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Ausstellung: "Vom Drachenkopf zum Saufisch"
Drachenkopf, Saufisch und andere Naturalia zierten einst die "Apotheke zum Goldenen Löwen" in Leipzig. In der heutigen Grimmaischen Straße trugen drei Mitglieder der Familie Linck nicht nur eine der interessantesten und wertvollsten Sammlungen ihrer Zeit zusammen. Als Universalgelehrte machten sich die Apotheker auch um die Wissenschaft verdient.
Zwar erwarb Fürst Otto Victor I. von Schönburg-Waldenburg 1841 das Lincksche Erbe und verbrachte es nach Waldenburg an der Zwickauer Mulde. Doch nun sind etwa 150 von rund 8000 Objekten vorübergehend wieder im Ursprungsort der Sammlung zu sehen.
Objekte aus drei Naturreichen
1671 pachtete der aus Danzig stammende Heinrich Linck (1638 – 1717) die Leipziger Löwen-Apotheke und wurde 1686 ihr Eigentümer. Wie auch andere Apotheker in Universitätsstädten hatte er die Aufgabe, in seiner Offizin den Medizinstudenten der Leipziger Universität die offizinellen Arzneidrogen vorzulegen.
Sein Sohn Johann Heinrich Linck der Ältere (1674 – 1734) folgte ihm 1710 nach. Er hatte zuvor auf ausgedehnten Reisen die Bekanntschaft bedeutender Wissenschaftler – darunter der Niederländer Albert Seba, der Danziger Jacob Theodor Klein und die Briten Hanns Sloane und John Woodward – gemacht, korrespondierte mit ihnen und tauschte mit ihnen Naturalien aus.
Linck vergrößerte aber insbesondere durch Ankäufe seine Sammlung, die er in Caspar Friedrich Neickels "Museographia", 1727, beschrieb: "Meine Collection von Naturalien besteht aus dreyen Regnis." Das "Regnum animale" umfasste 800 Gläser mit "allerhand in Spiritu balsamico conservirten Animalien".
Die Konservierungsmethoden hatte er teilweise selbst entwickelt. In seiner anatomischen Sammlung mit menschlichen Frühgeburten und Missbildungen hatte er unter anderem "16 Embryones von differenter Grösse und Alter von 2 Monaten" zusammengetragen.
Sein Herbar (im weiteren Sinne) enthielt "viele Exotica von Wurtzeln und Kräutern, Gummata, Aromata, Fructus" und andere Belege sowie "viele Sorten von Corallen-Gewächsen, worunter 2 schöne grosse rothe Corall-Zincken" zu finden waren (Korallen zählten damals zum Pflanzenreich).
Ebenso reich bestückt war das Regnum minerale: "Agt-Stein (Bernstein), bei welchen allerhand eingeschmolzene Insecta und aus Succino verfertigte Sachen, als Brenn-Glas, Sand-Uhr, Toback-Dosen" sowie Fossilien wie "ein halber gegrabener Elephanten-Kopff aus Jakutzky Ostroff aus Sibirien".
Wissenschaftliche Forschungen
Ferner erwarb Johann Heinrich Linck d. Ä. viele technische Instrumente, mit denen er die Geheimnisse der Natur zu ergründen hoffte, so beispielsweise ein Sonnenmikroskop, eine Würfelsonnenuhr sowie einen Gärtnerschen Brennspiegel, "mit welchem auch, nur durch Vorhaltung einer glühenden Kohle und Sonne auf eine ziemlich weite Distanz ein Licht angezündet werden kann".
Er züchtete auch Schmetterlinge und stellte in dem Werk "De stellis marinis", 1733, die noch heute gültige Grundklassifizierung der Seesterne auf. 1722 wurde er Mitglied der Kaiserlich Leopoldinisch-Carolinischen Akademie der Naturforscher, der heutigen Leopoldina in Halle. Später wurde er auch in die Royal Society in London sowie in die Akademie der Wissenschaften in Bologna aufgenommen.
Sein posthum geborener Sohn Johann Heinrich Linck der Jüngere (1734 – 1807) führte die Apotheke und die Sammlung in dritter Generation fort. Er kaprizierte sich zusehends auf "Kunstsachen", also handwerklich oder künstlerisch wertvolle Erzeugnisse aus Naturalien. Ab 1770 gehörte er ebenfalls der Akademie der Naturforscher an, und zwischen 1783 und 1787 erschien sein dreibändiger "Index Musaei Linckiani".
Darin befassen sich die Autoren beispielsweise mit analytischen Verfahren und erklären die klassische Elementaranalyse mit Liebigs Fünf-Kugel-Apparat ebenso wie die modernen chromatographischen und spektrometrischen Verfahren. Neben der technischen Chemie bildet die Landwirtschaft in Vergangenheit und Gegenwart einen Schwerpunkt des Buches. Dabei geht es auch um Arzneipflanzen und ihre Verarbeitung zu Phytopharmaka, die am Beispiel von Kamille und Artischocke ausführlich abgehandelt wird. cae
Justus Liebig: Seine Zeit und unsere Zeit. 288 Seiten, farbig illustriert, 18,– Euro. Justus-Liebig-Universität, Gießen 2003. ISBN 3-9808949-1
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