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- AZ 13/2004
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Ausnahmeliste für OTC: Schmidt: "Notwendiges weiterhin erstattungsfähig"
Nach Meinung von Ministerin Schmidt trägt der Beschluss mit seinen klaren Vorgaben den Erfordernissen schwer kranker Menschen Rechnung, er grenze keine notwendigen Arzneimittel aus. Eine notwendige Arzneitherapie werde von den Kassen auch weiterhin bezahlt, wenn sie bei schweren Erkrankungen medizinischer Standard sei. Die begrenzte Verordnungsfähigkeit von Homöopathika und Anthroposophika, für die sich Schmidt stark gemacht hatte, begrüßte sie als Beitrag zur Therapievielfalt.
Keine Prüfpflicht für Apotheke
Dr. Christiane Eckert-Lill, ABDA, erkannte zwar Erweiterungen gegenüber dem Entwurf. So seien jetzt rezeptfreie Antimykotika (nur gegen Pilzinfektionen im Mundraum) erwähnt oder Laxanzien bei bestimmten Tumorleiden oder Mukoviszidose. Die Festlegung auf bestimmte Indikationen verhindere jedoch die Erstattungsfähigkeit der Präparate bei anderen Einsatzgebieten, sagte sie der Apotheker Zeitung. Die ABDA-Geschäftsführerin für Pharmazie nannte als Beispiel nicht-verschreibungspflichtige Antimykotika gegen Fußpilz bei Diabetikern, deren Einsatz sinnvoll für die Patienten sei, deren Indikation aber nicht zu den geforderten schweren Erkrankungen gehöre.
Skeptisch zeigte sich Eckert-Lill zur begrenzten Aufnahme der Homöopathika. Angesichts der aufgelisteten Indikationen sei deren Einsatz in vielen Fällen nur schwer vorstellbar. Hier gebe es etliche Fragen. Grundsätzlich müssten die Apotheker im Übrigen die Verordnungen der Ärzte nicht prüfen, so Eckert-Lill. Da die Diagnose in der Offizin zumeist nur indirekt durch Patientenschilderung bekannt sei, könnten Pharmazeuten die Übereinstimmung von OTC-Verschreibungen mit der Liste gar nicht abgleichen - nach wie vor seien die Mediziner dafür verantwortlich. Insgesamt geht die Liste zu Lasten der Patientenversorgung, befürchtet die ABDA.
Viele Patienten werden therapeutisch notwendige, vor allem höherpreisige Präparate nicht mehr anwenden, prognostizierte ABDA-Präsident Hans-Günter Friese. Belastet durch weitere Maßnahmen der Reform unterlassen Kranke künftig womöglich den Selbstkauf der OTC-Arzneimittel, auch wenn sie der Arzt für die Selbstmedikation empfehle. Durch die dann drohende Verschleppung von Krankheiten kämen zeitlich verzögert Kosten auf die Krankenversicherung zu, warnte Friese vor langfristigen negativen Folgen.
"Ende der Therapievielfalt"
Das Ende der Therapievielfalt konstatierte der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte. Der Beschluss des Bundesausschusses (von Ärzten, Kassen und Krankenhäusern) hat für ihn nur "reine Alibifunktion", hieß es in einer ersten Reaktion. Die bestimmten schweren Erkrankungen, bei denen Homöopathika zulasten der Kassen verschrieben werden dürften, seien so selten, dass sie im Praxisalltag kaum eine Rolle spielten. Die Tätigkeit homöopathischer Ärzte werde drastisch eingeschränkt, da die Homöopathie zu 100 Prozent eine Arzneitherapie sei. Der Zentralverein erinnerte daran, dass Homöopathie im Sozialgesetzbuch als gleichberechtigte Therapiemethode genannt werde. Er werde seine Mitglieder zu Verfassungsklagen auffordern.
Industrie: Notdürftige Reparatur
Als "äußerst notdürftige Reparatur mit fragwürdigem Nutzen" kritisierte der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) den Beschluss, der lediglich eine unsinnige Gesetzesregelung umsetze. Der Ausschluss rezeptfreier Medikamente aus der Erstattung bleibe auch mit der Ausnahmeliste therapeutisch verfehlt, ökonomisch kontraproduktiv und verbraucherpolitisch riskant. Darüber hinaus drohe mit der mehr oder weniger zufälligen Auswahl von schwerwiegenden Krankheiten und Wirkstoffen eine Dauerbaustelle des GBA. Bewährte pflanzliche Präparate seien bei weitaus mehr als vier Erkrankungen sinnvolle Therapie, hob der BAH in Bonn hervor.
Als "Positivliste durch die Hintertür" bemängelte der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) die Aufstellung. Anstatt Wirkstoffe aufzuführen, wären Indikationen besser gewesen, für die dann alle zugelassenen Medikamente weiter hätten erstattet werden müssen, sagte BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp in Berlin, der die Liste insgesamt für zu eng gefasst hielt. Dabei hätte seiner Meinung nach ein umfangreicher Ausnahmekatalog im Interesse der Krankenkassen wegen der durchschnittlich viel geringeren OTC-Kosten als bei rezeptpflichtigen liegen müssen.
Begrüßt wurde dagegen die Aufnahme der Präparate der besonderen Therapierichtungen bei bestimmten Indikationen. Hier sei der Ausschuss BPI-Argumenten gefolgt, dass Therapiestandards nur innerhalb einer Therapierichtung (zum Beispiel innerhalb der Homöopathie) und nicht absolut festgelegt werden sollten.
Für Kassen kein Problem
Die Krankenkassen hielten die Aufweichungen für unproblematisch. Sie gaben bisher 60 Millionen Euro jährlich für homöopathische und anthroposophische Mittel aus, so der Sprecher des Bundesverbands der Betriebskrankenkassen gegenüber der Apotheker Zeitung, was sich durch den jüngsten Beschluss nicht auf null (wie im Ursprungsentwurf) reduziert, sondern bei 40 Millionen Euro einpendeln könnte. Dass sie fachlich nicht mit der Aufnahme von Homöopathika einverstanden sind, machte Arzneiexperte Wolfgang Kaesbach vom BKK-Bundesverband mit den Worten, das sei ein "Treppenwitz der evidenzbasierten Medizin" deutlich in Anspielung auf den fehlenden wissenschaftlichen Wirkungsnachweis.
"Skurrile Entscheidung"
Dr. Dieter Thomae (FDP) wertete den Beschluss als "skurril". Es gehe nicht an, beispielsweise bei chemisch definierten und pflanzlichen Präparaten rigide vorzugehen, nicht jedoch bei homöopathischen und anthroposophischen, welche nicht immer eine solide Datenlage vorweisen könnten. Entweder vertrete man wie er selbst die Auffassung, dass ärztliches Heilen nicht immer naturwissenschaftlich unterlegbar sei und erhalte das Therapiespektrum, oder aber man setze auf evidenzbasierte Medizin, was dann aber für alle Bereiche gelten müsse.
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