- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 34/2004
- O. Haas, C. ...
Management
O. Haas, C. HilzControllingsoftware für Apotheken &
Anforderungen an eine Controllingsoftware
Konkrete Eingabemasken, vordefinierte Managementcockpits, die automatische Übernahme der betriebswirtschaftlichen Auswertungen der jeweiligen Steuerberater (BWA, Summen- und Saldenliste) sind nur einige Anforderungen, deren Erfüllung für das heutige Apothekenmanagement zwingend nötig ist. Vor diesem Hintergrund werden nachfolgend die betriebswirtschaftlichen und technischen Anforderungen an eine Controllingsoftware für Apotheken aufgestellt, und es werden die unterschiedlichen Softwareprodukte am Markt auf ihre apothekenspezifische Tauglichkeit überprüft und bewertet.
Jede am Markt verfügbare Controllingsoftware hat ihre Besonderheiten, die sie auszeichnet und von anderen abhebt. Eine Selektion unterschiedlicher Produkte bedarf folglich einer genauen Analyse der jeweiligen Anwendungsbedürfnisse. Erst dann kann die Eignung eines Produktes auf die eigenen Anforderungen beurteilt werden. Im Folgenden werden zwölf Bewertungskriterien dargestellt, die die branchenspezifischen Anforderungen eines Apothekencontrolling widerspiegeln.
Apothekenspezifische Software
Die einzusetzende Software sollte kein Standardprodukt sein, das universell für alle Branchen eingesetzt wird. Denn wenn die spezifischen Anforderungen und Eigenheiten des Apothekenmanagements (customizing) schon im Programm enthalten sind, steht dieses Wissen allen Anwendern zur Verfügung und der Bedienungsaufwand hält sich in Grenzen. Dies bezieht sich auch auf die Veränderung künftiger apothekenspezifischer Rahmenbedingungen (z. B. Gesetzesänderungen), die im System abgebildet werden müssen. Derartige Änderungen sollten an einer zentralen Stelle gemacht und allen Apothekern zur Verfügung gestellt werden.
Integrierte Businessplanung
Eine der wichtigsten Anforderungen an eine Controllingsoftware ist, dass
- die GuV (Gewinn- und Verlustrechnung, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Apotheke),
- der Finanzplan (Kontostand des Apothekers) und
- die Bilanz (Bestände aus vergangenen Perioden)
dem Apotheker zur Verfügung stehen.
So wird ein "dreizehntes Monatsgehalt für einen Mitarbeiter im November" im Finanzplan mit seiner tatsächlichen Entstehung der Zahlungsströme berücksichtigt, in der GuV wird aber jeder Monat mit dem zwölften Teil seines Jahresgehaltes belastet. Denn der Mitarbeiter arbeitet jeden Monat für die Apotheke, eine rein finanzielle Betrachtungsweise würde den November zu schlecht rechnen, alle anderen Monate zu gut ausweisen [1]. Die drei betriebswirtschaftlichen Rechensysteme (Gewinn- und Verlustrechnung, Finanzrechnung und Bilanz) müssen also dauerhaft und richtig miteinander verbunden sein. Nur wenn die Beziehungen zwischen den Rechensystemen nach einer einmaligen Definition dauerhaft zur Verfügung stehen, können ganzheitliche Simulationen in kürzester Zeit durchgeführt werden.
Simulationsmöglichkeiten und Variantenrechnungen
Simulationen müssen schnell und richtig erfolgen. Sie sind das Kernstück des Controlling. Nur so können Maßnahmen schnell auf ihre Auswirkungen überprüft werden und bieten dem Apotheker eine fundierte Entscheidungshilfe. Folgende beispielhafte Simulationen müssen "per Knopfdruck" zur Verfügung stehen:
- Simulation sinkender Kundenzahlen, z. B. von 300 Kunden pro Tag auf 250 R Auswirkung auf GuV und Kontostand.
- Simulation der Einstellung einer zusätzlichen PTA R Auswirkung auf GuV und Kontostand.
- Simulation eines bestimmten Mindest-Kontostandes am Ende der Periode R Rückrechnung, wie viel Umsatz hierfür nötig ist bzw. wie viele Kunden zu welchem durchschnittlichen Einkaufsvolumen.
- Simulation von Zahlungszielen bei Lieferantenrechnungen R Auswirkungen auf Kontostand.
Integrierte Darstellung verschiedenartiger Daten in einem System
Dem Apothekenleiter stehen derzeit viele Informationsquellen zur Verfügung. Die Abrechnungsstellen stellen Statistiken über unterschiedliche Verteilungen von Rezeptumsätzen (nach Ärzten, nach Kassen usw.) und Vergleichswerte mit anderen Apotheken zur Verfügung. Daneben können die meisten Apotheker in ihren Warenwirtschaftssystemen alle Details der Zusammensetzung ihres verkauften bzw. bestellten Sortiments einsehen. Zusätzlich liefert der Steuerberater Informationen über die wirtschaftliche Entwicklung vergangener Monate.
All diese Informationsquellen sind wichtig zur Steuerung der Apotheke und als Datengrundlage für eine wirtschaftliche Planung für das nächste Geschäftsjahr bzw. als Entscheidungsunterstützung für Geschäftsvorfälle unentbehrlich:
- Soll die Apotheke umgebaut werden?
- Kann ein neuer Mitarbeiter eingestellt werden?
- Wie viel gebe ich im nächsten Jahr für Marketingaktionen aus? In vielen Apotheken wird die Auswertung der zur Verfügung stehenden Daten zu wenig genutzt. Die Gründe hierfür liegen in
- zu vielen Einzeldaten, die nicht in einem Managementcockpit zur Verfügung stehen, und
- der Verteilung der Daten in unterschiedlichen Systemen, die aber eigentlich gleichzeitig analysiert werden müssten.
Der Apotheker benötigt die managementrelevanten Informationen sofort und auf einen Blick. Eine re-dundante Datenhaltung schafft nur Verwirrung und bedeutet zusätzlichen Pflegeaufwand. Aus diesem Grund müssen diese operativen Daten zwingend in einem System zur Verfügung stehen. Wichtig ist hier, dass der Datenimport aus den Vorsystemen einfach und sicher läuft und der Apotheker sich nicht um technische Details kümmern muss.
Analysefähigkeit im Detail
Neben dem Managementcockpit muss der Apotheker die Möglichkeit haben, hochflexibel die Ursachen von Abweichungen oder Veränderungen entdecken zu können, um gezielt Maßnahmen ergreifen zu können. Das System soll – ähnlich einer Gratwanderung – einerseits eine Datenflut vermeiden und andererseits bei Bedarf Detaildaten einsehbar machen.
Erweiterbar für Power User
Das Programm muss unterschiedlich versierte Anwender gleichermaßen zufrieden stellen und somit flexibel anwendbar sein. Neben leicht erlernbaren Standardfunktionalitäten muss es die Möglichkeit für tiefgreifende Individualisierungen lassen.
Erweiterbar um nicht-monetäre Größen
Eine Controllingsoftware für Apotheken muss neben rein betriebswirtschaftlichen Werten wie Umsatz, Nettoerlös, Rabatte usw. auch die Möglichkeit bieten, statistische Informationen zu verarbeiten (Anzahl Mitarbeiter, Anzahl Kunden, Anzahl Rezepte, Quadratmeter der Apotheke, Quadratmeter Offizin usw.). Aus der Kombination aus beiden können dann aussagekräftige Kennzahlen errechnet werden, die z. B. in Erfa-Gruppen eine hervorragende Vergleichbarkeit von Apotheken zulassen und die Grundlage für Optimierungsansätze sind.
Planungschecklisten
Um die Planung für Apotheker zu erleichtern, die nicht so tief mit der betriebswirtschaftlichen Materie vertraut sind, sollte die Hinterlegung von Planungschecklisten möglich sein, die sowohl die berichteten Sachverhalte kommentieren als auch methodische Unterstützung beim Ergreifen der richtigen Maßnahmen bieten.
Geringer Schulungsaufwand
Der Schulungsaufwand muss aus Zeit- und Kostengründen so gering wie möglich sein.
Einfaches und intuitives Handling sowie Vermeidung von Fehlern
Die Software muss einfach zu bedienen sein. Dem Apotheker steht bei der Vielzahl seiner Aufgaben und Verantwortlichkeiten nur ein kleines Zeitbudget zur Verfügung, um die Daten in der Software zu pflegen (z. B. Möglichkeit eines automatischen Datenimports aus dem System des Steuerberaters oder dem Warenwirtschaftssystems) bzw. um Berichte zu erstellen und Abweichungen zu analysieren. Zusätzlich muss das Programm berücksichtigen, dass die meisten Apotheker nicht über detaillierte betriebswirtschaftliche Kenntnisse verfügen.
Die grundlegenden Beziehungen zwischen betriebswirtschaftlichen Größen sollten im Programm bereits enthalten sein, sodass viele Fehler gar nicht erst entstehen können. Die Software sollte somit im Idealfall lediglich die Managementerwartung des Apothekers abbilden, die Rechenlogik (betriebswirtschaftliche Fleißarbeit) aber selbst übernehmen.
Kosten des Programms
Das Budget von Apotheken für eine Controllingsoftware ist vergleichsweise gering. Bei jeder Funktionalität eines Programms müssen Aufwand und Nutzen sorgfältig abgewogen werden.
Keine Abhängigkeit von Beratern
Bei vielen Produkten ist die Software vergleichsweise günstig, die (zukünftige) Abhängigkeit von externen Beratern dafür umso höher und sehr kostenintensiv. Die Beachtung dieser Folgekosten ist ein entscheidender Faktor, um die Investitionen für die Zukunft so gering wie möglich zu halten.
Vorgehensweise bei der Bewertung
Zuerst wurden alle am Markt gängigen Produkte der Planungs- und Controllingsoftware in einer Longlist erfasst. Viele Produkte hiervon konnten schon bald wieder verworfen werden, weil die Lösungen von vornherein nicht in Betracht kamen. Beispielsweise agieren die anbietenden Firmen noch nicht lange genug am Markt, ihre Referenzliste ist zu kurz oder bei ihren Produkten ist auf den ersten Blick eine integrierte Businessplanung nicht möglich. Nach diesem ersten Selektionsschritt wurden fünf Produkte in einer Shortlist erfasst, die im Folgenden intensiv auf die oben dargestellten apothekenspezifischen Anforderungen überprüft wurden (Benchmarking).
Ergebnisse des Benchmarking
Die ausgewählten Softwarelösungen
- Corporate Planner,
- Microsoft Excel,
- Warenwirtschaftssysteme,
- Apothekenplanner und
- MIS DecisionWare
wurden auf jede der oben dargestellten apothekenspezifischen Anforderungen überprüft und mit einer Zahl von 0 bis 3 bewertet (Abb. 1). Dabei bedeutet
- 0 keine Erfüllung des Kriteriums,
- 1 kaum Erfüllung des Kriteriums,
- 2 gute Erfüllung des Kriteriums,
- 3 sehr gute Erfüllung des Kriteriums.
Bewertung Corporate Planner
Anbieter/Kontakt: Corporate Planner GmbH, www.corporateplanner.de
Bewertung: Der Corporate Planner als Standardprodukt bietet auf den ersten Blick eine gute Umsetzung für eine Apothekensoftware. Die geringe Spezialisierung auf Apotheken (z. B. fehlende Eingabemasken usw.) erschweren dem Apotheker einen schnellen Einstieg in das Programm. Auch die propagierte integrierte Businessplanung entpuppt sich als fehleranfällig, weil die Verknüpfungen vom User selbst vorzunehmen sind, ebenso die Gestaltung der Berichte. Diese zusätzliche Beschäftigung mit betriebswirtschaftlichen Sachverhalten, verbunden mit einem vermehrten Pflegeaufwand, nimmt das Programm dem Apotheker leider nicht ab.
Fazit: Ein gelungenes Programm, das aber zu wenig den Branchenspezifika bzw. der Rolle des Apothekers gerecht wird (20 Punkte).
Bewertung Microsoft Excel
Anbieter/Kontakt: Microsoft, www.microsoft.com
Bewertung: Eine sehr preiswerte Alternative, mit der die Möglichkeiten schier unendlich sind, und genau dort liegt die Gefahr. Der Aufbau eines Apothekencontrolling beginnt auf einem weißen Blatt Papier. Selbst versierte Betriebswirte scheitern an der Komplexität der Verknüpfungen zwischen GuV, Finanzplan und Bilanz.
Fazit: Zum Aufbau eines Apothekencontrolling ist dieses sehr verbreitete Programm zu fehleranfällig. Ferner wird weder ein betriebswirtschaftlicher Standard mitgeliefert, noch werden die branchenspezifischen Eigenheiten von Apotheken berücksichtigt (11 Punkte).
Bewertung Warenwirtschaftssysteme
Anbieter/Kontakt: z. B. Stahl
Bewertung: Sehr gute Lösungen, allerdings aus einem vollkommen anderen Blickwinkel als der des Apothekencontrollers. Vielmehr bedingen sich Controllingsoftware und Warenwirtschaftssysteme. Die genaue Erfassung von Bestellungen, abverkauften Mengen, Beständen usw. sind die Basis, auf denen ein effizientes Controlling aufsetzt. Wenige Informationen aus der Warenwirtschaft werden auf aggregierter Ebene in eine Controllingsoftware übernommen, um dann mit anderen monetären Größen (Steuerberater!) in ein Managementcockpit einzufließen.
Fazit: Für die moderne Apotheke absolut nötig, ersetzt aber in keiner Weise eine Controllingsoftware. Erst die Verbindung mit Daten von Abrechnungsstellen und Steuerberatern bildet die Grundlage eines Apothekencontrolling (8 Punkte).
Bewertung Apothekenplanner
Anbieter/Kontakt: Partnernetzwerk unter www.apothekenplanner.de
Bewertung: Sehr gelungene Lösung, die auf die Anforderungen an ein Apothekencontrolling ausgerichtet ist. Eingabemasken sowie vordefinierte Berichte erleichtern dem Apotheker das Arbeiten. GuV, Finanzplan und Bilanzplanung sind bereits verknüpft, viele Fehlerquellen sind damit schon beseitigt. Die relativ hohen Kosten des Programms können durch standardisierte Internetlösungen gesenkt werden.
Fazit: Gerade für Simulationen (Was-wäre-wenn-Fragen) ein ideales Programm, welches dem Apotheker zeitnah die Auswirkungen von Maßnahmen (Einstellung einer PTA zum 1. 6. oder Marketingaktion zum Apothekenjubiläum o. ä.) ganzheitlich (GuV, Finanzplan, Bilanz) aufzeigt. Eigene apothekenspezifische Schulungen erleichtern dem Apotheker den Einstieg (33 Punkte).
Bewertung MIS DecisionWare
Anbieter/Kontakt: www.misag.com
Bewertung: Sehr gelungen für die Auswertungen von großen Datenmengen. Leider zu wenig auf die apothekenspezifischen Anforderungen ausgelegt, die nicht das Problem der Massendaten haben, sondern schnelle Simulationen in allen drei Rechensystemen erfordern (z. B. wie viel Umsatz müsste die Apotheke erwirtschaften, wenn der Kontostand des Apothekers zum Ende der Periode gleich 10 000 Euro sein soll).
Fazit: Die ganzheitlichen Simulationsmöglichkeiten sind mit einem zu hohen Aufwand verbunden (20 Punkte).
Zusammenfassende Bewertung
Der Überblick auf dem Markt der Controllingsoftware zeigt, dass eine Vielzahl von Produkten die jeweilige Zielgruppe unterschiedlich zufrieden stellt. Für Apotheken zeichnet sich ab, dass es zwei prinzipielle Lösungsmöglichkeiten gibt:
- Für sehr geringe Kosten bietet Microsoft Excel dem Power User alle Möglichkeiten, ein Controlling "von Null an" aufzubauen. Die Möglichkeiten sind unbegrenzt, es gibt jedoch keinerlei Standards, jede Änderung muss selbst durchgeführt werden. Es gibt wenig verlässliche Kontrollen oder automatische Fehlerbeseitigungen.
- Unter den höherpreisigen Produkten bietet der Apothekenplanner eine apothekenspezifische Lösung an, die mit wenig Aufwand dem Apotheker die verschiedenen betriebswirtschaftlichen Sichten auf seine Apotheke erlaubt: GuV, Finanz- und Bilanzrechnung.
Der zweite Teil dieses Beitrags mit einer Fallstudie folgt in der nächsten Ausgabe der DAZ.
Der Wettbewerb im Gesundheitswesen nimmt zu. Nach Ansicht von Experten sind viele Apotheken in ihrer Existenz gefährdet. Damit sie überhaupt eine Überlebenschance haben, benötigen sie eine Leitung mit zeitgemäßem betriebswirtschaftlichem Know-how. Wichtig ist vor allem, dass der Apothekenleiter ein ständiges Controlling der finanziellen Lage durchführt. Dafür gibt es zwar zahlreiche Software-Programme, doch nur wenige werden der besonderen Situation der Apotheke gerecht. Die Programme, die in Frage kommen, werden in diesem Beitrag nach einschlägigen Kriterien bewertet.
Planen und steuern
Wer ohne quantifizierte Planung eine Apotheke leitet, schwimmt wie ein Schiff ohne Steuerungshilfe im stürmenden Meer und kann nur versuchen, aufkommende Windstöße abzufedern. Sinnvoller wäre es aber, schon früh Schlechtwetterfronten zu erkennen und bedrohliche Situationen erst gar nicht entstehen zu lassen.
Die Autoren
Dr. Christian Hilz, Diplom-Kaufmann, ist derzeit Geschäftsführer der TUM-Tech GmbH. Er hat Berufserfahrung als Bereichsleiter Konzerncontrolling bei einem mittelständischen Automobilzulieferer und als Dozent an der Eliteakademie der bayerischen Staatsregierung. E-Mail: Christian.hilz@tumtech.de
Dr. Oliver Haas, Diplom-Kaufmann, ist derzeit Leiter des Geschäftsbereiches Managementberatung der TUM-Tech GmbH. Er hat Berufserfahrung als Assistent der Geschäftsführung bei einem mittelständischen Unternehmen und als Dozent an der European Business School und der TU München. E-Mail: Oliver.haas@tumtech.de Anschrift: TUM-Tech GmbH, Saarstraße 7, 80797 München
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.