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Arzneistoffporträt
M. Völker et al.Analgetika bei episodischem Spannun
Kopfschmerzklassifikation
Gemäß den Kriterien der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft IHS unterscheidet man 165 Kopfschmerzformen, die in 13 verschiedene Hauptgruppen [1] sowie in primäre und sekundäre Kopfschmerzen eingeteilt werden (Tab. 1). Während sekundäre Kopfschmerzen als Symptom einer Erkrankung betrachtet werden, sind primäre Kopfschmerzen eigenständige Erkrankungen. Die primären Kopfschmerzarten Spannungskopfschmerz und Migräne sind die am häufigsten vorkommenden Kopfschmerzarten.
Diagnostik des Spannungskopfschmerzes
Der Spannungskopfschmerz lässt sich differenzialdiagnostisch von der Migräne unterscheiden (Tab. 2). Er ist gekennzeichnet durch wiederkehrende Episoden eines Kopfschmerzes von leichter bis mittelschwerer Intensität, der wenige Minuten bis einige Tage lang dauern kann. Der Schmerz ist typischerweise dumpf, drückend oder ziehend, beidseitig lokalisiert und verstärkt sich nicht bei körperlicher Aktivität. Begleitsymptome wie Übelkeit, Erbrechen, Photophobie oder Phonophobie sind entweder nicht vorhanden oder nur minimal ausgeprägt.
Die Kopfschmerzen treten gelegentlich bis täglich auf. Man unterscheidet zwischen
- episodischen Spannungskopfschmerz bei einer Frequenz von weniger als 180 Kopfschmerztagen pro Jahr und
- chronischen Spannungskopfschmerz bei einer Frequenz von mehr als 180 Kopfschmerztagen pro Jahr.
Nur etwa 3% der Gesamtbevölkerung erkranken in ihrem Leben an chronischem Kopfschmerz vom Spannungstyp, aber 20 bis 30% an episodischem Kopfschmerz vom Spannungstyp (Lebenszeitprävalenz). Frauen sind etwa anderthalbmal so häufig betroffen wie Männer (1,5 : 1). Die Prävalenz steigt bei Frauen und Männern mit zunehmendem Lebensalter [2].
Design der aktuellen Studie
Als Mittel zur Behandlung des Spannungskopfschmerzes bei gelegentlichem Auftreten und kurzer Dauer werden von der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) peripher wirkende Analgetika wie Acetylsalicylsäure oder Paracetamol in einer Einzeldosis von 500 bis 1000 mg empfohlen. Entsprechende plazebokontrollierte Studien, die heutigen methodologischen Ansprüchen genügen, sind jedoch selten [3 – 5]. Erst 1995 hat die IHS Richtlinien für die Durchführung solcher Studien veröffentlicht [6], die nun in einer Studie realisiert worden sind [7].
Bei insgesamt 638 Patienten wurden gemäß den diagnostischen Kriterien der IHS episodischer Spannungskopfschmerz diagnostiziert. In einem randomisierten, doppelblinden Verfahren wurden die 638 Patienten in fünf gleich große Gruppen aufgeteilt und erhielten eine Dosis von entweder
- 500 mg Acetylsalicylsäure,
- 1000 mg Acetylsalicylsäure,
- 500 mg Paracetamol,
- 1000 mg Paracetamol oder
- Plazebo.
Alle Gruppen waren hinsichtlich ihrer demographischen Eigenschaften vergleichbar.
Die Patienten nahmen die Medikamente 1 bis 12 Stunden nach Auftreten der Symptome ein. Mittels eines Tagebuches musste jeder Patient die Schmerzintensität, die Schmerzreduktion und die Beeinträchtigung der körperlichen Aktivität zu vorher festgelegten Zeiten (0 min, 30 min, 45 min, 1 h, 2 h, 3 h, 4 h, 24 h nach der Medikation) festhalten.
Die Schmerzintensität wurde mittels einer kontinuierlichen visuellen Analogskala (VAS) von 0 bis 100 mm dargestellt (0 mm entspricht kein Schmerz und 100 mm maximal vorstellbarer Schmerz).
Der Schmerzrückgang wurde mit einer 7 Punkte umfassenden verbalen Skala ausgedrückt, und zwar wurden die 1. und 2. Kategorie (entsprechend "vollständige Schmerzlinderung" und "lohnende Schmerzlinderung") als primäres und statistisch relevantes Wirksamkeitskriterium 2 Stunden nach Medikamenteneinnahme definiert. Unerwünschte Ereignisse wurden während der gesamten Studiendauer dokumentiert.
Ergebnisse der Studie
Wirksamkeit Eine vollständige oder lohnende Schmerzlinderung zeigte sich 2 Stunden nach der Medikation
- bei 75,7% aller Patienten der Gruppe Acetylsalicylsäure 1000 mg,
- bei 70,3% aller Patienten der Gruppe Acetylsalicylsäure 500 mg
- bei 71,2% aller Patienten der Gruppe Paracetamol 1000 mg und
- bei 63,8% aller Patienten der Gruppe Paracetamol 500.
Die ersten drei Werte waren statistisch signifikant (p < 0,05) unterschiedlich zu Plazebo (54,5%), nicht jedoch der vierte Wert. In Abbildung 1 sind die Ergebnisse graphisch dargestellt.
Ausmaß der Scherzlinderung Die quantitative Reduktion des Schmerzes in den fünf verschiedenen Behandlungsgruppen wurde über einen Zeitraum von 4 Stunden mit insgesamt sieben Messungen mittels visueller Analogskala (VAS) bestimmt. Die Schmerzdifferenzen von Messung zu Messung (PID, pain intensity difference) wurden anschließend summiert (SPID, sum of pain intensity differences) und graphisch dargestellt (Abb. 2).
Die Behandlung mit 1000 mg Acetylsalicylsäure zeigt sich gegenüber allen anderen Behandlungen numerisch überlegen. Acetylsalicylsäure 500 mg und Paracetamol 1000 mg haben eine nahezu identische Wirksamkeit. Paracetamol 500 mg dagegen fällt deutlich ab.
Der Unterschied zwischen Acetylsalicylsäure 1000 mg und Plazebo ist nach 30 Minuten statistisch signifikant. Für Acetylsalicylsäure 500 mg und Paracetamol 1000 mg ist ein statistisch signifikanter Unterschied gegenüber Plazebo erst nach zwei Stunden erkennbar. Paracetamol 500 mg zeigt zu keinem Zeitpunkt einen signifikanten Unterschied zu Plazebo.
Innerhalb der vier Verum-Gruppen besteht ein signifikanter Unterschied zwischen Acetylsalicylsäure 1000 mg und Paracetamol 500 mg bereits nach 45 Minuten sowie zwischen Acetylsalicylsäure 500 mg und Paracetamol 500 mg nach 3 Stunden.
Die bessere Wirksamkeit von Acetylsalicylsäure wurde durch weitere sekundäre Wirksamkeitskriterien wie z. B. "Beeinträchtigung der körperlichen Aktivität" bestätigt.
Nebenwirkungen Als Nebenwirkungen wurden solche unerwünschten Ereignisse eingestuft, die vom behandelnden Arzt als kausal mit der Medikation im Zusammenhang stehend bewertet wurden. Sie waren geringfügiger oder mäßiger Natur sowie vorübergehend und traten nur bei 3,9 bis 7,2% der mit Acetylsalicylsäure behandelten Patienten und bei 4,5 bis 5,7% der mit Paracetamol behandelten Patienten auf (Abb. 3). Eine Dosisabhängigkeit wurde nicht gefunden.
Ebenso wurden bei den gastrointestinalen Nebenwirkungen weder für Acetylsalicylsäure (5,8 – 6,3%) noch für Paracetamol (3,6 – 3,8%) eine Dosisabhängigkeit gefunden. Wegen der geringen Anzahl der unerwünschten Ereignisse waren die Unterschiede in den Gruppen nicht statistisch abzusichern.
Resümee
500 und 1000 mg Acetylsalicylsäure und 1000 mg Paracetamol sind bei der Behandlung von episodischem Spannungskopfschmerz statistisch signifikant besser wirksam als Plazebo. Für 500 mg Paracetamol, welches einer Standarddosis von 1 Tablette entspricht, konnte dagegen kein statistisch signifikanter Unterschied zu Plazebo gefunden werden.
Literatur
[1] Headache Classification Committee of the International Headache Society: Classification and Diagnostic Criteria for Headache Disorders, Cranial Neuralgias and Facial Pain. Cephalalgia 8 (1988), Suppl. 7. [2] Pfaffenrath V, Brune K, Diener HC, Gerber WD, Göbel H: Behandlung des Kopfschmerzes vom Spannungstyp. Schmerz 12 (1998), 156 –170. [3] Langemark M, Olesen J: Effervescent ASA versus solid ASA in the treatment of tension headache. A double-blind, placebo controlled study. Headache 27 (1987), 90 – 95. [4] Martínez-Martín P, Raffaelli Jr E, Titus F, Despuig J, Fragoso YD, Díez-Tejedor E, Liano H, Leira R, Cornet ME, van Toor BSJ, Cámara J, Peil H, Vix JM, Ortiz P, the Co-operative Study Group: Efficacy and safety of metamizol vs acetylsalicylic acid in patients with moderate episodic tension-type headache: a randomized, double-blind, placebo- and active controlled, multicentre study. Cephalalgia 21 (2001), 604 – 610. [5] MacEachern L, Garreffa S, Plaza D, Koslo R: Aspirin is efficacious for treatment of severe pain associated with tension headache. J Pain 2 (2001), Suppl. 1, 40. [6] Boureau F, Kunkel R, Pfaffenrath V, Schoenen J, Steiner TJ, Tfelt-Hansen P, Massiou H, Sandrini G: Guidelines for trials of drug treatments in tension-type headache. Cephalalgia 15 (1995), 165 –179. [7] Steiner TJ, Lange R, Voelker M: Aspirin in episodic tension-type headache: placebo-controlled dose-ranging comparison with paracetamol. Cephalalgia 23 (2003), 59 – 66.
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