Arzneimittel und Therapie

Epidemiologie: Finnland erteilt den Masern das "Aus"

Vor einigen Jahren noch war ein großer Teil der Bevölkerung der Meinung, dass Kinder möglichst frühzeitig sämtliche Kinderkrankheiten hinter sich bringen sollten. Wie sehr sich diese Ansicht geändert hat, zeigt der Vorsatz der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Masern bis zum Jahr 2007 europaweit auszurotten. Einem Bericht im Epidemiologischen Bulletin des Robert Koch-Instituts (RKI) zufolge ist Finnland nun das erste Land Europas, dem es dank einer gut durchdachten Impfstrategie und einer konsequenten Überwachung gelungen ist, die Masern vollständig zu eliminieren. Deutschland dagegen ist von diesem Ziel noch weit entfernt.

Die letzte Maserninfektion, die in Finnland auftrat, ereignete sich 1996. Nach diesem Zeitpunkt kam es lediglich zu vier importierten Krankheitsfällen, die zu keiner Ausbreitung führten. Das war jedoch nicht immer so: Zu Beginn der siebziger Jahre erkrankten in Finnland an den Masern jährlich noch 366 pro 100 000 Einwohner.

Während Finnland die Masern besiegt ...

Nachdem im Jahr 1975 die Einführung einer einzelnen Schutzimpfung gegen Masern nicht die gewünschten Resultate erzielte, steigerten die finnischen Gesundheitsbehörden von 1982 an ihre Bemühungen, die Impfraten zu erhöhen und die Inzidenz der Masern zu senken. Unter anderem erhielten Kinder im Alter von 14 bis 18 Monaten daraufhin eine freiwillige, kostenlose Masern-Mumps-Röteln (MMR) Impfung, die im Alter von sechs Jahren aufgefrischt wurde.

Die neue Strategie trug Früchte: Im Vergleich zu 1982 war im Jahr 1986 die Inzidenz der Erkrankung um 93 Prozent vermindert. Ergänzend wurden fortan Gelegenheiten wie beispielsweise der Wehrdienst oder auch die Ausbildung zur Krankenschwester genutzt, um bis dahin ungeschützte Personen zu impfen. Medizinisches Personal war außerdem dazu angehalten, die Eltern nicht geimpfter Kinder zu der entsprechenden Impfung zu ermutigen.Unterstützt wurde diese Aufklärungsarbeit durch die Medien. Dank dieser Anstrengungen stieg die Impfrate auf mehr als 96 Prozent an. Ein weiterer positiver Nebeneffekt der MMR-Impfung: Zusammen mit den Masern gelten in Finnland auch Röteln und Mumps als eliminiert.

... treten in Deutschland die Masern auf

Deutschland ist im Bezug auf die Masernimpfung im Vergleich zu Finnland ein "Entwicklungsland". So lagen dem Niedersächsischen Landesgesundheitsamt im Januar 2003 noch 106 gemeldete Masernfälle vor. Wie Dr. F. Feil vom Niedersächsischen Landesgesundheitsamt, Hannover, und Dr. B. Krüger, Amt für Gesundheit und Umweltmedizin des Landkreises Verden, in einem weiteren Bericht des Epidemiologischen Bulletins des RKI darlegten, fand die Krankheitsserie ihren Ursprung in einem anthroposophisch orientierten Kindergarten bzw. Schulkomplex im Landkreis Verden. Von dort aus verbreiteten sich die Masern in geringerem Maße auch in zwei benachbarte Landkreise. Ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte die Krankheitswelle zwischen dem 29. Dezember 2002 und dem 7. Januar 2003. Hauptsächlich betroffen sind Kinder und Jugendliche im Alter von einem bis 19 Jahren; Untersuchungen des Gesundheitsamtes zufolge waren sie nicht gegen die Masern geimpft.

Die letzten landesweiten Schuleingangsuntersuchungen belegen für die erste MMR-Impfung eine Impfrate von 91,1 Prozent, bezogen auf die vorgelegten Impfausweise. Der Landesdurchschnitt für die zweite Impfung erreicht lediglich 33,7 Prozent. Eine Impfrate von 95 Prozent, die vor einer Weiterverbreitung der Masern schützen würde, wurde in der betroffenen Region in keiner Weise erzielt.

Die Finnen machen es vor

Dieser aktuelle Ausbruch der Masern zeigt erneut, wie weit Deutschland davon entfernt ist, die Masern auszurotten. Die Finnen gingen jedoch nicht nur bei der Eliminierung der Masern beispielhaft voran: Sie versuchen zudem gezielt, den errungenen Status beizubehalten, die Kinder erhalten auch in Zukunft routinemäßig zwei MMR-Impfungen. Zusätzlich läuft derzeit in Finnland eine Kohortenstudie, die zwei Jahrzehnte andauern soll. Hintergrund hierfür ist der Verdacht, dass durch die MMR-Impfung vermittelte Antikörper im Blut schneller absinken könnten, nachdem die Konfrontation mit den natürlichen Antigenen ausbleibt.

Kasten Masern - eine harmlose Kinderkrankheit?

Ausgelöst wird die meldepflichtige Krankheit durch das Masernvirus. Die Übertragung erfolgt von Mensch zu Mensch durch Tröpfcheninfektion, die Inkubationszeit beträgt ca. elf Tage. Der Masernvirus gilt als hochansteckend. Bedeutungsvoll sind vor allem die Komplikationen. Diese treten häufig auf und können schwerwiegend und sogar letal sein. Oftmals betroffen sind hierbei unter anderem die Atemwege, das Abdomen und das zentrale Nervensystem.

Die Behandlung der Masern erfolgt symptomatisch und richtet sich zudem nach den auftretenden Komplikationen. Die Prognose ist ebenfalls abhängig von den jeweiligen Komplikationen. In den Entwicklungsländern sind die Masern mit einer sehr hohen Sterblichkeit verbunden.

Quelle

Finnland hat die Masern eliminiert! Epidemiologisches Bulletin des Robert Koch-Institutes, 5, 33, (2003). Zu einem aktuellen Masernausbruch im Landkreis Verden (Niedersachsen). Epidemiologisches Bulletin des Robert Koch-Institutes, 5, 34 - 35, (2003). Sitzmann, F. C.: Pädiatrie, MLP Duale Reihe, Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart, 626 - 629, (1995). ah

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