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- DAZ 10/2004
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Arzneimittel und Therapie
Brustkrebs: Cyclin E – ein wichtiger neuer Prognosefaktor
Die Prognose einer Brustkrebspatientin hängt vor allem davon ab, ob ihre axillären Lymphknoten schon Metastasen enthalten. Allerdings erleidet ein Drittel der Patientinnen ohne Lymphknotenbefall ein Rezidiv, und ein Drittel der Patientinnen mit Lymphknotenbefall bleibt 10 Jahre nach lokoregionärer Behandlung rezidivfrei.
Cyclin E, ein Regulator des Zellzyklus
Ein Prognosefaktor mit hoher Zuverlässigkeit ist möglicherweise das Protein Cyclin E. Cyclin E reguliert den Übergang der Zelle von der G1-Phase mit starker RNA-Synthese und Proteinbiosynthese zur S-Phase, in der die DNA-Replikation stattfindet. Hohe Cyclin-E-Spiegel beschleunigen den Übergang.
In Brustkrebs-Zelllinien tritt das Cyclin-E-Gen häufig vermehrt auf (Genamplifikation = Vermehrung von normalerweise zwei auf bis zu einigen 1000 Kopien). Neben dem normalen Cyclin E mit einer relativen Molekülmasse von 50 000 bilden viele Brustkrebs-Zelllinien verkürzte Cyclin-E-Moleküle mit einer relativen Molekülmasse von 34 000 bis 49 000. Den niedermolekularen Cyclin-E-Isoformen fehlt das Amino-Ende.
Stärker als normales Cyclin E induzieren sie den Übergang in die S-Phase des Zellzyklus. Bisherige Studien zur prognostischen Bedeutung von Cyclin E kamen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Allerdings wurde hier in der immunhistochemischen Analyse ein Anti-Cyclin-E-Antikörper eingesetzt, der die niedermolekularen Isoformen nicht zuverlässig aufspürt.
Retrospektive Studie an 395 Tumorproben
In einer retrospektiven Studie in den USA wurden Brustkrebs-Gewebeproben von 395 Patientinnen einer Western-Blot-Analyse unterzogen. Der hierfür verwendete Anti-Cyclin-E-Antikörper, der gegen das C-Ende von Cyclin E gerichtet ist, kann sowohl normales als auch niedermolekulares Cyclin E aufspüren. Ein zentrales Labor stellte die Gewebeproben zur Verfügung. Sie stammten von Patientinnen, bei denen die Diagnose Brustkrebs in einem von 12 Krankenhäusern in der Region Chicago gestellt worden war.
Das Gewebe wurde außerdem mittels Western Blot auf Cyclin D1, Cyclin D3 und das HER-2/neu Onkogen untersucht. Eine Untergruppe von 256 Tumorproben wurde immunhistochemisch untersucht, wobei ein Antikörper gegen das C-Ende von Cyclin E verwendet wurde. Gesucht wurde nach Korrelationen zwischen der Konzentration der molekularen Marker einerseits und dem krankheitsspezifischen beziehungsweise Gesamtüberleben andererseits.
Überwiegend Tumorstadien I bis III
Die Patientinnen waren 29 bis 95 Jahre (durchschnittlich 64 Jahre) alt. 92% hatten einen Tumor im Stadium I, II oder III. Zwei Drittel aller Patientinnen und die Hälfte der Stadium-I-Patientinnen erhielten eine adjuvante Therapie. Nach durchschnittlich 6,4 Jahren Nachbeobachtung waren 121 Patientinnen (30,6%) verstorben.
Als niedrig galten Konzentrationen von normalem Cyclin E, niedermolekularem Cyclin E bzw. Gesamt-Cyclin-E, die die Konzentration in normalem Brustepithel nicht überschritten, hohe lagen darüber. Ein hoher Spiegel von niedermolekularem Cyclin E im Western Blot korrelierte stark mit dem krankheitsspezifischen Überleben, unabhängig davon, ob die axillären Lymphknoten von Metastasen befallen waren.
Klarer Zusammenhang insbesondere im Stadium I
Besonders deutlich war der Zusammenhang bei Tumoren im Stadium I: Von 114 Patientinnen mit einem solchen Tumor verstarben alle 12, die einen hohen Spiegel an niedermolekularem Cyclin E aufwiesen, innerhalb von 5 Jahren nach der Diagnose an Brustkrebs, dagegen keine der 102 Patientinnen mit niedrigem Spiegel.
In Multivarianzanalysen waren sowohl hohe Konzentrationen an Gesamt-Cyclin-E als auch hohe Konzentrationen an niedermolekularem Cyclin E im Western Blot (jedoch nicht die Konzentration an normalem Cyclin E) mit einer schlechten Prognose verknüpft:
Die Wahrscheinlichkeit, während der Nachbeobachtung an Brustkrebs zu versterben, war bei hohem im Vergleich zu niedrigem Gesamt-Cyclin-E verdreizehnfacht (Hazard Ratio 13,3) und bei hohem im Vergleich zu niedrigem niedermolekularem Cyclin E verdoppelt (Hazard Ratio 2,1). Demnach wäre Cyclin E ein besserer Prognosefaktor als beispielsweise Lymphknotenbefall, Tumorstadium oder Hormon-Rezeptorstatus (Tab. 1).
Die Ergebnisse der immunhistochemischen Untersuchung für Cyclin E wichen in 37% der Proben von den Ergebnissen des Western Blot ab, obwohl die verwendeten Antikörper auf dasselbe Epitop zielten. Der Grund ist noch unklar.
Wenn die Ergebnisse dieser Studie sich in einer prospektiven Studie bestätigen lassen, könnte Cyclin E bald als Prognosefaktor zur Anwendung kommen. Von der molekularen Einstufung des Tumors könnten insbesondere Patientinnen in frühen Krankheitsstadien profitieren, von denen viele eine toxische systemische Therapie ohne erkennbaren Nutzen bekommen.
Western Blot
Der Western Blot – auch Immunoblot genannt – dient der Identifizierung und Quantifizierung spezifischer Proteine in komplexen Proteingemischen. Dabei können einzelne Proteine aus Virus-Präparationen, Gesamt-Zell-Protein oder Gewebe-Lysaten nachgewiesen werden. Nach einer elektrophoretischen Auftrennung der Proteine nach ihrem Molekulargewicht werden sie auf ein Trägermaterial transferiert und immobilisiert.
Auf dieser Nitrozellulose-Membran erfolgt der Nachweis des Proteins mittels eines spezifischen Antikörpers, der sich an die jeweiligen Proteinbanden anlagert. Diese spezifische Bindung wird anschließend mit einem Zweitantikörper, der entweder radioaktiv markiert oder an ein Enzym (Peroxidase, Phosphatase etc.) gekoppelt ist, detektiert.
So könnte Cyclin E zur Metastasierung führen
Der Wirkungsmechanismus von Cylcin E und seinen Isoformen in der Metastasierung von Brustkrebs ist nicht endgültig geklärt. Folgende Vorgänge könnten eine Rolle spielen:
- Die Überexpression von Cyclin E in Epithelzellen der weiblichen Brust verursacht eine Chromosomen-Instabilität.
- Cycin-E-Isoformen entstehen durch proteolytische Spaltung. Da verschiedene Proteasen an der Metastasierung von Brustkrebs beteiligt sind, könnten die verkürzten Cyclin-E-Moleküle Ersatzmarker für einen anderen biologischen Vorgang sein, der direkt mit der Metastasierung zusammenhängt.
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