Roboter, KI und Co.

Übernehmen Maschinen die Apotheke?

Berlin - 12.07.2024, 12:15 Uhr

Schon jetzt werden Teile der Arbeit in Apotheken von Maschinen verrichtet: Ein Kommissionier-Automat im Warenlager. (Foto: IMAGO / Eibner Europa)

Schon jetzt werden Teile der Arbeit in Apotheken von Maschinen verrichtet: Ein Kommissionier-Automat im Warenlager. (Foto: IMAGO / Eibner Europa)


Könnte die Arzneimittelabgabe zukünftig auch ohne menschliches Personal erfolgen? Geht es nach der Vorsitzenden des AOK-Bundesvorstands Carola Reimann, könnten auch Automaten mit Bildschirm den Job von Apotheker*innen und PTA übernehmen. Für ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening sind das düstere Zukunftsvisionen.

Die ABDA-Präsidentin hat mit der „Zeit“ über die Arbeit in ihrer Apotheke im Münsterland gesprochen – und natürlich auch über die bevorstehende Apothekenreform. Vor allem ging es ihr darum zu verdeutlichen, welche Probleme die Pläne des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) zur Apotheke ohne Apotheker*innen mit sich bringen würden. Die „Zeit“ stellt Overwiening als „oberste Lobbyistin ihrer Branche“ vor und als „eine der ärgsten Gegenspielerinnen von Lauterbach“ – und das, obwohl beide doch eigentlich dasselbe Ziel verfolgten: „die Apotheken retten“.

Die ABDA-Präsidentin berichtet von ihren beiden Apotheken. Bis zum Jahr 2015 hatte sie nur eine in Borken im Münsterland. Dann eröffnete sie eine zweite in Nienborg einem kleinen Ort nahe der niederländischen Grenze: „Der Bürgermeister hat mich gebeten, sie zu eröffnen. Die einzige Ärztin wollte wegziehen, auch weil es dort nicht mal eine Apotheke gab.“ Sie betont, dass es hier gelungen sei, die lokale Gesundheitsversorgung zu erhalten, weil die örtliche Arztpraxis und ihre Apotheke an einem Strang gezogen hätten. Zu den Plänen des BMG, Kosten zu sparen, indem man Apotheken ohne Apotheker betreibt, entgegnet Overwiening: „Eine Schule ohne Lehrer wäre auch günstiger.“

Apotheke ohne menschliches Personal

Neben Overwiening kommt auch die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, in dem am Mittwoch veröffentlichten „Zeit“-Artikel zu Wort. Sie unterstützt Karl Lauterbachs (SPD) Reformpläne, schließlich saß sie auch zuvor 17 Jahre für seine Fraktion im Bundestag. Reimann ist überzeugt: „Diese Reform sichert die flächendeckende Apothekenversorgung in Zeiten des Fachkräftemangels.“ Das schütze auch vor einer Übernahme der Versorgung durch „Amazon und Co“. Die AOK-Vorsitzende schließt sich der Deutung Lauterbachs an, der vorgibt, mit seinen Reformplänen gegen die Ausbreitung des Arzneimittelversandhandels agieren zu wollen.

Zudem spiele der Kostenfaktor eine zentrale Rolle für die Bewertung der Reformpläne: Die geplanten Apotheken ohne Apotheker*innen seien schlichtweg billiger, so Reimann. Die PTA-geleitete Apotheke sei dabei nur der Anfang: Die AOK-Chefin kann sich gut vorstellen, zukünftig die Vor-Ort-Betreuung ohne menschliches Personal abzuwickeln. Wenn die Anwesenheit von Apotheker*innen nur noch per „telepharmazeutischer“ Zuschaltung notwendig ist, könne dies auch gleich über einen Automaten mit Bildschirm erfolgen. Reimann sieht darin eine „pragmatische Ergänzung der Vor-Ort-Apotheken“, insbesondere auf dem Land.

Ähnliche Ideen hatte auch der für die Apothekenreform zuständige Abteilungsleiter im BMG Thomas Müller im Mai bei einer Veranstaltung im hessischen Gudensberg geäußert: Er entwarf eine Zukunftsvision, bei der auf pharmazeutisches Personal gänzlich verzichtet werden kann. Stattdessen könnten künstliche Intelligenz (KI) und Avatare die Arzneimittelabgabe übernehmen. Auch DocMorris CEO Walter Hess hatte in dieser Woche den Wunsch geäußert, zukünftig die „telepharmazeutische“ Beratung so zu gestalten, dass nicht mehr Apotheker*innen, sondern KI und Avatare per Videoschalte mit den Patient*innen interagieren.

Die Apothekerin Overwiening nutzt schon jetzt zwei Roboter in ihrem Hochregallager in Borken, die ihr bei der Ausgabe von Arzneimitteln assistieren, dadurch habe sie „mehr Zeit mit dem Kunden“. Jedoch hält sie gar nichts von den Plänen, Arzneimittel durch einen Automaten abzugeben: „Er misst keinen Blutdruck. Er impft nicht. Er fragt nicht, welche Medikamente sie sonst noch einnehmen.“


Michael Zantke, Redakteur, DAZ
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


4 Kommentare

Apothekenmitarbeiter/innen durch KI ersetzen

von Dr. Frank Haenel am 15.07.2024 um 12:01 Uhr

Einfach Frau Carola Reimann inkl. dem gesamten Krankenkassenapparat durch KI ersetzen spart jede Menge Geld. Man fragt sich sowieso, warum soviel Krankenkassen das Geld der Versicherten verwalten müssen. Da reicht doch wohl eine KI-Kasse. Und wenn wir schon dabei sind lässt sich sicher auch der DocMorris CEO Walter Hess durch eine KI ersetzten - soviel dummes Geblubber kann eigentlich ein normal denkender Mensch garnicht von sich geben.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

KI in der Apotheke und andere Dystopien

von Ursula Schindling am 12.07.2024 um 23:08 Uhr

DOC Morris CEO Walter Hess und Frau Reimann von der AOK haben anscheinend nur noch Dollarzeichen im Kopf: wenn es nach ihnenginge würde beide lieber heute als morgen den lästigen Kostenfaktor Qualifiziertes Personal ein für allemal loswerden und Arzneimittel im Akkord über irgendwelche KI betrieben Fließbänder auf die Patienten verteilen. Unter kompletter Missachtung des Patientenwohls!
Leider funktioniert die Gleichung aber so nicht.Die Patienten brauchen einen Ansprechpartner vor Ort der Ihnen mit Kompetenz und Empathie beim Medikationsmanagement beisteht, Fehler erkennt und Therapietreue fördert
Wenn die KI das übernehmen soll,dann würde ich auch dafür plädieren dass man ebenso gut in Zkunft Schulen und Kindergärten mit Avataren von Erziehern und Lehrern betreibt.Und bestimmt ließen sich auch alle Bundestagsabgeordnete ,die Minister und der Bundeskanzler durch KI ersetzen
Kommt ja nicht so sehr drauf ob die Aufgaben erfüllt werden können,Hauptsache Kosten werden eingespart

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Machen kann man alles

von Stefan Haydn am 12.07.2024 um 18:49 Uhr

Kann man machen. Sogar noch viel mehr. Nur komisch, daß der Rest der Welt eher mehr persönliche Verantwortung und Gesundheitsleistungen durch und mit Hilfe der Apotheker möchte.
Nur in D ticken die Uhren eben anders.
Aber das Ausland wird Apotheker aus D mit Kußhand nehmen. Teuere Ausbildung und Mangelberuf umsonst erhalten? Sicher gerne, paid by german Tax-payers.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

KI statt Apotheken?

von tilman Hecht am 12.07.2024 um 13:00 Uhr

Selbstverständlich kann man durch Automation und KI Apotheken ersetzen.
Das ist aber lange nicht so einfach als wie Krankenkassen durch KI zu erstzen. Dazu brauchts nicht mal Roboter und spart sofort auf jeden Fall den Gegenwert der gesamten Arzneimittelausgaben für GKV Versicherte ein. Wahrscheinlich sogar mehr.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Kommentar abgeben

 

Ich akzeptiere die allgemeinen Verhaltensregeln (Netiquette).

Ich möchte über Antworten auf diesen Kommentar per E-Mail benachrichtigt werden.

Sie müssen alle Felder ausfüllen und die allgemeinen Verhaltensregeln akzeptieren, um fortfahren zu können.