Arzneimittel und Therapie

Demenzerkrankungen: Lebensqualität von Pflegenden verbessern

Ginkgo-biloba-Extrakt hilft bei Demenz, dies ist vielfach erwiesen. Eine offene Kohortenstudie, die den Einfluss auf die Lebensqualität der Angehörigen von Demenz-Kranken in einem Fragebogen erfasste, ergab, dass Ginkgo auch den pflegenden Angehörigen zugute kommt.

Dass die Behandlung mit Ginkgo dem Alzheimer-Patienten Nutzen bringt, ist in zahlreichen Studien mit dem Spezialextrakt EGb 761® belegt und in einer kürzliche Metaanalyse der Cochrane Collaboration von 33 randomisierten, plazebokontrollierten, doppelblinden Studien nochmals bestätigt worden. Demnach verbessert Ginkgo die kognitive Leistungsfähigkeit, die Stimmung und die Möglichkeit zur Ausübung von Alltagsaktivitäten der Kranken praktisch ohne Nebenwirkungen oder unerwünschte Ereignisse. Bemängelt wurde von den Autoren, dass es in den Studien keine Angaben zur Lebensqualität gibt. Wie sollen diese aber bewertet werden, wo es sich dabei doch um subjektive Beurteilungskriterien handelt?

Pflegepersonen häufig selbst anfällig

Wer demenzkranke Angehörige pflegt, wird häufig selber krank, stellte eine kürzliche Metaanalyse aus 23 Studien unter Einbeziehung von 3072 Angehörigen zwischen 55 und 75 Jahren fest: Bei ihnen wurde eine höhere Konzentration von Stresshormonen, eine herabgesetzte Immunantwort und generell eine schlechtere subjektive Gesundheit festgestellt im Vergleich zu Personen ohne eine solche Belastung. Geht es aber dem Kranken besser, fühlt sich auch der Pflegende erleichtert.

Studienziel: Lebensqualität von Angehörigen

Auf dieser Beobachtung basiert eine Studie der Marburger Universitätsklinik, die vor zwei Jahren in 133 Arztpraxen in ganz Deutschland durchgeführt wurde. Erstmals wurde der Einfluss eines Ginkgoextraktes (EGb 761®) auf die Lebensqualität von pflegenden Angehörigen als primäres Studienziel geprüft, ausgewertet in Relation zur Verbesserung der kognitiven Fähigkeit und der Lebensqualität des Patienten nach Einnahme des Ginkgopräparates.

Ausgewertet wurden die Daten von 683 Patienten. Alle (60% weiblich) waren seit mindestens zwei Jahren an Demenz erkrankt, der Altersdurchschnitt lag bei 74 Jahren und alle wurden von nahen Angehörigen (Partner oder Kind) betreut. 281 Patienten erhielten 120 mg Ginkgoextrakt pro Tag, die anderen eine beliebige Medikation. Jeweils zu Behandlungsbeginn und nach zwei bzw. zwölf Monaten wurden die kognitive Leistungsfähigkeit der behandelten Patienten und die Lebensqualität der Angehörigen in einem eigens für diese Studie entwickelten Fragebogen abgefragt.

Jährliche Betreuungskosten reduziert

Die Studie lieferte überraschend eindeutige Ergebnisse: 120 mg EGb 761® täglich verbessert die Gedächtnisleistung, die Alltagsaktivitäten und die Stimmung von Demenzkranken, und die Lebensqualität von Angehörigen in allen gemessenen Bereichen wie Leistungsvermögen, Genussfähigkeit, positive und negative Stimmung, Kontaktvermögen und Zugehörigkeitsgefühl. Der Nutzen war bereits nach drei Monaten erkennbar und verbesserte sich über die gesamte Studiendauer. Sozusagen als "Sideeffect" ergab sich für das Phytopräparat eine Kostensenkung der jährlichen Betreuungskosten von ca. 3600 auf 3000 Euro.

Hierbei handelt es sich um die erste Studie, die

  • die reale Versorgungssituation von Demenzpatienten in Deutschland erfasst,
  • die Familie als von der Demenz betroffenes System berücksichtigt und
  • die Lebensqualität als primären Eckpunkt heranzieht.

Fazit: Ginkgo hilft den Angehörigen ebenso wie den Kranken!

Ginkgo fördert die Funktion der Mitochondrien

Die längerfristige Einnahme von Ginkgo-biloba-Extrakt kann zu einer Verbesserung kognitiver Funktionen wie Gedächtnis, Lernfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit führen, der direkte Mechanismus der kognitionsverbessernden Wirkung ist jedoch unklar. Erst durch jüngste Untersuchungen zur Mitochondrienfunktion konnte ein relativ einfaches Wirkprinzip für Ginkgo formuliert werden: Ginkgo erhöht die Verfügbarkeit des zellulären Energieträgers Adenosintriphosphat (ATP) in Nervenzellen, was direkt zu einer verbesserten kognitiven Leistungsfähigkeit führen kann. Untersuchungen zeigten, dass Ginkgo-biloba-Extrakt zum Teil schon in geringen Konzentrationen die Funktionsdefizite von geschädigten Mitochondrien verbessert und auch dazu führt, dass sie wieder mehr ATP bilden.

Nicht nur an Zellen, auch am Patienten ließ sich nachweisen, dass eine Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit mit einer Optimierung des zellulären Energiestoffwechsels im Gehirn parallel geht. Möglich war dies durch Untersuchung einer kalifornischen Arbeitsgruppe: Ältere Personen mit einer milden und noch nicht die Alltagskompetenz beeinträchtigenden kognitiven Störung wurden entweder mit Plazebo oder mit Ginkgo-biloba-Extrakt EGb 761® über ein halbes Jahr behandelt.

Die Teilnehmer wurden vorher und nachher sowohl im Hinblick auf ihre kognitive Leistungsfähigkeit als auch mit einem bildgebenden Verfahren, der Positronen-Emissions-Tomographie, im Hinblick auf ihren Energiestoffwechsel im Gehirn untersucht. Diese Methode erfasst jetzt zwar nicht direkt mitochondriale Funktionen, bestimmt jedoch die Glucoseaufnahme in die Hirnzelle. Immer dann, wenn die Mitochondrien viel Glucose in ATP umwandeln, also gut funktionieren, wird auch viel Glucose aus dem Blut aufgenommen.

Ist die Mitochondrienfunktion beeinträchtigt, nimmt die Nervenzelle deutlich weniger Glucose aus dem Blut auf. Es konnte gezeigt werden, dass zwar in beiden Gruppen nach einem halben Jahr eine kognitive Verbesserung in bestimmten Messskalen nachweisbar war, dass diese aber nur bei der mit EGb 761® behandelten Gruppe signifikant war. Mit der PET-Untersuchung wurde deutlich, dass bei den Personen, die eine Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit zeigten, auch die Glucoseverfügbarkeit im rechten und linken Schläfenbereich des Großhirns signifikant verbessert war. ck

 

Quelle
Prof. Dr. Walter E. Müller, Niederursel: Pressekonferenz Tebonin®: "PET-Untersuchungen aus Kalifornien zeigen: EGb 761® erhöht die zelluläre Energie im Gehirn von Patienten", Karlsruhe, 31. Juli 2004, veranstaltet von der Dr. Willmar Schwabe Arzneimittel GmbH, Karlsruhe.

Renate Seitz, Emmering

Quelle 
Priv.-Doz. Dr. Michael Koller, Marburg: Pressekonferenz „Beispiel Demenz: Ginkgo-Studie zeigt, was die Lebensqualität der Angehörigen mit der Gedächtnisleistung des Patienten zu tun hat.“, München, 6. Oktober 2004, veranstaltet vom Komitee Forschung Naturmedizin, 
München. 
Birks, J.; E. J. Grimley: Ginkgo Biloba for cognitive impairment and dementia (Cochrane review). Cochrane Library, 3 (2004). 
Vitaliano, P. P.; J. Zhang; J. M. Scanlan: Is caregiving hazardous to one’s physical health? Ametaanalysis. Psychol Bull 129, 946 – 972 (2003).

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