auszubauen gilt. Hier erhalten Sie einen positiven Wertbeitrag über Ihre jetzige Betriebsspanne (und idealerweise sogar über Ihre heutige segmentale Spanne im OTC-Bereich) hinaus, Sie heben Ihre durchschnittliche Rendite.
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