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Apotheke und Krankenhaus
Krankenhausversorgung zerlegen bedeutet: Apothekenbetriebe zerstören! (Kommenta
Der Anstoß für die Klage beim Europäischen Gerichtshof stammt pikanterweise nicht aus dem europäischen Ausland, sondern von deutschen Krankenhausträgern, die den Einfluss der Apotheker auf ein Minimum reduzieren möchten. Die Geschäftsführungen der Krankenhäuser sehen sich heute der Aufgabe gegenüber, für ihre Gesellschaften Gewinne erwirtschaften zu müssen, wobei das Erreichen dieses Ziels in der jetzigen Zeit zugegebenermaßen schier unmöglich erscheint. Da sich die Einnahmensituation bekanntlich nicht oder nur minimal verbessern lässt, ist die Kostenreduktion die einzige Möglichkeit, diesem Ziel näher zu kommen.
Die unstrittig gut funktionierende Arzneimittelversorgung hat sicherlich ihren Preis. Aber nicht zuletzt der Wettbewerb zwischen Krankenhaus- und krankenhausversorgenden Apotheken hat in den letzten 20 Jahren des § 14 ApoG dazu geführt, dass der Anteil der Arzneimittel an den Gesamtkosten der Krankenhäuser ständig gesunken ist.
Dieses ist umso bemerkenswerter, weil die Arzneimittelsicherheit dagegen ständig gestiegen ist, wie z. B. auf dem Gebiet der Betäubungsmittel und Blutprodukte (Transfusionsgesetz), der Herstellung steriler Lösungen (Zytostatika, Mischbeutel etc.) und der schnellen Durchführung von Arzneimittelrückrufen (Vioxx®) eindrucksvoll zu belegen ist. Die Notfallversorgung war vor 1983 allenfalls in größeren Krankenhausapotheken geregelt, die Umsetzung von Arzneimitteltherapieleitlinien und zwar direkt bei der Bestellung ist gerade erst in den letzten Jahren mehr und mehr realisiert worden. Diese wenigen Beispiele zeigen, dass es sich um Teamleistungen handelt, die nur aus einem gut funktionierendem Betrieb in vergleichbarer Weise zu realisieren sind.
Viele Dienstleistungen, die heute für Krankenhaus- und krankenhausversorgende Apotheken selbstverständlich sind, können nur in Gänze zu den heutigen Bedingungen erbracht werden. Geht es nach den Plänen der Bundesregierung, so soll es einem Krankenhaus künftig auch möglich sein, diese Leistungen von verschiedenen Anbietern abrufen zu können. Die Beratung wird von der Regelbelieferung abgekoppelt und kann sogar von einem Apotheker ohne Apotheke erbracht werden. Der normalen Belieferung sind keine Entfernungsgrenzen mehr gesetzt, dringend benötigte Arzneimittel können bei einer nah gelegenen Apotheke geordert werden.
Wie aber soll eine Apotheke die Spezialarzneimittel eines Krankenhauses für die wenigen Notfälle vorrätig halten, die im Regelfall von weit her angeliefert werden und darüber hinaus sonst keinen Abnehmer finden? Der Verfall solcher Arzneimittel ist vorprogrammiert, der Lückenbüßer vor Ort kann nur unwirtschaftlich und unprofessionell arbeiten.
Als Folge wird eine deutlich höhere Bevorratung auf den Stationen im Krankenhaus entstehen, Notfälle darf es praktisch nicht mehr geben, im Zweifelsfall hat der Patient eben Pech gehabt. Selbst bei der heutigen Belieferung aus der nahegelegenen Apotheke kommt es auf vielen Stationen zu unübersichtlichen Arzneimittelvorräten, sei es weil die Aufbewahrungsschränke nicht optimal ausgestattet sind oder weil das Pflegepersonal wegen Überlastung die Vorräte nur ungenügend pflegen kann. Bei weiterer Reduzierung des Personals und gleichzeitiger Erhöhung der Vorräte kann es nur zu einer gravierenden Verschlechterung der Lagerbedingungen kommen. Die klar strukturierte Arzneimittelvorratshaltung ist jedoch eine Grundvoraussetzung für die Arzneimittelsicherheit zum Wohle des Patienten.
Seit Jahren ist man sich einig, dass die Einführung des Unit-dose-Systems nicht nur das Pflegepersonal entlasten, sondern auch die nicht unbedeutende Dunkelziffer einer falschen Verabreichung von Medikamenten vermindern könnte. Die Einführung der noch sehr teuren Automaten wäre ein ehrgeiziges Ziel für die Zukunft, vor allem bei gleichzeitiger Vernetzung zum Arzt und Patienten. So könnte ein individuelles und sicheres Arzneimittel-Abgabesystem der Zukunft aussehen. Ein größerer Abstand von Apotheke und Krankenhaus lässt dieses Ziel im wahrsten Sinne des Wortes in noch weitere Ferne rücken.
Mit großer Traurigkeit muss man zur Kenntnis nehmen, dass die Ministerin zwar keine Gelegenheit auslässt zu betonen, es müsse eine höhere Qualität im Gesundheitssystem erreicht werden, de facto tut sie aber alles oder nichts, um genau das Gegenteil zu erreichen. Wie soll sich Klinische Pharmazie in einer rein logistisch tätigen Apotheke entwickeln, wo könnte das Interesse aber auch die Möglichkeit eines allein beratend tätigen Apothekers an der Ausbildung junger Kollegen und Kolleginnen liegen? Die Fortschritte der letzten Jahre auf dem Gebiet der Klinischen Pharmazie und das gestiegene Bewusstsein für einen sensiblen Umgang mit Arzneimitteln sind keine leeren Phrasen, das aufgezeigte Horrorszenario keine böse Polemik und Panikmache.
Die heute noch gut funktionierenden Apothekenbetriebe werden durch einen ungleichen Wettbewerb zugrunde gehen. Die Apothekerleistung bleibt nur noch auf dem Papier bestehen, wenn sie auf ein Minimum reduziert wird. Heute muss ein Versorgungsvertrag von der Apotheke eingereicht werden, die Aufsichtsbehörde prüft die räumlichen und personellen Voraussetzungen der Apotheke, die gegebenenfalls auch korrigiert werden können bzw. müssen. Künftig reicht das Krankenhaus die Verträge ein, eine reine Formalie, ausländische Anbieter sind von den deutschen Behörden ohnehin nicht zu erreichen.
Man braucht kein Prophet zu sein, um voraussehen zu können, dass Krankenhausapotheken in gleicher Weise betroffen sein werden. Allenfalls eine zu einem Logistikzentrum degenerierte Apotheke pro Trägergesellschaft wird übrigbleiben, einzelne Wanderapotheker in Sachen Klinischer Pharmazie durch die Lande ziehen und eines Tages eben diese zu Grabe tragen.
In dieser Situation ist es bedauerlich, aber selbst aus taktischen Gründen auch nicht zu verstehen, wenn der Kollege Dr. Steffen Amman als ADKA-Präsident nicht das vorhandene, unbestritten bewährte System verteidigt, wie übrigens sonst alle anderen betroffenen Organisationen, sondern eine andere Aufteilung der Krankenhausversorgung als "zukunftsorientiertes Konzept" vorschlägt (Krankenhauspharmazie 2004, Nr.10,). Den Versorgungsapotheken billigt er dabei die Rolle des Lückenbüßers mit maximal 300 Krankenhausbetten pro Apotheke zu, alle anderen Betten könnten über Krankenhaus- und (neu) Krankenhauszweigapotheken versorgt werden.
Das "neue" Etikett der Krankenhauszweigapotheke macht die frühere Forderung "für jedes Krankenhaus eine Krankenhausapotheke" nicht weniger wirklichkeitsfremd. Auch wenn die ADKA-Führung ein Krankenhaus nur dann als "richtiges Krankenhaus" bezeichnet, wenn es eine eigene Krankenhausapotheke besitzt, so schafft das keine zusätzliche Akzeptanz. Statt die bestehenden Apothekenbetriebe im Krankenhaus zu unverzichtbaren Einrichtungen auszubauen, verliert man sich in träumerischen Zukunftsvisionen.
Für den Stand sind die ständigen Angriffe auf die Existenzberechtigung der Versorgungsapotheker schlimm und manchmal geradezu peinlich. Glauben machen zu wollen, man habe in den eigenen Reihen durchweg die "besseren" Apotheker, erinnert stark an "Hochmut kommt vor dem Fall".
Die in der Klinischen Pharmazie tätigen Krankenhaus- und krankenhausversorgenden Apotheken gehen bei Verwirklichung des jetzt vorliegenden Referentenentwurfs einer ganz gewissen Zukunft entgegen, nämlich ihre Aufgaben werden geteilt, ihr Team zerlegt und die Apothekenbetriebe am Ende zerstört. Wenn man sich nicht einig ist, dann kommt das alles viel schneller als gedacht und das gilt auch für diejenigen, die jetzt noch mit Steinen werfen.
Klaus Grimm. 2. Vorsitzender der BVKA, Kronen-Apotheke Marxen
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