DAZ aktuell

Hamburger Kurierkonzept verstößt gegen diverse Rechtsnormen

HAMBURG (tmb). Das Landgericht Hamburg bestätigte in einem Urteil vom 10. Februar seine einstweilige Verfügung gegen die Ärztegenossenschaft Hamburg, die das Gericht bereits am 14. Januar erlassen hatte (s. a. DAZ Nr. 4/2004, S. 46). Der Genossenschaft wurde untersagt, ein Konzept zu bewerben und durchzuführen, bei dem ein Arzneikurierdienst die Praxisgebühr der Patienten übernimmt, wenn diese ihre Arzneimittel über den Kurierdienst beziehen. Zu seiner jüngsten Entscheidung lieferte das Gericht nun auch eine umfassende Begründung. Demnach ist die Rechtslage offensichtlich nicht strittig, sondern das zuvor mit großem Medienaufwand propagierte Kurierkonzept verstößt gegen eine Vielzahl von Rechtsnormen. Die klaren Aussagen des Gerichtes dürften auch mögliche Nachahmer in anderen Bundesländern abschrecken.

Adressat des Urteils und der einstweiligen Verfügung ist die Ärztegenossenschaft Hamburg, der etwa 200 Allgemeinmediziner angehören. Bei den teilnehmenden Ärzten wurde den Patienten angeboten, Lieferverträge abzuschließen. Daraufhin sollten die Ärzte die Rezepte an den Hamburger Arzneimittelkurier faxen. Dieser würde die Patienten beliefern und dem Arzt innerhalb von 14 Tagen die Praxisgebühr bezahlen.

Bereits aufgrund der einstweiligen Verfügung vom 14. Januar ist eine solche Vorgehensweise bzw. die Werbung hierfür mit einem Ordnungsgeld von bis zu 250 000 Euro oder Ordnungshaft bis zu zwei Jahren bedroht. Durch die neueste Entscheidung wird auch eine Firmierung des Kurierdienstes als Arznei Kurier Hamburg GmbH erfasst, da die genaue Firmierung auch vom Gericht nicht aufgeklärt werden könne.

Unzulässige Absprache und Rezeptzuführung

Das Geschäftskonzept verstößt nach Auffassung des Gerichtes gegen § 11 a oder § 11 (1) ApoG, je nach den Details des Lieferablaufes. Falls der Kurierdienst selbst als Apotheke tätig sein sollte, würden ihm sowohl die Apothekenbetriebserlaubnis als auch die Versandhandelserlaubnis fehlen.

Sollte der Kurier selbst keine Apothekengeschäfte betreiben, würde die Vermittlung der Patienten durch die teilnehmenden Ärzte noch immer gegen § 11 (1) ApoG verstoßen, nach der Ärzte keine Rechtsgeschäfte zur Zuführung von Patienten vornehmen dürfen. Für die Anwendung dieser Norm sei es unschädlich, dass die Absprache formal mit der Genossenschaft der Ärzte erfolge.

Da die maßgeblichen Tätigkeiten in den Praxen stattfänden, müssten sich die Ärzte diesen Vertrag mit der Genossenschaft zurechnen lassen. Auch die Vorschaltung eines Kurierdienstes dürfe den Gesetzeszweck nicht umgehen.

In die gleiche Richtung ziele das Verbot in § 34 (5) der Berufsordnung der Hamburger Ärzte. Demnach dürften Ärzte ihre Patienten nicht ohne hinreichenden Grund an bestimmte Anbieter von gesundheitlichen Leistungen verweisen. Ein hinreichender Grund sei hier für das Gericht nicht erkennbar und könne allenfalls in Ausnahmefällen bestehen, aber nicht im Regelfall. Daher dürfe weder die Werbung für einen solchen Kuriervertrag noch der Abschluss bei einem Arzt erfolgen.

Außerdem verstoße das Geschäftskonzept gegen § 24 (1, 2) ApBetrO. Demnach dürfen Rezepte nur in genehmigten Rezeptsammelstellen gesammelt werden. Hier liegt eine solche Genehmigung nicht vor. Zudem dürfen Rezeptsammelstellen nicht bei Angehörigen der Heilberufe unterhalten werden.

Gesetzgeber wollte keine Patientenentlastung

Schließlich verstoße das Konzept auch gegen die gesetzgeberische Intention bei der Einführung der Praxisgebühr gemäß § 28 (4) SGB V. Die Patienten sollten durch die Gebühr dazu angehalten werden, wegen einer Krankheit nicht ohne Überweisung mehr als einen Arzt der gleichen Fachrichtung aufzusuchen.

Zweck der Gebühr sei in erster Linie nicht, der Krankenkasse diese Beträge zuzuführen, sondern die durch überflüssige Arztbesuche entstehenden wesentlich höheren Kosten zu vermeiden. Dieser Zweck lasse sich aber nicht realisieren, wenn der Kurier die Gebühr übernimmt.

Das Konzept verstoße somit gegen wettbewerbsbezogene Gesetze, die zudem Gemeinschaftsgüter schützen. Dies stelle einen Sittenverstoß im Sinne des § 1 UWG dar, der den Beteiligten einen unlauteren Vorsprung im Wettbewerb verschaffe.

Freude bei den Apothekern

Auftraggeber des antragstellenden Wettbewerbsverbandes war der Hamburger Apothekerverein. Dessen Vorsitzender, Dr. Jörn Graue, zeigte sich sehr erfreut über das Urteil, dessen ausführliche Begründung für sich spreche. Von welcher rechtlichen Seite das Geschäftsmodell des Kurierdienstes auch betrachtet werde, komme das Gericht stets zum gleichen Ergebnis.

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