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Arzneimittel und Therapie
Alzheimer-Erkrankung: Amyloid-Bildung verhindern
Beta-Amyloid wird aus einem größeren Vorläuferprotein (Amyloid Precursor Protein, APP) durch verschiedene Sekretasen abgespalten. An das Peptid lagern sich weitere Peptidfragmente an, so dass zunächst ein löslicher, später ein unlöslicher Komplex entsteht, der die Funktion der Nervenzellen beeinträchtigt.
Genetische Veränderungen
Eine Ursache für die Alzheimer-Erkrankung ist eine genetische Veränderung des Beta-Amyloid-Vorläuferproteins. Außerdem ist ein weiteres Protein, das "Präsenilin", beteiligt. Bislang wurden über 100 unabhängige Mutationen im Präsenilin-Gen gefunden. Genau wie APP-Mutationen erhöhen Präsenilin-Mutationen die Produktion von Beta-Amyloid. Etwa die Hälfte der Alzheimer-Patienten trägt einen weiteren Risiko-Erbfaktor: das Fettstoffwechsel-Gen für Apolipoprotein E4. Dieses Lipoprotein transportiert normalerweise Cholesterin und andere Fette. Erbträger von E4 leiden häufiger an erhöhten Cholesterinspiegeln, und die Alzheimer-Demenz tritt bei ihnen meist früher auf.
Beta-Amyloid im Tiermodell
Mäuse können genetisch so verändert werden, dass sie Beta-Amyloid im ZNS herstellen. Solche transgenen Tiermodelle werden verwendet, um die Bedeutung verschiedener Schlüsselmoleküle der Alzheimer-Demenz zu untersuchen. In anderen Tiermodellen können gleichzeitig APP, tau-Protein und Apolipoprotein E molekulargenetisch verändert wurden, um so die Vorgänge im menschlichen Gehirn möglichst genau abzubilden.
Dennoch existiert bis heute kein Tiermodell, das die komplexe Neuropathologie und Psychopathologie der Alzheimer-Demenz des Menschen vollständig wiedergibt. Häufig sind zunächst im Tiermodell vielversprechende Therapieansätze bei der Anwendung beim Menschen wenig erfolgreich oder lösen sogar schwer wiegende Nebenwirkungen aus.
Impfung bis jetzt nicht erfolgreich
So musste beispielsweise im Jahr 2002 eine Studie zur Amyloid-Vakzination abgebrochen werden, da einige Probanden eine Meningoenzephalitis entwickelten. Bei Mäusen hatte diese Impfung die Menge an Beta-Amyloid-Ablagerungen reduziert und das Gedächtnis verbessert. Derzeit werden andere aktive Immunisierungs-Verfahren untersucht, zum Beispiel mit kürzeren Aminosequenzen des Beta-Amyloids. Auch passive Immunisierungsverfahren mit spezifischen humanisierten oder humanen monoklonalen Antikörpern und Immunoglobulinen werden erforscht.
Beta-Amyloid-Ablagerungen verhindern
Verschiedene neuartige Therapieansätze, wie beispielsweise die Gabe von Sekretase-Inhibitoren, zielen darauf ab, die vorhandene Menge an Beta-Amyloid zu reduzieren oder dessen Metabolismus zu beeinflussen. Um hier einzugreifen, kommen mehrere therapeutische Zielstrukturen in Betracht. Dazu gehören die Sekretasen. Wird die Alpha-Sekretase aktiviert oder werden die Beta- und Gamma-Sekretase gehemmt, wird weniger Amyloid produziert. Bereits eine geringfügig reduzierte Beta-Amyloid-Menge könnte den Krankheitsbeginn um viele Jahre hinauszögern. Neuerdings wird auch mit nicht-steroidalen Entzündungshemmern versucht, die schädlichen Ablagerungen zu verhindern. Bei längerem Gebrauch weisen unspezifische COX-Inhibitoren eine primär präventive Wirkung auf. Auch Monoaminoxidase-B-Hemmer haben präklinisch eine neuroprotektive Wirkung, die durch Studien allerdings nicht belegt ist.
Statine nicht nur zur Prävention
Zur Prävention könnten sich Statine eignen: In epidemiologischen Studien kam die Alzheimer-Demenz bei den Patienten seltener vor, die zuvor mit Statinen behandelt worden waren. Derzeit werden Statine auch zur Behandlung der Alzheimer-Demenz erprobt: In zwei Studien blieb die kognitive Leistungsfähigkeit der mit einem Statin behandelten Patienten über die gesamte Studiendauer erhalten. Statine wirken bei der Alzheimer-Krankheit wahrscheinlich über eine Reduktion der Cholesterinproduktion. Eine Absenkung der zerebralen Cholesterinmenge führt zu einer verringerten Produktion des Beta-Amyloids.
Medikamentöse Therapie mit Acetylcholinesterase-Hemmern
Für die Behandlung der leichten bis mittelschweren Alzheimer-Demenz stehen die Acetylcholinesterase-Hemmer zur Verfügung. Sie steigern die funktionelle Aktivität des cholinergen Neurotransmittersystems. Alle drei Substanzen dieser Stoffklasse – Donepezil, Galantamin und Rivastigmin – wirken vergleichbar und zeigen ein ähnliches Nebenwirkungsprofil. Die klinisch relevante Wirksamkeit der AChE-Inhibitoren ist durch die Ergebnisse von zahlreichen Studien belegt. Neuere Studien legen eine Wirksamkeit auch bei mittelschweren bis schweren Stadien und eventuell auch bei vaskulärer Demenz nahe. Hierfür besteht jedoch keine Zulassung.
Modulation des NMDA-Rezeptors
Als weitere Möglichkeit zur Therapie kann die glutamatergen Neurotransmission beeinflusst werden. Dafür wird Memantin eingesetzt. Die Substanz blockiert den N-Methyl-d-Aspartam(NMDA)-Rezeptor bei toxischen Glutamatkonzentrationen und verhindert dadurch einen pathologischen dauerhaften Calciumeinstrom in die Zelle, ohne die Neurotransmission negativ zu beeinflussen.
Zu Memantin liegen randomisierte, plazebokontrollierte Doppelblindstudien vor, in denen die Substanz bei mittelschwerer bis schwerer Alzheimer-Demenz, zum Teil auch bei vaskulärer Demenz, die kognitiven Störungen, die Antriebsarmut und die motorischen Störungen verbesserte, aber auch das Sozialverhalten und die Alltagskompetenz. Memantin ist auch zur Behandlung der mittelschweren bis schweren Alzheimer-Demenz zugelassen.
Kombinationstherapie ist möglich
Kombinationen von Acetylcholinesterase-Hemmern und Memantin sind gut verträglich und führen nicht zu ungünstigen Interaktionen. Eine erste klinische Studie zu Kombinationstherapie von Donepezil mit Memantin bei langzeitig vorbehandelten, mittelschwer bis schwer demenzkranken Alzheimer-Patienten zeigte tatsächlich eine additive Wirksamkeit. Weitere Studien zum Nachweis ähnlicher Effekten bei leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz und bei leichten kognitiven Störungen werden derzeit durchgeführt.
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