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Marketing: Auch über Tabus nachdenken

WIESBADEN (ri). Im Interview erläutert der Gesundheitsexperte und Unternehmerberater Dr. Wolfgang Hartmann, der auch an der Studie zur Zukunft der Apotheken beteiligt war, mit welchen konkreten Strategien Apotheker auf die bedrohlichen aktuellen politischen Strategien reagieren sollten. Der Experte, der über mehr als 25 Jahre im Pharmabereich als Geschäftsführer tätig ist - u. a. beim Medical Tribune Verlag, bei Boehringer Ingelheim und IMS Health - denkt dabei über den eng gefassten rechtlichen Rahmen hinaus, da er davon überzeugt ist, dass es auch für den Apothekenmarkt schon bald zu Liberalisierungen kommen wird.

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Herr Hartmann, was ist das derzeitige Grundproblem für Apotheker, die unter Marketing-Aspekten ihr Unternehmen noch nicht optimal aufgestellt haben?

Hartmann:

Die wichtigste Voraussetzung, um eine Apotheke nach Kriterien des Marketings auszurichten, besteht darin, gesunde Selbstkritik im Hinblick auf eigene Lücken im Leistungskatalog zu üben und daraus die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen.

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Was ist der erste Punkt, den ein Apotheker überdenken sollte?

Hartmann:

Das ist nach wie vor die Lage der Immobilie. Welche Geschäfte welcher Art und mit welcher Frequenz sind in der Umgebung angesiedelt? Handelt es sich um eine Lauflage, gibt es Parkplätze? Wenn der Standort nicht passt, sollte der Apotheker langfristig über einen Umzug nachdenken.

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Wenn die Lage stimmt, was wäre die erste Maßnahme, die Sie einem Apotheker empfehlen würden?

Hartmann:

Die Apotheker sollten sich zusätzlich mehr spezialisieren. Homöopathie, Allopathie, Vitalstoffberatung, Diabetiker, Kosmetik-Abteilungen: es gibt so viele Möglichkeiten sich zu spezialisieren. Allerdings muss das dann auch in der Werbung deutlich werden:

Die meisten Anzeigen, die ich in der Zeitung wahrnehme, zeigen mir das Apotheken-Logo und die Öffnungszeiten - das ist entschieden zu wenig Information. Und natürlich muss der Apotheker Fortbildungen absolvieren, die Kunden verzeihen es nicht, wenn der Spezialist nicht auf dem neuesten Wissensstand ist.

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Was bedeutet im Hinblick auf Apotheker das vielzitierte Zielgruppenmarketing?

Hartmann:

Eine Zielgruppe für den Apotheker sind zunächst die Ärzte. Deshalb sollte der Apotheker die Mediziner in seiner Umgebung besuchen und im Gespräch klären, ob eine Kooperation möglich ist. Ärzte dürfen zwischenzeitlich eingeschränkt Werbung betreiben. Also wäre es doch beispielsweise sinnvoll, dass ein auf ein bestimmtes Indikationsgebiet spezialisierter Arzt mit einem pharmazeutischen Spezialisten zusammenarbeitet.

Die andere Zielgruppe für den Apotheker sind natürlich die Patienten. Der Apotheker muss zunächst die Kundenstruktur seiner Umgebung analysieren und seine Maßnahmen dann an diesem Kundenpotenzial ausrichten. Grundsätzlich sollte der Apotheker Service-Bereitschaft signalisieren. Wenn beispielsweise ein Medikament nicht vorrätig ist, sollte er wie gewohnt das Beratungsgespräch führen und das Präparat anschließend von einem Boten ausliefern lassen. Denselben Service sollte er anbieten, wenn ein Produkt beispielsweise für eine ältere Patientin zu schwer zu tragen ist.

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Apotheker gelten vielfach als Einzelkämpfer. Ist diese Haltung noch zeitgemäß?

Hartmann:

Nein, Apotheker sollten meiner Meinung nach mit anderen Partnern kooperieren. Die Frage heißt: Gibt es in der Nähe ein Reha-Zentrum, ein Altenheim oder eine ambulante Klinik? Befinden sich in meiner Umgebung Pflegedienste, Heilpraktiker oder Fitness-Studios? Wie sieht es mit Selbsthilfegruppen aus? Und last but not least: Kann ich als Apotheker mit Kollegen kooperieren? Da sollte so mancher über seinen Schatten springen, denn diese Kooperationen können unter zweierlei Aspekten viel bringen: Erstens als Einkaufsgemeinschaft, und zweitens als Marketing-Verbund, der mit dem Großhandel über bestimmte Marketing-Angebote verhandelt.

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Wie schätzen Sie die Konkurrenz der Versandapotheken ein?

Hartmann:

Die Versandapotheke kommt. Also ist es unsinnig sich zu wehren, es gilt vielmehr, darüber nachzudenken, wie man bei diesem Geschäftsfeld ökonomisch partizipiert. Warum sollte es nicht möglich sein, dass ein Apotheker beispielsweise mit DocMorris kooperiert und ihm die Holländer gegen eine kleine Gebühr für ihn Versandanfragen, die er über seine entsprechend gestaltete Homepage generiert, organisatorisch übernehmen?

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Stichwort Liberalisierung: Welche Trends zeichnen sich ab?

Hartmann:

In den Apotheken wird zukünftig vermutlich vermehrt Gesundheitsliteratur verkauft. Und schon bald könnte es möglich sein, dass in der Apotheke seriöse indikationsbezogene Wellness-Reisen verkauft werden. Da sehe ich eine große Chance.

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Herr Hartmann, vielen Dank für das Gespräch!

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