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DAZ aktuell
Dr. Horst-Lothar Müller/Westfalen-Lippe: ABDA als Dach erhalten!
Es sei fraglich, welche Alternative es zu der derzeitigen Situation gebe, bei der bekanntlich sowohl die Bundesapothekerkammer als auch der DAV unter dem Dach der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände agieren. Zwar erwähnte auch Müller die problematische Verwaltung der Beiträge sowie den fehlenden eigenständigen Haushalt des DAV, er zeigte sich allerdings skeptisch, dass ein "Alleinmarschieren" – also die Aufgabe der bisherigen Dachorganisation – vorteilhaft sei.
Andere im Gesundheitswesen sähen gerade das gemeinsame Auftreten der Apothekerschaft als Vorteil gegenüber der Politik an. Der westfälisch-lippische Verbandschef nannte als Negativbeispiel die in viele Fachverbände zersplitterte Ärzteschaft.
Zukunft ungewiss
Auf der anfangs mit rund 220 Pharmazeuten gut besuchten Verbandsmitgliederversammlung in Dortmund bezeichnete Müller die Zukunftsaussichten des Berufsstands als ungewiss. Verlässliche Prognosen fehlten, weil es zu viele Unbekannte in der Gleichung gebe.
So seien derzeit die Reaktionen der Ärzte, der pharmazeutischen Industrie und der Patienten auf das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) völlig unklar. Müller verwies gleichwohl auf den Apothekerverband, der seinen Mitgliedern bei der Suche nach neuen Wegen helfen wolle.
Zündstoff Ausschreibung
Nach seinen Worten wird sich das System des Apothekenwesens ab dem kommenden Jahr wegen der GMG-Neuregelungen verändern – genannt wurden beispielsweise freie OTC-Preise, Kombimodell anstelle der bisherigen Arzneimittelpreisverordnung mit der Folge, dass die Apotheken von der Preisentwicklung der verschreibungspflichtigen Arzneimittel abgeschnitten werden, die limitierte Mehrbesitzerlaubnis oder die Einbeziehung der Krankenhausapotheken in die ambulante Behandlung.
Versandapotheken als solche sah der Verbandschef bei korrektem Arbeiten, worunter er etwa das Einhalten der Patientenzuzahlung verstand, nicht als Bedrohung. Schwierig werde es, wenn sich die Versandeinrichtungen nicht an die gültigen Regeln hielten. Müller äußerte sich hier insgesamt skeptisch angesichts der Tatsache, dass deutsche Gesetze zum Teil löchrig und umgehbar seien.
Kooperation kein Heilsbringer
Als außergewöhnliche Gefahr bezeichnete er die besonderen Versorgungsformen. Verlören Apotheken eine Ausschreibung vor Ort, seien sie für einen größeren Zeitraum von der Versorgung von Patienten mit Diabetes, Asthma oder Bluthochdruck bei den entsprechenden Disease-Management-Programmen (DMP) ausgeschlossen, sagte Müller übereinstimmend mit seinem Vize Dr. Klaus Michels aus Salzkotten.
Wie Michels in diesem Zusammenhang ausführte, kann bei diesen Ausschreibungen "auch die beste Kooperation nicht helfen". Ein solcher Zusammenschluss könne zwar durch einen optimierten Einkauf ein gutes Angebot einer Apotheke ermöglichen, es gebe jedoch keine Gewähr für den Zuschlag.
"Perfide" sei daher das derzeit kursierende Angebot eines QMS-Anbieters, der von einem "namhaften" Großhändler und einer großen Kooperation unterstützt werde. Hier werde Apothekern suggeriert, sie könnten durch dieses Angebot durch die Beteiligung des Hausärzteverbands an der Belieferung der Patienten in den besonderen Versorgungsformen beteiligt werden, das Risiko einer verlorenen Ausschreibung werde allerdings verschwiegen.
Wie Michels weiter sagte, sei es erklärtes Ziel dieses Verbands wie des DAV auf Bundesebene, offen auf alle Kooperationen zuzugehen und sie unter einem Dach für die Verträge mit den Krankenkassen zu vereinen, um den Marktzugang für alle Apotheken zu erhalten.
Grundsätzlich gab er zu bedenken, dass Verträge mit anderen als dem DAV wegen der fehlenden Flächendeckung nur gegen finanzielle Zugeständnisse an die Krankenkassen möglich seien. Apotheker sollten daher auf Kooperationen einwirken, nicht ohne die Apothekerverbände mit den Kassen zu verhandeln.
Kritik an Rot-Grün
Verbandschef Müller übte scharfe Kritik an der rot-grünen Bundesregierung, die sich mit dem notwendigen Wandel schwer tue. Sie sei realitätsfern und ideenlos. Das GMG werde der gesetzlichen Krankenversicherung nur eine kurze Atempause verschaffen. Die Anforderungen an Pharmazeuten werden seiner Ansicht noch steigen, da nur das Monopol auf der Seite der Leistungserbringer (etwa Ärzte oder Apotheker), nicht aber das Nachfragemonopol der Krankenkassen zerschlagen worden sei.
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