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Analytik: Qualitätsmessung von "Biolebensmitteln"
Das Gesetz regelt nicht alles
Qualität ist eine Frage der Anschauung. Gerade bei Lebensmitteln gibt es unterschiedliche Blickwinkel auf diesen Aspekt. Die gesetzlich vorgeschriebene Qualität bezieht sich auf die Belastung der Speisen mit Pestiziden, Schwermetallen und pathogenen Keimen sowie u.a. auf den Nitratgehalt. Ziele des Lebensmittelrechts sind die Abwehr von Gesundheitsschädigungen, die Sicherung einer ausreichenden Information und die Verhinderung von Täuschungen der Konsumenten durch entsprechende Kennzeichnungspflichten, Verbote irreführender Angaben usw. Ökologisch produzierte Nahrungsmittel unterliegen zusätzlich der EG-Ökoverordnung.
Der ernährungsphysiologische Wert einer Speise hat mit diesen Vorschriften nur sehr wenig zu tun. Ob die tägliche Currywurst mit Pommes frites gesundheitsfördernd ist oder nicht, wird vom Gesetzgeber nicht bestimmt. Auch die sensorische Qualität wie Geruch oder Geschmack unterliegen keiner Vorgabe.
Trotz aller hochauflösender technischer Verfahren ist es im Einzelfall immer schwierig, ökologisch produzierte Lebensmittel von konventionellen zu unterscheiden. Die meisten messbaren Unterschiede hängen vom Standort, dem Boden und dem jeweiligen Ortsklima ab oder sind sortenspezifisch. Zwar düngen alternativ wirtschaftende Betriebe anders und betreiben einen anderen Pflanzenschutz. Dennoch ist es im Zweifelsfall sehr schwierig, Blindproben voneinander zu unterscheiden [6].
Struktur und Vitalkraft
Ein zusätzliches Problem wirft dabei die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise nach Rudolf Steiner (1861 – 1925), dem Begründer der Anthroposophie, auf. Denn die Vertreter dieser Landbauweise achten nicht nur auf die einzelnen wertgebenden Inhaltsstoffe und die Freiheit von belastenden Stoffen. Ihnen geht es darüber hinaus um die Ganzheitlichkeit. Alle Inhaltsstoffe einer Karotte stehen demnach nicht isoliert, sondern bilden gemeinsam eine Struktur, die ein Qualitätsmerkmal per se ist.
Hinter der Struktur verbergen sich nach Rudolf Steiner die die Stoffe dirigierenden geistigen Kräfte. Diese Überzeugung basiert auf dem auf Paracelsus (1493 – 1541) und Agrippa von Nettesheim (1486 – 1535), letztlich sogar auf Aristoteles zurückgehenden Vitalismus, nach dem die allbelebte Natur zur formgebenden Kraft selbst wird. Ein gesunder Organismus hat demnach eine stark differenzierte Struktur und dementsprechend eine hohe Vitalkraft. Er soll von geistigen Kräften, so genannten Bildekräften, durchzogen sein, deren Wirken im Organismus mit bildgebenden Methoden sichtbar gemacht werden kann. Dies gilt auch für Lebensmittel.
Die Vitalkraft ist aus dieser Perspektive ein wesentlicher Aspekt der ganzheitlichen Erfassung der Lebensmittelqualität. Die Struktur ist zunächst in der Genetik eines jeden Lebewesens begründet. Eine beliebige Gemüsesorte ist das Ergebnis jahrhundertelanger Auslese und Züchtung. Zu diesem endogenen Faktor gesellen sich zahlreiche exogene Faktoren: das Klima des jeweiligen Standortes, der Boden, die Düngung, der Erntezeitpunkt, die Nacherntebehandlung und – laut Steiner – auch kosmische Einflüsse.
So werden heute beispielsweise konventionelle Gewächshaustomaten nicht reif geerntet. Der Pflückzeitpunkt wird so gelegt, dass die Tomate erst im Gemüseregal ihren optimalen Reifezustand erreicht. Eine reife Tomate hat nun eine wesentlich stärkere innere Differenzierung als eine unreife. Und eine ausgereift gepflückte Tomate sollte dementsprechend eine andere innere Struktur aufweisen als eine nachgereifte und damit auch eine andere Vitalkraft.
Bilder der Ganzheitlichkeit
Um nun ökologisch und vor allem biologisch-dynamisch erzeugte Produkte auch analytisch erkennen zu können, wird derzeit nach Methoden gesucht, die einerseits eine wissenschaftlich nachvollziehbare Differenzierung zwischen den verschiedenen Anbaumethoden ermöglichen und andererseits die Vitalkraft – das heißt die Wirkung der geistigen Kräfte auf die Struktur eines Produktes – sichtbar und messbar machen können (Tab. 1).
Vor allem zwei Methoden stehen derzeit im Mittelpunkt der Bemühungen, auch biologisch-dynamisch erzeugte Lebensmittel zu differenzieren:
- die Kupferchloridkristallisation und
- die Ultraschwache Photonenemission oder Fluoreszenzanregungsspektroskopie.
Die Kupferchloridkristallisation soll die Fähigkeit zur Gestaltbildung erfassen. Der Saft einer Tomate beispielsweise wird mit einer spezifischen Konzentration an CuCl2 versetzt. Bei erschütterungsfreier Trocknung auf einer planen Glasplatte entstehen probenspezifische Kristallstrukturen. Die jeweiligen Saftproben führen zu spezifischen Verästelungen, Hohlformen und unterschiedlichen Kristallnadeldicken.
Mittlerweile gibt es erste Arbeiten zur Entwicklung einer rechnergestützten Auswertung der Graustufenverteilung der CuCl2-Kristallisationsbilder. Im Blindversuch gelang es, die Lebensmittelproben aus biologisch-dynamischer Bewirtschaftung sicher von denen aus konventioneller Herkunft zu unterscheiden. So sind die Kristallbilder von Äpfeln aus biologisch-dynamischem Anbau "deutlich gröber" als die Kristallnadeln konventioneller Äpfel (Untersuchung des Schweizer Forschungsinstituts für Biologischen Landbau, FiBL).
Die CuCl2-Kristallisation kann nichts über einzelne Inhaltsstoffe aussagen; sie liefert ein Gesamtbild. Die beteiligten Forscher hoffen, diese Methode ausbauen zu können.
Biophotonen – lange vergessenes Licht
Einen naturwissenschaftlich nachvollziehbaren Ansatz verfolgt die Fluoreszenzanregungsspektroskopie. Sie geht auf den Russen Alexander Gurwitsch (1874 – 1954) zurück. Er hatte schon 1930 beobachtet, dass sich junge Zwiebelzellen vermehrt teilen, sobald er Wurzelspitzen einer zweiten Zwiebel in die Nähe brachte. Um chemische Botenstoffe auszuschließen, stellte er Fensterglas dazwischen. Das Glas stoppte den mitoseauslösenden Effekt. Als er als Trennwand jedoch Quarzglas verwendete, regte die Zwiebelwurzelspitze den benachbarten Schaft wieder zu übermäßiger Zellteilung an.
Er postulierte eine Wachstumsimpulse übertragende, mitogene Strahlung der Zellen, und da Quarzglas für ultraviolettes Licht durchlässig ist, folgerte er, dass es sich dabei um UV-Licht handle [2]. Die Entdeckung, dass Zellen Strahlung emittieren, wurde damals groß gefeiert, geriet aber mangels direkter Nachweismöglichkeiten in Vergessenheit [1]. Erst Anfang der 1970er-Jahre wiesen mehrere Arbeitsgruppen weltweit eine ultraschwache Photonenemission aus lebenden Organismen nach. Dies gelang mit der Einzelphoton-Zähltechnik mit extrem empfindlichen Photomultipliern, die ein sehr schwaches Signal kaskadenförmig verstärken.
Fritz-Albert Popp, Biophysiker an der Universität Marburg, nannte die emittierten Quanten "Biophotonen". Zusammen mit Bernhard Ruth wies er nach, dass alle Lebewesen im UV-Bereich und im sichtbaren Spektralbereich – mindestens von 200 bis 800 nm – permanent Photonen emittieren, und zwar in einer Gesamtintensität von einigen wenigen bis zu etwa hundert Photonen je Sekunde und Quadratzentimeter [4, 5].
Exciplexe – die Grundlagen des Lebens?
Der Spektralverlauf der Biophotonen folgt nicht, wie die Wärmestrahlung, einer Boltzmann-Statistik, sondern einem Kontinuum, das im zeitlichen Mittel für alle Wellenlängen die gleiche Intensität aufweist. Jede vorher mit Licht angeregte lebende Probe klingt als verzögerte Lumineszenz ungewöhnlich langsam ab, in einem Bereich zwischen Sekunden und einer Stunde. Danach geht die Probe kontinuierlich in die konstante Biophotonenemission über.
Die verzögerte Lumineszenz und die Biophotonenemission wurden an Pflanzen entdeckt, existieren aber auch in tierischen Zellen. Sogar abgestorbene Zellen zeigen die verzögerte Lumineszenz, emittieren aber keine Biophotonen mehr. Die verzögerte Lumineszenz bedeutet, dass jede Zelle in der Lage ist, Photonen zu speichern und sukzessive wieder abzugeben. Popp nennt diese Speicher Exciplexe (excited complexes). Sie stellen nach seiner Ansicht die Basis des gesamten Lebens dar [7, 8].
Exciplexe sind jeweils zwei sehr ähnliche Moleküle, die sich in einem metastabilen Stadium befinden. Im idealen Grundzustand liegen sie getrennt vor; energetisch angeregt, binden sie sich aneinander und bilden im Extremfall ein Dimer. Zwischen diesen beiden Grenzstadien liegen die beiden Moleküle in unterschiedlicher Bindungsstärke vor, von der Wasserstoffbrücke, über die van-der-Waals-Bindung bis zur Ionenpaarbindung. Da alle Basenpaare der DNA solche Exciplexe bilden, besitzt jede Zelle eine riesige Photonenfalle in ihrem Kern.
Für Popp sind die Emission und die Absorption der Photonen innerhalb der DNA die Basis der zellulären Kommunikation in allen Lebewesen. Das "Saugpotenzial" der Photonenfallen und die gegebene Lichtintensität sind die entscheidenden regulatorischen Größen dieses Systems. Popp wörtlich: "Dieser Mechanismus ist die Basis des Lebens, seit es das unendliche Spiel des Wettbewerbs um das Licht eröffnet hat, mit unendlichen Möglichkeiten der Modulation in allen Frequenzbereichen unterhalb des ionisierenden UV-Lichtes. Dieser Mechanismus ist universell in allen lebenden Systemen."
Summenparameter Redoxpotenzial
Um die Theorie der Biophotonen für die Qualitätsanalyse von Biolebensmitteln nutzbar zu machen, sucht man nun experimentell nach geeigneten Wellenlängen. Bei Kwalis, dem Forschungsinstitut für analytische und ganzheitliche Qualität in Dipperz, ist man zuversichtlich, bald generell Produkte der unterschiedlichen Landbauverfahren differenzieren zu können. Die Proben werden mit einfarbigem Licht bestrahlt (rot bis nahes UV-A, 780 bis 360 nm), darauf wird die Abklingkinetik der reemittierten Photonen in einem Zeitbereich von mehr als 1 Sekunde in der Dunkelkammer detektiert.
Die Messungen zeigten, dass Pflanzensamen nach Bestrahlung mit blauem Licht intensiver strahlen, hingegen weniger nach Bestrahlung mit rotem und gelbem Licht. Bei Blättern und Früchten ist es umgekehrt. Weitere Versuche führten zur Weiterentwicklung der Messung der ultraschwachen Photonenemission zu einer Form der (bereits bekannten) Fluoreszenzanregungsspektroskopie (vgl. Tab. 2).
Die elektrochemische Bestimmung des Redoxpotenzials, des pH-Wertes und der elektrischen Leitfähigkeit ist die dritte wichtige Methode, die es in naher Zukunft ermöglichen soll, die verschiedenen landwirtschaftlichen Produktionsmethoden am Ernteprodukt zu identifizieren. Das besondere an diesem Verfahren ist, dass das Redoxpotenzial als Summenparameter ein Mischpotenzial liefert, das bei Screening-Verfahren gut eingesetzt werden kann.
Alle drei Methoden liefern Daten, die unabhängig vom Vorhandensein einer Vitalkraft interpretiert werden können. Deshalb ist es unerheblich, ob man daran glaubt oder nicht. Vielleicht kann eines Tages die derzeit noch umstrittene Frage entschieden werden, ob Ökospeisen gesünder sind.
Vitalismus
Aristoteles gilt als Begründer des Vitalismus. Er nahm an, dass die "Seele", d. h. die immaterielle Form des Lebewesens, mit einer idealistisch gedachten Lebenskraft auf die leblose Materie prägend einwirkt, sodass ein Organismus entsteht. Das verwirklichende Formprinzip nannte er Entelechie (griech. "sein Ziel in sich selbst habend"). Der Vitalismus kam in der Renaissance (z. B. bei Paracelsus) wieder auf und war zwischen 1700 und 1850 als Gegenpol zum cartesianischen Mechanismus und Automatismus unter Philosophen wie Medizinern weit verbreitet. Als eine Lebenskraft, die auch außerhalb von Lebewesen (im heutigen Sinne) wirksam ist, verstand man den "Bildungstrieb" der Stoffe in der "allbelebten Natur".
Fritz-Albert Popp
Jedes Nahrungsmittel hat seine Ordnung. Die Ordnung ist ein Maß dafür, wie gut ein Organismus funktioniert, wie ausgewogen er ist. Ein Apfel mit hoher Qualität verbessert beim Verzehr auch die Ordnung in unserem Organismus. Nahrungsmittel von niedriger Qualität führen auf Dauer zum Chaos. Je besser die Lichtspeicherfähigkeit, desto höher ist die Qualität, desto höher ist die Ordnung.
Einsatz in der Human- und Tiermedizin
Das Antennenpigment für Photonen ist – entgegen Popps Theorie – wahrscheinlich das Enzym Flavinmononucleotid (FMN). Es sitzt in der Mitochondrienmembran und ist am Elektronentransfer in der Atmungskette beteiligt. Die eingefangene Energie dient dazu, Protonen aus den Mitochondrien ins Zytosol zu pumpen. Durch das wachsende Potenzialgefälle fließen die Protonen über eine ATP-Synthase wieder zurück; dabei wird ATP gebildet. Ein erhöhter Energiegewinn steigert die Proteinsynthese und die Mitoserate der Zelle, die medulläre Hämatopoese und die Menge von Fibroblasten und kollagenen Fasern. Die Lichtbehandlung hat eine antiphlogistische, spasmolytische, analgetische, biostimulative und granulationsfördernde Wirkung auf erkrankte Körperareale. Derzeit laufen Untersuchungen, ob der Einsatz von Niedrigenergielasern bei Mastitis eine Antibiotikabehandlung ersetzen können [3].
Biophotonen im Netz
www.biophotonik-international.de www.biophotonen-online.de www.lifescientists.de
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