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Arzneimittel und Therapie
Frühes Mammakarzinom: Nutzen einer Bestrahlung hinterfragen
Ein Mammakarzinom kann heute in vielen Fällen brusterhaltend operiert werden. An den chirurgischen Eingriff schließt sich eine Bestrahlung an, um die Rate ipsilateraler Rezidive zu senken. Bei hormonrezeptorpositiven Tumoren wird zusätzlich eine Hormontherapie mit Tamoxifen oder Aromatasehemmern durchgeführt, um ein Wiederauftreten der Erkrankung zu verhindern. Da bei über 70-jährigen Frauen die Rezidivrate bei einem früh erkannten Mammakarzinom relativ gering ist, stellt sich die Frage, ob auf die Bestrahlung verzichtet werden kann, da diese die Lebensqualität beeinträchtigt und darüber hinaus zusätzliche Kosten verursacht. Mit diesem Thema befasste sich eine amerikanische, multizentrische Studie.
Bestrahlung beeinflusst Lebensqualität
Zwischen 1994 und 1999 wurden randomisiert 636 Frauen über 70 Jahre ausgewählt, die an einem rezeptorpositiven Mammakarzinom in einem frühen Stadium erkrankt waren. Das Karzinom wurde brusterhaltend durch eine Lumpektomie entfernt. 317 Frauen wurden anschließend strahlentherapeutisch behandelt (insgesamt 45 Gy aufgeteilt auf 25 Tage mit jeweils 1,8 Gy) und erhielten im Anschluss täglich 20 mg Tamoxifen während fünf Jahren.
Die 319 Patientinnen der Vergleichsgruppe wurden nicht bestrahlt und bekamen fünf Jahre lang täglich 20 mg Tamoxifen. Primäre Studienendpunkte waren die Zeit bis zum Wiederauftreten der Erkrankung, die Häufigkeit einer Mastektomie nach erneutem Tumorwachstum, das brustkrebsspezifische Überleben, das Gesamtüberleben sowie die Zeit bis zum Auftreten von Fernmetastasen. Sekundäre Studienendpunkte waren Nebenwirkungen der Therapie wie Brust- und Schulterschmerzen, Ödeme, Hautveränderungen und Fibrosen sowie das kosmetische Ergebnis.
Glossar
- Lumpektomie: Brusterhaltende chirurgische Technik zur Entfernung des Tumors mit einem knappen Schnittrand von ca. 1 bis 3 mm im gesunden Gewebe
- Mastektomie: Entfernung der ganzen Brust
- Ipsilaterales Rezidiv: Wiederauftreten der Erkrankung an derselben Brust
- Bestrahlung: Durch eine Bestrahlung sollen Lokalrezidive verhindert werden. Drei bis sechs Wochen nach der Operation wird über einen fünf- bis sechswöchigen Zyklus hinweg fünfmal pro Woche bestrahlt. Die Gesamtstrahlendosis liegt bei 45 bis 55 Gy und wird in Einzeldosen von weniger als zwei Gy aufgeteilt. Eine Bestrahlung dauert rund zwei Minuten und führt zu sonnenbrandähnlichen Beschwerden.
- Tamoxifen: Tamoxifen ist ein selektiver Estrogenrezeptor-Modulator (SERM) mit teils estrogenen, teils antiestrogenen Eigenschaften. Am Brustgewebe hat Tamoxifen antiestrogene Eigenschaften und verhindert ein hormonabhängiges Tumorwachstum.
- Estrogenrezeptor: Postmenopausal finden sich bei 70 bis 80% aller Brustkrebspatientinnen Estrogenrezeptoren. Ein rezeptorpositiver Status ist prognostisch günstiger als ein negativer Status. Ein frühes, rezeptorpositives Mammakarzinom wird bei älteren Patientinnen in der Regel endokrin mit Tamoxifen oder Aromatasehemmern behandelt.
Kein zusätzlicher Benefit durch die Bestrahlung
Nach fünf Jahren waren noch 87% der mit Tamoxifen und Strahlen behandelten und 86% der nur mit Tamoxifen therapierten Frauen am Leben. Dieser Unterschied ist nicht signifikant, wie sich auch die Mastektomieraten und die Häufigkeit von Fernmetastasen in beiden Gruppen nicht unterschieden. Die Rate lokaler oder regionaler Rezidive betrug nach fünf Jahren bei den mit Tamoxifen und Strahlen therapierten Frauen 1% und lag in der Vergleichsgruppe bei 4%. Der Verzicht auf eine zusätzliche Bestrahlung führte zu besseren kosmetischen Ergebnissen und weniger Nebenwirkungen.
Dr. Petra Jungmayr, Esslingen
Quelle
Hughes K., et al.: Lumpectomy plus Tamoxifen with or without irradiation in women 70 years of age or older with early breast cancer. N. Engl. J. Med. 351, 971 – 977 (2004).
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