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- DAZ 47/2004
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Die Seite 3
Katerstimmung
ABDA-Präsident Friese und BAK-Präsident Metzger treten bei den in Kürze anstehenden Neuwahlen nicht mehr an. Man wolle Jüngeren Platz machen – so war zu hören. Dass es auch noch andere Motive für den Rückzug gibt, ist anzunehmen. ABDA, BAK und nicht zuletzt der für die wirtschaftlichen Belange hauptsächlich zuständige Deutsche Apothekerverband (DAV) sind in der letzten Reformrunde, die uns das GKV-Modernisierungsgesetz beschert hat, grandios gescheitert. Erstmals mussten Veränderungen hingenommen werden, die bewährte dezentrale Strukturen massiv schwächen. Der Apotheker als (freier) Heilberuf wird nachhaltig geschwächt. Es ist, anders als in früheren Reformrunden, nicht bei wirtschaftlichen Belastungen geblieben.
Dass daran Friese und Metzger eine besondere persönliche Schuld trifft, scheint zweifelhaft. Wer unter den zur Diskussion stehenden Alternativen hätte es besser gemacht? Verwundern muss, dass beim DAV – nach Sozialgesetzbuch immerhin die zuständige Spitzenorganisation für das Mit- und Gegeneinander mit den Krankenkassen – alles beim Alten bleiben soll. Auch dort gilt: Es geht nicht um persönliche Schuld, um das kleinliche Aufrechnen von gelungenen Auftritten mit mancherlei Ungeschicklichkeiten.
Überzeugender wäre gewesen, wenn das Führungstrio mit einem Paukenschlag gemeinsam Konsequenzen gezogen hätte, als das Scheitern ihrer Anstrengungen klar war. Das wäre ein Signal gewesen, auch an die Politik. Jetzt, ein Jahr später hat der Rückzug ein Gschmäckle: er kann allzu leicht mit schwindenden Chancen, noch einmal bei der Wahl in den Gremien reüssieren zu können, in Verbindung gebracht werden. Wie sonst sollte man rechtfertigen können, dass DAV-Chef Keller ein weiteres Mal antritt, Friese und Metzger aber nicht?
Wer auch immer die Nachfolgepositionen einnimmt – wir wünschen ihr oder ihm eine glückliche Hand, Fortune, Durchsetzungskraft und vor allem Erfolg. Massenhafte Termine mit Staatssekretären und Ministern sind noch kein Erfolgsausweis. Die so genannte Basis will – so scheint es – neue Gesichter. Allerdings muss man vorsichtig sein: aus jenen 200 Stimmen, die bei der kleinen Umfrage der DAZ geantwortet haben, kann man sicher keine weitreichenden Schlüsse ziehen.
Katerstimmung in den Berufsorganisationen, Katerstimmung auch bei der Ministerin?
Pfizer macht von seinem (durchaus nicht risikolosen) Recht Gebrauch, den Preis seines Statins Atorvastatin (Sortis®) nicht auf das Festbetragsniveau abzusenken. Patienten, die weiter mit Sortis behandelt werden, müssen also demnächst zusätzlich zur normalen Zuzahlung einen nicht unbeträchtlichen Eigenanteil übernehmen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hatte alle Statine in eine "Jumbo-Gruppe" gesteckt. Das patentgeschützte Sortis findet sich dort z.B. neben Simvastatin, zu dem es inzwischen eine Fülle von Generika gibt.
Pfizer argumentiert, das noch patentgeschützte Atorvastatin gehöre nach Gesetzeslage nicht in diese Großgruppe, weil es nachgewiesene Vorteile gegenüber anderen Statinen besitze. Man beruft sich dabei u.a. auf die "Prove it"-Studie, die im Vergleich zu Pravastatin wichtige Vorteile von Atorvastatin nachweist – eine Studie zudem, die vom Pravastatin-Hersteller BMS initiiert worden sei. Unabhängig von der Frage, ob diese Argumentation trägt – in jedem Fall steht es nach der deutschen Festbetragsregelung einem Hersteller frei, einen Preis oberhalb des Festbetrages zu verlangen. Festbeträge sind keine Höchstpreise, sie legen (für die GKV) nur eine Erstattungsobergrenze fest.
Wenn und wie sich die Ministerin über Pfizer heftig moralisch empört, zeigt nur, dass sie ihr eigenes Gesetz nicht verstanden hat. Es zeigt auch, wie absurd und konfliktträchtig die Innovationsschutzklausel des Gesetzes ist. Neue, patentgeschützte Arzneimittel, die eine Verbesserung, auch wegen geringer Nebenwirkungen darstellen, dürfen danach nicht in eine Festbetragsgruppe gezwängt werden.
Frühzeitige Festlegungen in der Frage, ob ein neues Arzneimittel in diesem Sinn als innovativ anzusehen ist, sind sehr häufig unmöglich oder fehlerhaft. Sie sind zudem kontraproduktiv, insbesondere wenn damit – wie bei der Nutzenbewertung des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) – ein Sanktions- oder Belohnungsmechanismus in Gang gesetzt wird. Schädlich sind die frühzeitigen Festlegungen unabhängig vom Ergebnis: sowohl falsch positive wie falsch negative Einstufungen blockieren oder erschweren nachhaltigen Fortschritt in der Arzneitherapie.
Kapiert die Ministerin, was sie anrichtet? Ein aktuelles Beispiel: Astra Zeneca erwägt, seinen neuen Lipidsenker Crestor® gar nicht erst in den deutschen Markt zu bringen, weil man befürchtet, dort ebenfalls sofort in die Jumbo-Festbetragsgruppe der Statine zu geraten – mit der Folge, auch international keinen attraktiven Preis mehr erzielen zu können.
Klaus G. Brauer
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