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- DAZ 26/2004
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Arzneimittel und Therapie
Diabetes mellitus: Rechtzeitig auf Insulin umstellen
Für die fünf bis zehn Prozent der Typ-1-Diabetiker unter den geschätzt sechs bis acht Millionen Diabetikern in Deutschland ist es keine Frage: sie benötigen eine Insulinsubstitution quasi als Lebenselixier, da ihnen das körpereigene Stoffwechselhormon absolut fehlt. Ganz anders bei der überwiegenden Zahl der Typ-2-Diabetiker: sie haben Insulin nicht nur zur Genüge, sondern anfangs auch im Überfluss. Nur: es wirkt nicht richtig und erfüllt nicht seine Aufgabe, den Blutzucker als Energielieferanten in erforderlichem Umfang in die Zellen zu schleusen.
Dieser "Insulinresistenz" genannte Zustand führt zu erhöhtem Blutzucker. Ein entscheidender Schrittmacher für die mangelhafte Insulinwirkung stellt das Übergewicht, insbesondere mit Fettansatz in der Taille, dar. Die Insulinresistenz geht schließlich mit einem fortschreitenden Versagen der Bauchspeicheldrüse einher, Insulin zu produzieren. Trotz aller Fortschritte in der oralen Therapie kommt deshalb früher oder später kein Diabetiker um einen von außen zugeführten Ersatz des nötigen Insulins herum.
Blutzucker konsequent einstellen
Maßgeblich für den Zeitpunkt, die bisherige Diabetestherapie zu überdenken, ist die Höhe des Langzeitmarkers der Blutzuckereinstellung, des HbA1c. Der HbA1c-Wert sollte nach den nationalen Versorgungs-Leitlinien für Diabetes mellitus Typ 2 unter 6,5% liegen. Bei Gesunden liegt der Wert bei 4,5 bis 5,5%. Ab einem Wert von über 7% sollte eine Therapieänderung vorgenommen werden. Die CODE-2-Studie (Costs of Diabetes in Europe-Type 2) hat aber gezeigt, dass 74% aller Typ-2-Diabetiker in Deutschland einen HbA1c-Wert von mehr als 6,5% haben.
Eine andere einschlägige Studie, die UKPDS (United Kingdom Prospective Diabetes Study), indes hat bewiesen, dass jede Senkung des HbA1c um einen Prozentpunkt dazu führt, dass
- 37% weniger mikrovaskuläre Komplikationen,
- 21% weniger Todesfälle und
- 14% weniger Herzinfarkte auftreten.
Diabetiker müssen diszipliniert sein
Dennoch bleiben etliche Diabetiker über Jahre in einem oralen Therapieregime, auch wenn es sich bei genauerem Hinsehen nicht mehr als suffizient herausstellt. Die Gründe für diesen mangelhaften Zustand sind sehr vielschichtig. Sie reichen von Bequemlichkeit über falsche Ängste bis hin zu fehlerhaften Kalkulationen innerhalb eines Kostenmanagements.
In einer Querschnitts-Befragungsstudie bei 730 Primärversorgern und deren Patienten mit Typ-2-Diabetes hat sich herausgestellt, dass ausgerechnet die nicht mit Insulin behandelten Patienten eine Insulintherapie für komplizierter hielten als diejenigen Patienten, die bereits auf Insulin eingestellt waren. Die falschen Bedenken der Patienten erhalten fatalerweise auch Nahrung durch Fehleinschätzungen ihrer Ärzte.
So stufte ein großer Teil der Erstversorger die Insulintherapie als zu kompliziert für ihre Patienten ein - und auch als "zu komplex für den behandelnden Arzt". Ein sehr großer Teil der Erstversorger ist dieser Studie zufolge außerdem der Auffassung, dass die Patienten die Therapieumstellung auf Insulin hinauszögern.
Schwere Folgeschäden vermeiden
Dabei tun anscheinend viele Ärzte ihr übriges, eine dringend nötige Einstellung auf Insulin über Gebühr hinauszuziehen. Oftmals nimmt "Insulin" die Stellung des Drohmittels ein, Patienten in die Befolgung der Allgemeinmaßnahmen ihrer Krankheitsbewältigung zu drängen - nach dem Motto: "wenn nicht..., dann kommt die Spritze...". Abschreckend für Hausärzte wirkt auch der drohende intensivere Beratungsbedarf, der mit der Neueinstellung mit Insulin einhergeht.
Nicht zu vernachlässigen ist auch der höhere Aufwand hinsichtlich häufigerer Blutzuckermessungen. Ganz anders sehen es allerdings die Patienten: sie empfinden zwar das häufige Blutzuckermessen als lästig, das Insulin Spritzen stellt für sie aber kein Problem dar. Entscheidend für sie ist, dass sie sich wohler fühlen, wenn sie endlich besser eingestellt sind.
Auch von Seiten der Kosten kann Entwarnung gegeben werden: Diabetes mellitus gilt zwar als die teuerste chronische Erkrankung überhaupt. Hierin eingerechnet sind allerdings alle Kosten für die Behandlung der aufwändigen Folgekrankheiten. Und diese bedeuten eine Vervierfachung der Kosten. Solange aber ein Diabetiker gut eingestellt ist – und dazu gehört auch die rechtzeitige Umstellung auf Insulin – können sich die Therapiekosten im Rahmen halten.
"Besser leben – dank Insulin"
Die Kampagne "Besser leben – dank Insulin" bietet Diabetikern und ihren Angehörigen, Apothekern und Ärzten Informationen rund um die Insulintherapie. Die Kampagne wird von der Deutschen Diabetes Union e.V. (DDU), dem Deutschen Diabetiker Bund e.V. (DDB), dem Kirchheim-Verlag und dem Internetportal www.diabetes-world.net sowie von den beiden Pharmaunternehmen Pfizer und Aventis unterstützt. Weiteres Material zur Kampagne, Plakate, Broschüren und Informationen rund um Diabetes und Insulintherapie finden Sie unter www.besser-leben-dank-insulin.de
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