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Recht
Th. Graefe et. al.Arzneimittelversand nach neuem Rec
Als Teledienst unterliegt die Internetapotheke den Regelungen des Teledienstegesetzes. Das Teledienstegesetz regelt in den §§ 8 ff. die Haftung für Informationen, die über das Internet verbreitet werden. Dabei ist zunächst der allgemeine Grundsatz zu beachten, dass jeder für die eigenen Informationen, die er verbreitet, haftet.
Eigene und zu eigen gemachte Informationen
Eigene Informationen sind nicht nur jene Informationen des Apothekers selbst, sondern auch solche, die er sich für den Nutzer erkennbar zu eigen macht. Erkennbar zu eigen macht sich der Apotheker Informationen, die er als eigene ausgibt, oder die er in seine Website einbindet, so dass kein Zweifel besteht, dass er sich mit dieser Information identifiziert. Der Apotheker, der Informationen zu einem Arzneimittel im Internet bereithält, ist also dafür verantwortlich, dass diese Informationen richtig und vollständig sind. Informiert der Apotheker über ein Arzneimittel zum Beispiel durch eine veraltete Packungsbeilage, weist er u. U. auf bestimmte Nebenwirkungen dieses Arzneimittels oder erst später bekannt gewordene Gegenanzeigen nicht hin. Das begründet eine Gefahr für die Gesundheit der Nutzer, die sich auf die Richtigkeit und die Aktualität der Packungsbeilage verlassen (müssen).
Der Apotheker, der den Warenkatalog seiner Internetapotheke durch Upload von Informationen aus einer Datenbank erstellt, haftet für die Richtigkeit dieser Informationen. Er macht sich auch diese zu eigen, denn er bietet sie in Form eines eigenen Warenkatalogs an. Der Apotheker, der über Arzneimittel oder andere gesundheitsbezogene Produkte und zugehörige Themen informiert, schafft also potenzielle Gefahrenquellen. Er ist deshalb verpflichtet, die von ihm geschaffenen Gefahrenquellen zu kontrollieren und das ihm Zumutbare zu unternehmen, damit sich die Gefahr nicht verwirklicht.
Diese so genannte Verkehrssicherungspflicht ist für den Apotheker nicht neu. Schon das Reichsgericht hat die Abgabe von Giften und Sprengstoffen an Kinder als eine Verletzung einer solchen Pflicht angesehen, obwohl die Kinder (offenkundig glaubwürdig) behauptet hatten, sie seien keine Kinder mehr. Auch in den vergangenen Jahren bestätigte die Rechtsprechung Verkehrssicherungspflichten des Apothekers. Sie verpflichten den Apotheker u. a., die Dosierungsanweisung des Arztes deutlich auf die Arzneimittelverpackung zu schreiben.
Mit dem Internet als Informationsquelle erstrecken sich die Verkehrssicherungspflichten auch auf die dort angebotenen Informationen. Die Zumutbarkeit der vom Apotheker in Erfüllung dieser Pflichten zu ergreifenden Maßnahmen richtet sich danach, welche Gefahren bei bestimmungsgemäßer oder nicht ganz fern liegender Nutzung drohen. Sie richtet sich ferner nach den Sicherheitserwartungen der angesprochenen Verkehrskreise.
Der Apotheker muss durch definierte Abläufe oder selbst die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Informationen kontrollieren. Die möglichen Auswirkungen unrichtiger oder unvollständiger Informationen auf die Gesundheit des einzelnen Nutzers begründen hohe Erwartungen an die Maßnahmen zur Gefahrenabwendung.
Gestaltung der Internetapotheke in Übereinstimmung mit dem Gesetz
Der Apotheker haftet auch dafür, dass er die Beschreibung des Arzneimittels in einer dem Heilmittelwerbegesetz entsprechenden Weise umsetzt oder umsetzen lässt. Nichts anderes gilt für die Umsetzung der hier im Rahmen dieser Beitragsserie bereits dargestellten rechtlichen Anforderungen an den Fernabsatz und den Datenschutz. Die Verletzung der Regelungen des Heilmittelwerbegesetzes, der Vorschriften über den Fernabsatz und den Datenschutz stellt zugleich einen Wettbewerbsverstoß dar.
Die Beschreibung der Arzneimittel, die Preisangaben, der Umgang mit personenbezogenen Daten muss innerhalb der Internetapotheke Abläufen folgen, die den Vorgaben des Apothekenrechts, die wir an dieser Stelle in den vergangenen Ausgaben bereits vorgestellt haben, entsprechen.
Aber auch die Abläufe außerhalb der Internetapotheke müssen den gesetzlichen Anforderungen genügen. Das gilt für die kostenlose Zweitzustellung von Arzneimitteln, die vorgeschriebene Transportversicherung oder die Beratung durch pharmazeutisches Personal. Auch die Verletzung dieser Maßgaben kann einen unzulässigen Wettbewerbsvorsprung des Apothekers begründen.
Kommt ein Nutzer zu Schaden, weil er z. B. durch nicht-pharmazeutisch geschultes Personal des Apothekers eine fehlerhafte Beratung erhalten hat, so kann der Apotheker sich Schadensersatzansprüchen wegen der Verletzung der ihm bereits von Gesetzes wegen obliegenden Verkehrssicherungspflichten ausgesetzt sehen.
Vertragliche Haftungsregelungen
Der Apotheker kann sich seiner Haftung für eigene Informationen nicht entziehen, er kann aber darauf achten, dass die wirtschaftlichen Folgen einer solchen Haftung – soweit wie möglich – dort verbleiben, wo sie ihre Ursache haben. Der Apotheker, der seine Internetseite von einem Unternehmen, beispielsweise einer Agentur erstellen lässt, kann die rechtlich zulässige Gestaltung der Internetapotheke vertraglich vereinbaren und sich von der Inanspruchnahme wegen einer mit den Maßgaben des Gesetzes nicht übereinstimmenden Gestaltung freistellen lassen. Oftmals wird die Haftung für die Übereinstimmung mit den Gesetzesnormen in Verträgen ausgeschlossen, hierauf muss der Apotheker bei Vertragsverhandlungen achten.
In gleicher Weise muss der Apotheker auf die Gestaltung der Verträge Einfluss nehmen, die er mit Unternehmen schließt, die ihm Informationen zur Verfügung stellen, auf deren Richtigkeit und Vollständigkeit er sich verlassen muss. Der Warenkatalog, der aus von Dritten zu beschaffenden Informationen besteht, ist hier beispielhaft zu nennen.
Haftung für fremde Inhalte
Der Apotheker, der über seine eigenen Informationen hinaus auch fremde Informationen über seine Internetseiten anbieten will, wird von den Haftungserleichterungen des Teledienstegesetzes nicht profitieren. Es beschränkt die Haftung solcher Anbieter, die Informationen weiterleiten oder bereithalten, die sie nicht kontrollieren und beeinflussen können.
Der Apotheker ist jedoch nicht bloß technischer Dienstleister, er bietet selbst Inhalte an. Die Frage, ob der Apotheker auch fremde Inhalte kontrollieren muss, stellt sich u. a. bei Diskussionsforen und ähnlichen Angeboten zum Austausch von Nutzern und beim Setzen so genannter Hyperlinks. Der Nutzer erkennt zwar, dass die Informationen nicht vom Apotheker selbst stammen, dennoch kann beim Nutzer der Eindruck entstehen, der Apotheker identifiziere sich mit diesen Informationen oder teile die durch sie wiedergegebenen Auffassungen.
Insbesondere Diskussionsforen sind eine potenzielle Gefahrenquelle für Rechtsverletzungen. Hier kommen nicht nur strafrechtlich relevante Eintragungen (z. B. Beleidigungen) in Betracht, sondern auch die Verletzung absoluter Rechte (z. B. Markenverunglimpfungen). Der Apotheker, der den Nutzern seiner Internetseite die Möglichkeit gibt, sich zu äußern, sollte sich jedenfalls deutlich und ausdrücklich von den Inhalten in diesem Diskussionsforum distanzieren. Soweit ihm die stichprobenartige oder eine darüber hinaus gehende Kontrolle der Einträge, beispielsweise in einem Forum oder einem Gästebuch, möglich und zumutbar ist, wird man diese allerdings auch verlangen können. Die alleinige Distanzierung genügt dann nicht. Erkennt der Apotheker einen rechtswidrigen Beitrag, muss er ihn löschen. Der Apotheker, der sein Forum moderiert, kontrolliert es und kann daher auch wegen rechtswidriger Inhalte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.
Auch Hyperlinks zu anderen Internetseiten können eine Haftung für fremde Inhalte begründen. Die Inhalte fremder Websites sind als fremde Inhalte, die nicht dem Verantwortungsbereich des Apothekers zuzurechnen sind, anzusehen, wenn sich der Apotheker deutlich und auf den jeweiligen Link bezogen distanziert. Ein allgemeiner Hinweis im Impressum oder an anderer, wenn auch zentraler Stelle ist ungenügend.
Inanspruchnahme des Apothekers
Der Apotheker, der in seiner Internetapotheke Informationen bereit hält, die den gesetzlichen Vorgaben widersprechen, ist zunächst zur Unterlassung verpflichtet. Es kommt nicht darauf an, ob er die Informationen vorsätzlich oder fahrlässig oder ohne Kenntnis einer Rechtsverletzung im Internet veröffentlicht hat.
Den Anspruch auf Unterlassung kann jeder geltend machen, der von der Rechtsverletzung betroffen ist. Darüber hinaus können auch qualifizierte Einrichtungen und Verbände, deren Zweck die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen ist, und die dieserhalb anerkannt sind, gegen rechtswidrige Informationen vorgehen. Das gilt auch und gerade für die Verletzung verbraucherschutzrechtlicher Vorschriften, wie das Unterlassungsklagengesetz klarstellt. Diese Einrichtungen und Verbände sind bei einem wettbewerbswidrigen Handeln auch berechtigt, den Gewinn, der aus dieser Handlung entstanden ist, abzuschöpfen.
Ein Unterlassungsanspruch wird zunächst durch eine Abmahnung geltend gemacht. In der Abmahnung sind die Verstöße konkret zu bezeichnen. Sind die Vorwürfe berechtigt, wird der Apotheker den Verstoß beseitigen und sich bei Meidung einer Vertragsstrafe verpflichten, die unzulässigen Handlungen zu unterlassen. Ein einmaliges rechtswidriges Handeln begründet eine Wiederholungsgefahr, die die Einleitung gerichtlicher Schritte ermöglicht. Die Unterwerfung unter die Vertragsstrafe beseitigt diese Wiederholungsgefahr. Ein erneuter Verstoß gegen die in der Abmahnung bezeichneten Handlungen löst die Vertragsstrafe aus.
Eine unberechtigte Abmahnung berechtigt den Apotheker zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen der Verletzung seines Rechts am Unternehmen. Verstößt der Apotheker vorsätzlich oder fahrlässig gegen die bestehenden Gesetze, so kann er zum Ersatz des hieraus entstandenen Schadens verpflichtet sein. In wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzungen kann ein Schaden nicht immer nachgewiesen werden. Für Schäden an der Gesundheit gilt das in der Regel nicht.
Der Schadensersatzanspruch setzt nicht nur voraus, dass ein Schaden entstanden ist, sondern auch, dass das rechtswidrige Tun für den eingetretenen Schaden ursächlich ist. Dieser Nachweis wird bei einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vom Betroffenen in der Regel zu führen sein. Es ist dann Aufgabe des Apothekers zu belegen, dass er seine Verpflichtungen erfüllt hat.
Internetapotheke: Informationen und Haftung
Wer im geschäftlichen Verkehr auftritt, ist immer dem Risiko ausgesetzt, berechtigt oder unberechtigt in Anspruch genommen zu werden. Dieses Risiko auszuschließen ist unmöglich, es lässt sich jedoch auf ein überschaubares Maß reduzieren. Mit der Nutzung des Internets zum Vertrieb von Arzneimitteln können auf den Apotheker neue Haftungsrisiken zukommen, die es zu erkennen und einzugrenzen gilt.
Haftungsrisiken sind wirtschaftlich soweit wie möglich in der Sphäre zu belassen, in der sie entstehen. Hierauf muss der Apotheker beim Abschluss von Verträgen mit Dritten, die Websites für ihn erstellen oder Informationen bereitstellen, achten. Darüber hinaus muss der Apotheker die von ihm bereitgestellten Informationen kontrollieren, und, soweit erforderlich, korrigieren oder ergänzen.
Will der Apotheker auf seinen Internetseiten Dritten eine Plattform zum Informations- und Meinungsaustausch geben, so wird es ihm nur in Ausnahmefällen nicht möglich sein, die Inhalte solcher Foren nicht in regelmäßigen Abständen zu kontrollieren und rechtswidrige Äußerungen zu löschen. Will der Apotheker auf externe Internetseiten verlinken, sollte er sich, um einer Inanspruchnahme wegen Rechtsverletzungen auszuweichen, von den Inhalten der fremden Internetseiten konkret distanzieren.
Begleitend zur Artikelserie finden Sie unter www.apobase.net ein Modell eines Internet-Versandshops für Apotheken. Der Mustershop bietet eine rechtlich kommentierte, vor allem aber visualisierte Auseinandersetzung mit den Regelungen über den Arzneimittelversand.
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