- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 48/2003
- T. Müller-BohnDas ...
Betriebswirtschaft
T. Müller-BohnDas Kombimodell und seine Auswirkunge
Aufgrund des Kombimodells werden auf den Apothekeneinkaufspreis gemäß "Lauer"-Taxe künftig folgende Beträge aufgeschlagen:
- ein prozentualer Aufschlag von 3% des Apothekeneinkaufspreises,
- ein Festaufschlag von 8,10 Euro und
- die Mehrwertsteuer.
Das Ergebnis ist der Apothekenverkaufspreis. Bei Umsätzen zu Lasten der GKV ist auf diesen Preis ein Rabatt von 2 Euro einschließlich Mehrwertsteuer zu gewähren. Wenn es bei einer 16%igen Mehrwertsteuer bleibt, entspricht dies netto 1,72 Euro. Dann verbleibt ein Festaufschlag von 6,38 Euro.
Dies bedeutet einen grundsätzlichen Wandel gegenüber der bisherigen Preisbildung. Um die ökonomischen Konsequenzen abzuleiten, wird das Hintergrundwissen aus der Kostenrechnung benötigt, das in der ersten Folge dieser Reihe dargestellt wurde.
Dabei soll einerseits untersucht werden, welche Folgen die neue Regelung für die Rentabilität der Apotheke insgesamt hat. Andererseits soll es um die Rentabilität einzelner Produkte gehen. Denn im Gegensatz zur früher praktisch zwingenden Mischkalkulation in Apotheken lässt sich durch die neue Preisbildung viel besser begründen, unter welchen Bedingungen ein Arzneimittel rentabel abzugeben ist und in welchen Fällen nicht.
Die Kosten dürfen - im Gegensatz zur früheren Gewohnheit - nicht mehr als Block interpretiert werden. Stattdessen müssen stets variable und fixe Kosten getrennt werden. Im Bereich der variablen Kosten müssen zudem wertabhängige und stückzahlabhängige Kosten unterschieden werden.
Die wertabhängige Komponente ...
Denn für die wertabhängigen Kosten stehen bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln nur noch 3% des Apothekeneinkaufspreises zur Verfügung. Wenn die wertabhängigen Kosten nur geringfügig über diesem Prozentsatz liegen sollten, wäre dies mit der fixen Komponente praktisch nicht mehr auszugleichen. Bei niedrigpreisigen Artikeln wäre dies ansatzweise denkbar, bei hochpreisigen dagegen ruinös.
Nach dem Prinzip der Entscheidungsrelevanz sollte bei allen Kalkulationen strikt zwischen wertabhängigen und nicht wertabhängigen Kosten unterschieden werden. Die beiden Kostenblöcke müssen jeweils einzeln von der wertabhängigen bzw. der fixen Aufschlagskomponente gedeckt werden.
... und ihre Konsequenzen
Hier soll zunächst die wertabhängige Aufschlagskomponente betrachtet werden. Davon müssen die folgenden wertabhängigen Kosten des Warenverkaufes gedeckt werden (vgl. Aufstellung der Teilkosten am Ende der ersten Folge):
- Finanzierungskosten für die Kapitalbindung während der Lagerdauer der Ware;
- anteilige Abschreibungen für verfallene oder aus anderen Gründen nicht mehr verkaufsfähige Waren;
- wertabhängige Kosten des Zahlungsverkehrs, soweit sie unmittelbar mit dem Verkauf der betreffenden Ware zusammenhängen (z. B. Rezeptabrechnungskosten und Kreditkartenprovisionen);
- ggf. eine umsatzabhängige Pacht.
Da die Provisionen der Kreditkartenunternehmen regelmäßig über 3% vom Umsatz betragen, ist dies wirtschaftlich nicht zu leisten. Dies wurde bereits vielfach kommuniziert. Auf den speziellen Fall der Pachtapotheken soll nicht näher eingegangen werden. Hier dürften individuelle Regelungen gefragt sein.
Der Zinssatz entscheidet über die Lagerhaltung
Die größte verbleibende Position bilden die Finanzierungskosten. Diese steigen proportional zur Dauer der Lagerhaltung. Daher ist eine Zeitspanne zu errechnen, für die sich die Lagerhaltung maximal lohnt.
Diese Zeitspanne hängt wesentlich vom Zinssatz ab. Um die große Spannweite der Möglichkeiten zu verdeutlichen, sollen hier zwei modellhafte Alternativen verglichen werden: Fall A sei eine Apotheke, bei der kürzlich ein Besitzerwechsel oder ein größerer Umbau mit erheblicher finanzieller Belastung stattgefunden hat.
Die langfristigen Maßnahmen sind langfristig finanziert. Für den zusätzlichen kurzfristigen Finanzbedarf muss ein teurer Kontokorrentkredit in Anspruch genommen werden. Dieser kann für etwa 10 bis 11% Zinsen erhalten werden. Da die Zinsen zurzeit im historischen Vergleich sehr niedrig sind, sollen hier 12% angenommen werden. In ungünstigen Situationen kann der Zinssatz höher sein.
Fall B sei dagegen eine alteingeführte Apotheke, bei der lange kein Besitzerwechsel stattgefunden hat. Auch für Umbauten und Erneuerungsinvestitionen steht genügend Eigenkapital zur Verfügung.
Als alternative Verwendung für das Eigenkapital bietet sich eine Anlage am Kapitalmarkt an, die kurzfristig etwa 2%, längerfristig etwa 4% Zinsen einbringt. Demnach wäre der entgangene Zinsertrag mit 4% anzusetzen. In einer Hochzinsphase läge dieser Satz weitaus höher.
Als theoretischer Idealfall soll angenommen werden, dass kein Risiko für Verfall, Bruch oder sonstigen Untergang der Ware droht. Dann stünde der variable Aufschlag von 3% allein für die Finanzierung zur Verfügung. Im Fall A würde dieser Aufschlag für eine Finanzierung über drei Monate, im Fall B dagegen für neun Monate ausreichen. Demnach wird die finanzielle Situation der Apotheken künftig enorme Konsequenzen für ihre Rentabilität und ihre Lagerhaltung haben.
Der maßgebliche Zeitraum für die Kapitalbindung ist die Zeitspanne zwischen Zahlung der Großhandels- bzw. Herstellerrechnung und Zahlungseingang von der Krankenkasse bzw. Barverkauf bei Privatrezepten. Dies ist nicht gleichbedeutend mit der Lagerdauer des Arzneimittels, kann aber als Orientierungsgröße für die Lagerdauer dienen.
Weitere Effekte durch Verfall ...
In der Praxis müssen zwei zusätzliche Effekte beachtet werden. Einerseits ist das Verfallrisiko nicht zu vernachlässigen. Dies ist allerdings sehr unterschiedlich für verschiedene Produkte. Das Verfallrisiko wird daher noch viel mehr als bisher die Lagerhaltung beeinflussen müssen. Denn bereits ein Verfall- und Bruchrisiko von 1% würde die rentable Lagerperiode um ein Drittel verringern.
... und Großhandelskonditionen
Andererseits können beim Großhandel trotz der veränderten Großhandelsmargen möglicherweise doch noch kleine Rabatte oder zumindest Skonti erzielt werden. Dies würde den Spielraum für die Lagerhaltung erweitern.
Wenn die variable Spanne dadurch nur um einen Prozentpunkt wachsen würde, könnte die Finanzierungsdauer im Fall A auf vier Monate und im Fall B sogar auf ein Jahr ausgedehnt werden.
Dies zeigt die enorme Bedeutung, die selbst geringste Großhandelsrabatte im Wettbewerb der Apotheken untereinander haben werden. Neben der Finanzierungsform werden die Großhandelskonditionen die Gestaltungsmöglichkeiten der Apotheken bei der Lagerhaltung wesentlich beeinflussen.
Wo zwischen den Apotheken starker Wettbewerb besteht, könnte eine Apotheke mit günstigen Finanzierungsbedingungen sich langfristig durch eine bessere Lieferfähigkeit entscheidend besser positionieren. Wenn die Großhändler aufgrund der veränderten Bedingungen künftig ihre Lieferfrequenz verringern sollten, könnte dieser Aspekt zusätzliche Bedeutung erlangen.
Konsequenzen für die Lagerhaltung
Die modellhaft ermittelten Finanzierungszeiten sollten nun mit der Lagerdauer in der Praxis verglichen werden. Auf den ersten Blick liegt es nahe, die durchschnittliche Lagerumschlagsgeschwindigkeit heranzuziehen. Bei einem realistischen Wert von 9 dürfte die Lagerdauer durchschnittlich nur etwa 1,3 Monate betragen. Dies erscheint unproblematisch, ist aber ein Trugschluss.
Denn dies ist eine Durchschnittszahl. Entscheidungsrelevant sind aber gerade die grenzwertigen Artikel, bei denen zu fragen ist, ob sich die Lagerhaltung lohnt. Wie oben ausgeführt wurde, müssen die wertabhängigen Kosten in jedem Fall - nicht nur im Durchschnitt - von der variablen Aufschlagskomponente gedeckt werden. Es dürften demnach nur noch solche Artikel auf Lager gehalten werden, die in der errechneten Zeit praktisch sicher abgegeben werden können.
Eine Apotheke mit ungünstiger Finanzierung und ohne Großhandelsskonto könnte dann unter Berücksichtigung des Verfallrisikos eine Packung nicht einmal für drei Monate finanzieren bzw. lagern. Diese Überlegungen dürften zu erheblichen Veränderungen in der Lagerhaltung bei selten umgesetzten "Einer"-Artikeln führen.
Sie sind aber auch für die Bestellmengenoptimierung bei gängigen verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu beachten. Bestellmengen, die zu Lagerdauern über den errechneten Grenzwerten führen würden, wären nur akzeptabel, wenn die zusätzliche Finanzierungsbelastung durch einen Mengenrabatt ausgeglichen wird und darüber hinaus noch ein Vorteil für die Apotheke verbleibt.
Lagerhaltung zum Jahreswechsel
Von den individuellen Großhandelskonditionen hängt auch ab, wie sich Apotheken bezüglich des Lagerbestandes zum Jahreswechsel verhalten sollten. Durch die veränderten Großhandelsaufschläge gemäß Arzneimittelpreisverordnung werden die Einkaufspreise verschreibungspflichtiger Arzneimittel in der "Lauer"-Taxe am Jahreswechsel sinken.
Gleichzeitig werden aber voraussichtlich auch die Einkaufskonditionen geändert. Apotheken, die bisher geringe Rabatte erhalten, sollten daher tendenziell ihre Großhandelsbezüge eher in das neue Jahr verschieben. Bei derzeit besonders guten Konditionen gilt das Umgekehrte. Das Vorziehen von Einkäufen wird sich aber nur lohnen, wenn die effektiven Rabatte in einer Apotheke beträchtlich sinken, etwa um 6 Prozentpunkte oder mehr.
Die große Unbekannte bei dieser Rechnung sind die Patienten. Da die neuen Zuzahlungsregelungen zunehmend bekannt werden, kann kurz vor dem Jahresende mit vermehrter Nachfrage gerechnet werden. Dies würde gegen einen Lagerabbau sprechen.
Demnach dürfte es nur in wenigen Fällen Gründe für gezielte Lagerveränderungen zum Jahreswechsel geben. Allerdings sollten Verluste steuerlich als Teilwertabschreibung geltend gemacht werden. Dazu müsste eine Inventur durchgeführt werden, bei der alte und neue Preise nebeneinander erfasst werden.
Außerdem sollten Vorbereitungen für die Preisauszeichnung getroffen werden, da sich alle Verkaufspreise der verschreibungspflichtigen Arzneimittel zum Jahreswechsel ändern.
Die fixe Komponente und ihre Folgen ...
Zu den Erträgen aus dem fixen Aufschlagsanteil lassen sich nicht ganz so allgemein gültige Aussagen herleiten. Hier wäre eine differenzierte Kostenrechnung der jeweiligen Apotheke gefragt. Anhand von plausiblen Beispielwerten sollen die Zusammenhänge jedoch ansatzweise aufgezeigt werden.
... für die Arzneimittelabgabe ...
Als Beispiel soll angenommen werden, dass in einer Apotheke eine Handverkaufskraft an einem achtstündigen Arbeitstag 100 Kunden bedient und pro Stunde Personalkosten in Höhe von 20 Euro einschließlich Lohnnebenkosten verursacht.
Da es hier nur um verschreibungspflichtige Arzneimittel geht, wird modellhaft unterstellt, dass diese Beschäftigte nur Verordnungen über solche Arzneimittel beliefert und die Kunden im Durchschnitt zwei Arzneimittel verordnet bekommen. Dann würden pro Stunde 25 Arzneimittel abgegeben werden.
Pro Arzneimittelpackung würden allein bei der Abgabe Personalkosten in Höhe von 0,80 Euro entstehen. Darin sind die Personalkosten für die Bestellung, den Wareneingang und die Lagerpflege noch nicht enthalten. Zur Deckung dieser weiteren Personalkosten und aller anderen Kosten der Apotheke stünden demnach noch 5,58 Euro pro Packung zur Verfügung. Aufgrund der Struktur des Kombimodells schlägt die Produktivität des Handverkaufspersonals unmittelbar auf den Deckungsbeitrag durch.
Als Richtgröße für die Personalkosten pro Packung - nicht im Sinne einer kausalen Kostenverursachung, sondern als Quotient aus den gesamten Personalkosten und der Packungszahl - können beispielsweise etwa 2 Euro angenommen werden (vgl. Beitrag von Herzog in DAZ 42, Seite 58 ff.). Dann würde für die übrigen Fixkosten noch ein Deckungsbeitrag von 4,38 Euro verbleiben.
Wer die Kennzahl "Personalkosten pro abgegebene Packung" für die eigene Apotheke kennt, kann so den verbleibenden Deckungsbeitrag für diese Apotheke ausrechnen und mit den übrigen Kosten vergleichen.
Mit den Daten über die stückzahlabhängigen (im Unterschied zu wertabhängigen) variablen Kosten lässt sich noch in anderer Weise argumentieren: Bei dem obigen Personalkostensatz wäre der Fixanteil von 6,38 Euro in etwa 19 Minuten verbraucht. Dies darf nicht als Durchschnittswert missverstanden werden. Denn hier bleiben alle fixen Kosten von der Miete über die Geräteabschreibungen bis zur Fortbildung unbeachtet.
Die Zeitdauer von etwa 19 Minuten steht vielmehr für eine kurzfristige Preisuntergrenze im Sinne der Kostenrechnung. Demnach dürfte mit keinem Arzneimittel allein länger als 19 Minuten umgegangen werden. Dies umfasst seine Bearbeitung bei der Bestellung und im Wareneingang, die Lagerpflege und die Beratung bei der Abgabe.
Eine Packung, für die im Laufe ihrer Zeit in der Apotheke mehr Aufwand getrieben wird, liefert nicht nur keinen positiven Deckungsbeitrag, sondern einen Verlust.
... und die ganze Apotheke
Nach diesen Betrachtungen zur Rentabilität einzelner abgegebener Arzneimittelpackungen soll es nun um die Rentabilität der verschreibungspflichtigen Arzneimittel insgesamt gehen.
Bei insgesamt 724 Mio. in Deutschland abgegebenen Packungen verschreibungspflichtiger Arzneimittel (Angabe für 2002 gemäß ABDA), wären dies pro Apotheke durchschnittlich etwa 33 700 Packungen pro Jahr. Demnach stünden 215 TEuro zur Deckung der Personalkosten und sämtlicher Fixkosten zur Verfügung.
Dem stehen folgende Kosten gegenüber: Bei einem Durchschnittsnettoumsatz von 1444 TEuro (Angabe für 2002 gemäß ABDA) und durchschnittlichen Kostensätzen von 22,2% (Angabe für 2002 für steuerlich abzugsfähige Kosten gemäß ABDA) bzw. 26% (Angabe für 2000 für Gesamtkosten einschließlich Unternehmerlohn gemäß Apothekenbetriebsvergleich des Instituts für Handelsforschung der Uni Köln) betragen die Kosten 320,5 bzw. 375,4 TEuro.
Wenn die verschreibungspflichtigen Arzneimittel in gleicher Weise wie alle anderen Umsatzträger zur Deckung der Kosten beitragen sollen, ist dies mit dem wertmäßigen Anteil verschreibungspflichtiger Arzneimittel zu multiplizieren, der im Durchschnitt 70,1% (Angabe für 2002 gemäß ABDA) beträgt. Es ergeben sich Kosten von 224,7 bzw. 263,2 TEuro, die durch verschreibungspflichtige Arzneimittel zu decken sind.
Davon können aufgrund des Kombimodells 3% des Einkaufswertes der verschreibungspflichtigen Arzneimittel als wertabhängige variable Kosten abgezogen werden. Bei einem Rohertrag von 30,3% des Nettoumsatzes (Angabe für 2002 gemäß ABDA) werden demnach Kosten in Höhe 30,2 TEuro durch den wertabhängigen Aufschlag gedeckt.
Dann verbleiben 194,5 bzw. 233,0 TEuro als wertunabhängige Kosten, die von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu decken sind. Da sich die Preise der verschreibungspflichtigen Arzneimittel erheblich ändern werden, ist die Kalkulation mit den alten Umsatz- und Rohertragswerten allerdings problematisch und nur als grobe Abschätzung zu nutzen. Der oben errechnete Deckungsbeitrag von 215 TEuro liegt damit etwa in der Mitte zwischen den beiden unterschiedlich ermittelten Werten für steuerlich abzugsfähige und betriebswirtschaftlich relevante, kalkulatorische Kosten.
Demnach ist im Durchschnitt mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln kein Gewinn mehr zu erzielen, sie decken nur ihren Anteil an den Kosten. Zum gleichen Ergebnis kommt Hüsgen in einer Analyse des Kombimodells auf der Ebene der aggregierten Daten aller Apotheken (vgl. DAZ 39, Seite 126 ff.).
Angesichts der unterschiedlichen Kostensituationen verschiedener Apotheken dürften nur in günstig gelagerten Fällen alle Kosten einschließlich der kalkulatorischen Positionen gedeckt werden. Wie eine individuelle Abschätzung für eine einzelne Apotheke gemacht werden kann, zeigt der obenstehende Kasten.
Fixkosten nur anteilsweise gedeckt
Es sollte betont werden, dass in der obigen Berechnung alle Umsätze gleichermaßen zur Kostendeckung herangezogen werden. Von den verschreibungspflichtigen Arzneimitteln wird hier nicht verlangt, alle Fixkosten zu decken, sondern nur den Teil, der ihrem wertmäßigen Umsatzanteil entspricht. Es erscheint aussichtslos, künftig Umsätze mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zur Deckung von Defiziten bei anderen Umsatzsegmenten heranzuziehen.
Als positiver Aspekt, der hier nicht berücksichtigt wurde, kommen die Verordnungen zu Lasten privater Krankenversicherungen hinzu, sofern diese nicht mit Kreditkarten beglichen werden. Je nach Anteil solcher Verordnungen kann dies für einzelne Apotheken beachtlich sein. Andererseits sollten auch GKV-Verordnungen für sich allein betrachtet wirtschaftlich sinnvoll zu beliefern sein, denn Mischkalkulationen sollen durch die Reform gerade vermieden werden.
Ende der Mischkalkulation
Aufgrund der dargestellten Zusammenhänge besteht überhaupt kein Anreiz, durch Preisnachlässe in anderen Umsatzsegmenten Rezeptumsätze generieren zu wollen. Eine Ausnahme ist allenfalls dann denkbar, wenn diese Rezeptumsätze eine außergewöhnlich günstige Struktur hätten, beispielsweise viele häufig wiederkehrende niedrigpreisige Artikel, die geringe Lagerkosten verursachen und wenig Beratung erfordern.
Von solchen Ausnahmefällen abgesehen ist dies das Ende jeglicher Mischkalkulation in der Apotheke. Künftig muss jeder Umsatzbringer für sich allein rentabel sein, wenn er aus Sicht der Apotheke wirtschaftlich sinnvoll angeboten werden soll.
Folgen des OTC-Marktes
Eine zusätzliche Unsicherheit in den obigen Abschätzungen ergibt sich aus den bisher verschriebenen nicht-verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Bei allen Überlegungen zum Umsatzanteil der verschreibungspflichtigen Arzneimittel wurden diese bisherigen Umsätze implizit als konstant vorausgesetzt.
Dies wäre jedoch nicht angemessen, wenn diese Umsätze ganz oder teilweise entfallen würden oder nur durch Preisnachlässe zu erhalten wären. Falls die Erträge aus diesen bisherigen Umsätzen auch nur teilweise wegbrechen sollten, müssten die verschreibungspflichtigen Arzneimittel einen entsprechend höheren Beitrag zur Deckung der Fixkosten leisten.
Eine entsprechende Annahme gilt für die bisherigen OTC-Umsätze. Wenn die obigen Rechnungen zutreffen sollen, müssen die OTC-Arzneimittel mindestens den gleichen relativen Beitrag zur Deckung der Fixkosten leisten wie die verschreibungspflichtigen Arzneimittel.
Mehr noch: Wenn die verschreibungspflichtigen Arzneimittel in der GKV nur noch die Kosten decken, muss der Gewinn allein aus dem OTC-Umsatz und den Privatrezepten erwirtschaftet werden.
Die Bedeutung der OTC-Arzneimittel wird daher beträchtlich zunehmen. Die nächsten Folgen dieser Serie werden sich daher mit diesen Produkten beschäftigen.
Eine der wichtigsten Neuerungen des GMG ist das Kombimodell für die Preisbildung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Da die Gewinnspanne bei hochpreisigen Arzneimitteln sinkt, erscheint es nicht mehr gerechtfertigt, dass sie so viel Kapital der Apotheke binden. Die Konsequenz würde lauten, das Lager zu verkleinern. Genaueres dazu erfahren Sie in der neuen Folge der DAZ-Serie "Betriebswirtschaft für die Apotheke 2004".
- Die wertabhängigen Kosten verschreibungspflichtiger Arzneimittel (insbesondere Finanzierung und Verfall) müssen allein von der wertabhängigen Aufschlagskomponente getragen werden.
- Wie lange die Lagerhaltung verschreibungspflichtiger Arzneimittel unter den Bedingungen des Kombimodells zu finanzieren ist, hängt wesentlich vom Finanzierungszinssatz und von den Großhandelskonditionen ab.
- Die Produktivität im Handverkauf schlägt unmittelbar auf den verbleibenden Fixkostendeckungsbeitrag durch.
- Verschreibungspflichtige Arzneimittel zu Lasten der GKV können unter durchschnittlichen Bedingungen die anteilig auf sie entfallenden Fixkosten decken, aber zumeist keinen Beitrag zum Gewinn liefern.
- Daher sind Mischkalkulationen in der Apotheke nicht mehr akzeptabel. Jedes Produkt muss seine Kosten selbst tragen und den gleichen Beitrag zur Deckung der Fixkosten liefern wie die anderen Umsatzträger der Apotheke.
Darüber hinaus werden folgende Daten benötigt:
- wertmäßiger Anteil der verschreibungspflichtigen Arzneimittel am Gesamtumsatz in Prozent (VA);
- Einkaufswert der abgegebenen verschreibungspflichtigen Arzneimittel (EV) - falls dieser Betrag nicht bekannt ist, kann als sehr grober Schätzwert der Gesamteinkaufswert multipliziert mit VA/100% dienen;
- Anzahl der abgegebenen verschreibungspflichtigen Arzneimittelpackungen pro Jahr (AP).
Dann muss der Erlös aus dem Kombimodell größer sein als die anteiligen Kosten der verschreibungspflichtigen Arzneimittel. Dafür muss die folgende Gleichung einen positiven Gewinnbeitrag aus der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel ergeben:
Gewinnbeitrag = 6,38 Euro • AP + 0,03 • EV - K • VA/100%
Der Gewinnbeitrag drückt aus, was die verschreibungspflichtigen Arzneimittel nach Deckung der Kosten positiv bzw. negativ zum Gewinn beitragen. Für diese Berechnung gelten die gleichen Unsicherheiten wie für die im Text dargestellte Beispielrechnung.
Wer die Privatpatienten in dieser Berechnung gesondert berücksichtigen möchte, kann in der obigen Gleichung den Betrag 6,38 Euro durch den Betrag
6,38 Euro • (1 - PR) + 8,10 Euro • PR
ersetzen. Dabei ist PR der Anteil der privat verordneten verschreibungspflichtigen Arzneimittel an der Gesamtzahl der abgegebenen verschreibungspflichtigen Arzneimittel, gerechnet nach Packungszahlen.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.