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Bundesgesundheitsministerium billigt neue Festbetragsgruppen
Schmidt sieht durch ihre Entscheidung, die Beschlüsse des G-BA zu akzeptieren, den Innovationsschutz in Deutschland nicht in Gefahr: "Wir wollen die Innovationskraft der pharmazeutischen Industrie stärken", erklärte sie in Berlin. So habe man den Dialog mit der Industrie organisiert und sorge dafür, dass die Zulassung von Arzneimitteln "sorgfältig und rasch" erfolgen könne. Auch die Bedingungen für die klinische Forschung würden beständig weiter verbessert.
Die Ministerin betonte, dass Hersteller, die erstmals neue Wirkstoffe bzw. neue Wirkprinzipien entwickeln, auch in Zukunft von Festbeträgen freigestellt bleiben. Dies gelte, bis mindestens zwei weitere pharmakologisch-therapeutisch vergleichbare Wirkstoffe auf den Markt kommen. "Dadurch wird der Anreiz zur Entwicklung echter Innovationen nicht nur erhalten, sondern er wird gestärkt", sagte Schmidt.
Einsparvolumen sonst angeblich nicht erreichbar
Die Ministerin erklärte, man sei der Forderung der forschenden Industrie nachgekommen, zu prüfen, ob es eine finanzneutrale Alternative zu den Beschlüssen des Bundesausschusses gebe. Bei einem Gespräch von Vertretern großer Pharmaunternehmen am 6. Juni im Bundeskanzleramt war man überein gekommen, dass die Bildung von Jumbo-Gruppen – also Gruppen, in denen patentgeschützte Arzneimittel und Generika zusammengefasst sind – nicht erfolgen sollte, wenn das Einsparziel auch anderweitig erreicht werden kann.
Doch die Prüfung durch das Ministerium habe ergeben, dass eine andere Gruppenbildung nicht zum erwünschten Einsparziel führen könne, so Schmidt. Allein mit den ersten vier neuen Gruppen sollen die gesetzlichen Krankenkassen um jährlich 350 Mio. Euro entlastet werden.
Ministerium will auf Transparenz achten
Im Kanzleramt hatte man Anfang Juni auch vereinbart, dass die Regierung dafür Sorge tragen werde, dass die Festbeträge in einem transparenten und überprüfbaren Verfahren festgelegt werden. Das BMGS teilte nun mit, es habe im Rahmen seiner Rechtsaufsicht zur Auflage gemacht, dass der G-BA die konsequente Einhaltung der Schutzvorschriften für neue, innovative Medikamente auch bei künftigen Verfahren gewährleiste. Arzneimittel, die gegenüber anderen Arzneimitteln der gleichen Gruppe eine therapeutische Verbesserung – eingeschlossen geringere Nebenwirkungen – darstellen, sollen weiterhin von der Festbetragsbildung ausgenommen bleiben, so das Ministerium.
Die Beurteilung, ob ein Arzneimittel den anderen Arzneimitteln der Gruppe therapeutisch überlegen ist, soll der G-BA auch künftig auf der Grundlage einer umfassenden Aufbereitung des wissenschaftlichen Erkenntnismaterials und im Rahmen medizinischer Fachgutachten treffen. Seine Fachgutachten sollen allgemein verfügbar gemacht werden, um so Transparenz über seine Entscheidungsgrundlagen herzustellen.
Grüne, Kassen und Generikaverband loben Entscheidung
Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Biggi Bender, erklärte, Schmidt habe mit ihrer Entscheidung "Rückgrat bewiesen". Trotz des heftigen Widerstands der Pharmaindustrie habe sie darauf bestanden, dass diese ihren mit der Gesundheitsreform beschlossenen Solidarbeitrag leiste. Auch der Bundesverband der Betriebskrankenkassen (BKK) begrüßte die Entscheidung. Hierdurch sei für die gesetzliche Krankenversicherung ein Einsparpotenzial von "mehreren hundert Millionen Euro" gerettet worden.
"Der weiteren Umsetzung, also der Anhörung zur Vorbereitung der Festsetzung der Festbetragshöhe, steht nun nichts mehr im Wege", sagte BKK-Sprecher Florian Lanz. Auch der neue Pharma-Verband "Pro Generika" zeigte sich zufrieden mit der Nicht-Beanstandung: "Mit jeder Aufweichung und jeder Ausnahmeregelung wäre die Gefahr gewachsen, dass das Einsparziel nicht erreicht und somit Sinn und Zweck der gesetzlichen Neuregelung verfehlt worden wäre", erklärte Pro Generika-Geschäftsführer Hermann Hofmann.
Kritik aus dem pharmazeutischen Mittelstand
Kritik übte hingegen der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI) Hennig Fahrenkamp: Die Kriterien des G-BA für die Festbetragsgruppenbildung mit patentgeschützten Arzneimitteln seien "unzureichend und stehen nicht im Einklang mit dem Gesetzestext der Gesundheitsreform", monierte er. Als Beispiel nannte er das Thema Nebenwirkungen: Laut Gesetz werden patentgeschützte Wirkstoffe keinem Festbetrag unterworfen, wenn sie "eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen bedeuten."
Der Bundesausschuss interpretiere "geringere Nebenwirkungen" jedoch als "Wegfall oder die erhebliche Verringerung des Häufigkeitsgrades einer schwerwiegenden Nebenwirkung". Eine solche Auslegung sei vom Gesetzestext nicht gedeckt, so Fahrenkamp. Der BPI-Geschäftsführer: "Der Bundesausschuss hat den Gesetzestext in unzulässiger Weise und zum Nachteil der pharmazeutischen Industrie verschärft".
Das Bundesgesundheitsministerium hat die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses über neue Festbetragsgruppen für Arzneimittel am 13. August akzeptiert. Die Spitzenverbände der Krankenkassen können nun beginnen, Festbeträge für Protonenpumpenhemmer, Statine, Sartane und Triptane festzusetzen. Mit ihrer Entscheidung ließ Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt weite Teile der pharmazeutischen Industrie auflaufen.
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