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- DAZ 13/2004
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Arzneimittel und Therapie
Fortgeschrittenes Mammakarzinom: Erstes reines Antiestrogen Fulvestrant zugelass
Die erteilte Zulassung gilt für postmenopausale Patientinnen mit estrogenrezeptorpositivem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Brustkrebs bei einem Rezidiv unter oder nach adjuvanter Antiestrogen-Therapie bzw. bei Progress unter der Behandlung mit einem Antiestrogen.
Grundlage des Zulassungsverfahrens sind die Daten zweier Phase-III-Studien, in denen die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Fulvestrant gegen Anastrozol bei postmenopausalen, hormonrezeptorpositiven Frauen mit Progress unter Therapie mit einem Antiestrogen gestestet wurde. Dabei zeigte sich Fulvestrant ebenso wirksam wie Anastrozol. Die Zeit des Ansprechens unter Fulvestrant war mit median 16,7 Monaten höher als unter Anastrozol mit median 13,7 Monaten. Beide Substanzen waren gut verträglich.
Vollständige Blockade des Estrogenrezeptors
Fulvestrant gehört zu einer neuen Wirkstoffklasse, den reinen Estrogen-Rezeptorantagonisten. Es unterscheidet sich in seinem Wirkmechanismus von den selektiven Estrogen-Rezeptormodulatoren (SERM) wie Tamoxifen. Im Gegensatz zu Tamoxifen weist es keine Estrogen-agonistischen Eigenschaften auf.
Die steroidale Grundstruktur des Wirkstoffs führt zu einer guten Bindung an den Rezeptor. Die Bindungsaffinität ist dabei deutlich höher als die von Tamoxifen. Durch eine lange Seitenkette verhindert Fulvestrant notwendige Konformationsänderungen des Rezeptors und blockiert damit die Aktivierung der Transkriptions-Aktivierungsfaktoren AF-1 und AF-2.
Durch diesen Prozess wird eine vollständige Deaktivierung des Estrogenrezeptors erreicht – im Gegensatz zu Tamoxifen, das noch eine geringe Rezeptorwirkung ermöglicht (partieller Agonismus). Nachdem Estrogen an den Rezeptor gebunden hat, muss sich dieser mit einem anderen Rezeptor verbinden (Dimerisierung), um voll aktiv werden zu können. Diese Rezeptordimerisierung wird durch Fulvestrant zusätzlich verhindert. Der Fulvestrant-Rezeptor-Komplex ist instabil und wird deshalb beschleunigt abgebaut. In der Folge kommt es zu einem schnelleren Abbau der Rezeptoren im Gewebe (Downregulation).
Hohe klinische Effektivität und gute Verträglichkeit
Fulvestrant ist ebenso wirksam wie Anastrozol, dem Standard für das fortgeschrittene Mammakarzinom. In zwei internationalen klinischen Studien mit insgesamt 851 postmenopausalen Frauen, die bereits gegen Brustkrebs mit Tamoxifen vorbehandelt und progredient geworden waren, wurde Fulvestrant mit Anastrozol verglichen. 43% der Patientinnen reagierte auf die Behandlung mit Fulvestrant mit einem klinischen Ansprechen.
Die Dauer des Ansprechens und das Überleben waren unter Fulvestrant- und Anastrozol-Behandlung ebenfalls vergleichbar gut. Auch in der prognostisch ungünstigen Gruppe mit viszeralen Metastasen erzielte Faslodex® noch ein klinisches Ansprechen von über 49%. Für die prognostisch günstigeren Knochenmetastasen lag der Therapieerfolg sogar bei 60%. Die Verträglichkeit ist mit dem Nebenwirkungsprofil von Anastrozol vergleichbar und bietet mit Blick auf mögliche Gelenkbeschwerden noch zusätzliche Vorteile.
Therapiesicherheit durch Monatsinjektion
Das hormonrezeptorpositive Mammakarzinom macht mit 70 bis 80 Prozent den weitaus größten Teil der Brustkrebserkrankungen nach den Wechseljahren aus. Obwohl in den vergangenen Jahrzehnten Behandlungserfolge in Operation und Diagnostik erzielt werden konnten und hocheffektive Antihormon- und Chemotherapien erforscht und eingesetzt wurden, entwickelt noch ein großer Teil der Brustkrebspatientinnen Metastasen.
In diesem Krankheitsstadium besteht nur eine geringe Heilungschance und der Krebs hat die Eigenschaft adaptiert, auf neue Behandlungen schnell resistent zu werden. In dieser Situation werden verträgliche und effektive endokrine Therapien eingesetzt, die Möglichkeiten aufeinander folgender Therapieschritte sind allerdings beschränkt.
Einen großen Fortschritt haben hier bereits die nicht-steroidalen Aromatasehemmer wie Anastrozol gebracht. Mit Fulvestrant steht jetzt eine weitere endokrine Option zur Verfügung: Es ermöglicht aufgrund fehlender Kreuzresistenzen zu anderen Antiestrogenen und Aromataseinhibitoren noch einen nachfolgenden dritten Therapieschritt.
Faslodex® steht als einfach zu verabreichende Fertigspritze zur Verfügung und wird einmal monatlich intramuskulär injiziert. Diese Applikation bringt mehrere Vorteile für die Compliance mit sich. Die Patientinnen werden nicht durch tägliche Medikamenteneinnahme mit ihrer Krankheit konfrontiert; ebenso sind weder bewusstes Auslassen noch Vergessen der Einnahme ein Problem. Schließlich ist für die Patientin der monatliche Kontakt mit dem behandelnden Arzt von Vorteil; der Arzt wiederum erhält bessere Möglichkeiten zur Therapiekontrolle. ck
Fulvestrant (Faslodex), der erste reine Estrogenrezeptor-Antagonist ohne agonistische Wirkung, ist jetzt EU-weit zugelassen worden, wie AstraZeneca mitteilte. Damit steht ab sofort auch in Deutschland ein auf einem neuen Wirkkonzept beruhender Therapieschritt in der endokrinen Behandlung des Mammakarzinoms zur Verfügung. Bei vielen Betroffenen kann so eine mögliche oder notwendige Chemotherapie hinausgezögert und eine zusätzliche progressionsfreie Zeit bei Erhaltung einer möglichst guten Lebensqualität erreicht werden.
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