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DAZ aktuell
Meinung: Eine Vision für die Ausbildung
Der Beitrag der beiden Hochschullehrer wäre besser überschrieben gewesen mit "Woran krankt die Pharmazie in Deutschland?" Die Ausbildung an deutschen pharmazeutischen Instituten taugt nicht und die Forschung ebenso wenig – so die Quintessenz. Hierzu gäbe es einiges anzumerken, z. B. ob sich Forschung auf hohem Niveau an DFG-Anträgen messen lässt, oder ob man auf die klassische analytische Chemie verzichten kann.
Auch könnte man darüber philosophieren, ob man Beraten überhaupt an der Uni lernen kann. Die Antwort auf die eingangs gestellte Frage, was die Pharmazie zum Überleben braucht, bleiben die Autoren jedoch schuldig. Deshalb sei an dieser Stelle eine Vision entwickelt, wie die Ausbildung zum Apotheker/zur Apothekerin aussehen könnte:
Zukünftig gibt es in Deutschland an sieben bis zehn Hochschulen pharmazeutische Fachbereiche mit je ca. 1000 Studierenden, jeder Fachbereich ist mit mindestens 30 Hochschullehrern (C4, C3, Privatdozenten und Juniorprofessoren) ausgestattet. Idealerweise hat der Fachbereich Fakultätsstatus oder ist der medizinischen Fakultät zugeordnet. Die Universitäten haben bei der Auswahl ihrer Studentinnen und Studenten freie Hand, der Wunsch nach einem sicheren Teilzeitarbeitsplatz oder eine elterliche Apotheke sind allenfalls sekundäre Auswahlkriterien.
Das Grundstudium ist, wie von Klumpp und Krieglstein vorgeschlagen, an das der Mediziner und Humanbiologen angelehnt. Hinzu kommen die Grundlagen der pharmazeutischen Technologie und der modernen pharmazeutischen Analytik, während Anatomie und Histologie keine Schwerpunkte bilden.
Bereits im Grundstudium findet eine Vernetzung statt, Vorlesungen, Seminare und Praktika sind, wo immer möglich, mit anderen Fachbereichen gemeinsam zu absolvieren. Es besteht die Verpflichtung zu Famulaturen in öffentlicher Apotheke, Industrie, Krankenhaus und Forschung.
Im Hauptstudium folgt eine Vertiefung und teilweise Spezialisierung durch Wahlpflichtfächer, der Unterricht ist interdisziplinär, praxisorientiert und fördert kommunikative Fähigkeiten (Fallstudien, Projektarbeit, Referate, Forschungspraktika). Die fünf klassischen Fächer Pharmazeutische Chemie, Biologie, Technologie, Pharmakologie und Klinische Pharmazie bleiben erhalten, wobei die Inhalte selbstverständlich ständig zu aktualisieren sind.
So muss aus heutiger Sicht die Pharmazeutische Chemie beispielsweise die Biochemie und die instrumentelle Analytik, die Pharmazeutische Biologie die Molekularbiologie, Immunologie und Virologie abdecken. Durch Verpflichtung von externen Fachleuten, z. B. aus Industrie, Krankenhaus und auch Apotheke, die zu Themenschwerpunkten praxisorientierte Vorträge halten, wird ein hohes Maß an Praxisbezug hergestellt und den Studierenden die Identifikation mit dem zukünftigen Beruf erleichtert.
Dem Hauptstudium folgen drei Semester Praktikum, je ein Semester in der öffentlichen Apotheke und ein Semester in der Klinik (auf Station!) sind Pflicht. Letzteres dient überwiegend dem gegenseitigen Kennenlernen mit dem wichtigsten Partner in der späteren Zusammenarbeit, dem Arzt.
Für Absolventen mit wissenschaftlichen Ambitionen besteht die Möglichkeit, eine Diplomarbeit anzufertigen. Die Leistungen von Studierenden und Dozenten werden regelmäßig evaluiert, nicht jeder Studienanfänger muss auch approbiert werden und nicht jeder Dozent muss eine lebenslange Beschäftigungsgarantie haben.
Soviel zur Ausbildung. Jetzt brauchen wir nur noch eine Gesellschaft (vertreten durch die Politik), die ein klares Bekenntnis zum Apotheker als Arzneimittelfachmann und Vermittler im Dreieck Arzt, Patient und Medikament abgibt, eine Hochschule, die ihren Auftrag, diese Gesellschaft mit gut ausgebildeten Apothekern zu versorgen, akzeptiert, und nicht zuletzt brauchen wir Apothekerinnen und Apotheker, die selbstbewusst in der Apotheke stehen und sagen: "Ich kann beraten, ich darf beraten, und ich will beraten!"
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