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DAZ aktuell
Flensburger Prototyp für das elektronische Rezept ist gestartet
Bei der Präsentation des Prototyps erklärte die schleswig-holsteinische Gesundheitsministerin Dr. Gitta Trauernicht, die "Gesundheitskarte Schleswig-Holstein" setze bundesweite Maßstäbe. Um die für 2006 vorgesehene bundesweite Einführung einer neuen elektronischen Gesundheitskarte zu ermöglichen, biete das Land Schleswig-Holstein allen Akteuren an, sich des Flensburger Modells zu bedienen. Das Land hatte sich bereits am 23. Januar 2004 beim Bundesgesundheitsministerium als Testregion für die bundesweite Gesundheitskarte beworben.
Hintergrund ist der enge Zeitplan für die bundesweite Umsetzung. Am 30. September soll die Entscheidung über die Ausgestaltung der neuen Gesundheitskarte fallen, die im Laufe des Jahres 2005 in Modellversuchen getestet und zum 1. Januar 2006 eingeführt werden soll. Kommt es am 30. September nicht zu einer Entscheidung im Einvernehmen mit der Selbstverwaltung, droht die Ersatzvornahme durch das Bundesgesundheitsministerium. Da das Projekt in Flensburg bisher offenbar hinsichtlich der praktischen Umsetzung am weitesten fortgeschritten ist, dürfte vieles für das Modell aus dem Norden sprechen.
Persönliches elektronisches Postfach
Die ärztliche Verschreibung wird dabei weder als reine Server- noch als reine Kartenlösung gespeichert. Als Mittelweg zwischen diesen beiden in der Vergangenheit vielfach diskutierten Konzepten wurde ein patientenindividuelles elektronisches Postfach in einem Hochsicherheitsbereich gestaltet. Damit orientiert sich das Speicherungskonzept nicht an den einzelnen zu erfassenden Verordnungen, sondern an den Patienten.
Der Arzt sendet die verschlüsselten Verordnungsdaten online in dieses individuelle elektronische Postfach und speichert sie zugleich als Sicherheitskopie auf der Gesundheitskarte des Patienten ab. Auf der Karte selbst werden außerdem die wichtigsten medizinischen Daten des Patienten gespeichert, damit diese im Notfall schnell verfügbar sind. Der Patient allein entscheidet, wer was aus seinem Postfach abrufen darf und wo er welches Rezept einlöst. Dafür ist neben der Karte des Patienten die Karte eines Angehörigen der Gesundheitsberufe erforderlich. Außerdem verwaltet der Patient sein Postfach selbst an Gesundheitsterminals, die in Apotheken, Arztpraxen und Krankenhäusern angeboten werden sollen.
Patientensouveränität im Vordergrund
An dem Prototyp in Flensburg nehmen zunächst 15 und bald 45 Arztpraxen, zwei Kliniken und eine Apotheke teil. Es wurden bereits etwa 100 Karten an Patienten ausgegeben. Im Rahmen des Modellversuchs im nächsten Jahr müssten alle Apotheken der Testregion beteiligt werden. Der Versuch würde sich dann auf die Stadt Flensburg und die ländlichen Randgemeinden erstrecken, erklärte Dr. Peter Froese gegenüber der DAZ. Froese vertritt als Vorsitzender des Apothekerverbands Schleswig-Holstein die Apothekerseite bei der Gestaltung und Umsetzung des Flensburger Modells.
Den zentralen Gedanken der Gesundheitskarte Schleswig-Holstein sieht Froese in der Patientensouveränität. Demnach ist der Patient der alleinige Entscheider. Niemand könne ihn mittelbar oder unmittelbar beeinflussen. Ein weiterer Vorteil des Konzeptes sei die Möglichkeit, die Gesundheitskarte schrittweise einzuführen. Sie funktioniert auch ohne "big bang", die elektronischen Postfächer müssen nicht für alle Patienten am gleichen Tag eingeführt werden, in einer Übergangszeit wären auch noch herkömmliche Verordnungen möglich.
Praktische Vorteile
Außerdem sei die Lösung besonders praktikabel, weil die Arbeit mit der Gesundheitskarte die Versorgungsprozesse in der bestmöglichen Weise abbilde. Wenn die Daten des Patienten beim Arzt gespeichert sind, kann dieser sogar neue Verordnungen an das elektronische Postfach des Patieten senden, ohne dass die Patientenkarte erneut vorgelegt wird. So könnten Urlauber an ihrem Urlaubsort neue Verordnungen ihres heimischen Arztes einlösen.
Neben diesen praktischen Vorteilen machte Froese die politischen Vorteile des Modells deutlich, das im Konsens zwischen allen Beteiligten ausgehandelt worden sei und wegen der Orientierung an den Interessen der Versicherten allgemein akzeptiert werde. Doch dürfte noch viel Detailarbeit zu leisten sein. Schon in den ersten Tagen der Arbeit mit dem Prototyp würden ganz andere Fragen im Vordergrund stehen als in den vorherigen Diskussionen. Im praktischen Betrieb werde sich zeigen, wo neue Kosten- und Nutzenaspekte entstehen und wie sich das Konzept auf die Versorsqualität auswirkt.
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