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Rezeptfreie Arzneimittel: Pharmaindustrie beklagt Umsatzeinbruch
Dagmar Wald-Eßer vom Institut für Medizinische Statistik IMS Health präsentierte auf einer Pressekonferenz des BPI erste Zahlen zur Entwicklung des Arzneimittelmarkts in diesem Jahr. Festzustellen sei, dass die Umsatzrückgänge bei OTC-Präparaten im Markt der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) überproportional seien.
Während im Dezember letzten Jahres bei den rezeptfreien Arzneimitteln gegenüber dem Vorjahresvergleichsmonat ein Plus von 28,6 Prozent auszumachen war, ging der Umsatz im Januar 2004 im Vergleich zum Januar 2003 um 54,1 Prozent zurück (im gesamten Jahr 2004 war der OTC-Umsatz um 2,5 Prozent gegenüber 2003 zurück gegangen). Dies belege, dass der ganze Markt rückläufig sei und nicht nur Vorzieheffekte ausgeglichen werden, erklärte Wald-Eßer.
Deutlich sei der Rückgang auch an den abgegebenen Packungszahlen zu sehen: Im Dezember 2003 wurden lediglich 13,5 Prozent mehr OTC-Präparate verschrieben als im Jahr zuvor, im Januar 2004 waren es 58,8 Prozent weniger als im Vorjahr. Besonders betroffen sind Homöopathika und Phytopharmaka, hier gingen die Verordnungsanteile am GKV-Gesamtmarkt um mehr als die Hälfte zurück.
Ärzte wurden falsch informiert
Wegener wies darauf hin, dass der Gesetzgeber ausdrücklich eine Übergangsfrist bis zum 31. März beschlossen habe, in der nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel auch weiterhin zu Lasten der GKV verordnet werden dürfen. Schuld am dennoch zu spürenden Einbruch seien vor allem Falschinformationen.
So hätten einige Kassenärztliche Vereinigungen ihre Ärzte angehalten, schon seit Beginn des Jahres keine OTC-Präparate mehr zu verordnen – obwohl die Kassenärztliche Bundesvereinigung und das Bundesgesundheitsministerium immer wieder auf die Übergangsregelung hingewiesen haben. Auch habe manche Praxissoftware beim Anklicken rezeptfreier Medikamente "nicht erstattungsfähig" angezeigt. Letzteres sei mittlerweile auf Intervention des BPI geändert worden.
Der BPI-Vorsitzende warf dem Gesetzgeber schwere Fehler bei der Umsetzung des Reform-Gesetzes vor, durch den die Arzneimittelhersteller nachhaltig beschädigt worden seien. Er forderte zudem, den derzeit in der Ausarbeitung befindlichen Ausnahmekatalog für weiterhin erstattungsfähige nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel "erheblich auszuweiten". Die Erstattung von pflanzlichen, homöopathischen und anthroposophischen Arzneimitteln müsse aufrecht erhalten bleiben.
Wegener: "Kranke Menschen haben ein Recht auf die individuell bestmögliche Behandlung. Deshalb muss die Arzneimittel-Vielfalt erhalten bleiben." Der BPI-Vorsitzende erklärte weiterhin, das Heilmittelwerbegesetz (HWG) müsse gelockert werden, damit Patienten besser über rezeptfreie Arzneimittel informiert werden könnten. Insbesondere müsse die Krankheitsliste zu §12 HWG gestrichen werden.
Zuviel geleistete Rabatte: BPI sucht Gespräch mit der Regierung
Der BPI forderte zudem einen Stopp des 16-prozentigen Herstellerrabatts für Arzneimittel in diesem Jahr. "Wenn die von der Politik angepeilte Größenordnung erreicht ist, muss der Rabatt ausgesetzt werden", verlangte Wegener. Überdies sei der in 2003 von den Arzneimittelherstellern in Deutschland zu viel gezahlte Rabatt mit den Rabattzahlungen dieses Jahres zu verrechnen.
Der Gesetzgeber habe 2003 ein Rabattvolumen von 420 Mio. Euro gewünscht, tatsächlich hätten die Unternehmen 640 Mio. Euro Nachlass gewährt. Die "zu viel entrichteten 220 Mio. Euro" sollten von der für 2004 angesetzten Milliarde abgezogen werden, meinte Wegener. Der Verband "erwäge", die über das anvisierte Sparvolumen hinausgehenden Rabatte seiner Mitgliedsunternehmen auf Sperrkonten abzuführen. Allerdings hoffe er, dass man zuvor "die Regierung an den Tisch rufen" könne, so der BPI-Vorsitzende.
Der Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums Klaus Vater zeigte für die Forderungen wenig Verständnis und wies sie mit knappen Worten zurück: "Das kommt nicht in die Tüte".
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) hat eine erste Bewertung der Gesundheitsreform seit deren Inkrafttreten vorgenommen: Der "massive Einbruch" beim Absatz von OTC-Präparaten im Januar dieses Jahres könne nicht mehr nur mit dem Ausgleich von Vorzieheffekten aus dem Dezember 2003 erklärt werden, betonte der BPI-Vorstandsvorsitzende Dr. Bernd Wegener am 8. März in Berlin. Zudem erneuerte der Verband seine Forderung, die im Rahmen des Beitragssatzsicherungsgesetzes zuviel geleisteten Rabatte von dem für 2004 vorgesehenen Rabattvolumen abzuziehen.
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