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pharmapharm: Ehrgeiziges Programm für die Apothekenzukunft
Vision 2007
Wie sich die Apothekenkooperation künftig entwickeln soll, beschrieb die Vorsitzende des Beirats, Karin Klindwort, in einer "Vision parmapharm 2007". In drei Jahren soll die parmapharm die "größte und stärkste Kooperation inhabergeführter, unabhängiger und fortschrittlicher Apotheken in Deutschland" sein. Sie soll eine starke Einkaufsgemeinschaft bilden, als kreativer Marketing- und Dienstleistungspartner den Apothekenmarkt aktiv und innovativ gestalten, ihre Verantwortung im Gesundheitswesen vorausschauend wahrnehmen und von allen Partnern "als fair, leistungsfähig, unabhängig und zuverlässig anerkannt" werden.
Die Mitgliedsapotheken sollten als "Gesund-ist-bunt-Apotheken" von den Kunden für ihr Angebot, ihre Kundenorientierung und die Qualität ihrer pharmazeutischen Betreuung geschätzt werden. Angesichts der demographischen und gesundheitspolitischen Entwicklung gelte der Slogan "Nicht Krankheit verwalten, sondern Gesundheit begleiten."
Umsetzung des Anforderungsprofils
Das vor einem Jahr beschlossene Anforderungsprofil für die beteiligten Apotheken definiere hohe Standards, beispielsweise für das Qualitätsmanagement. Für die vorgesehene Zertifizierung verbleiben den Apotheken noch über sechs Monate, doch seien schon jetzt die meisten Mitgliedsapotheken zertifiziert oder im Qualifizierungsverfahren. Gegenüber Apotheken, die das Anforderungsprofil nicht erfüllen, sollten Sanktionen das letzte Mittel sein. Stattdessen werde ein Bonifizierungsmodell erarbeitet, um die Engagierten zu belohnen.
Das Logo "Gesund ist bunt" wurde nach nur drei Monaten in 74% der beteiligten Apotheken im Innenbereich und in 64% im Außenbereich angebracht. Der Außendienst wurde auf sechs Mitarbeiter verstärkt, die sich nun überwiegend um die Mitglieder kümmern und dort Hilfe bei der Umsetzung der Marketing- und Schulungsmaßnahmen geben sollen. Entscheidend für den Erfolg der Apotheken sei die Zufriedenheit der Apothekenkunden, die auf pharmazeutischer Kompetenz, individueller Ansprache und menschlicher Zuwendung in der wohnortnahen Apotheke beruht.
Die pharmazeutische Leistungsfähigkeit soll durch das Logo ausgedrückt werden, doch findet aus Kostengründen keine Fernsehwerbung statt. Stattdessen soll das Logo durch regionale Medien, eine Informationsbroschüre und die Werbung in den Apotheken etabliert werden. Eine Videopräsentation zur Vorführung in den Apotheken wurde auf der Gesellschafterversammlung erstmals gezeigt.
Die Filialapotheken sind für die parmapharm nach Einschätzung von Klindwort eine "Baustelle". Bisher sind 19 Filialen beteiligt, doch möchte gemäß einer Mitgliederbefragung etwa ein Drittel der Gesellschafter künftig filialisieren. Die Filialen müssen das Anforderungsprofil der Gesellschaft erfüllen. Weitere Fragen soll eine Kommission bis zum August klären. Offen ist insbesondere, wie der Gebietsschutz gegenüber neuen Filialen umzusetzen ist, ohne mit dem Kartellrecht zu kollidieren oder das Wachstum der Gesellschaft zu behindern.
Lokale Arbeitskreise
Um die hoch gesteckten Ziele der Kooperation zu erreichen, hat die parmapharm zahlreiche weitere Maßnahmen bereits begonnen oder geplant, die die beiden Geschäftsführer, Thomas Worch und Dirk Düvel, vorstellten. Zur Stärkung der regionalen und lokalen Arbeitskreise der Mitglieder wurde die GIB (Gesund-ist-bunt) GmbH als Tochtergesellschaft gegründet. Sie soll einen sicheren finanziellen und rechtlichen Rahmen für die Tätigkeit dieser Arbeitskreise bieten.
Anlass war insbesondere das große Engagement von 37 Hamburger parmapharm-Apothekern, die zahlreiche lokale Marketing- und Qualifizierungsmaßnahmen eigenständig organisiert und finanziert hatten. Inzwischen arbeiten bereits über 300 Gesellschafter in lokalen Arbeitskreisen mit. Die parmapharm unterstützt auch das Modell der Haus- und Serviceapotheken des Deutschen Apothekerverbands und hat im März selbst einen Hausapothekenvertrag mit der Techniker Krankenkasse geschlossen.
Die Krankenkasse sei zunächst nur am Versandhandel interessiert gewesen, doch habe die parmapharm den Wert der wohnortnahen Apotheke deutlich machen können. Nun werde darüber verhandelt, in diesem Vertrag ein Honorar für Schulungen von Asthmapatienten durch Apotheken zu vereinbaren, wie sie in einem Modellprojekt in Hamburger Mitgliedsapotheken angeboten werden.
Gemeinsamer Einkauf
Als weitere Neuerung wurde in der parmapharm-Zentrale ein Einkäufer eingestellt, der eine Einkaufsabteilung aufbauen soll. Bisher war die Zentralregulierung der Einkäufe der einzelnen Apotheken ein wesentliches Kennzeichen und zugleich die wichtigste Einnahmequelle der Kooperation. Nach Einschätzung von Düvel war dies entscheidend für ihren Erfolg, weil die Industrie dieses Konzept unterstützt. Doch angesichts veränderter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen sollen die parmapharm-Apotheken künftig auch gemeinsam einkaufen.
Die EDV-Partner arbeiten bereits an Lösungen für die technische Umsetzung, wobei die Apotheken auch in der Verwaltung des Einkaufs entlastet werden sollen. Der Aufbau eines eigenen Großhandelsbetriebs wird aus finanziellen Gründen strikt abgelehnt, eine engere Zusammenarbeit mit einem Logistiker erscheint dagegen denkbar.
Weitere Zukunftsprojekte sind eine überregionale Kundenkarte und die gemeinsame Rezeptabrechnung. Eine gemeinsame Kundenkarte müsse lange im Voraus geplant werden, um sie auf unterschiedlichen EDV-Systemen realisieren zu können. Als Anreiz für die Kunden sollen Bonuspunkte dienen, die in Sachprämien umgetauscht werden können.
Angesichts der Entwicklung der neuen Gesundheitskarte mit der Funktion eines elektronischen Rezepts werde die Rezeptabrechnung bald ohnehin bundesweit vernetzt. Die parmapharm wolle daher gemeinsam mit den Landesapothekerverbänden die bundesweite Abrechnung erproben. Im Zuge einer künftigen gemeinsamen Rezeptabrechnung sollten die parmapharm-Apotheken bei der Bearbeitung von Retaxationen unterstützt werden. Ähnlich wie in der Versicherungswirtschaft sollten Gebühren nur bei erfolgreichen Verfahren anfallen.
Von der Beratungshotline zum Bestellportal
Wesentlich schneller soll ein bundesweites Angebot für die Bestellung von Arzneimitteln über das Internet oder eine zentrale Hotline realisiert werden. Es wendet sich an diejenigen Mitgliedsapotheken, die eine Zulassung als Versandapotheke haben, und zielt auf einen Versandhandel mit dezentraler Auslieferung. Als Starttermin wird der diesjährige Apothekertag angestrebt. Damit soll die bestehende Gesund-ist-bunt-Hotline ausgebaut und verstärkt genutzt werden. Als Beratungsangebot für medizinisch-pharmazeutische Fragen werde sie bereits gut akzeptiert.
Künftig sollen die Bestellungen an Mitgliedsapotheken weitergegeben werden, die sie in einem selbst gewählten Einzugsgebiet beliefern. Bisher bleibt jedoch offen, wie Bestellungen in Gebieten ohne parmapharm-Apotheken beliefert werden sollen. Insbesondere die "weißen Flecken" in Süddeutschland werden nur durch Versandhandel über weite Strecken zu bedienen sein. Die Kooperation möchte einerseits die Kundenwünsche erfüllen, hatte aber andererseits den Versandhandel über Logistikunternehmen verhindern wollen.
Kritische Stimmen
Den weit reichenden Zukunftsplänen stand auf der Gesellschafterversammlung die Kritik an der Umsetzung mancher bisherigen Maßnahmen gegenüber. Einige Projekte seien schnell begonnen, dann aber nicht in der gewünschten Weise umgesetzt worden. Produkte der Eigenmarke seien nicht lieferbar gewesen, Werbemittel verspätet ausgeliefert und Zusagen der Zentrale nicht eingehalten worden. Bei der Gesund-ist-bunt-Hotline können die Anrufe nicht zu jeder Tageszeit den einzelnen Apotheken zugeordnet werden.
Abgesehen von technischen Anlaufschwierigkeiten wurden die meisten Kritikpunkte durch die Überlastung der Zentrale erklärt. Diese sei nicht mit der Mitgliederzahl mitgewachsen. Nachdem die Belegschaft im vorigen Jahr erheblich verstärkt und die Arbeit in der Zentrale neu strukturiert wurde, sollten die Probleme künftig entfallen.
Entwicklung im Vorjahr
Im Berichtsjahr 2003 stieg die Zahl der Gesellschafter von 740 auf 860. Zum Zeitpunkt der Mitgliederversammlung gehörten 906 Apotheken (einschließlich Filialen) zur parmapharm. Trotz der gestiegenen Zahl der Mitglieder und der Partnerfirmen wuchs der Umsatz der Zentralregulierung nur um 20% auf 71 Mio. Euro, weil die Apotheken Umsätze auf den Großhandel verlagerten. Dagegen stieg der Umsatz mit Partnerunternehmen außerhalb der Zentralregulierung um 20 Mio. Euro auf 34 Mio. Euro. Als neues Partnerunternehmen wurde insbesondere die Firma ratiopharm gewonnen. Der Jahresüberschuss der parmapharm betrug im Berichtszeitraum 724 800 Euro.
Bei der diesjährigen Gesellschafterversammlung wurde ein rollierendes System für die Wahl der Beiratsmitglieder eingeführt. Als Beiratsmitglieder wurden Florian Picha (bisher kooptiertes Beiratsmitglied), neu und Holger Gnekow wieder gewählt. Gründungsmitglied Eckart Götz und Hans-Peter Törber (kooptiertes Beiratsmitglied) schieden aus dem Gremium aus. Götz hatte die initiale Idee für die Verbindung zwischen Apothekern und der parma GmbH entwickelt und gehörte dem Beirat zehn Jahre lang an.
Frohmedizin statt Drohmedizin
Einen Kontrast zu den wirtschaftlichen Themen der Mitgliederversammlung bildete schließlich der mitreißende Vortrag des als "Fitness-Papst" bekannten Dr. Ulrich Strunz. Er forderte, die etablierte "Drohmedizin" durch eine "Frohmedizin" zu ersetzen. Das Gesundheitswesen solle vermehrt Gesundheit erhalten und in Prävention investieren. Anstatt mit Verboten solle mit positiven Effekten argumentiert werden.
Insbesondere in der Ernährung sieht Strunz zahlreiche Ansatzpunkte zur Verbesserung der Lebensqualität und der Gesundheit, beispielsweise durch die Substitution von Zink und Selen und die Verringerung des Fettverzehrs. Ebenso wie die gängigen Check-up-Werte sollte auch die Konzentration der essenziellen Aminosäuren bestimmt werden, weil beispielsweise der Mangel an Methionin oder Phenylalanin zu Müdigkeit und Antriebsschwäche führe.
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