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Entwicklungsländer: AIDS muss kein Todesurteil mehr sein

Die HIV/AIDS-Epidemie hat sich in den letzten Jahren zu einer globalen Katastrophe entwickelt. In einigen Ländern Afrikas finden wir Infektionsraten von bis zu 40%. Neben den direkt Betroffenen werden dadurch auch ganze Volkswirtschaften vor enorme Probleme gestellt. 6 Millionen Menschen benötigen eine sofortige AIDS-Therapie, jedoch nur etwa 300 000 werden derzeit antiretroviral behandelt. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, trafen sich am 28. Oktober 2003 über 30 Vertreter verschiedener Entwicklungshilfe-Organisationen zu einer Tagung im Odenwald-Institut, Tromm.

Hoffnung durch sichtbare Erfolge

Spätestens seit den letzten Senkungen der Preise für AIDS-Medikamente gilt die AIDS-Therapie auch in Entwicklungsländern als bezahlbar, doch fehlen häufig noch klare Konzepte für die Therapie vor Ort, wie Dr. August Stich vom Missionsärztlichen Institut, Würzburg, feststellte.

Einige Projekte, die sich in der Praxis bewährt haben, können hier als Vorbild dienen:

  • Bernd Baucks von CARE Deutschland berichtete über richtungsweisende Erfahrungen in der häuslichen Krankenpflege (Home based care) von AIDS-Kranken in einem Projekt des Deutschen Roten Kreuzes in Namibia.
  • Dr. Norbert Lünenborg von Ärzte ohne Grenzen stellte ein Therapie-Projekt in Malawi vor und betonte die "exzellenten Ergebnisse beim breitflächigen Einsatz der AIDS-Therapie in besonders unterentwickelten Regionen". Es zeigte sich, dass bei gesicherter Versorgung, adäquater Patientenschulung und kostenloser Behandlung die Compliance der AIDS-Kranken hervorragend ist.
  • In dem AIDS-Projekt DREAM der Gemeinschaft Sant'Egidio in Mosambik, das Dieter Wenderlein vorstellte, erhalten seit anderthalb Jahren inzwischen fast 1000 Patienten AIDS-Medikamente. Die klinischen Ergebnisse sind hervorragend. Auch schwerstkranke Patienten erholen sich überraschend schnell und können wieder ihre Aufgaben in Familie und Gesellschaft erfüllen.

AIDS ist plötzlich kein Todesurteil mehr: Die Hoffnung, die sich durch diese sichtbaren Erfolge verbreitet, durchbricht die lähmende Angst vor der geheimnisvollen Krankheit.

Einheimische Produktion von AIDS-Medikamenten

Um die Länder Afrikas auch im Hinblick auf die Medikamentenversorgung künftig unabhängiger von den reichen Industrienationen zu machen, ist der Aufbau einer einheimischen pharmazeutischen Industrie bzw. die Produktion von HIV-Präparaten in den Einsatzländern eines der großen Ziele.

Deshalb, so Christoph Bonsmann vom Deutschen Medikamentenhilfswerk action medeor, unterstützt action medeor den Aufbau lokaler Produktionsstätten für AIDS-Medikamente in mehreren afrikanischen Ländern wie zum Beispiel dem Kongo.

Die Tagungsteilnehmer forderten, dass nach der Senkung der Preise für AIDS-Medikamente nun in einem weiteren Schritt die Kosten für die Diagnostik reduziert werden müssen.

Mehr Prävention

Dennoch kann auf Gesundheitserziehung, Bewusstseinsbildung und Prävention nicht verzichtet werden. Dr. Ulrich Heide, Geschäftsführender Vorstand der Deutschen AIDS-Stiftung, wies darauf hin, dass ein Gleichgewicht zwischen Therapie und Prävention gewahrt bleiben muss; in Ländern, in denen die HIV-Infektionsraten noch niedrig sind, kann eine weitere Ausbreitung von HIV nur durch schnelle und breite Präventionsarbeit verhindert werden.

Gerade in den asiatischen Ländern tickt derzeit eine Zeitbombe. Allein in Indien gab es 2001 nahezu 4 Millionen offizielle AIDS-Fälle. Damit hat Indien nach Südafrika die höchste absolute Zahl von AIDS-Fällen weltweit, wie Dr. Claudia Warning von der Karl Kübel Stiftung darlegte.

Bei allen positiven Beispielen und Meldungen über die erfolgreiche Anwendung von Therapien und Medikamenten darf nicht der Eindruck entstehen, dass AIDS besiegt wäre. Weiterhin haben Millionen von AIDS-Patienten keinen Zugang zu Therapien und ärztlicher Betreuung. Die Dunkelziffer bei HIV/AIDS-Infizierungen dürfte gerade in Ländern, wo ein offener Umgang mit der Krankheit nicht erfolgt, gewaltig sein.

Kinder besonders betroffen Die Gemeinschaft Sant'Egidio weist auf die dramatische Lage AIDS-kranker Kinder in Afrika hin: Kinder mit HIV spielen als Patientengruppe in Europa nur eine untergeordnete Rolle, gehören in Entwicklungsländern aber zu den Hauptbetroffenen. Dringend erforderlich sind kindgerechte Zubereitungen von AIDS-Medikamenten, die auch in ärmsten Verhältnissen anwendbar sind. www.santegidio.org

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