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- DAZ 32/2004
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DAZ aktuell
Wann sind Johanniskraut-Präparate verordnungsfähig?
DAZ
Johanniskraut-Präparate gelten im niedergelassenen Bereich als anerkannte, wirksame und verträgliche Therapieoption bei Depressionen. Seit In-Kraft-Treten der OTC-Ausnahmeliste bestehen allerdings zum Teil erhebliche Unklarheiten darüber, welche Zubereitungen die dort festgeschriebenen Kriterien erfüllen und demzufolge verordnet werden dürfen – alle verkehrsfähigen mit mindestens 300 mg Extraktmenge pro Einzeldosis?
Dietrich:
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in der Arzneimittelrichtlinie 16.4.18 geregelt, dass Hypericum perforatum-Extrakt (hydroalkoholischer Extrakt, mind. 300 mg pro Applikation) nur zur Behandlung mittelschwerer Depressionen zu Lasten der GKV verordnungsfähig ist. Die Mindestmenge von 300 mg wurde vom Bundesausschuss aufgrund der Evidenzlage durch klinische Studien festgelegt.
Entsprechend den Arzneimittelrichtlinien, welche die Vorgaben des SGB V konkretisieren, sind somit all die Johanniskraut-Präparate zu Lasten der GKV verordnungsfähig, die 1. für diese Indikation auch zugelassen sind und 2. mindestens 300 mg pro Applikationsform enthalten. Eine generelle Verordnungsfähigkeit für alle im Handel befindlichen Johanniskraut-Präparate mit mindestens 300 mg Trockenextrakt besteht somit nicht.
DAZ
In welche Zulassungskategorien bzw. -stadien lassen sich die derzeit im Verkehr befindlichen Johanniskraut-Präparate untergliedern?
Dietrich:
Zurzeit lassen sich die im Handel befindlichen Johanniskraut-Präparate hinsichtlich ihrer Zulassung unterscheiden in
DAZ
Dann liegt also die Lösung der eingetretenen Verständnisschwierigkeiten in einer präzisen Klassifizierung bzw. eindeutigen Definition der einzelnen Kategorien? Nehmen wir ein für die Behandlung leichter depressiver Episoden zugelassenes Johanniskraut-Präparat als Beispiel: Ist seine Anwendung strikt auf diese Indikation beschränkt, selbst wenn es sich um ein Produkt mit 300 mg oder mehr hydroalkoholischem Extrakt handelt?
Dietrich:
Die von Ihnen angesprochenen Verständnisschwierigkeiten sind unseres Erachtens darauf zurückzuführen, dass die im Handel befindlichen Präparate für verschiedene Indikationen zugelassen sind, beispielsweise
Eine generelle Vereinheitlichung der zugelassenen Indikationsgebiete bei Arzneimitteln mit gleichem Wirkstoff würde sicherlich zu mehr Übersichtlichkeit führen. Leider liegt dies jedoch nicht im Einflussbereich der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Ihr als Beispiel genanntes Johanniskraut-Präparat mit einer Zulassung für leichte depressive Verstimmungen wäre, wie schon eingangs erwähnt, nicht verordnungsfähig.
DAZ
Spielt es für die Indikation "mittelschwere Depression" eine Rolle, ob es sich um eine Zulassung gem. § 21 AMG oder um ein fiktiv nach § 105 AMG zugelassenes Präparat handelt?
Dietrich:
Für die bei der Indikation "mittelschwere Depression" verordnungsfähigen Arzneimittel spielt es primär keine Rolle, ob es sich um ein nach § 21 AMG zugelassenes oder sich in der Nachzulassung befindliches Präparat handelt. Entscheidend sind die in der Zulassung genannten Indikationsgebiete sowie die zu berücksichtigenden gesetzlichen Vorgaben (siehe Kasten "Gesetzliche Vorgaben").
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Schließt denn die Indikation "depressive Verstimmungszustände", unter der gerade höher dosierte Johanniskraut-Präparate (z.B. 650 oder 900 mg) fiktiv zugelassen sind, die Indikation "mittelschwere depressive Episoden" mit ein?
Dietrich:
Der Begriff "depressive Verstimmungszustände", der sich in den Angaben zur Anwendung bei diversen Johanniskraut-Präparaten findet, entspricht nicht der Terminologie ärztlich verwendeter Kodierungs- und Diagnoseschlüssel, etwa ICD 10. Mit anderen Worten ist der Begriff "depressive Verstimmungszustände" medizinisch nicht eindeutig definiert und kann somit leichte oder mittelschwere depressive Episoden umfassen. Das heißt, dass Präparate, die für die Indikation "depressive Verstimmungszustände" zugelassen sind, beim Vorliegen einer mittelschweren Depression entsprechend der Arzneimittelrichtlinie 16.4.18 zu Lasten der GKV verordnungsfähig sind.
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Wenn die Johanniskraut-Extrakte, die sich im Nachzulassungsverfahren befinden, den gem.§ 21 AMG zugelassenen Präparaten absolut gleichzusetzen sind, dann liegt also die Therapieentscheidung allein beim Arzt – so er natürlich die Diagnose bestätigen kann?
Dietrich:
Die Entscheidung, welche medikamentöse Therapie bei einem Patienten durchgeführt werden soll, trifft immer der behandelnde Arzt, wobei jedoch die bereits zitierten gesetzlichen Vorgaben sowie die Konkretisierungen in den Arzneimittelrichtlinien zu berücksichtigen sind. Welche der nicht verschreibungspflichtigen Johanniskraut-Zubereitungen er nach der Ausnahmeliste zu Lasten der GKV verordnen darf, darüber kann er sich problemlos anhand der "Roten Liste", die jedem Arzt vorliegt, oder über die im Internet verfügbaren Fachinformationen informieren.
Gesetzliche Vorgaben
Bei der Verordnung von Arzneimitteln hat der Vertragsarzt die gesetzlichen Vorgaben des Arzneimittelgesetzes und des SGB V sowie die hierzu vorgenommenen Konkretisierungen in den Arzneimittelrichtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 zu berücksichtigen. Diese Verpflichtung besteht generell und kann bei Zuwiderhandeln zu haftungs- und leistungsrechtlichen Konsequenzen für den Arzt führen.
Beispielhaft sei hingewiesen auf
Wie der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung konstatiert, war die Selbstmedikation mit apothekenpflichtigen, nicht-verschreibungspflichtigen Medikamenten bereits in der Vergangenheit Usus. Die gesetzliche Regelung, welche die finanzielle Eigenverantwortung des Patienten in diesem Arzneimittelsegment untermauert, sei daher sozialverträglich. Es ist darauf hinzuweisen, dass im Gegensatz zu anderen Regelungen des SGB V der Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus der Erstattungspflicht der GKV nicht primär mit einem Mangel an Wirksamkeits- oder Nutzendaten zu belegen ist, sondern vorrangig andere Kriterien, wie die Schwere der Erkrankung, als Entscheidungsgrundlage dienen. Quelle: Dr. Eva Susanne Dietrich, KBV
Was sagt die Ausnahmeliste?
In der zum 16. März 2004 in Kraft getretenen OTC-Ausnahmeliste hat der Gemeinsame Bundesausschuss festgelegt, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei schwerwiegenden Erkrankungen als Therapiestandard gelten, weiterhin – in den gelisteten Indikationen – der GKV-Leistungspflicht unterliegen. Für Johanniskraut-Präparate ist in der Arzneimittelrichtlinie 16.4.18 geregelt, dass "Hypericum-perforatum-Extrakt (hydroalkoholischer Extrakt, mind. 300 mg pro Applikationsform) nur zur Behandlung mittelschwerer depressiver Episoden" erstattungsfähig ist.
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