Selbstmedikation

Halsschmerzen – kein Problem!

Fast jede Erkältung beginnt mit Halsschmerzen. "Kein Problem!", denken Ihre Kunden und kaufen eine Packung Lutschbonbons aus der Freiwahl. Nun sind Halsschmerzen zum Glück meist kein Problem und gehen genauso schnell vorbei, wie sie gekommen sind. In einigen Fällen sind Halsschmerzen jedoch ein Symptom, das nicht bagatellisiert werden darf.

Bei den meisten Virusinfekten der oberen und unteren Luftwege sind Hals- und Schluckschmerzen (Befund meist Pharyngitis und Tonsillitis) ein häufiges Symptom, das im weiteren Verlauf des Infekts unter anderen Beschwerden, wie Schnupfen und Husten, zurücktritt. Um abzuklären, ob es sich bei den zu behandelnden Halsschmerzen tatsächlich um einen einfachen Virusinfekt handelt, sind einige grundsätzliche Fragen erforderlich

Halsschmerzen im Verlauf eines Virusinfekts

Akute Halsschmerzen werden oft als brennende Empfindung im Rachenraum beschrieben. Häufig leiden die Patienten gleichzeitig unter Schluckbeschwerden und berichten von einer Rötung im Hals-Rachen-Raum. Bestehen diese Symptome erst seit wenigen Tagen, sind sie nur leicht ausgeprägt, besteht die Möglichkeit, sie selbst zu behandeln. Bei starken Schluckbeschwerden und gleichzeitig bestehendem Fieber sollten die Patienten einen Arzt aufsuchen, um eine Diagnose einzuholen.

Viel Trinken

Einfache Halsschmerzen können bereits mit Wärmeanwendungen, wie Halswickel und Trinken von heißen Getränken, zur Steigerung der lokalen Abwehr gelindert werden. Als Teedrogen kommen hier vor allem Salbeiblätter und zur Reizlinderung Eibischwurzel, Primelwurzel, Wollblume, Huflattichblätter und Isländisch Moos in Frage. Allgemeine Tipps beinhalten das Befeuchten der Schleimhäute durch Lutschen von Bonbons, ausreichender Flüssigkeitsaufnahme und Befeuchten der Raumluft, und das Vermeiden von Reizstoffen wie scharfe Speisen, Alkohol und Nikotin. Die Schmerzen selbst können mit lokalanästhetischen Wirkstoffen wie Benzocain, Lidocain oder auch Ambroxol in Form von Lutschtabletten gelindert werden. Bei starken Schmerzen können auch systemische Analgetika angewendet werden.

Ausreichend lange Gurgeln

Neben der symptomatischen Behandlung ist eine lokale Keimreduktion im Mund- und Rachenraum sinnvoll. Hierfür werden Lutschtabletten, Rachensprays und Gurgellösungen verwendet. Empfehlenswert sind vor allem Lutschtabletten und Rachensprays, die in tieferen Rachenabschnitten wirken können. Zu bedenken ist, dass durch die Verwendung von Gurgellösungen zwar die Schleimhäute der Mundhöhle behandelt werden. Rachenhinterwand und Schlund werden beim Gurgeln jedoch nicht erreicht, weil bei Kontakt mit dem vorderen Gaumenbogen der Würgereflex die Benetzung tieferer Schleimhautbezirke verhindert. Nach einer ausreichenden Einwirkzeit von einer Minute wird empfohlen, den Mund nicht auszuspülen, um die Kontaktzeit zu erhöhen und Reste von gegurgelter Lösung mit dem Speichel zu verschlucken.

Quartäre Ammoniumverbindungen wie Benzalkoniumchlorid, Cetylpyridiniumchlorid und Cetrimoniumbromid in Rachensprays wirken nur schwach gegen Viren und Bakterien. Stärker wirksam sind Chlorhexidin und Hexetidin, die sowohl bakterizide als auch virustatische Eigenschaften besitzen. Die regelmäßige Anwendung Chlorhexidin-haltiger Gurgellösungen führt zu reversiblen Zahnverfärbungen. Deshalb soll die Anwendungszeit auf zehn Tage begrenzt bleiben. Das größte Wirkspektrum zur Keimreduktion besitzen Povidon-Iod-haltige Gurgellösungen, die leider wegen des Geschmacks oft abgelehnt werden. Bei der Anwendung sind Kontraindikationen, wie Iodallergie und Hyperthyreose zu beachten.

Für die Behandlung eines viralen Atemwegsinfekts sollten drei bis vier Tage ausreichen. Wenn bis dahin die Halsschmerzen nicht deutlich nachgelassen haben, sollte der Patient einen Arzt zur Abklärung der Diagnose und weiteren Behandlung aufsuchen.

Grundsätzliche Fragen im Verlauf eines Beratungsgesprächs

  • Wer ist der Patient? Kinder unter zwei Jahren, Schwangere und Stillende und multimorbide Patienten sollten auch scheinbar leichte Beschwerden ärztlich behandeln lassen.
  • Welche Beschwerden sollen behandelt werden und wie lange bestehen die Beschwerden bereits? Nur leichte Beschwerden, die erst seit wenigen Tagen bestehen, können in der Selbstmedikation behandelt werden. Starke Beschwerden und langanhaltende oder immer wieder kehrende leichte Beschwerden müssen durch eine ärztliche Diagnose abgeklärt werden.
  • Welche Behandlung hat der Patient bis jetzt schon durchgeführt? Wenn empfehlenswerte Mittel der Selbstmedikation keine ausreichende Wirkung zeigen, ist eine Beratung über die korrekte Anwendung angezeigt. Der Patient braucht zudem Informationen darüber, in welcher Zeit er mit einer Besserung seiner Beschwerden rechnen kann. Bei ausbleibender Besserung ist ein Arztbesuch anzuraten.
  • Welche anderen Arzneimittel nimmt der Patient ein? In seltenen Fällen kann die Falschanwendung von Arzneiformen zu Halsschmerzen führen. Dazu gehört z. B. die Einnahme alkoholischer Tropfen in unverdünnter Form, das Schlucken von Brausetabletten ohne vorheriges Auflösen, die Einnahme von peroralen Arzneiformen ohne ausreichende Flüssigkeitsaufnahme.

Starke Schluckschmerzen – besser gleich zum Arzt!

Isolierte Schluckschmerzen werden medizinisch Angina (lat. Enge) genannt. Der Schluckvorgang selbst ist nicht behindert, Speisen können jedoch nur unter recht heftigen Schmerzen geschluckt werden. Andere Symptome, wie schneller Temperaturanstieg, Fieber über 39°C, geschwollene regionale Lymphknoten und eitrig belegte Tonsillen können unterschiedlich stark ausgeprägt sein und dienen nicht zur eindeutigen Abgrenzung gegen virale Infektionen. Die Diagnose kann nur über einen Rachenabstrich erfolgen. Die häufigsten Auslöser sind Streptokokken unterschiedlicher Serotypen.

Auch Scharlach wird durch Streptokokken ausgelöst. Trotz ihrer Alltäglichkeit und Banalität sollte eine Streptokokken-Angina sorgfältig behandelt und überwacht werden, da sie schwere Erkrankungen von Herz, Nieren und Gelenken auslösen kann. Diese Infektion hinterlässt übrigens keine Immunität, sondern im Gegenteil eine erhöhte Anfälligkeit für neue Infektionen, so dass hier eine Antibiose von großem Nutzen ist.

Tab. 1: Häufige Diagnosen mit dem Leitsymptom "Halsschmerzen"

DiagnoseUrsache
virale akute PharyngitisMyxo-, Adeno-, Entero- Rhinoviren u. a.
Streptokokken-AnginaStreptokokken-Serotypen, ca. 80 verschiedene
Mononucleosis ingectiosaEpstein-Barr-Virus
HerpanginaCoxsackie-A-Virus
chronische Pharyngitisexogene Noxen (Rauchen, hochprozentiger Alkohol), Umweltfaktoren (trockene Luft, Stäube), ständige Mundatmung, Bestrahlung im Halsbereich, Refluxkrankheit

Starke Halsschmerzen mit hohem Fieber und allgemeinen Lymphknotenschwellungen können Symptome des so genannten Pfeifferschen Drüsenfiebers (Mononucleosis infectiosa) sein. Es tritt bei Schulkindern und jungen Erwachsenen gehäuft auf. Erreger ist das Epstein-Barr-Virus. Die Krankheit hinterlässt eine lebenslange Immunität. Andere Auslöser für Schmerzen im Mund- und Rachen-Raum können Herpesviren sein. Im Verlauf dieser Erkrankung treten eine Vielzahl von Aphthen im Bereich der Mundschleimhaut auf. Die Patienten klagen über ein schweres Krankheitsgefühl und starke Schluckbeschwerden. Bei Schluckbeschwerden, Mundbrennen und weißen Belägen im Mundbereich ist an eine Mykose zu denken. Bei allen diesen genannten Erkrankungen ist eine Selbstmedikation abzulehnen und eine ärztliche Therapie erforderlich.

Schluckbehinderungen – nichts für die Selbstmedikation

Schluckbeschwerden können auch ohne Schmerzen auftreten. Manchmal besteht ein Fremdkörper- oder Kloßgefühl, das sich vor allem beim bewussten Leerschlucken ohne Nahrungsaufnahme immer weiter verschlimmert. Hier können psychische Belastungen die Ursache sein. Echte Schluckbehinderungen mit oder ohne Schmerzen können zahlreiche Ursachen haben, von Zysten und gutartigen Tumoren am Kehlkopfeingang über narbige Strikturen des Ösophagus bis hin zu Fremdkörpern und malignen Tumoren im gesamten Mund- und Rachenbereich.

HALSSCHMERZEN lassen sich effektiv in der Selbstmedikation mit lokalanästhetischen Lutschtabletten 
lindern. Voraussetzung für die erfolgreiche Selbstbehandlung ist die richtige Einschätzung der Symptome. 
(Quelle: Selbstmedikation für die Kitteltasche, Deutscher Apotheker Verlag, 2004)

 

Bei längeren Beschwerden ärztliche Diagnose erforderlich

Alle lang andauernden Beschwerden (Pharyngitis chronica) sind ärztlich abzuklären, um eine ursächliche Behandlung anzustreben. Allgemeine Empfehlungen sind hier Vermeidung der ursächlichen Noxen, lokale Pflege mit Retinolpalmitat-haltigem Nasenöl und Spülungen mit Kamillenextrakt und Salzlösung.

Dr. Kirsten Lennecke, Sprockhövel

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