- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 44/2004
- Unsere Habseligkeiten
Die Seite 3
Unsere Habseligkeiten
Sie haben es sicher gehört: Sprachexperten haben das Wort "Habseligkeiten" zum schönsten deutschen Wort gewählt. Mir ist dieses Wort – ehrlich gesagt – im Alltagswortschatz bisher nicht sonderlich aufgefallen. Doch je länger ich mich mit "Habseligkeiten" beschäftige, desto schöner und aussagekräftiger wird es. Auch vor einem apothekerlichen Hintergrund. Wenn dieses Wort, wie es in der Begründung heißt, zwei Bereiche des Lebens verbindet, nämlich den irdischen Besitz und die im irdischen Leben unerreichbare Seligkeit, dann wünsche ich uns allen für die Zukunft viele Habseligkeiten: ein angemessenes Auskommen und das Streben nach einer zufrieden stellenden Tätigkeit. Außerdem meint die Jury, lasse das Wort Habseligkeiten den Eigentümer der Dinge sympathisch und liebenswert erscheinen. Wenn unsere Kunden auch so denken ...
Im wahren irdischen Leben müssen wir allerdings heftig für unsere Habseligkeiten kämpfen. Aktuelles Beispiel: Der Bundesverband der Betriebskrankenkassen hat mit der niederländischen Europa Apotheek in Venlo eine Rahmenvereinbarung geschlossen: Wenn BKK-Versicherte ihre Rezepte dort einlösen, erhalten sie einen Bonus von 3 Prozent je Packung, mindestens 2,50 Euro und maximal 15 Euro, wodurch sich deren Zuzahlungsbelastung verringert. Für OTC-Produkte und Privatrezepte gewährt die Versandapotheke 10 Prozent Rabatt (maximal 15 Euro). Die Bildzeitung titelte: "10 Prozent Rabatt auf Viagra." Die Betriebskrankenkassen selbst, so heißt es, sollen bei den auf Kassenrezept verschriebenen Arzneimitteln ebenfalls einen Rabatt bekommen, über dessen Höhe nichts zu erfahren war. Alles ist natürlich vollkommen legal und zertifiziert. Kein Wunder – die niederländische Apotheke muss sich nicht nach den deutschen Bestimmungen des GKV-Modernisierungsgesetzes richten. Vielen Dank, liebes Bundesgesundheitsministerium, für die grandiose Öffnung des Marktes und den vorauseilenden Gehorsam, den Versandhandel auch für Verschreibungspflichtiges zu öffnen, und für die "gleich langen Spieße". Selbst wenn eine deutsche Apotheke hier mithalten wollte, sie dürfte es nicht und würde als Gesetzesbrecherin abgestraft. Was hat das bitte mit "mehr Wettbewerb" zu tun?
Auch DocMorris machte in der letzten Woche wieder von sich reden. Die niederländische Versandapotheke, die seit mehr als einem halben Jahr Ausschau nach einem neuen Investor hielt, ist nun fündig geworden: Laut einem Bericht in der Frankfurter Sonntagszeitung haben die bisherigen Teilhaber (3i und Dr. Neuhaus Techno Nord) insgesamt 46 Prozent der Anteile an den Finanzinvestor HgCapital verkauft. DocMorris-Chef Däinghaus ist zudem zuversichtlich, 2006 an die Börse zugehen, wenn er seinen angestrebten Umsatz von 300 Millionen Euro erreicht hat (in diesem Jahr sollen es bereits 230 Millionen werden). Anruf eines Apothekers vor zwei Wochen: "Warum tun wir deutschen Apotheker uns nicht zusammen und kaufen selbst DocMorris?" Das wäre vielleicht eine Überlegung wert gewesen – jetzt ist's erstmal zu spät.
Schauen wir nach innen, auf diejenigen, die sich an der Spitze unseres Berufes für unsere Habseligkeiten einsetzen: unsere Berufspolitiker. Ende November, Anfang Dezember stehen Neuwahlen an für die ABDA, die Bundesapothekerkammer (BAK) und den Deutschen Apothekerverband (DAV). Als Kammer- und Verbandsmitglied haben Sie zunächst keinen direkten Einfluss auf den Ausgang der Wahlen, die Satzung hat keine basisdemokratische Abstimmung vorgesehen. Gewählt wird im inneren Zirkel – und da scheint es mit der innerverbandlichen Demokratie zu hapern. Ein Antrag der Landesapothekerkammer Hessen machte offenkundig, dass Grundsätze für eine geheime Wahl bei der ABDA nicht eingehalten werden. Welche Kammer und welcher Verband wen wählt, lasse sich zurückverfolgen (lesen Sie hierzu meinen Meinungsbeitrag auf Seite 24). Während die Bundesapothekerkammer dieses Procedere vor vier Jahren änderte, entschied sich der ABDA-Gesamtvorstand erneut dagegen. Was steckt dahinter? Wir wissen es nicht.
In unserem DAZ-Politbarometer stellen wir Ihnen die Sonntagsfrage: Welchen Berufspolitiker würden Sie zum ABDA-Präsidenten, BAK-Präsidenten und DAV-Vorsitzenden wählen, wenn am nächsten Sonntag Wahl wäre und wenn Sie wählen dürften? Machen Sie mit bei unserer Umfrage und faxen Sie uns Ihre Vorschläge zurück! Das DAZ-Politbarometer finden Sie auf Seite 19.
Peter Ditzel
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.