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Berichte
Freiwillige punktebewertete Fortbildung in Schleswig-Holstein
Während der vorangegangen Kammerversammlung war die Rolle der Industrie- und Handelskammern (IHK) bei der politischen Diskussion um das GMG kritisiert worden. Um die Beziehung der IHK-Organisation zur Apothekerschaft zu klären, hatte die Apothekerkammer den Geschäftsführer der IHK Kiel, Michael Zeinert, zur jüngsten Sitzung der Kammerversammlung eingeladen.
IHK contra Apotheken?
Nach Darstellung von Zeinert habe die IHK Kiel nicht zur Gesundheitsreform Stellung genommen, doch habe der DIHK-Vorstand am 25. Juni 2003 eine Agenda für ein innovatives Gesundheitssystem unter dem Titel "Wettbewerb, Eigenverantwortung und Fairness" verabschiedet.
Darin werde als Hauptziel die Senkung der Lohnnebenkosten verfolgt. Dazu sollte die Krankenversicherung über einkommensunabhängige Gesundheitsprämien finanziert werden. Außerdem sollte der Wettbewerb unter den Leistungserbringern verstärkt werden.
Als Möglichkeiten hierfür würden beispielsweise Privatisierungen und speziell für den Arzneimittelbereich Versandhandel und die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes bei Apotheken angesehen. Die Arzneimittelsicherheit und gleiche Wettbewerbsbedingungen innerhalb Europas sollten dabei gewährleistet sein.
In der Diskussion wurden Ungereimtheiten dieser Argumentation aufgedeckt. Die angeblichen Einsparungen durch Versandhandel wurden offenbar nur aufgrund allgemeiner Erfahrungen von anderen Märkten behauptet. Der Delegierte Ulrich Ströh beklagte, dass er als Beitragszahler für eine Organisation zahlen müsse, die nicht seine Interessen vertrete.
Er vermisse den Aufschrei der IHK im Interesse der Apotheken. Zeinert hielt dagegen, die IHK erbringe ihre Leistungen für die Gesamtheit ihrer Mitglieder. Bezüglich der Einzelinteressen könne es dabei durchaus Konflikte geben. Doch würde die Wirtschaft insgesamt von geringeren Gesundheitsausgaben profitieren. Er behauptete, dieser Vorteil sei größer als der mögliche Schaden für die Unternehmen des Gesundheitssektors.
Änderung des UWG
Kammerpräsident Volker Articus verwies auf die vorgesehenen Änderungen des Gesetzes gegen unlauteren Wettbwerb (UWG). Danach würde bei Wettbewerbsverletzungen nicht mehr die Staatanwaltschaft tätig, sondern die geschädigten Unternehmen müssten ihre Rechte selbst durchsetzen, ohne dabei Auskunftsrechte gegenüber Konkurrenten zu haben wie in den USA.
So werde es weitaus schwerer, sich gegen Wettbewerbsverletzungen zu wehren. Hierzu würden die Apotheker künftig wohl auch auf die Hilfe und Erfahrung der IHK zurückgreifen müssen.
Nach Auffassung von Zeinert dürfte das beschriebene Problem aber nur für kurze Zeit bestehen. Vermutlich werde bald eine Rechtssprechungspraxis zu dieser Frage entstehen, die den Unternehmen Orientierung bietet. Einige Unternehmen würden mit neuen Freiheiten der Werbung experimentieren und damit für alle die Grenzen austesten.
Neues von der BAK
Vizepräsident Holger Iven berichtete von der jüngsten Sitzung der Bundesapothekerkammer. Dort sei über das Hausapothekenmodell, die Überarbeitung des Berufsbildes, das Pseudo-Customer-Konzept zur Qualitätssicherung der Beratung, die Pflichtfortbildung und über die Novellierung der Apothekenbetriebsordnung gesprochen worden.
Die Verordnung solle künftig nur noch die Kernvorschriften enthalten, die übrigen Regelungen sollten in die Berufsordnungen ausgegliedert werden.
Bei einer Diskussion über die Struktur der Bundesapothekerkammer (BAK) sei ein Dissens in der Zuordnung der Mitarbeiter zum DAV und zur BAK zu Tage getreten. Daher sollten zusätzliche Mitarbeiter eingestellt werden, was Iven aber aus Kostengründen kritisch sieht.
Sparsamer Haushalt 2004
Breiten Raum in der Kammerversammlung nahm die Diskussion über die Mitgliedschaft der Kammer im ZL ein (siehe gesonderter Bericht auf Seite 19). Anschließend wurde das vorläufige Haushaltsergebnis für 2003 vorgelegt und der Haushaltsplan für 2004 festgesetzt.
Das Haushaltsvolumen für 2004 wird um etwa 100.000 Euro unter dem Ansatz des Vorjahres liegen. Wie der Vorsitzende des Haushaltsausschusses Dr. Peter Heerklotz erläuterte, sei für 2004 mehr als früher auf Rücklagen zurückgegriffen worden.
Fortbildung: Lieber freiwillig ...
Jutta Kemper, Leiterin der Akademie für pharmazeutische Fortbildung und Qualitätssicherung der Apothekerkammer Schleswig-Holstein, referierte den Diskussionsstand zur punktebewerteten Fortbildung in Schleswig-Holstein.
Im März 2002 hatte die Kammerversammlung dies mehrheitlich abgelehnt. Doch habe sich inzwischen herausgestellt, dass der bürokratische Aufwand für dieses Verfahren geringer sei als damals angenommen wurde. Dies beruhe nicht zuletzt auf den Vorarbeiten anderer Apothekerkammern.
Außerdem habe die Gesundheitsministerkonferenz der Länder inzwischen die Fortbildung der Heilberufe evaluiert und festgelegt, dass alle Gesundheitsberufe durch kontinuierliche Fortbildung zur Qualitätssicherung beitragen müssten.
Kemper stellte die Argumente für eine punktebewertete Fortbildung aus Sicht des Berufsstandes und der Teilnehmer vor. Dabei machte sie besonders die Vorteile eines eigenverantwortlich gestalteten Systems deutlich, das besser als eine Zwangsregelung sei.
... als unter Zwang
Dr. Riehl bestätigte als Aufsichtsbeamter, dass die Gesundheitsministerkonferenz eine Zwangsfortbildung mit Sanktionen bezüglich der Gültigkeit der Approbation ins Auge gefasst habe. Wenn sich die Kammern hier stark engagieren würden und die Fortbildung durch ein Punktesystem transparent werde, könnte dies die Gesundheitsminister von rigideren Zwangsmaßnahmen abhalten.
Unter den Delegierten wurde kontrovers diskutiert, ob das freiwillige System nach einigen Jahren zwangsläufig zu einer Pflicht führen würde. Gegen das Punktesystem wurde angeführt, die Belastung der Apotheker sei derzeit zu groß, um gerade jetzt ein weiteres Regularium einzuführen. Denn auch im Rahmen der Hausapothekenverträge seien zusätzliche Schulungen erforderlich. Andererseits könnten diese Schulungen ebenfalls bewertetet werden und damit zum Sammeln der Punkte beitragen.
Einige Gegner des Punktesystems sahen sich einem Handlungszwang ausgesetzt, da alle anderen deutschen Apothekerkammern außer in Schleswig-Holstein und im Saarland bereits ein solches System eingeführt haben. Schließlich wurde die punktebewertete Fortbildung mit großer Mehrheit angenommen.
Sparen an allen Enden
Außerdem wurde eine Neuregelung der Dienstbereitschaftsrichtlinie verabschiedet. Dies war bei der Diskussion um das GMG für den Fall der Verabschiedung eines solchen Gesetzes bereits angekündigt worden.
Die neue Regelung wird neue Notdienstringe ermöglichen, bei denen Apotheken mit bis zu 7,5 km Abstand in die Ringe von Oberzentren und bis 17,5 km Abstand in die Ringe von Mittelzentren einbezogen werden können.
Im Unterschied zu früher werde nun auch die Bevölkerung aus den Zentren auf Notdienstapotheken im Umland verwiesen. Auch in ländlichen Regionen würden weitere Ausdünnungen der Notdienste ermöglicht. Die einfache Fahrstrecke zu einer Notdienstapotheke soll aber nicht über 35 km betragen.
Auch die Festlegung der Zahl der Delegierten für den Deutschen Apothekertag 2004 war von Sparsamkeit geprägt. Obwohl die Kammer über acht Stimmen verfügt, sollen nur fünf Delegierte entsandt werden, um Kosten zu sparen. Iven beklagte, dass der Apothekertag in München wieder zur Zeit des Oktoberfestes stattfindet, wenn die höchsten Hotelpreise verlangt werden. tmb
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