- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 9/2003
- ABDA-Strukturkommission ...
DAZ aktuell
ABDA-Strukturkommission und Apothekerkammer Schleswig-Holstein: Gesundheitsrefor
Die Versammlung stand damit ganz im Zeichen der Bundespolitik. Dabei wurden auch Erfahrungen über die bisherigen Folgen des Beitragssatzsicherungsgesetzes ausgetauscht. Demnach bestätigen sich die schlimmsten Befürchtungen für die Gewinnentwicklung der Apotheken.
Neue Arzneimittelpreisverordnung
Die wohl weitreichendsten Aussagen der Strukturkommission betreffen eine denkbare Umstrukturierung der Arzneimittelpreisverordnung, die den breitesten Raum in der Diskussion einnahm. Dies knüpft an die Idee eines so genannten Kombimodells an, das Äußerungen von Staatssekretär Dr. Klaus-Theo Schröder zufolge im BMGS entwickelt wurde. Dabei soll ein fixer Aufschlagsanteil mit einem prozentualen, d. h. wertabhängigen Aufschlagsanteil auf den Apothekeneinkaufspreis kombiniert werden. Dies soll der heilberuflichen Leistung und den kaufmännischen Erfordernissen gleichermaßen gerecht werden.
Fixer und variabler Anteil
Der ABDA-Gesamtvorstand hat zu diesem Vorschlag bisher keinen Beschluss gefasst, da er zunächst in den Mitgliedsorganisationen diskutiert werden soll. Die ABDA gehe davon aus, dass dieses Modell nur für die GKV-Versorgung gelte und damit die Rabattregelung überflüssig werde. Für den OTC-Bereich solle eine Preisverordnung in der bisherigen Struktur erhalten bleiben.
Bei diesem Konzept bleibt bisher offen, wie groß jeweils der Anteil der fixen und der prozentualen Aufschlagskomponente ist. Als mögliche Kompromisslösung gilt ein "fifty-fifty-Modell" mit einem Fixanteil von 2,52 Euro pro Packung und 15% Aufschlag auf den Apothekeneinkaufspreis.
Mehr fix ...?
Mitglieder der Kammerversammlung, die nicht in öffentlichen Apotheken tätig sind, regten an, der Fixanteil solle noch größer sein, damit die Apotheken künftig dem Vorwurf entgingen, an hohen Arzneimittelpreisen übermäßig zu verdienen. Probleme bei der künftigen Dynamisierung eines Fixaufschlages sollten als Gegenargument nicht überbetont werden, da auch eine prozentuale Staffelung gelegentlich überarbeitet werden müsse.
... oder mehr variabel?
Apothekerleiter aus dem Kreis der Versammlung machten dagegen deutlich, dass ein prozentualer Anteil nötig sei, um die Kosten der Kapitalbindung zu decken. Anderenfalls würden hochpreisige Arzneimittel nicht mehr vorrätig gehalten. Der prozentuale Anteil sichere damit die flächendeckende Versorgung. Sogar in den Niederlanden mit einem festen Abgabehonorar verbleibe durch die Rabattierung der Arzneimittel ein kleiner wertabhängiger Ertragsanteil.
Fremd- und Mehrbesitzverbot – auch im Interesse der Krankenkassen
Die Strukturkommission fordert, auf dem Fremd- und Mehrbesitzverbot zu bestehen. Kammerpräsident Volker Articus mahnte, den Zusammenhang zur wohnortnahen Versorgung immer wieder deutlich zu machen. Dieses Angebot sei den Politikern wichtig, doch Kettenapotheken würden dies nicht bieten.
Für Vizepräsident Holger Iven steht dieses Thema in engem Zusammenhang mit den OTC-Preisen. Denn nur ein Markt mit freien OTC-Preisen sei für Ketten interessant. Doch würden durch Ketten in kürzester Zeit ganz andere Machtverhältnisse entstehen, wie dies in Norwegen zu beobachten sei. Dann stünden die Krankenkassen einem Machtmonopol der Apothekenketten gegenüber, die die Zahlungsbedingungen diktieren könnten.
Home-Service – gut, aber auch bezahlbar?
Als weitere Antwort der Apothekerschaft auf die jüngsten Reformpläne wurde der Home-Service diskutiert. Im Gegensatz zu Versandapotheken ermöglicht dies taggleiche Lieferungen. Articus machte deutlich, dass solche Botendienste ebenso wie der Versandhandel kein Ersatz für die flächendeckende Versorgung mit Apotheken sind. Wer dies behaupte, verwechsle die planbare Chronikerversorgung mit der Akutversorgung. Für die Akutversorgung seien Apotheken in kleinen Orten gerade auf Drängen der Gemeinden entstanden.
In der Versammlung wurde der Home-Service als konstruktiver Vorschlag gewürdigt. Doch vermissten Apothekenleiter Daten zu den Kosten solcher Angebote. So könnten sie nicht entscheiden, ob dies überhaupt finanzierbar sei. Articus berichtete über Vorbehalte aus großen Flächenländern, insbesondere aus Bayern, wo der logistische Aufwand sehr groß werden könne. Daher seien Klauseln nötig, um die Apotheken vor Missbrauch und Überforderung zu schützen.
Hausapotheke – weitreichende Vision
Dr. Peter Froese, Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, beschrieb das Hausapotheken-Modell und erläuterte seine strategischen Vorteile für künftige Reformschritte. Patienten, die sich freiwillig bei einer Apotheke einschreiben, sollen dabei gegenüber der Versicherung einen besonderen Status erhalten.
Dafür werde ihnen die Hausversorgung nach Ermessen des Apothekers zugesichert. Die Medikationsdatenerfassung im Arzneimitteltagebuch solle eine Grundlage für das Medikationsmanagement schaffen. Dazu sollten wirtschaftliche Anreize kommen, damit die Apotheker beispielsweise bei Doppelverordnungen eingreifen. Dies sei eine Entwicklung in kleinen Schritten. Die Apotheker müssten hierzu qualitätsgesicherte Leistungen erbringen. Diese sollten praxisnah dokumentiert werden, was allerdings kein umfassendes Qualitätsmanagement erfordere.
Da der Gesetzgeber offenbar eine integrierte Versorgung wolle, sollten die Apotheker dies aufgreifen. Bei den DRG's (Diagnosis Related Groups) in Krankenhäusern hätten die Apotheker leider versäumt, sich rechtzeitig einzubringen. Künftig bestehe die Gefahr, dass Fallpauschalen im ambulanten Bereich die Kosten für Arzneimittel einschließen könnten.
Schlimmste Befürchtungen werden wahr
Der Termin der außerordentlichen Kammerversammlung ermöglichte den Apothekenleitern, über die unmittelbar zuvor eingegangenen wirtschaftlichen Auswertungen des Monates Januar zu berichten. Demnach bestätigen sich die Befürchtungen, dass pro Apotheke jährlich im Durchschnitt etwa 45 000 Euro Gewinn verloren gehen. Dennoch meinte Iven, die Zahl der Apotheken werde kurzfristig nicht massiv zurückgehen. Denn viele junge Kollegen hätten keine andere Wahl als ihre eigene Arbeitskraft auszubeuten und die Leistungen auszudünnen. Die verminderten Leistungen würden dann dem Bild der Apotheken in der Öffentlichkeit schaden.
Als weitere Konsequenz aus dem Beitragssatzsicherungsgesetz wurde berichtet, dass die Zwangsabschläge des Großhandels praktisch vollständig an die Apotheken durchgereicht würden. Abgeordnete sollten immer wieder deutlich auf diesen Widerspruch zu den früheren Behauptungen aus dem Gesundheitsministerium aufmerksam gemacht werden. Mitglieder der Kammerversammlung berichteten, dass solche Kontakte zu Abgeordneten in der gegenwärtigen Situation sehr hilfreich sein könnten.
Protestveranstaltung in Kiel
Einige Delegierte schlugen Protestmaßnahmen gegen das Beitragssatzsicherungsgesetz vor. Dem wurde entgegengehalten, dass nicht die Bürger als wichtigste Verbündete der Apotheker getroffen werden sollten. Der geeignete Protest sei daher eine Großveranstaltung, wie sie die schleswig-holsteinischen Apotheker am 5. März in Kiel abhalten wollen.
Bei dieser Diskussions- und Protestveranstaltung in einer großen Versammlungshalle sollen Politiker und Presse zeitnah von Apothekern über die Folgen des neuen Gesetzes informiert werden (siehe Hinweise im Kasten und auf Seite 25). Froese rief nachdrücklich zu einer regen Beteiligung auf. Es müsse jetzt unbedingt deutlich gezeigt werden, dass die zuvor geäußerten Befürchtungen der Apotheker tatsächlich eintreten. In der Kammerversammlung wurde mehrfach appelliert, dass alle Apotheken in Schleswig-Holstein Mitarbeiter(innen) zu dieser Veranstaltung entsenden sollten.
Kasten Veranstaltungshinweis: "Tag der Abrechnung: Mit uns müssen Sie rechnen!"
Aktionstag der schleswig-holsteinischen Apotheken am 5. März 2003 in Kiel Protest- und Diskussionsveranstaltung in der Halle 400 in Kiel, Werftstr. 214, am 5. März um 15 Uhr mit vorheriger Sternfahrt von verschiedenen Orten in Schleswig-Holstein. Nähere Einzelheiten siehe in unserer Rubrik "Was wann wo", Seite 112.
Um die Position der Apothekerschaft in der anstehenden Debatte über die "große" Gesundheitsreform 2003 zu definieren, hat die ABDA eine Strukturkommission geschaffen. Mögliche Konzepte für eine neue Arzneimittelpreisverordnung, das Hausapotheken-Modell und das Home-Service-Angebot zählen zu den wichtigsten Inhalten ihrer bisherigen Arbeit. Die Ergebnisse wurden auf einer außerordentlichen Kammerversammlung der Apothekerkammer Schleswig-Holstein am 19. Februar in Kiel diskutiert.
Veranstaltungshinweis: "Tag der Abrechnung: Mit uns müssen Sie rechnen!"
Aktionstag der schleswig-holsteinischen Apotheken am 5. März 2003 in Kiel Protest- und Diskussionsveranstaltung in der Halle 400 in Kiel, Werftstr. 214, am 5. März um 15 Uhr mit vorheriger Sternfahrt von verschiedenen Orten in Schleswig-Holstein.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.