- DAZ.online
- News
- Übernehmen Maschinen die...
Könnte die Arzneimittelabgabe zukünftig auch ohne menschliches Personal erfolgen? Geht es nach der Vorsitzenden des AOK-Bundesvorstands Carola Reimann, könnten auch Automaten mit Bildschirm den Job von Apotheker*innen und PTA übernehmen. Für ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening sind das düstere Zukunftsvisionen.
Die ABDA-Präsidentin hat mit der „Zeit“ über die Arbeit in ihrer Apotheke im Münsterland gesprochen – und natürlich auch über die bevorstehende Apothekenreform. Vor allem ging es ihr darum zu verdeutlichen, welche Probleme die Pläne des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) zur Apotheke ohne Apotheker*innen mit sich bringen würden. Die „Zeit“ stellt Overwiening als „oberste Lobbyistin ihrer Branche“ vor und als „eine der ärgsten Gegenspielerinnen von Lauterbach“ – und das, obwohl beide doch eigentlich dasselbe Ziel verfolgten: „die Apotheken retten“.
Die ABDA-Präsidentin berichtet von ihren beiden Apotheken. Bis zum Jahr 2015 hatte sie nur eine in Borken im Münsterland. Dann eröffnete sie eine zweite in Nienborg einem kleinen Ort nahe der niederländischen Grenze: „Der Bürgermeister hat mich gebeten, sie zu eröffnen. Die einzige Ärztin wollte wegziehen, auch weil es dort nicht mal eine Apotheke gab.“ Sie betont, dass es hier gelungen sei, die lokale Gesundheitsversorgung zu erhalten, weil die örtliche Arztpraxis und ihre Apotheke an einem Strang gezogen hätten. Zu den Plänen des BMG, Kosten zu sparen, indem man Apotheken ohne Apotheker betreibt, entgegnet Overwiening: „Eine Schule ohne Lehrer wäre auch günstiger.“
Apotheke ohne menschliches Personal
Neben Overwiening kommt auch die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, in dem am Mittwoch veröffentlichten „Zeit“-Artikel zu Wort. Sie unterstützt Karl Lauterbachs (SPD) Reformpläne, schließlich saß sie auch zuvor 17 Jahre für seine Fraktion im Bundestag. Reimann ist überzeugt: „Diese Reform sichert die flächendeckende Apothekenversorgung in Zeiten des Fachkräftemangels.“ Das schütze auch vor einer Übernahme der Versorgung durch „Amazon und Co“. Die AOK-Vorsitzende schließt sich der Deutung Lauterbachs an, der vorgibt, mit seinen Reformplänen gegen die Ausbreitung des Arzneimittelversandhandels agieren zu wollen.
Zudem spiele der Kostenfaktor eine zentrale Rolle für die Bewertung der Reformpläne: Die geplanten Apotheken ohne Apotheker*innen seien schlichtweg billiger, so Reimann. Die PTA-geleitete Apotheke sei dabei nur der Anfang: Die AOK-Chefin kann sich gut vorstellen, zukünftig die Vor-Ort-Betreuung ohne menschliches Personal abzuwickeln. Wenn die Anwesenheit von Apotheker*innen nur noch per „telepharmazeutischer“ Zuschaltung notwendig ist, könne dies auch gleich über einen Automaten mit Bildschirm erfolgen. Reimann sieht darin eine „pragmatische Ergänzung der Vor-Ort-Apotheken“, insbesondere auf dem Land.
Mehr zum Thema
Aufklärung über Reformpläne
Apotheker informieren über Gefahren für die Arzneimittelversorgung
„Die fetten Jahre sind vorbei“
DocMorris-Chef sieht Apothekenreform auf dem richtigen Weg
Ähnliche Ideen hatte auch der für die Apothekenreform zuständige Abteilungsleiter im BMG Thomas Müller im Mai bei einer Veranstaltung im hessischen Gudensberg geäußert: Er entwarf eine Zukunftsvision, bei der auf pharmazeutisches Personal gänzlich verzichtet werden kann. Stattdessen könnten künstliche Intelligenz (KI) und Avatare die Arzneimittelabgabe übernehmen. Auch DocMorris CEO Walter Hess hatte in dieser Woche den Wunsch geäußert, zukünftig die „telepharmazeutische“ Beratung so zu gestalten, dass nicht mehr Apotheker*innen, sondern KI und Avatare per Videoschalte mit den Patient*innen interagieren.
Die Apothekerin Overwiening nutzt schon jetzt zwei Roboter in ihrem Hochregallager in Borken, die ihr bei der Ausgabe von Arzneimitteln assistieren, dadurch habe sie „mehr Zeit mit dem Kunden“. Jedoch hält sie gar nichts von den Plänen, Arzneimittel durch einen Automaten abzugeben: „Er misst keinen Blutdruck. Er impft nicht. Er fragt nicht, welche Medikamente sie sonst noch einnehmen.“
4 Kommentare
Apothekenmitarbeiter/innen durch KI ersetzen
von Dr. Frank Haenel am 15.07.2024 um 12:01 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
KI in der Apotheke und andere Dystopien
von Ursula Schindling am 12.07.2024 um 23:08 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Machen kann man alles
von Stefan Haydn am 12.07.2024 um 18:49 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
KI statt Apotheken?
von tilman Hecht am 12.07.2024 um 13:00 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.