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Die Rosetta-Mission
Mehr als zehn Jahre wird die Mission zum Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko dauern. Allein die Anreise ist eine ausgeklügelte Sache. Zwei Stunden nach dem Start im Raumfahrtzentrum Kourou in Guayana hatte die Rakete Ariane-5 die Sonde Rosetta aus dem Schwerefeld der Erde gehoben und weitere 18 Minuten später ausgesetzt.
Nun wird Rosetta vom Raumflugkontrollzentrum der ESA in Darmstadt (ESOC) zum angepeilten Kometen gelenkt. Die nächsten acht Monate werden die Bordsysteme überprüft und die Instrumente geeicht. Im März 2005 fliegt Rosetta wieder an der Erde vorbei und holt Schwung für die Reise zum Mars. Von dort geht es zurück Richtung Erde.
Mit dem zweiten Vorbeiflug holt die Sonde Schwung und taucht in den Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter ein. Der dritte Vorbeischwung an der Erde wird Rosetta in die Umlaufbahn des Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko bringen. Mitte 2011 fliegt sie in 800 Millionen Kilometer Entfernung an der Sonne vorbei und justiert ihren Kurs endgültig auf den Kometen (Tab. 1).
Ersatzkomet 67P/Tschurjumow-Gerassimenko
Ursprünglich sollte der Komet 46P/Wirtanen angeflogen werden. Eine Startverschiebung machte den Wechsel zum Kometen Tschurjumow-Gerassimenko (Churyumov-Gerasimenko) notwendig, was die Mission um etwa drei Jahre verlängert. Wie Wirtanen gehört er zu den kurzperiodischen Kometen.
Der Astronom Klim Tschurjumow von der Universität Kiew (Kyiv) hatte ihn 1969 in Almaty (Kasachstan) entdeckt, als er Photographien seiner Kollegin Svetlana Gerassimenko in Duschanbe (Tadschikistan) auswertete.
Nach dem Einschwenken in die Umlaufbahn wird Rosetta den Kometen ständig umkreisen (Orbiter). Zuerst wird sie ihn kartieren und einen geeigneten Platz für das Landegerät namens Philae suchen; es ist ein dreibeiniger, annähernd würfelförmiger Körper mit etwa 1 Meter Kantenlänge und einer Masse von 100 Kilogramm, die auf der Kometenoberfläche allerdings nur wenige Gramm wiegt.
Philae muss sich dem Kometenboden im Schritttempo nähern, denn ein starker Aufprall würde es unweigerlich ins All zurückschleudern. Sofort nach der Landung werden es Harpunen im Grund verankern. Philae wird die Oberfläche und den unmittelbaren Untergrund ein ganzes Jahr lang analysieren und seine Daten zu Rosetta senden, die den Kometen ihrerseits permanent beobachtet.
Von dort werden alle Erkundungsdaten zur Erde gefunkt. Der Plan, mit der Raumsonde Kometenmaterie zur Erde zu bringen, musste aus technischen und finanziellen Gründen schon früh verworfen werden.
Kometen stören die Ordnung
Kometen oder Haarsterne (griech. kome = Haar) galten früher als Unglücksboten, da sie mit ihren scheinbar chaotischen Bahnen angeblich die kosmische Ordnung störten. Auch Hale-Bopp brachte Unglück, als er im März 1997 am Himmel auftauchte: Eine kleine amerikanische Sekte erhoffte sich Erlösung von dem Kometen, und ihre Mitglieder brachten sich kollektiv um.
Bereits im 18. Jahrhundert gelang es auf der Grundlage der Newtonschen Gravitationstheorie und der Keplerschen Gesetze, Kometenbahnen zu berechnen. Anhand ihrer Bahnen unterscheiden sich lang-, kurz- und nichtperiodische Kometen.
- Langperiodische Kometen fliegen auf Ellipsen, die weit über den Pluto hinausreichen und deren Umlaufzeit viele Tausend Jahre betragen kann.
- Kurzperiodische Kometen umrunden die Sonne in drei bis 200 Jahren. Häufig wurden sie von der Anziehungskraft des Jupiters aus einer anderen Bahn geworfen und bleiben nun in seinem Einflussbereich; etwa 70 Kometen gehören mit Tschurjumow-Gerassimenko zur Jupiterfamilie. Auch Saturn, Uranus und Neptun besitzen kleine Kometenfamilien.
- Die nichtperiodischen Kometen fliegen auf offenen Parabel- oder Hyperbelbahnen.
Wahrscheinlich sind die Kometen zwischen Saturn und Uranus entstanden und von dort in den Kuipergürtel außerhalb der Plutobahn gelangt. In einer frühen Phase des Sonnensystems hat sich dort die Oortsche Wolke, gebildet, die zwischen 100 bis 1000 Milliarden Kometen enthält. Noch unbekannte Prozesse bringen einige Kometen dazu, von dort in die Mitte des Sonnensystems einzudringen. Einige Millionen Jahre später sind sie dann von der Erde aus sichtbar.
Kosmische Kühltruhen
Als die ESA-Sonde Giotto 1986 den Kometen Halley photographierte, zeigte sie ein erdnussförmiges Gebilde. Neben Einschlagkratern waren Gasjets zu sehen, die Gas aus dem Inneren wie aus Düsenantrieben herausblasen. Die Bilder und Daten bestätigten die Vermutung des US-Amerikaners Fred Whipple, der Kometen mit schmutzigen Schneebällen verglichen hatte.
Kometen bestehen demnach vor allem aus Eis, Staub und Geröll. Sie sind Zeitzeugen der Entstehung unseres Sonnensystems. Im Gegensatz zum Planeten Erde, der sich im Laufe der Jahrmillionen chemisch, geologisch und biologisch ständig verändert, haben Kometen die Urzeit eingefroren. Denn sie sind zu klein für geologische Veränderungen und zu kalt für das Entstehen von Leben.
Es sind kosmische Tiefkühltruhen, die das Wissen über die Anfangsbedingungen unseres Sonnensystems für alle Zeit aufbewahren. Ein Komet besteht aus dem Kern, der Koma und dem Schweif. Der Kern setzt sich aus einem lockeren Konglomerat von Staub und verschiedenen Eissorten wie gefrorenem Wasser, Ammoniak, Methan, etwas Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, Cyanwasserstoff, Ethylen und vielem mehr zusammen.
Kommt ein Komet der Sonne weniger als 45 Astronomische Einheiten (AE; mittlere Entfernung Erde – Sonne = 149,6 Mio. km) nahe, erreicht die Oberfläche eine Temperatur, bei der leicht flüchtige Substanzen sublimieren und beim Abströmen feste Teilchen mitreißen. Gasjets bauen dann die Koma, die Gasatmosphäre der Kometen, auf, die vor allem aus einfachen Kohlenstoffverbindungen wie CH, CO2, CS, HCN oder CH3CN, aber auch aus atomarem H, Na, Ca oder Fe besteht.
Der lange, schmale Schweif der Kometen entsteht erst ab einer Nähe von etwa 1,5 AE zur Sonne: Dann reißt der Sonnenwind die Ionen aus der Koma (deshalb: Ionenschweif) und beschleunigt sie stark. In selteneren Fällen bildet sich auch ein Staubschweif, der stärker gekrümmt ist als ein Ionenschweif. Beide Schweifarten weisen von der Sonne weg, stehen also nicht in Zusammenhang mit der Flugrichtung des Kometen.
Wasser- und Lebensspender?
Kometen, die in der frühen Phase unseres Sonnensystems häufig auf der Erde einschlugen, brachten nicht nur Wasser, sondern auch viele organische Moleküle auf die Erde. Deshalb wird spekuliert, dass Kometen den Grundstock für die Entstehung des Lebens gebildet haben könnten.
Wie es scheint, kommt auch heute noch kometarisches Wasser auf der Erde an. Satelliten orten bisweilen Wasserwolken in einigen tausend Kilometern Höhe in der Atmosphäre. Als Quelle werden Minikometen von einigen Metern Durchmesser vermutet, die in der Atmosphäre verdampfen. Während einige Wissenschaftaler vermuten, dass Kometen das Leben auf die Erde gebracht haben, weisen andere darauf hin, dass sie es auch wieder auslöschen können.
Als der Komet Shoemaker-Levy 9 im Juni 1994 in mehrere Teile zerbrach und dann auf den Jupiter stürzte, schossen Feuersäulen von vielen tausend Kilometern Höhe über die Jupiteratmosphäre hinaus. Die atmosphärischen Störungen blieben von der Erde aus über Monate sichtbar. Unter diesem Blickwinkel bleiben Kometen auch heute noch zwiespältige Gesellen.
Beteiligte Staaten: Australien, Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, Kanada, Niederlande, Norwegen, Österreich, Schweden, Schweiz, Spanien, USA
Forschungsinstrumente von Rosetta
ALICE – UV-Spektrometer für Gas-Analysen Untersucht Edelgase in Koma und Schweif. Das lässt auf die Umgebungstemperatur zum Zeitpunkt der Entstehung des Kometen schließen.
OSIRIS – Optical Spectroscopic and Infrared Remote Imaging System Zwei Kameras untersuchen die Kerne des Kometen und der Asteroiden. (MPI für Aeronomie)
VIRTIS – Visible and Infrared Thermal Imaging Spectrometer Bestimmung der Chemie des Kometenkerns. (Italien/DLR-Institut für Planetenforschung)
MIRO – Microwave Instrument for the Rosetta Orbiter Misst die Verdampfungsraten leicht flüchtiger Elemente und die Temperatur im Kometenkern; Gase in der Umgebung der Asteroiden werden bestimmt. (USA/MPI für Aeronomie)
ROSINA – Rosetta Orbiter Spectrometer for Ion and Neutral Analysis Analysiert Ionen und Neutralgasteilchen der Kometenatmosphäre. (Schweiz/MPI für Aeronomie)
COSIMA – Cometary Secondary Ion Mass Analysers Quantitative Bestimmung von Elementen, Isotopen und Molekülen im Kometenstaub. (MPI für Extraterrestrische Physik)
MIDAS – Micro Imaging Dust Analysis System Hochauflösendes Rasterkraft-Mikroskop zur direkten Abbildung der Feinstruktur einzelner Staubteilchen. (Österreich/Univ. Kassel)
GIADA – Grain Impact Analyser and Dust Accumulator Dient der Messung von Anzahl, Masse, Impuls und Geschwindigkeit der Verteilung von Staubteilchen, die sowohl aus dem Kometenkern als auch aus anderen Richtungen kommen. (Italien)
RPC – Rosetta Plasma Consortium Fünf Sensoren untersuchen die physikalischen Eigenschaften des Kometenkerns und die Wechselwirkungen des Sonnenwindes mit der Kometenatmosphäre. (TU Braunschweig)
CONSERT – Comet Nucleus Sounding Experiment by Radiowave Transmission Misst den Reflexionsgrad und die Streuung des mit Radiowellen bestrahlten Kometenkerns.
RSI – Radio Science Investigation Bestimmt Masse, Dichte und Gravitationsfeld des Kometenkerns. (Univ. Köln)
Forschungsinstrumente des Landegerätes Philae
APX – Alpha-X-Ray Spectrometer Bestimmt die chemische Zusammensetzung der Kometenoberfläche. (MPI für Chemie) CONSERT – Comet Nucleus Sounding Experiment by Radiowave Transmissions Radiowellensonde zur Durchleuchtung der inneren Struktur des Kometenkerns. (Frankreich/Univ. Bochum)
COSAC – Cometary Sampling and Composition Experiment Erfasst die isotopische Zusammensetzung der gefrorenen Gaskomponenten der Kometenoberfläche bis zu einer Tiefe von 30 cm. (MPI für Aeronomie)
MUPUS – Multi Purpose Sensors for Surface and Subsurface Science Erstellt ein Temperaturprofil zur Bestimmung der Festigkeit der obersten Schichten. (Univ. Münster)
PTOLEMY – benannt nach Ptolemäus Bestimmt die isotopische Zusammensetzung der Bohrproben. (Großbritannien)
ROLIS – Rosetta Lander Imaging System Eine Panoramakamera beobachtet die Strukturen der Kometenoberfläche während der Landephase. (DLR-Institut für Planetenforschung)
ROMAP – Rosetta Lander Magnetometer and Plasma Monitor Misst das Magnetfeld des Kometen. (MPI für Extraterrestrische Physik/TU Braunschweig)
SD2 – Sample Drill and Distribution Bohrmechanismus zur Gewinnung von Proben aus Tiefen bis zu 30 cm. (Italien)
CIVA – Comet Infrared and Visible Analyser Mikrokameras für Panorama- und 3D-Aufnahmen beobachten die Oberfläche, bestimmen Textur und Rückstrahlfähigkeit der Bodenproben des Kometenkerns. (Frankreich)
SESAME – Surface Electrical, Seismic and Acoustic Monitoring Experiment Misst die akustischen und dielektrischen Eigenschaften des Kometen. Ein Staubeinschlag-Monitor erfasst die Staubmenge, die wieder auf die Oberfläche des Kometen zurückfällt. (DLR-Institut für Raumsimulation)
Der Stein von Rosette
1799 hatte der französische Offizier Pierre Bouchard bei Rosette, heute Rashid, im Nildelta den mehr als 1 Meter hohen und 762 Kilogramm schweren "Stein von Rosette" gefunden. Der auf dem Stein eingemeißelte Text aus dem Jahr 196 v. Chr. ist in zwei ägyptischen Schriften (Hieroglyphen und Demotik) und auf griechisch abgefasst.
Eine weitere Version dieses Textes wurde auf den Wänden des Isis-Tempels auf der einstigen Nilinsel Philae bei Assuan gefunden (heute auf eine höher gelegene Insel versetzt). 1802 kam der Stein von Rosette nach London in das Britische Museum. Mit seiner Hilfe gelang es 1822 dem französischen Gelehrten Champollion, die Hieroglyphen zu entziffern. Die ESA erhofft sich, mit Rosetta und Philae die Ursprünge des Sonnensystems zu erkunden.
Kometen im Netz
Allgemeines www.kometen.org
Komet Wirtanen www.br-online.de/wissen- bildung/thema/rosetta/ wirtanen.shtml
Rosetta solarsystem.dlr.de/PP/ rosetta/rosetta_ist.htm
Link zu den Sternen www.astrolink.de
Europäische Raumfahrtagentur ESA www.esa.int/esaCP/Germany. html
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