Arzneimittel und Therapie

Androgenetische Alopezie: Minoxidil jetzt auch für Frauen zugelassen

Seit September 2000 ist Minoxidil (Regaine®) in Deutschland als fünfprozentige Lösung zur Behandlung der androgenetischen Alopezie bei Männern zugelassen. Mit der Einführung einer zweiprozentigen Minoxidil-Lösung für Frauen (Regaine® Frauen) hat Pfizer Consumer Healthcare zum 1. März nun eine Behandlungslücke geschlossen. Denn Haarausfall ist nicht nur Männersache. Bis zu 30 Prozent aller Frauen sind ebenfalls davon betroffen Ų und haben einen weitaus größeren Leidensdruck als die Männer.

In der dermatologischen Praxis ist Haarausfall ein häufig auftretendes Thema. Etwa jeder zweite Mann und jede dritte Frau leiden unter Haarverlust, dünner werdendem Haar oder einer Verschlechterung der Haarqualität. In den meisten Fällen sind die Probleme genetisch bedingt, man spricht von der androgenetischen Alopezie.

Die genauen Ursachen für diese Form des Haarausfalls sind noch nicht vollständig bekannt. Man weiß jedoch, dass die androgenetische Alopezie nicht auf eine Überproduktion von Androgenen zurückzuführen ist, sondern vielmehr eine Art Überempfindlichkeit der Haarfollikel auf Androgene darstellt. Eine Rolle spielt dabei das Enzym Aromatase in den Haarfollikeln.

Ist die Aktivität dieses Enzyms zu gering, werden nicht genügend Androgene in Estrogene umgewandelt, und die genetische Veranlagung zur Alopezie wird "sichtbar". Es kommt zu einer Veränderung des Haarwachstums (s. Kasten) in der Art, dass die Anagenphase immer kürzer und der Haarzyklus schneller wird. Die Haarfollikel schrumpfen, die Haare werden zunächst immer feiner (anstelle der dicken Terminalhaare wird nur noch dünnes, überwiegend unpigmentiertes Wollhaar gebildet), schließlich sterben die Haarfollikel ab und es können keine neuen Haare mehr gebildet werden.

Geheimratsecken beim Mann, lichter Scheitel bei der Frau

Die Ursachen der androgenetischen Alopezie sind bei Männern und Frauen dieselben. Das Erscheinungsbild ist jedoch unterschiedlich: Während sich die androgenetische Alopezie bei Männern vor allem durch eine "höher" werdende Stirn oder kahle Stellen am Hinterkopf bemerkbar macht, erscheint sie bei Frauen in der Regel als Ausdünnung des Haarbestands im Mittelscheitelbereich.

Auch sind meist nicht alle Haarfollikel einer Kopfhautregion bei Frauen betroffen, sondern immer nur ein Teil. Wirklich kahle Stellen treten deshalb nur sehr selten auf. Für die Betroffenen ist dies allerdings nur ein schwacher Trost. Das dünner werdende Haar beeinträchtigt die meisten Frauen erheblich in ihrer Lebensqualität. Während bei Männern eine Glatze gesellschaftlich mehr oder weniger akzeptiert ist und vielfach sogar als "sexy" bezeichnet wird, sind dünne, lichte Haare bei einer Frau ein eindeutiger Makel.

Minoxidil als neue Therapieoption

Vorbeugen kann frau dem erblich bedingten Haarausfall bislang leider nicht. Therapeutisch stehen zur Behandlung der androgenetischen Alopezie für Frauen z. B. topische Estrogenpräparate zur Verfügung. Systemisch können Antiandrogene eingesetzt werden. Ein Therapieerfolg ist allerdings nur dann zu erwarten, wenn tatsächlich ein Androgenüberschuss vorliegt. Dies ist nur bei wenigen Frauen der Fall. Wird eine Antikonzeption gewünscht, kann auch eine Pille mit antiandrogenen Eigenschaften eingenommen werden.

Seit Anfang März steht als weitere Option nun auch das bislang nur für Männer zugelassene Minoxidil für Frauen zur Verfügung. Die ursprünglich als Antihypertensivum entwickelte Substanz wurde in mehreren Studien auf Wirksamkeit und Sicherheit bei Frauen untersucht. Als optimale Konzentration stellte sich dabei eine zweiprozentige Lösung heraus.

Die bei Männern eingesetzte fünfprozentige Lösung hatte in den Studien bei Frauen gegenüber der zweiprozentigen Lösung keine Vorteile. Bei 80 Prozent der behandelten Frauen zeigte Minoxidil eine positive Wirkung. Es konnte das Fortschreiten des Haarausfalls bremsen, die Haare stärken und das Wachstum des Terminalhaars fördern. Die häufigsten unerwünschten Wirkungen waren in den Studien Hautirritationen.

Systemische Wirkungen traten aufgrund der geringen Resorption von Minoxidil nur sehr selten auf. Aufgrund der mangelnden Studienlage ist Minoxidil für schwangere und stillende Frauen kontraindiziert.

Die Behandlung so früh wie möglich beginnen

Da der Haupteffekt von Minoxidil im Stoppen des Haarausfalls liegt, sollte mit der Behandlung so früh wie möglich begonnen werden. Die Lösung wird zweimal täglich aufgetragen, ein Effekt ist frühestens nach drei bis vier Monaten zu erwarten. Stellt sich innerhalb von acht Monaten kein Behandlungserfolg ein, sollte die Therapie abgebrochen werden. Ist sie jedoch erfolgreich, stellt Minoxidil eine Dauertherapie dar. Bei Absetzen der Therapie ist damit zu rechnen, dass der Haarausfall nach einigen Monaten wieder fortschreitet.

Seit September 2000 ist Minoxidil (Regaine) in Deutschland als fünfprozentige Lösung zur Behandlung der androgenetischen Alopezie bei Männern zugelassen. Mit der Einführung einer zweiprozentigen Minoxidil-Lösung für Frauen (Regaine Frauen) hat Pfizer Consumer Healthcare zum 1. März nun eine Behandlungslücke geschlossen. Denn Haarausfall ist nicht nur Männersache. Bis zu 30 Prozent aller Frauen sind ebenfalls davon betroffen – und haben einen weitaus größeren Leidensdruck als die Männer.

Die drei Phasen des Haarwachstums

Die Wiege der Haare sind die Haarfollikel. Sie werden bereits beim Fötus gebildet, von außen über ein Netzwerk aus Blutgefäßen und Nervenfasern ernährt und im Innern mit haarbildenden Zelltypen ausgestattet. Das Haarwachstum ist ein zyklischer Prozess, bestehend aus Wachstumsphase (Anagenphase), Übergangsphase (Katagenphase) und Ruhephase (Telogenphase).

Ca. 90 Prozent des Kopfhaares befindet sich in aktivem Wachstum. Die Anagenphase eines Haares dauert etwa vier bis sechs Jahre. In dieser Zeit werden unentwegt Keratinzellen produziert. Die durchschnittliche Wachstumsgeschwindigkeit eines Anagenhaares beträgt 0,35 mm/Tag oder ca. 1 cm/Monat. Nach Ablauf der Wachstumsphase kommt es innerhalb eines Zeitraums von ein bis zwei Wochen zu Umbauvorgängen in der Haarwurzel.

Die Haarwurzel stellt während dieser Übergangsphase die Zellteilung ein und Blut- und Nervengefäße werden vom Haar abgekoppelt. Das Haar wird in Richtung Kopfhautoberfläche verschoben. In der anschließenden etwa neunmonatigen Telogenphase bleiben die Haare ohne Aktivität in den obersten Schichten der Kopfhaut und fallen beim Kämmen und Waschen nach und nach aus.

Die Ludwig-Skala

Der Schweregrad des Haarausfalls wird mit der so genannten Ludwig-Skala klassifiziert. Nach dieser Skala gibt es drei Stadien des Haarausfalls: Stadium I ist definiert als wahrnehmbares Dünnerwerden der Haare im Scheitelbereich.

Im Stadium II kommt es zu einem deutlichen Ausdünnen der Haare im und um den Scheitelbereich.

Stadium III beschreibt eine ausgeprägte Haarlichtung bzw. den annähernd vollständigen Haarverlust in weiten Teilen der Scheitelregion. Frauen mit Ludwig-Ausfallmuster Grad III sind allerdings selten.

Zum Weiterlesen: Haarverlust. Eine Übersicht über mögliche Ursachen. Med Monatsschr Pharm 2000;23(10):316-22. www.deutscher-apotheker- verlag.de/MMP

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