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- DAZ 18/2004
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BVA Info
Vor 50 Jahren: Was davor geschah
Von den Anfängen der Klostermedizin bis ins frühe 19. Jahrhundert erfolgte die Ausbildung eines Apothekers hauptsächlich nach handwerklichem Brauch: Zwischen dem Lehrherrn und der Familie des Lehrlings wurden die Kosten für Ausbildung, Unterkunft und Verpflegung vereinbart. Der Lehrling war also völlig in den Haushalt des Meisters integriert.
Seine tägliche Arbeitszeit betrug etwa 15 Stunden. Eine Lehrzeit von fünf bis sechs Jahren, an die sich in manchen Ländern eine Prüfung anschloss, war die Regel und berechtigte zur Ausübung apothekerlicher Tätigkeiten.
Da den Apothekergesellen oder -gehilfen – so hießen die nichtselbständigen Apotheker – häufig die Mittel zum Ankauf einer Apotheke fehlten, mussten sie ihr Leben lang für einen relativ geringen Lohn zu recht harten Bedingungen arbeiten. Daher kam es nicht selten vor, dass sie ihren Beruf wechselten oder auch auswanderten.
1818: Erster Apothekergehilfenverein
Die Situation besserte sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Der Apothekerberuf begann sich vom rein Handwerklichen zu lösen; schrittweise wurden einige Semester Universitätsstudium in die pharmazeutische Ausbildung integriert. Eine fünfjährige "Servierzeit" des Gehilfen oder ein mindestens zweisemestriges Universitätsstudium waren nun die Voraussetzung für die Approbation.
Die wissenschaftliche Ausbildung erlaubte es den nichtselbständigen Apotheker nicht nur, sich gegenüber ihren "Prinzipalen" zu profilieren, sie trug auch zu ihrem Selbstverständnis bei. Es ist gewiss kein Zufall, dass damals, im Jahre 1818, der "Erste Apothekergehilfenverein in Deutschland" gegründet wurde, ein erster Zusammenschluss von angestellten Apothekern überhaupt.
Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts folgten dann die Ereignisse in schneller Folge: Die Einführung der Prüfungsordnung von 1875 im damaligen Deutschen Reich bedeutete den Beginn der einheitlichen obligatorischen Hochschulausbildung für Pharmazeuten, für welche die Mittlere Reife nun Voraussetzung war. Seit 1880 gibt es den Assistentenberuf. Seit 1898 werden auch Frauen zum Pharmaziestudium zugelassen.
Abschluss eines ersten Tarifvertrages
Mit der "Stellungnahme des Deutschen Apotheker-Vereins zu Personalfragen" im Jahre 1882 erfolge dann ein spürbarer Durchbruch auch hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage und der Arbeitsbedingungen der Apothekenmitarbeiter. Zum Tarifabschluss kam es noch nicht.
Allerdings konnten die angestellten Apotheker den Pensionszuschusskassen beitreten, die – als Auswirkung Bismarckscher Sozialgesetze – auch für Apotheken eingerichtet waren. Wie gering jedoch die Inanspruchnahme war, möge der Kommentar des damaligen satirischen Wochenblattes "Kladderadatsch" beweisen:
"Nur der Apotheker, dieser kleine Schäker, halb Commis und halb Studente, verzichtet er auf diese Rente."
Im Jahre 1904 erfolgte die Gründung des für das gesamte Reichsgebiet zuständigen "Verbandes konditionierender Apotheker", dem nur angestellte Apotheker angehören konnten. Er war der Vorläufer vom "Verband Deutscher Apotheker" (VDA), der 1919 den ersten Tarifvertrag mit dem Deutschen Apotheker-Verein abschloss. Darin wurden Nacht- und Sonntagsdienst geregelt sowie Gehälter festgesetzt. Kurz danach wurde für Apotheker und Assistenten das Abitur Voraussetzung für ihre Berufsausübung.
Schwer betroffen waren auch angestellte Apotheker durch die weltweite Rezession und die inflationäre Entwicklung in den Zwanzigerjahren. Es arbeiteten etwa 1800 Apotheker unter Tarif, ein Notzustand, der 1927 zur Allgemeinverbindlichkeitserklärung des Tarifvertrages führte.
Die normativen Bestimmungen des geltenden Tarifes fanden also auch auf solche Arbeitsverhältnisse Anwendung, die nicht der Tarifbindung unterlagen. Die Höhe der damaligen Gehälter dürfte von Interesse sein: Approbierte: 340 Reichsmark, Assistenten: 180 Reichsmark.
Gleichschaltung im Dritten Reich
1933 wurden von den Nationalsozialisten alle Gewerkschaften verboten. Dem "Verband Deutscher Apotheker" sprach man die Existenzberechtigung ab, weil er in "gewerkschaftlichem Geist" gekämpft habe und damit für den "neuen Geist" nicht tragbar sei.
Der Tarifpartner DAV sprach sich "einstimmig" dafür aus, in die neue Organisation "Standesgemeinschaft Deutscher Apotheker" übernommen zu werden. Diese vom "Geist des Zusammenklangs geprägte" neue Berufsvertretung wurde als Musterbeispiel nationalsozialistischer Standesorganisationen hingestellt. Sie umfasste alle deutschen Apotheker.
Wie man im Dritten Reich über die Selbstverwaltung von Berufsverbänden dachte, mögen u. a. folgende Äußerungen anlässlich einer öffentlichen Kundgebung des deutschen Apothekerstandes beweisen: "Wir werden weniger Versammlungen haben als bisher. Wir werden weniger Debatten und gar keine Abstimmungen haben. Wir werden die Parlamente abstreifen wie eine lästige, verbrauchte Hülle".
Im "totalen" Krieg wurde der äußerste Einsatz aller Arbeitskräfte verlangt. Das blieb nicht ohne Auswirkungen auch auf Apotheken. Der Jahresurlaub betrug für Apotheker zwei Wochen, für Assistenten zwölf Kalendertage und für Helfer zehn Kalendertage. Die wöchentliche Arbeitszeit wurde für alle Arbeitnehmer in Apotheken auf 50 Stunden festgesetzt. Erst 1940 wurde übrigens der Helferberuf anerkannt. Bis dahin hatten diese Berufsangehören ein Schattendasein geführt.
Nach Kriegsende erlangten alle Gewerkschaften ihre alten Rechte wieder. So kam es 1949 in Frankfurt am Main zur Gründung der "Tarifgemeinschaft deutscher angestellter Apotheker", in die später auch Assistenten und Helfer aufgenommen wurden. Diese Organisation war der unmittelbare Vorgänger vom "Bundesverband der Angestellten in Apotheken" BVA, dessen Gründung 1954 erfolgte.
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